Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Zollrecht
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Zollwerts bei staatlich festgesetzten Preisen.
Normenkette
ZTG §§ 6-7; ZG §§ 53, 53b
Tatbestand
Streitig ist der Zollwert tschechischer Trockenzwiebeln, die die Bfin. am 4. und 7. Januar 1954 in einer Gesamtmenge von über 30.000 kg Rohgewicht verzollen ließ. Als Rechnungspreis meldete sie ihren Kaufpreis von 120 DM/dz brutto für netto inklusive Sack an, den sie an die inländische Firma A. zu zahlen hatte, die ihrerseits die Ware von einer tschechischen staatlichen Handelsgesellschaft zum Preise von 205 DM/dz brutto für netto inklusive Sack frachtfrei tschechisch-deutsche Grenze gekauft hatte. Da die Gesellschafter der Firma A. gleichzeitig die Gesellschafter der Bfin. waren, ließ das Zollamt mangels der erforderlichen Unabhängigkeit von Verkäufer und Käufer den Rechnungspreis von 120 DM/dz nicht als Zollwert gelten, sondern setzte diesen nach dem Verkaufspreis der tschechischen Handelsgesellschaft auf 205 DM/dz vorläufig fest. Demgemäß forderte es mit vorläufigen Zollbescheiden 14.432 DM und 7.513,60 DM Eingangsabgaben an.
Nachdem das Rechtsmittelverfahren gegen diese Bescheide zur Zurückverweisung der Sache geführt hatte, legte das Hauptzollamt in seiner Einspruchsentscheidung einen Preis von 200 DM/dz als Zollwert zugrunde.
Die Berufung der Bfin. wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Rb. wird unter anderem folgendes geltend gemacht. Das Hauptzollamt habe den Normalpreis nicht in geeigneter Weise ermittelt. Die Zollwertgruppe Köln habe keine Importe tschechischer Zwiebeln feststellen können, sondern nur einen am 30. Dezember 1953 für ungarische Zwiebeln in Rechnung gestellten Preis; maßgebend sei jedoch das Datum des Kaufabschlusses. Unzweifelhaft sei die Qualität ägyptischer Zwiebeln besser als die der tschechischen. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, daß die besseren Zwiebeln gleichpreisig mit geringerwertigen Zwiebeln aus den Oststaaten seien. Angesichts eines Preises für ägyptische Zwiebeln von 223 DM/dz im August 1953 könne man nicht von im wesentlichen gleichen Preisen sprechen. Es sei nicht einzusehen, was die Preise bulgarischer und ungarischer Zwiebeln mit dem Streitfall zu tun hätten; eine Abstimmung der verschiedenen Länder über ihre Preise finde nicht statt. Die Widersprüchlichkeit der Vorentscheidung werde offensichtlich, wenn die Frage beantwortet werden solle, warum geringerwertige Ware zum gleichen Preise wie höherwertige gekauft werde. Wenn die Bfin. als einzige Firma im Dezember 1953 tschechische Zwiebeln gekauft habe, besagten die von der Zollwertgruppe gesammelten Offerten nichts. Die Bfin. habe sehr billig sein müssen, um überhaupt ins Geschäft zu kommen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. hat keinen Erfolg.
Die Vorinstanz ist in übereinstimmung mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs im ersten Rechtsgang davon ausgegangen, daß der Rechnungspreis von 120 DM/dz, den die Firma A. von der Bfin. verlangt hat, nicht als Normalpreis angesehen werden könne, da es sich bei dem Geschäft zwischen den beiden Firmen nicht um einen Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigem Verkäufer und Käufer handle (§§ 6 und 7 ZTG 1951) und daher der Normalpreis in geeigneter Weise zu ermitteln sei. Sie hat die vom Hauptzollamt vorgenommene Ermittlung gebilligt. Dabei hat sie ausgeführt, daß der Preis für tschechische Zwiebeln als staatlich festgesetzter Preis kein freier Marktpreis sei und daher bei der Bemessung des Zollwerts nicht zugrunde gelegt werden könne. Mangels vergleichbarer Preise tschechischer Zwiebeln hat sie die in je einem Fall beobachteten Preise aus Ungarn und Bulgarien eingeführter Zwiebeln herangezogen. Schließlich hat sie berücksichtigt, daß zur Zeit der streitigen Einfuhren der Preis ägyptischer Zwiebeln ungeachtet deren unbestritten höherer Qualität 200 DM/dz betrug. Da dieser Preis im Vergleich mit den anderen die unterste Grenze des beobachteten Preisniveaus darstellte, hat sie ihn als Normalpreis auch für tschechische Zwiebeln angesehen.
Den Ausführungen der Vorinstanz kann insofern nicht gefolgt werden, als sie den von der Firma A. für die tschechischen Zwiebeln gezahlten Preis als Vergleichspreis ausscheidet, auf der anderen Seite aber die Preise für ungarische und bulgarische Zwiebeln heranzieht, obwohl auch diese als staatlich festgesetzte Preise anzusehen sind.
Es trifft zwar zu, daß staatlich festgesetzte Preise keine freien Marktpreise oder - wie es § 53 ZG 1939 ausdrückt - freien Wettbewerbspreise sind. Dieser Feststellung, die der Senat in seinem von der Vorinstanz angeführten Urteil VII 102/54 U vom 29. April 1959 (BStBl 1959 III S. 277, Slg. Bd. 69 S. 45) im Zusammenhang mit der Erörterung, ob ein staatlich subventionierter Preis als Normalpreis anerkannt werden kann oder als solcher ausscheide, getroffen hat, darf keine zu weitreichende Bedeutung beigelegt werden. In der dortigen Entscheidung ging es darum, ob subventionierte Preise deshalb, weil sie infolge der Subvention niedriger sein können als es sonst für den Verkäufer, der dem betreffenden Lande angehört, möglich wäre, als Normalpreise nicht in Betracht kommen. Das hat der Senat verneint und den Standpunkt vertreten, daß ein Rechnungspreis, der unter Inanspruchnahme einer Subvention zustande gekommen ist, so lange als Normalpreis anerkannt werden kann, als die in Anspruch genommene Subvention lediglich dem Zweck dient, eine sonst auf dem Weltmarkt oder in einem bestimmten Einfuhrland unverkäufliche Ware dem dort herrschenden Preisniveau anzupassen und die Subvention nicht an irgendwelche Bedingungen hinsichtlich der Preisgestaltung durch den Verkäufer geknüpft ist. Bei der Ableitung dieses Ergebnisses hat der Senat folgendes ausgeführt: "Damit ein Preis ein freier Wettbewerbspreis ist, muß er auf Grund freier Vereinbarung nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage gebildet sein. Das hat zur Voraussetzung, daß die in Betracht kommende Ware vom Verkäufer auf Grund eines von ihm frei bestimmten Preises jedem beliebigen, also vom Verkäufer unabhängigen Käufer angeboten werden und daß der Käufer die Ware allein gegen Bezahlung dieses Preises vom Verkäufer erwerben kann (Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats VII 102, 114, 115/58 S vom 25. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 183, Slg. Bd. 68 S. 483). Liegen diese Voraussetzungen vor, so kommt es darauf, auf welche Weise der vom Verkäufer bestimmte Preis - also nicht ein ihm irgendwie vorgeschriebener - zustande gekommen ist, so lange nicht an, als der Preis als normal, d. h. als auf die Absatzverhältnisse im Einfuhrland ausgerichtet und damit als unter dem Gesetz von Angebot und Nachfrage entstanden anzusehen ist. Denn auch im Falle der Inanspruchnahme einer Subvention oder einer sonstigen Exporthilfe bleibt der schließlich erzielte Preis - voneinander unabhängige Käufer und Verkäufer vorausgesetzt - im Verhältnis zwischen diesen ein frei ausgehandelter Preis, der sowohl auf der Verkäufer- wie auch auf der Käuferseite unter den Bedingungen des Wettbewerbs beider Seiten untereinander zustande kommt." Im Anschluß daran fährt das Urteil fort: "Insofern unterscheiden sich solche Preise grundsätzlich von allen durch staatlichen Eingriff festgesetzten Preisen, wie sie vielfach in Ländern bestehen, die die Grundsätze der freien Marktordnung nicht zu den Grundlagen ihrer Wirtschaft gemacht haben. Solche Preise, zu denen also der Exporteur verkaufen muß, sind keine freien Wettbewerbspreise."
Daraus ist jedoch nicht zu folgern, daß solche Preise zur Ermittlung des Zollwerts = des Normalpreises nicht herangezogen werden können. Zwar entsprechen derartige Preise nicht der Zollwertnorm (§ 6 ZTG 1951, § 53 ZG 1939) und können infolgedessen nicht als Normalpreis angesehen werden (§ 7 ZTG, § 53 b ZG). Weiterhin kann, soweit durch staatlichen Eingriff der Preis gedrückt worden ist und unter den im freien Wettbewerb möglichen Preisen liegt, dieser künstlich niedrig gehaltene und damit einen Wettbewerb ausschaltende Preis auch bei der Ermittlung des Normalpreises nicht als Vergleichspreis herangezogen werden. Wenn dagegen ein staatlich festgesetzter Preis den bei der Einfuhr aus anderen Ländern zu beobachtenden Preisen annähernd entspricht, also sich innerhalb eines gewissen Preisbandes hält oder höher ist, liegt ein Preis vor, der jedenfalls von seiten des Käufers in freier Entschließung angenommen worden ist, so daß insoweit, wenn auch in beschränktem Umfange, eine Wettbewerbslage vorhanden ist. Zwar entspricht auch ein solcher Preis nicht der Zollwertnorm, aber es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, ihn wenigstens als Anhaltspunkt bei der Ermittlung des Zollwerts heranzuziehen. Andernfalls würde man, soweit es um den Handel mit Waren zu staatlich festgesetzten Preisen geht - mag es sich um einzelne Monopolpreise oder um durchweg festgelegte Preise handeln -, zum Zollwert nur auf Grund der Preise im Verhältnis zu anderen Exportländern gelangen, was zu ungerechtfertigten und abwegigen Ergebnissen führen dürfte.
Im Streitfall war daher eine Berücksichtigung des Preises, zu dem die Firma A. bei der tschechischen staatlichen Handelsgesellschaft gekauft hatte, durchaus nicht ausgeschlossen. Er schied auch entgegen der Meinung der Bfin. nicht deshalb aus, weil der Kauf etwa schon einige Monate vor der Einfuhr abgeschlossen worden war und erst der Schlußschein auf den 18. Dezember 1953 lautete. Bei dem von der Vorinstanz herangezogenen Preis ungarischer Zwiebeln (210 DM/dz) handelt es sich nicht lediglich um eine Offerte, sondern um einen in Rechnung gestellten, d. h. auf einem Geschäftsabschluß beruhenden Preis. Auch wenn die Vorinstanz auf Grund der äußerung der Zollwertgruppe davon spricht, daß in einem Fall der Preis für bulgarische Zwiebeln über dem Preis für ägyptische Ware lag, handelt es sich nicht um eine Preisofferte, sondern nach dem Wortlaut um ein abgeschlossenes Geschäft.
Da also, wie die Vorinstanz festgestellt hat, der Preis für ägyptische Zwiebeln ursprünglich 223 DM/dz, zum Zeitpunkt der streitigen Einfuhr aber 200 DM/dz betrug, konnten zur Ermittlung des Zollwerts der streitigen Ware ohne Rücksicht darauf, inwieweit es sich um staatlich festgesetzte Preise handelte, durchaus die im Einzelfalle zu beobachtenden nicht künstlich niedrig gehaltenen, sondern etwas höher liegenden Preise von Zwiebeln aus Ungarn (210 DM/dz), aus Bulgarien, aber auch der von der Firma A. gezahlte Preis von 205 DM/dz vergleichsweise herangezogen werden.
Unter diesen Umständen ist, wenn die Vorinstanz in übereinstimmung mit der Einspruchsentscheidung zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der die untere Grenze bildende Preis als Normalpreis anzusehen ist, diese ihrem Wesen nach als Schätzung anzusprechende Ermittlung des Normalpreises rechtlich nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 410465 |
BStBl III 1962, 343 |
BFHE 1963, 210 |
BFHE 75, 210 |