Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung; gesonderte Feststellung des verrechenbaren Werbungskostenüberschusses
Leitsatz (NV)
Richtet sich die Anfechtungsklage eines Kommanditisten gegen die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Werbungskostenüberschusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§§ 15 a Abs. 4 Satz 1, 21 Abs. 1 Satz 2 EStG), so ist (nur) die Kommanditgesellschaft notwendig beizuladen.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3; EStG § 15a Abs. 4; FGO § 21 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb mit Wirkung vom 31. Dezember 1980 und 31. Dezember 1981 Kommanditanteile an der X-KG (KG) mit einem Nennwert von insgesamt . . . DM für . . . DM. Die in . . . ansässige KG ist vor 1975 gegründet worden, hat mehr als . . . Kommanditisten und erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erließ für das Streitjahr 1982 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die KG, in dem er den Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen auf . . . DM feststellte und auf die Gesellschafter einschließlich des Klägers, auf den ein Werbungskostenüberschußanteil von .. . DM entfiel, verteilte. In einer Anlage zu dem Feststellungsbescheid stellte das FA den verrechenbaren Werbungskostenüberschußanteil nach § 21 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 15 a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für den Kläger und sechs weitere Kommanditisten fest. Danach sind von dem Werbungskostenüberschußanteil des Klägers 2 279 DM nur mit künftigen Überschüssen verrechenbar. Den Einspruch des Klägers wies das FA zurück. Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, er habe aufgrund von schriftlichen Erklärungen der Oberfinanzdirektion (OFD) und des Berliner Senators für Finanzen die Kommanditanteile im Vertrauen darauf erworben, daß Werbungskostenüberschüsse auch nach Inkrafttreten des § 15 a EStG unbeschränkt abziehbar seien.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der der Kläger die Aufhebung der gesonderten Feststellung des nicht ausgleichs- oder abzugsfähigen Werbungskostenüberschusses von 2 279 DM beantragte, statt. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, der Kläger habe auf die Auskünfte der Finanzbehörden vertrauen dürfen, obwohl er der KG erst nachträglich beigetreten sei. Die Auskünfte der Behörden seien objektbezogen.
Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA. Das FG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die KG und deren Komplementäre beizuladen. Außerdem habe es versäumt, zu prüfen, ob dem Kläger überhaupt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen seien. Der Kläger habe selbst vorgetragen, daß weder die KG noch er selbst positive Einkünfte erzielen könnten. Das FG habe zudem die Auskünfte der OFD und des Senators für Finanzen zu Unrecht dahin ausgelegt, daß sie nicht nur für sogenannte Erstzeichner, sondern auch für später eintretende Kommanditisten gelten.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, die KG gemäß § 60 Abs. 3 FGO beizuladen. Nach dieser Vorschrift sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, notwendig beizuladen. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind. Die KG ist - neben dem Kläger als betroffenem Gesellschafter (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO) - klagebefugt und deshalb beizuladen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine KG mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, auch wenn sie als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu werten ist, in entsprechender Anwendung des § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO befugt, gegen einen einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheid Klage zu erheben (Urteil vom 26. März 1985 IX R 110/82, BFHE 143, 496, BStBl II 1985, 519, und Beschluß vom 19. Dezember 1986 IX B 61 /86, BFHE 148, 229, BStBl II 1987, 197). Die Klagebefugnis der KG besteht auch bei der gesonderten Feststellung der verrechnenbaren Werbungskostenüberschüsse nach § 15 a Abs. 4 i. V. m. § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG. Der erkennende Senat schließt sich insoweit dem Beschluß des VIII. Senats vom 19. Mai 1987 VIII B 104/85 (BFHE 150, 514, BStBl II 1988, 5) an (a. A. FG Köln, Urteil vom 18. Januar 1989 8 K 5067/88, Entscheidungen der Finanzgerichte 1989, 418). Die Gesellschaft ist, wie auch sonst bei Rechtsstreitigkeiten über Angelegenheiten, die nur einzelne Gesellschafter betreffen, berechtigt, die Rechte ihrer Gesellschafter neben diesen in gesetzlicher Prozeßstandschaft wahrzunehmen (vgl. Gräber / von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 48 Anm. 8 und 17 m. w. N.).
Die Beiladung der persönlich haftenden Gesellschafter ist entgegen der Rechtsansicht des FA neben der Beiladung der KG nicht erforderlich. Sie können - ebenso wie die Kommanditisten - von der Frage, wie hoch der nur mit künftigen Überschüssen verrechenbare Werbungskostenüberschußanteil des Klägers ist, unter keinem denkbaren Gesichtspunkt persönlich betroffen sein (vgl. Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 60 Anm. 53 und 55 m. w. N.).
Die Unterlassung der notwendigen Beiladung der KG ist ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens, der im Revisionsverfahren auch ohne Rüge zu beachten ist (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29. September 1981 VIII R 90/79, BFHE 134, 505, BStBl II 1982, 216).
Fundstellen
Haufe-Index 416570 |
BFH/NV 1990, 781 |