Leitsatz (amtlich)

Als sogenannte Hopfenkommissionäre im Sinne des § 53 UStDB kommen auch solche Unternehmer in Betracht, die als Einkaufskommissionäre nicht unmittelbar vom Erzeuger, sondern vom Handel kaufen, und auch solche, die als Verkaufskommissionäre tätig sind.

 

Normenkette

UStDB 1951 § 53

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Steuerpflichtige als "sogenannter Hopfenkommissionär" im Sinne des § 53 UStDB 1951 nur ihre Provisionen (Vermittlungsgebühren) zu versteuern braucht.

Die Steuerpflichtige ist -- von einigen Eigengeschäften abgesehen -- als Hopfenkommissionär tätig. Sie betätigt sich sowohl als Einkaufs- als auch als Verkaufskommissionär, und zwar in beiden Fällen in der Hauptsache für Hopfenhandlungen. Sie erhält laut der jetzt gültigen Vertragsbedingungen des Verbandes der Hopfenkaufleute vom 30. August 1956 die vereinbarte übliche Vermittlungsgebühr. Die Steuerpflichtige fühlt sowohl nach der Käufer- als auch nach der Verkäuferseite vor und bringt Anfrage und Angebot zum gegenseitigen Abschluß. Sie hat bisher von der Vergünstigung des § 53 UStDB Gebrauch gemacht und hat für das Kommissionsgeschäft der Berechnung der Umsatzsteuer lediglich ihre Vermittlungsprovisionen zugrunde gelegt.

Nach einer Betriebsprüfung im Jahre 1957 hat das Finanzamt, gestützt auf Anordnungen des Bundesministers der Finanzen, die Auffassung vertreten, § 53 UStDB komme nur für solche Kommissionäre in Betracht, die als Einkaufskommissionäre unmittelbar vom Erzeuger kauften; die Bgin., die vom Handel kaufe und auch als Verkaufskommissionär tätig sei, müsse deshalb, wie sich aus der Fassung der Vorschrift und ihrer Entstehungsgeschichte ergebe, ihren Gesamtumsatz versteuern.

Nach erfolglosem Einspruch hatte die Steuerpflichtige im Berufungsverfahren Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Gegen die Anwendung des § 53 UStDB auf die Kommissionsumsätze der Steuerpflichtigen richtet sich die Rb. des Vorstehers des Finanzamts; sie kann keinen Erfolg haben.

Die Wein- und Hopfenkommissionäre haben im Umsatzsteuerrecht eine Ausnahmestellung, die jetzt auf § 53 UStDB 1951 beruht. Ohne diese Vorschrift würden die im Hopfengeschäft tätigen Personen umsatzsteuerlich teils als Eigenhändler, teils als Kommissionäre im Sinne des § 383 HGB, teils aber auch als Makler oder Agenten (Handelsvertreter) zu behandeln sein, obgleich wirtschaftlich zum Teil gleichartige Verhältnisse vorliegen (vgl. Sölch, Steuer und Wirtschaft 1941 Sp. 378). Zweifelsfrei ist Voraussetzung für die Anwendung des § 53 UStDB, daß der hierfür in Betracht kommende Unternehmer alle Vorteile aus dem von ihm abgeschlossenen Geschäft seinen Auftraggebern zukommen läßt und für seine Vermittlungstätigkeit lediglich Provision erhält (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 684/26 vom 8. Juli 1927, Slg. Bd. 21 S. 272). Diese Voraussetzung ist im Streitfalle nach den Feststellungen der Vorinstanz erfüllt.

Wenn § 53 UStDB deshalb lediglich von "Kommissionären" spräche, würde die Vorschrift im Streitfalle sicherlich anwendbar sein, da unter § 383 HGB sowohl Einkaufsals auch Verkaufskommissionäre fallen und dem Handelsrecht auch weitere Einschränkungen, wie sie die Rb. für rechtens hält, unbekannt sind. Die Worte "sogenannte Hopfenkommissionäre" lassen die Deutung zu, daß auch Agenten und Makler von § 53 a. a. O. Gebrauch machen können; denn auch dieser Personenkreis, der auf Provisionsbasis arbeitet, hat bei Inanspruchnahme der Vorschrift noch den Vorteil, nur die Provisionen versteuern zu müssen, während alle anderen Entgelte (Siegelgebühr, Tretervergütungen usw.) für die Steuerberechnung ausscheiden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 46/52 U vom 16. Januar 1953, BStBl 1953 III S. 83, Slg. Bd. 57 S. 214). Es ist daher sehr wohl möglich, daß der Zusatz "sogenannte" lediglich alle diejenigen Vermittler treffen sollte, die auf Provisionsbasis bei wirtschaftlich gleichliegenden Verhältnissen im Hopfenhandel eingeschaltet sind, auch wenn sie -- strenggenommen -- nicht Kommissionäre im Rechtssinne sind (vgl. das oben angeführte Urteil V 46/52 U). Insoweit kann sich die Rb. für ihre Auffassung nicht auf die wörtliche Auslegung berufen.

Das gleiche gilt aber auch für die weitere Einschränkung, die der Wortlaut des § 53 a. a. O. insofern macht, als die Vergünstigung nur den Kommissionären "in den Hopfenund Weinbaugebieten" zugute kommen soll. Man wird -- insoweit in Übereinstimmung mit der Verwaltung und dem Schrifttum -- diese Wortfassung nicht so eng auslegen müssen, daß der begünstigte Kommissionär seinen Wohnsitz oder Sitz im Hopfenanbaugebiete haben müsse. Es kann aus dem Wortlaut aber auch nicht mit Sicherheit gefolgert werden, daß nur diejenigen Geschäfte unter § 53 a. a. O. fielen, die Einkäufe unmittelbar vom Erzeuger zum Gegenstand hätten. Die Rb. beruft sich denn für ihre zwar mögliche, aber aus dem Wortlaut nicht zwingend zu folgernde Auslegung auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

§ 53 UStDB 1951 geht in seinem Ursprung auf die Verordnung vom 30. Juni 1921 (Zentralblatt für das Deutsche Reich 1921 S. 631) zurück. Diese Verordnung, die hinsichtlich der hier zu beurteilenden Auslegungsfragen schon in dieser Fassung den gleichen Wortlaut hatte, geht auf einen Antrag des Landes Bayern zurück. In der Begründung zu diesem Antrage heißt es, "daß bei der Eigenart des Hopfenverkehrs der zwischen dem Produzenten und dem Handel stehende sogenannte Kommissionär eine wirtschaftliche Funktion erfüllt, daß deren weitere Ausübung aber durch die Aufrechterhaltung des jetzt geltenden Grundsatzes der Besteuerung dieser 'Kommission' nach dem vollen Fakturenbetrag auf das schwerste gefährdet würde". Diese Begründung könnte allerdings für die Auffassung der Rb. sprechen, jedoch würde eine solche Auslegung, wie die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz über die Verhältnisse des Hopfenhandels im Jahre 1921 ergeben haben, dem Sinn und dem mit dem Erlaß der Verordnung verfolgten Zweck zuwiderlaufen. Sachverständige Auskunftspersonen, die schon damals im Hopfenhandel tätig waren, haben bekundet, daß Kommissionsgeschäfte unmittelbar mit dem Erzeuger im Jahre 1921 nur in geringem Umfang getätigt worden sind, daß die Anregung zu der Verordnung vielmehr aus dem Kreise der Nürnberger Marktkommissionäre gekommen sei. Es sei damals etwa 3/4 des in Europa erzeugten Hopfens über den Nürnberger Hopfenmarkt gegangen. Es habe zu dieser Zeit im Hopfengeschäft nur den Stand der Nürnberger Marktkommisionäre gegeben, dem die Vergünstigung zugute kommen sollte. Wegen der zu dieser Zeit notwendigen und üblichen Lagerhaltung hätten diese Kommissionäre von dem seinerzeitigen Zwischenhandelsprivileg (§ 7 UStG 1919) keinen Gebrauch machen können. Diese Marktkommissionäre hätten durch die Vergünstigung der Verordnung gegenüber dem aufkommenden Hopfengroßhandel im Eigengeschäft wettbewerbsfähig erhalten werden sollen. Die Nürnberger Marktkommissionäre hätten in der Regel vom Platzhändler oder Aufkäufer, die in den Anbaugebieten ansässig gewesen seien, und die den Hopfen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung als Händler gekauft hätten, den Hopfen übernommen und am Markt verkauft. Platzhändler und Aufkäufer kämen danach als begünstigte Kommissionäre nicht in Betracht. Die Vorinstanz hat aus diesen Feststellungen zutreffend geschlossen, daß nach der im Jahre 1921 herrschenden Verkehrsauffassung, die letztlich für die Auslegung der Verordnung maßgeblich ist, als sogenannte Kommissionäre nur die Nürnberger Marktkommissionäre gemeint sein konnten, zu denen die Firma der Steuerpflichtigen schon im Jahre 1921 gehört habe und heute gehöre (vgl. Heßdörfer, Die Dreiteilung der Gewalten und der Bundesfinanzhof, in Steuerberater-Jahrbuch 1956/57 S. 53 ff., 97). Ist deshalb davon auszugehen, daß die Verordnung von 1921 -- und die späteren Vorschriften in den jeweils geltenden UStDB -- entsprechend der im Jahre 1921 bestehenden Verkehrsauffassung insbesondere die Nürnberger Marktkommissionäre, die zum größten Teil nicht unmittelbar vom Erzeuger bezogen haben, im Auge gehabt hat, so kann auch die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte nicht zu dem von der Rb. erstrebten Ergebnis führen. Es sei darauf hingewiesen, daß der Senat in diesem Verfahren keinen Anlaß hatte, die Rechtslage für die Weinkommissionäre zu prüfen.

Es mag sein, daß die Änderung der Verhältnisse im Hopfenhandel heute eine einschränkende, klarere Fassung des § 53 UStDB oder auch eine Aufhebung des Privilegs erforderlich machen könnten. Der Senat ist jedoch nicht einmal in der Lage, auf Grund des Wortlautes des § 53 UStDB und seiner Auslegung nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte mit auch nur einiger Sicherheit sagen zu können, daß der Verordnungsgeber bei Kenntnis der jetzigen Sachverhalte eine andere Regelung, insbesondere in Richtung der von der Rb. vertretenen Auslegung getroffen hätte. Bezeichnend für die Unsicherheit der denkbaren Auslegungsmöglichkeiten ist die vom Bundesminister der Finanzen in einem Schreiben vom 6. Januar 1959 IV A/2 -- S 4030 -- 193/58 an den Verband der Hopfenkaufleute vertretene Auffassung, daß ein Hopfenkommissionär, der sich als Einkaufskommissionär betätigte, die Vergünstigung des § 53 UStDB in Anspruch nehmen könne, und zwar auch dann, wenn er zwischen zwei Händlern tätig werde. Unter diesen Umständen ist es nicht angängig, daß die Steuergerichte die Vorschrift, die seit Jahrzehnten auf die Kommissionsgeschäfte der Steuerpflichtigen und gleichartiger Firmen unbeanstandet angewendet worden ist, nunmehr, ohne daß der gesetzliche Tatbestand, den der Verordnungsgeber von 1921 gemeint haben muß, durch die Zeitverhältnisse als gänzlich überholt angesehen werden könnte, plötzlich restriktiv auszulegen. Die Steuergerichte würden solchenfalls eine Aufgabe des Verordnungsgebers übernehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410906

BStBl III 1963, 430

BFHE 1964, 304

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