Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 08.02.1995 - II R 66/92 (NV)

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf nicht grunderwerbsteuerbar

 

Leitsatz (NV)

1. Anders als die Begründung eines neuen, die Übertragung und die Verlängerung eines bestehenden Erbbaurechts unterliegt das Erlöschen des Erbbaurechts infolge Zeitablaufs nicht der Grunderwerbsteuer. Daran ändert nichts, wenn der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung für das Bauwerk leistet oder wenn das Bauwerk entschädigungslos auf den Eigentümer übergeht.

2. Auch der Übergang des vom Erbbauberechtigten in Ausübung seines Rechts errichteten Gebäudes als solches in das Eigentum des Grundstückseigentümers unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, Abs. 2, § 2 Abs. 2 Nrn. 1-2; ErbbauVO § 1 Abs. 1, §§ 11-12, 14, 26-27; BGB § 94

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom März 1962 hatte die N Grundstücksgesellschaft mbH (GmbH) zugunsten des Herrn M an einem unbebauten Grundstück ein Erbbaurecht bestellt. Der Erbbauberechtigte war berechtigt und verpflichtet, auf dem Erbbaugrundstück ein Büro- und Lagergebäude nach den von der GmbH gebilligten Bauplänen zu errichten und instand zu halten. Ein Erbbauzins sollte nicht erhoben werden. Das Erbbaurecht begann mit der Eintragung in das Grundbuch und sollte am 30. September 1983 erlöschen. Beim Erlöschen des Erbbaurechts sollte der Erbbauberechtigte keinerlei Anspruch auf Entschädigung bzw. Vergütung erhalten.

Mit dem Erlöschen des Erbbaurechts ging das Gebäude entschädigungslos auf die GmbH über. Das damals zuständige Finanzamt beurteilte das Erlöschen des Erb baurechts durch Zeitablauf als Erwerbs vorgang i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983. Es berief sich dabei auf Tz. 1. 3. 3. i. V. m. Tz. 5. 2. 2. des koordinierten Länder erlasses des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 9. Juli 1985. Der Bemessung der Grunderwerbsteuer legte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) den anteiligen Einheitswert des Gebäudes zugrunde und setzte Grunderwerbsteuer fest; der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA von einer niedrigeren Bemessungsgrundlage ausging und die Grunderwerbsteuer herabsetzte.

Auf die von der GmbH erhobenen und von deren Rechtsnachfolgerin, der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), weitergeführten Klage hob das Finanzgericht (FG) den Grunderwerbsteuerbescheid sowie die Einspruchsentscheidung auf. Die Entscheidung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1992, 760 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 und beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat -- im Ergebnis -- zu Recht die Festsetzung der Grunderwerbsteuer durch das FA aufgehoben. Weder das Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf noch der damit verbundene Übergang des Eigentums an dem in Ausübung des Erbbaurechts von dem Erbbauberechtigten errichteten Bauwerk auf den Grundstückseigentümer (§ 12 Abs. 3 der Verordnung über das Erbbaurecht -- ErbbauV --) unterliegen der Grunderwerbsteuer.

1. Das Erbbaurecht ist das -- regelmäßig zeitlich befristete (vgl. § 27 ErbbauV) -- veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs. 1 ErbbauV). Mit der Belastung des Grundstücks durch die Einräumung des dinglichen Gebrauchs- und Nutzungsrechts (§ 1 Abs. 1 ErbbauV) durch die eigentümerähnliche Erbbauberechtigung (§§ 11, 14 ErbbauV) wird für deren Dauer die Vollherrschaft an der Grundstücksfläche in Eigentum und Erbbauberechtigung gespalten. Dem Erbbauberechtigten steht für die Dauer seines Rechts eine eigentümerähnliche Form der Herrschaft an der Grundstücksfläche zu (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 28. November 1967 II R 37/66, BFHE 91, 191, BStBl II 1968, 223; vgl. auch BFH-Urteil vom 5. Dezember 1979 II R 122/76, BFHE 129, 223, BStBl II 1980, 136).

2. Grunderwerbsteuerrechtlich wird das Erbbaurecht durch § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1983 einem Grundstück gleichgestellt. Demzufolge unterliegen die Begründung eines neuen und die Übertragung eines bestehenden Erbbaurechts ebenso der Grunderwerbsteuer (BFH-Urteil in BFHE 91, 191, BStBl II 1968, 223) wie die diesen beiden Gestaltungen vergleichbare Verlängerung (§ 27 Abs. 3 ErbbauV) eines bestehenden Erbbaurechts (Senatsurteil vom 18. August 1993 II R 10/90, BFHE 172, 122, BStBl II 1993, 766).

Im Streitfall liegt keine Gestaltung vor, die den den genannten Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalten entsprechen würde. Im Falle des Erlöschens des Erbbaurechts infolge Zeitablaufs räumt der Erbbauberechtigte dem Grundstückseigentümer insbesondere keine ihm (noch) zustehende Berechtigung an dem Erbbaurecht ein. Es erlischt vielmehr mit dem Eintritt des Endtermins (§ 27 f. ErbbauV), weil es dem Erbbauberechtigten von vornherein nur mit diesem Inhalt eingeräumt worden war (Hofmann, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 5. Aufl., § 2 Rdnr. 23; vgl. auch Fischer in Boruttau/Egly/Sigloch, Grund erwerbsteuergesetz, Kommentar, 13. Aufl., § 2 Rz. 137). Das Erbbaurecht ist mit dem zu seinem Inhalt gehörenden Zeitablauf beendet; es ist damit "verbraucht". Ein Übergang einer Erbbauberechtigung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1983 auf den Grundstückseigentümer findet nicht statt.

Hierin liegt auch der rechtlich erhebliche Unterschied zur rechtsgeschäftlichen Aufhebung des Erbbaurechts (§ 26 ErbbauV; BFH-Urteil vom 31. März 1976 II R 93/75, BFHE 118, 480, BStBl II 1976, 470), denn nach der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Gestaltung des Sachverhalts war das Erbbaurecht noch nicht beendet; der Erbbauberechtigte verzichtete aber auf seine noch bestehende Berechtigung an dem Grundstück i. S. des § 1 Abs. 1 ErbbauV zugunsten des Grundstückseigentümers, der seinerseits das Vollrecht über sein Grundstück (erst) aufgrund des Verzichts des Erbbauberechtigten erlangte.

Dem Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf kommt nicht deshalb die Bedeutung eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgangs zu, weil der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung für das Bauwerk zu leisten hat (§ 27 Abs. 1 Satz 1 ErbbauV) oder weil, wie im Streitfall zulässigerweise (§ 27 Abs. 1 Satz 2 ErbbauV) vereinbart, das Bauwerk entschädigungslos auf den Eigentümer übergeht, ihm also dessen Wert zufließt. Das FA verkennt bei seiner hierauf gestützten Argumentation, daß sich die Frage, ob ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Rechtsvorgang gegeben ist, anhand der -- im Streitfall nicht erfüllten -- Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 GrEStG 1983 entscheidet und nicht danach, ob an einen Vorgang ein Wertzufluß geknüpft ist, der ggf. zu entschädigen ist.

3. Auch hinsichtlich des Bauwerks selbst ergibt sich kein Vorgang, der gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 (vgl. insoweit BFH- Urteil vom 27. März 1985 II R 37/83, BFHE 143, 379, BStBl II 1985, 526) der Grunderwerbsteuer unterliegt. Das von dem Erbbauberechtigten in Ausübung seines Rechts (§ 1 Abs. 1 ErbbauV) errichtete Bauwerk ist kein Gebäude auf fremdem Boden (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG 1983; BFH- Urteil in BFHE 91, 191, BStBl II 1968, 223). Der Erbbauberechtigte errichtet das Bauwerk im Verhältnis zum Grundstücks eigentümer nicht auf fremdem, sondern auf "eigenem" Boden, nämlich "auf dem Erbbaurecht"; das aufgrund des Erbbaurechts errichtete Bauwerk wird wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts (§ 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ErbbauV, § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --). Als solcher geht das Bauwerk beim Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf nicht aufgrund einer Verwertungsbefugnis des Erbbauberechtigten i. S. des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 auf den Grundstückseigentümer über. Vielmehr tritt eine -- der Vorschrift des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 entzogene -- andere Zuordnung des Bauwerks zum Grundstück ein. Das Bauwerk als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts wird unmittelbar kraft Gesetzes mit dem Erlöschen des Erbbaurechts wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 12 Abs. 3 ErbbauV, § 94 BGB) und damit (rechtliches) Eigentum des Grundstückseigentümers (§§ 903, 94, 93 BGB; vgl. hierzu auch BFH-Urteil in BFHE 91, 191, BStBl II 1968, 223).

 

Fundstellen

Haufe-Index 420562

BFH/NV 1995, 728

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung
haufe-product

    Meistgelesene Beiträge
    • Checkliste Jahresabschluss 2025 / 12.1.1 Prüfungsauftrag
      2
    • AO-Handbuch, Anhang zur amtlichen Handausgabe 2024
      1
    • Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, HGB ... / 2.2 Angaben zu den Posten des Konzernabschlusses
      1
    • Eigenbelege: Der richtige Umgang mit Eigenbelegen und Er ... / 5 Ersatzbeleg/Notbeleg für nicht mehr vorhandene Belege
      1
    • Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen
      1
    • Frotscher/Geurts, EStG § 4h Betriebsausgabenabzug für Zi ... / 3.6.3 Fehlende Konzernzugehörigkeit bzw. Fehlen nahestehender Personen (Abs. 2 S. 1 Buchst. b)
      1
    • Geschenke / 5 Wertbestimmung
      1
    • Mietvertrag bei Angehörigen nach Grundstücksverkauf
      1
    • Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 6a Innergemeinschaftlic ... / 4.8 Versagung der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung
      1
    • Steuer Check-up 2025 / 2.12.3 Grunderwerbsteuer auch bei Treuhandverhältnissen
      1
    Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
    Top-Themen
    Downloads
    Zum Haufe Shop
    Produktempfehlung


    Zum Thema Finance
    Alles zu Bilanzierung und Bewertung: Jahresabschluss
    Jahresabschluss
    Bild: Haufe Shop

    Mit diesem Buch haben Sie alle erforderlichen Informationen an der Hand, um den Jahresabschluss in allen Einzelteilen korrekt zu erstellen. Mit Tipps sowie Gestaltungsmöglichkeiten bei konkreten Bilanzierungsfragen, Anwendungshinweisen sowie fast 200 Beispielen und Grafiken.


    Grunderwerbsteuergesetz / § 1 Erwerbsvorgänge
    Grunderwerbsteuergesetz / § 1 Erwerbsvorgänge

      (1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:   1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet; ...

    4 Wochen testen


    Newsletter Finance
    Newsletter Steuern und Buchhaltung

    Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

    • Für Praktiker im Rechnungswesen
    • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
    • Alles rund um betriebliche Steuern
    Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
    Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
    Haufe Fachmagazine
    Themensuche
    A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
    Zum Finance Archiv
    Haufe Group
    Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Lexware rudolf.ai - Haufe meets AI
    Weiterführende Links
    RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
    Kontakt
    Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
    Haufe Rechnungswesen Shop
    Rechnungswesen Produkte Buchführung Software und Bücher Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen Produkte zu Kostenrechnung Produkte zur IFRS-Rechnungslegung Haufe Shop Buchwelt

      Weitere Produkte zum Thema:

      × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

      Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

      Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

      Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

      Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren