Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält für II/1948 und 1949 an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs fest, daß die Voraussetzungen, unter denen Zuwendungen an Unterstützungskassen abgezogen werden dürfen, bei der ersten Zuweisung noch als erfüllt angesehen werden können, wenn die über den Gewinn des Geschäftsjahres beschließende Generalversammlung zugleich mit der Zuwendung auch die Gründung der Kasse beschließt; die Gesellschaft muß nur sofort alle geeigneten Schritte tun, die Kasse zu bilden (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 74/25 vom 14. Juli 1925, Slg. Bd. 17 S. 79).
Zur Frage der Bedeutung der Vorschriften des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 StAnpG für die Auslegung der Steuergesetze.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Nr. 7; KStDV § 12; EStG § 5; StAnpG § 1 Abs. 2
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) betrieb im Wirtschaftsjahr 1948/1949 (Bilanzstichtag 30. Juni) in der Form einer OHG eine Eisenwarengroß- und Eisenwareneinzelhandlung. Mit Wirkung vom 1. Juli 1949 wurde durch privatschriftlichen Vertrag vom gleichen Tage das Unternehmen an eine durch notariellen Vertrag vom 27. Juni 1949 errichtete Betriebsgesellschaft mbH mit einem Stammkapital von 90.000 DM verpachtet und das Unternehmen damit in eine Besitzgesellschaft und eine Betriebsgesellschaft aufgespalten.
Strittig ist eine Rückstellung für die Erstausstattung einer Unterstützungskasse in Höhe von 25.000 DM in der Bilanz zum 30. Juni 1949. Die Kasse wurde am 28. Juni 1950 als Verein durch notarielle Urkunde gegründet und am 25. Juli 1950 ins Vereinsregister eingetragen. Die Firma hatte vorher mit dem Finanzamt wegen der Gründung der Kasse, insbesondere der Fassung der Satzungen verhandelt. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an und stützte sich hierbei auf die Verordnung über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensions- und Unterstützungskassen vom 1. Dezember 1950 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - 1950 S. 779). Danach seien Zuwendungen an rechtsfähige Kassen nicht abzugsfähig, wenn diese am Bilanzstichtage noch nicht bestanden hätten. Der Verein sei erst nach dem 30. Juni 1949 gegründet worden. Außerdem fehle es bei ihm am Zufluß des Betrages, da er nur bilanzmäßig gutgeschrieben sei. Rückstellungen seien nach der Verordnung vom 1. Dezember 1950 nicht zulässig.
Demgegenüber war die Bfin. der Auffassung, daß die Verordnung vom 1. Dezember 1950 der Rechtsgültigkeit ermangele. Auch die Rückwirkung auf den 21. Juni 1948, die sich die Verordnung zulege, sei verfassungswidrig. Für die Veranlagungsabschnitte seien noch die Erlasse des Reichsministers der Finanzen vom 15. Dezember 1938 (Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 1181), vom 11. Mai 1940 (RStBl. S. 529) und vom 26. Januar 1944 (RStBl. S. 33) anzuwenden. Nach Ziff. 2 c des Erlasses vom 11. Mai 1940 hätten die der Kasse zugedachten Mittel im Betrieb verbleiben dürfen. Nach Ziff. 3 des Erlasses vom 15. Dezember 1938 seien Zuwendungen an körperschaftsteuerfreie Unterstützungskassen in einem näher begrenzten "angemessenen" Umfang abzugsfähig, wenn sie in dem der Einkommensermittlung zugrunde liegenden Wirtschaftsjahr oder im unmittelbaren Anschluß an die Feststellung des Geschäftsergebnisses des betreffenden Wirtschaftsjahres erfolgten und wenn spätestens in diesem Zeitpunkt alle Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung der Kasse erfüllt seien. Der Abschluß der Firma zum 30. Juni 1949 sei von den Gesellschaftern jedenfalls im Februar 1951 noch nicht unterzeichnet und noch nicht festgestellt gewesen. Die Kasse sei aber in der Form eines rechtsfähigen Vereins durch notarielle Urkunde vom 28. Juni 1950 gegründet und bereits am 25. Juli 1950 ins Vereinsregister des Registergerichts eingetragen worden. Hiervon abgesehen spreche auch die Verordnung vom 1. Dezember 1950 von Zuwendungen für die nach dem 20. Juni 1948 beginnenden Veranlagungszeiträume, nicht aber von Zuwendungen in diesen Zeiträumen. Außerdem brauche am Bilanzstichtage weder die Kasse selbst vorhanden noch auch ihre Körperschaftsteuerfreiheit bereits anerkannt sein. Die Gründung der Unterstützungskasse unter Einschluß der geplanten Erstausstattung sei zudem im engsten Einvernehmen mit dem Finanzamt erfolgt. Die Besprechungen mit dem Finanzamt hätten schon Monate vor der Aufstellung des Bilanzentwurfs stattgefunden. Die Bfin. habe also alles getan, was nach den Bestimmungen der Erlasse des Reichsministers der Finanzen notwendig gewesen sei. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben könne das Finanzamt daher nicht den Abzug der Erstausstattung verweigern.
Das Finanzgericht kam zunächst zu der Auffassung, daß die Verordnung vom 1. Dezember 1950 im Rahmen der Ermächtigung des Art. II Ziff. 1 des Gesetzes zur änderung des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl. S. 95) ergangen sei. Des weiteren trug es auch keine Bedenken gegen die in der Verordnung vorgesehene Rückwirkung. Hinsichtlich der Rückstellung nahm es im wesentlichen wie folgt Stellung:
Die Bfin. habe zunächst nur eine Rückstellung in Höhe von 25.000 Mark in ihrer Bilanz zum 30. Juni 1949 vorgenommen, d. h. einen entsprechenden Schuldposten angesetzt und erst unter dem 10. Februar 1951 mit dem Verein einen schriftlichen Vertrag geschlossen, wonach vorbehaltlich der Genehmigung des Finanzamts bei der Veranlagung für II/1948 und 1949 der Gesamtbetrag der sogenannten Erstausstattung in Höhe von 25.000 DM dem Verein "zur Verfügung" gestellt und gleichzeitig als Darlehen des Vereins an die Bfin. bzw. die GmbH behandelt werde, die dieses Darlehen jährlich mit 2 % zu verzinsen habe.
In Ziff. 3 des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 15. Dezember 1938 sei bestimmt worden, daß Zuwendungen an eine Unterstützungskasse auch dann abzugsfähig sein sollten, wenn sie im unmittelbaren Anschluß an die endgültige Feststellung des Geschäftsergebnisses des abgelaufenen Wirtschaftsjahres erfolgten. In der Verordnung vom 1. Dezember 1950 sei diese Möglichkeit nicht ausdrücklich eröffnet. Nun sei aber die Zuweisung von Mitteln an eine Unterstützungskasse für die Arbeitnehmer eines Betriebes in erster Linie von der Höhe des Gewinnes abhängig. Der Unternehmer müsse das Geschäftsergebnis überblicken können. Es bestehe daher ein Bedürfnis, mit der Zuweisung bis zur Feststellung des Ergebnisses zu warten. Wenn die Verordnung vom 1. Dezember 1950 eine derartige Regelung nicht enthalte, so brauche daraus jedenfalls nicht entnommen zu werden, daß sie sie habe untersagen wollen.
Es sei zu prüfen, ob die Zuwendung wirklich spätestens im unmittelbaren Anschluß an die Feststellung des Geschäftsergebnisses erfolgt sei. Der Erlaß des Reichsministers der Finanzen setze wohl voraus, daß die Unterstützungskassen zunächst über eigenes Vermögen verfügen müßten, ehe sie es im Betriebe anlegen könnten. Es könne also nicht der dem Verein zugedachte Betrag in dem Betrieb verbleiben, sondern es sei lediglich zulässig, Mittel der Kasse dem Betriebe zuzuführen. Man werde jedoch davon ausgehen können, daß die Anerkennung einer Schuld ausreiche, um diese Voraussetzungen zu erfüllen. Die Bfin. habe darauf hingewiesen, daß schon bei Aufstellung der vorläufigen Bilanz Einverständnis darüber geherrscht habe, daß dem Verein 25.000 DM zugewendet werden sollten. Dies könne als richtig unterstellt werden. Es könne auch bei der engen Verflechtung von Betrieb und Verein angenommen werden, daß die Bfin. unter der Bedingung der steuerlichen Abzugsfähigkeit wirtschaftlich mit einer entsprechenden Verpflichtung gegenüber dem Verein belastet gewesen sei, zumal auch bereits Anfang des Jahres 1950 Ausschüttungen zu Lasten der Kasse an Arbeitnehmer des Betriebes stattgefunden hätten. Es könne davon ausgegangen werden, daß die Verpflichtung von der Bfin. rechtzeitig übernommen worden sei.
Es könne nicht gefordert werden, daß die Mittel der Kasse bar ausbezahlt oder überwiesen und dann im Darlehnswege wieder an die Bfin. zurückgeleitet würden, dies besonders, wenn man berücksichtige, daß der Betrieb und der Verein eng verflochten seien. Daß die OHG nicht mehr existiert habe, sondern nur noch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts weiter tätig gewesen sei, sei ohne Bedeutung. Es liege Einzelrechtsnachfolge vor. Die Gesellschafter der GmbH seien zudem die gleichen wie die der OHG.
Das Finanzgericht kam unter Zugrundelegung der Sätze der Verordnung vom 1. Dezember 1950 zu einem abzugsfähigen Betrag von 6.140 DM.
Demgegenüber ist der Vorsteher des Finanzamts in seiner Rechtsbeschwerde (Rb.) der Auffassung, daß die Bestimmungen der Ziff. 3 des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 15. Dezember 1938 auf die Verordnung vom 1. Dezember 1950 nicht übertragen werden könnten. Im übrigen könne auch aus Ziff. 3 des Erlasses nicht gefolgert werden, daß es genüge, wenn die Unterstützungskasse im unmittelbaren Anschluß an die Feststellung des Geschäftsergebnisses errichtet werde.
Die Rb. der Gesellschaft wendet sich dagegen, daß lediglich ein Betrag von 6.140 DM zum Abzug zugelassen worden sei, und beantragt, den Gesamtbetrag von 25.000 DM als Betriebsausgabe anzusehen. Sie wiederholt hierbei im wesentlichen ihr Vorbringen bei den Vorbehörden.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Zur Frage der Rechtswirksamkeit der Verordnung über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensionskassen und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen vom 1. Dezember 1950 hat der Senat in der zur Veröffentlichung freigegebenen Entscheidung I 33/53 U vom 8. September 1953, BStBl. 1953 III S. 318, eingehend Stellung genommen. Er hat hierbei ausgesprochen, daß die Regelung in § 2 Ziff. 1 der Verordnung vom 1. Dezember 1950 hinsichtlich des angemessenen Kassenvermögens und hinsichtlich der Höhe der jährlichen Zuwendungen nicht gegen den einkommensteuerrechtlichen Begriff der "Betriebsausgabe" verstößt. Gleichzeitig war er der Auffassung, daß die Verordnung auf die vor ihrer Verkündung liegende Zeit nur insoweit zurückwirkt, als sie die Grundsätze des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 26. Januar 1944 - S 2513 - 155 III - (RStBl 1944 S. 33) nicht weiter einengt. Hieraus ergibt sich, daß für II/1948 und 1949 die Höhe der zulässigen Zuwendungen an Pensionskassen sich im Ergebnis durch die Anordnungen des Erlasses bestimmt.
Des weiteren ist die Frage zu entscheiden, ob die Zuwendungen rechtzeitig erfolgt sind.
Zuwendungen an Unterstützungskassen im unmittelbaren Anschluß an die Aufstellung und Feststellung des Schlußvermögens eines Wirtschaftsjahres können noch für dieses Wirtschaftsjahr berücksichtigt werden. Diese Grundsätze sind sowohl von der Rechtsprechung wie auch von der Verwaltung stets anerkannt worden. Siehe Abschn. 27 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1951. Es ist hier eine ähnliche Rechtslage gegeben wie bei den Gewinnausschüttungen (ß 28 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum Körperschaftsteuergesetz - KStDV - 1949) und bei den Warenrückvergütungen von Genossenschaften. Das am Bilanzstichtag vorliegende Jahresergebnis ist mit diesen Beträgen bereits belastet (im einzelnen siehe hierzu auch Fritsch "Die Wirtschaftsprüfung" 1952 S. 498).
Im Streitfall ist es jedoch bedeutsam, daß die Unterstützungskasse am Bilanzstichtag noch nicht bestanden hat.
Der Reichsfinanzhof hat in der Entscheidung I A 74/25 vom 14. Juli 1925, Slg. Bd. 17 S. 79, folgende Rechtsgrundsätze aufgestellt:
"Die Voraussetzungen, unter denen Zuwendungen an Pensions- und dergleichen Kassen abgezogen werden dürfen, können bei der ersten Zuweisung zu Pensionszwecken noch als erfüllt angesehen werden, wenn die über den Gewinn des Geschäftsjahres beschließende Generalversammlung zugleich mit der Zuwendung auch die Gründung der förmlichen Pensionskasse beschließt; die Gesellschaft muß nur sofort alle geeigneten Schritte tun, die Kasse zu bilden".
Diese Rechtsgrundsätze hat der Reichsfinanzhof in späteren Entscheidungen wiederholt, so in den Entscheidungen I A a 164/29 vom 26. März 1929, RStBl. S. 337; I A 753/29 vom 17. März 1931, RStBl. S. 303 und I A 64/33 vom 30. September 1933/28. November 1933, RStBl. 1934 S. 359. In der Entscheidung I A 753/29 führte er aus, daß es sich bei diesen Grundsätzen um ein "Entgegenkommen" handle, das nicht weiter ausgedehnt werden könne.
Auch in späteren Entscheidungen hat der Reichsfinanzhof diese Rechtsgrundsätze nicht verlassen. Die Verwaltung hat hiergegen keine Bedenken geltend gemacht. Von dem Sachbearbeiter des Reichsfinanzministeriums Regierungsrat Mussfeld wird in Bd. 43 der Bücherei des Steuerrechts S. 132/155 demgemäß ausgeführt, daß es ausreicht, wenn die Kasse in unmittelbarer Verbindung mit der Feststellung des Geschäftsergebnisses errichtet wird. Ihre Gründung darf nicht weiter verzögert werden. Die gleichen Ausführungen finden sich in der Deutschen Steuerzeitung 1944 S. 126/137. Nach der Art der Veröffentlichung müssen sie als eine halbamtliche Stellungnahme des Reichsministers der Finanzen angesehen werden, der die Finanzverwaltungsbehörden seinerzeit allgemein gefolgt sind.
Einen gegenteiligen Standpunkt hat der Bundesminister der Finanzen in einem Schreiben vom 4. Oktober 1952 IV - S 2513 - 28/52 II, abgedruckt in Steuerrecht in Kurzform Gr. O Nr. 1342 S. 577, eingenommen. Nach dieser Ansicht kann eine Rückstellung nicht gebildet werden, wenn am Bilanzstichtag ein Schuldner noch nicht vorhanden ist.
Der Senat hat wohl in der Entscheidung I 54/51 S vom 26. Juni 1951, Bundessteuerblatt (BStBl.) III S. 211, anerkannt, daß nicht nur Verpflichtungen gegenüber Dritten, sondern auch selbständig bewertungsfähige Lasten passivierungsfähig sind, die das Wirtschaftsjahr eines Betriebes als Aufwand belasten. Es handelt sich hierbei um Grundsätze der Dynamischen Bilanz hinsichtlich der Aufwandsverteilung. Die Last, die durch die Wirtschaftsperiode verursacht ist, wird erst später zur Ausgabe. Dort, wo die Unterstützungskasse erst in Verbindung mit der Feststellung des Jahresergebnisses gegründet wird, beruht aber die Ausgabe nur mittelbar auf dem Ergebnis des abgelaufenen Wirtschaftsjahres. Veranlaßt wird der Aufwand durch einen Beschluß im nächsten Jahre, den die Firma freiwillig faßt. Die Ausgabe ist somit durch einen Vorgang veranlaßt, der nach dem Bilanzstichtage liegt. Die wirtschaftliche Lage ist hier anders wie dort, wo am Bilanzstichtage bereits eine Unterstützungskasse besteht. In diesem letzteren Falle kann davon ausgegangen werden, daß der vor Jahren gefaßte Gründungsbeschluß hinsichtlich der Kasse die sittliche Verpflichtung auslöst, beim Vorliegen entsprechender Ergebnisse die Kasse mit ausreichendem Kapital auszustatten. Die Verknüpfung der Zuwendung an die Kasse bei Ihrer Gründung mit dem Jahresergebnis eines bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahres ist somit nur lose. Die vom Finanzamt geltend gemachten Bedenken, die auch in dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen ihren Ausdruck finden, müssen deshalb als recht beachtlich anerkannt werden.
Trotzdem glaubt der Senat, für die Wirtschaftsjahre II/1948 und 1949 die Grundsätze, wie sie die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs in übereinstimmung mit der Auffassung der Verwaltung bisher entwickelt hatte, anerkennen zu sollen. Die Rechtsauslegung des Reichsfinanzhofs, die er selbst als Entgegenkommen bezeichnet hat, dient dem Zwecke des Gesetzes. Die Gründung von Unterstützungskassen und damit die Verbesserung der Altersversorgung der Arbeitnehmer eines Betriebes liegt in volkswirtschaftlichem Interesse. Im einzelnen wird hierzu auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 33/53 U vom 8. September 1953 verwiesen. Dieser Aufgabe sollten auch die Begünstigungen für Pensions- und Unterstützungskassen in den Körperschaftsteuergesetzen (KStG) und in den Verwaltungsanweisungen des Reichsministers der Finanzen dienen. Bei Errichtung einer Pensions- und Unterstützungskasse ist es erforderlich, sie bereits in diesem Zeitpunkt mit einem angemessenen Kassenvermögen auszustatten. Sie muß in die Lage versetzt werden, bereits im ersten Jahre ihres Bestehens ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Ihre Ausstattung mit einem entsprechenden Vermögen ist somit eine zwangsläufige Folge ihrer Errichtung. Das Problem ihrer Errichtung und ihrer kapitalmäßigen Ausstattung ist aber mit den wirtschaftlichen Ergebnissen des Betriebes eng verbunden. Der Betrieb wird deshalb eine Kasse im allgemeinen zu Lasten eines Wirtschaftsjahres errichten, in dem er mit beachtlichem Gewinn abgeschnitten hat. Er wird die Errichtung mit dem Ergebnis dieses Jahres verbinden. Dies führt dazu, daß handelsbilanzmäßig die Zuwendung bei der Errichtung der Kasse häufig zu Lasten des abgelaufenen Wirtschaftsjahres gebucht wird. Würde man dies steuerlich nicht anerkennen, so würde das zu einer beachtlichen Erschwerung der Errichtung der Kassen führen, da die Unternehmen gezwungen wären, wesentliche Beträge, die für die Errichtung der Kassen vorgesehen waren, in Form von Steuern abzuzweigen. Die Tatsache, daß steuerlich der Betrag als Aufwand des nächsten Jahres gebucht werden kann, wird vielfach nicht zu dem entsprechenden Ausgleich führen. Die bis zum Zusammenbruch stets anerkannte Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs entspricht somit den wirtschaftlichen Gegebenheiten, auch wenn man vom Standpunkt einer formalen Aufwandsverteilung Bedenken geltend machen kann.
Der Senat hat in den Entscheidungen I 113/52 U vom 10. Februar 1952, BStBl. 1953 III S. 102 und I 34/53 S vom 9. Juni 1953, BStBl III S. 250, auf die Notwendigkeit einer dem klaren Wortlaut des Gesetzes entsprechenden Rechtsprechung eindringlich hingewiesen. Sie ist Ausdruck des rechtsstaatlichen Denkens. Es ist hierbei jedoch folgendes zu beachten:
Die Steuergesetze befassen sich mit wirtschaftlichen Vorgängen und verfolgen teilweise wirtschaftspolitische Ziele (siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 246/50 vom 22. August 1951, BStBl. III S. 181). Dies ist auch bei den Vorschriften für die Pensions- und Unterstützungskassen der Fall. Soweit die wirtschaftspolitischen Ziele im Gesetz zum Ausdruck kommen, widerspricht es aber auf Grund des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 des Steueranpassungsgesetz - StAnpG - (siehe auch § 4 der Reichsabgabenordnung - AO - 1919 und § 9 AO 1931) den oben dargestellten Grundsätzen für die Auslegung der Gesetze nicht, wenn insbesondere zugunsten eines Steuerpflichtigen (Stpfl.) bei einem Sonderfall in Fragen untergeordneter Bedeutung eine freiere Auslegung des Gesetzes im Sinne seines wirtschaftspolitischen Zieles erfolgt, wie dies in der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und in der Handhabung der Reichsfinanzverwaltung hinsichtlich der Zuwendungen an neu gegründete Unterstützungskassen geschehen ist. In diesem Falle wird man im übrigen auch annehmen müssen, daß die Rechtsprechung die Billigung des Gesetzgebers gefunden hat, der sie seit dem Jahre 1925 kennt.
Rechtsprechung und Verwaltung müssen den Gesetzesbefehl, wie er sich aus dem Wortlaut in Verbindung mit der Einreihung der Vorschrift in den Gesetzesrahmen klar ergibt, durchführen. Wie in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Mai 1952 - BvH 2/52 - B. 1 S. 299, insbesondere im Rechtssatz 2 zum Ausdruck kommt, sind die Gerichte nicht berechtigt, den Gesetzesbefehl allgemein aus Erwägungen, die in der Vorschrift keinen Ausdruck gefunden haben, im Ergebnis in einer abgeänderten Fassung anzuwenden. Ggf. sind die Grundsätze des Rechtssatzes 14 der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1951 - 2 BvG 1/51 - Bd. 1 S. 16 zu beachten. Siehe auch Art. III Ziff. 6 des Gesetzes Nr. 1 der Militärregierung Deutschland, Kontrollgebiet des Obersten Befehlshabers. Es ist aber denkbar, daß in einem Sonderfall die formale Anwendung einer Vorschrift zu einem Ergebnis führt, das dem Gesetzeszweck widerspricht, wie er sich aus dem Inhalt des Gesetzes ergibt, also zu einem Ergebnis, das vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann. Die Fülle verschiedenartiger Tatbestände, auf die die Steuergesetze anzuwenden sind, zwingt mit Rücksicht auf die natürlich gegebenen Grenzen für die Möglichkeiten ihrer Regelung durch formelle Gesetze und Rechtsverordnungen dazu, daß Rechtsprechung und Verwaltung der in § 1 Abs. 2 und Abs. 3 StAnpG erteilten Weisung des Gesetzgebers bei der Auslegung in erhöhtem Masse Beachtung schenken müssen. Fälle dieser Art siehe Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 1325/32 vom 6. September 1932, Slg. Bd. 31 S. 309, RStBl. S. 849; Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs IV 37/50 vom 13. Juni 1950, Steuerrechtskartei AO § 222 Rechtsspruch 2b; Entscheidungen des Bundesfinanzhofs IV 10/52 U vom 30. April 1952, BStBl. III S. 164 und I 42/51 U vom 13. Juni 1952, BStBl III S. 199. Bei der Auslegung auf Grund des § 1 Abs. 2 StAnpG, früher § 9 AO 1931, handelt es sich nicht um Entscheidungen gegen den Gesetzesbefehl, sondern um eine Auslegung für das Steuerrecht auf Grund des Gesetzesbefehls. Der Gesetzgeber will durch eine elastische Auslegung der Gesetze im Rahmen des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 StAnpG von ihm nicht gewollte wirtschaftlich unvernünftige und unbillige Ergebnisse verhindern, die in besonders gelagerten Fällen auftreten können. Siehe auch Rechtssatz 2 der Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 119/52 S vom 16. April 1953, BStBl. III S. 192.
Berücksichtigt man, daß die Verwaltung auf Grund ihrer Mitwirkung bei der Gesetzgebung im allgemeinen in der Lage ist, ihre Belange bei der Fassung des Gesetzes in ausreichendem Masse zu wahren, so wird das Anwendungsgebiet des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 StAnpG besonders dort zu suchen sein, wo es sich um die Auslegung von Gesetzen und Verordnungen zugunsten des Stpfl. handelt.
Im vorliegenden Falle dient die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs dazu, die vom Gesetzgeber gewünschte Gründung der Kassen zu erleichtern und gleichzeitig die übereinstimmung von Handelsbilanz und Steuerbilanz zu erhalten.
Der Senat kommt für die Streitjahre zu dem Ergebnis, hinsichtlich des umstrittenen Rechtsproblems an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten. Er läßt es dabei dahingestellt, ob die Frage für das Gesetz über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensions- und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen und Ertrag vom 26. März 1952 (BStBl. I S. 227) anders zu behandeln ist.
Im vorliegenden Falle hat die Bfin. mit der Kasse erst unter dem 10. Februar 1951 den Verpflichtungsvertrag abgeschlossen. Es muß deshalb geprüft werden, ob die Zuwendung unmittelbar mit der Feststellung des Jahresergebnisses verbunden war. Des weiteren muß die Altersversorgung der Arbeitnehmer durch die Unterstützungskasse ernsthaft gewollt sein. Im einzelnen siehe Weiß, Steuer und Wirtschaft 1943 Sp. 652 ff.
Es ist denkbar, daß Betriebe ihr Jahresergebnis, mit dem sie die Zuwendung verbinden, erst nach Verkündung der Verordnung vom 1. Dezember 1950 festgestellt haben. Es waren ihnen somit bei Aufstellung des Jahresergebnisses bereits die neuen Anordnungen der Verordnung bekannt. Man könnte den Standpunkt vertreten, daß in diesen Fällen die Verordnung in vollem Umfange anzuwenden ist, da eine Rückwirkung nicht gegeben ist. Dies würde aber zu einer Ungleichmäßigkeit gegenüber Betrieben führen, die ihr Jahresergebnis vor Verkündung der Verordnung festgestellt haben. Aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung kommt deshalb der Senat zu der Ansicht, daß für II/1948 und 1949 alle Unternehmen in dieser Frage einheitlich zu behandeln sind. Er geht also davon aus, daß die Grundsätze des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 26. Januar 1944 auch für die Unternehmungen gelten, die die Zuwendungen für II/1948 und 1949 an die Kasse erst nach Erlaß der Verordnung beschlossen haben.
Die Entscheidung des Finanzgerichts entspricht nicht den oben dargestellten Grundsätzen. Sie wird deshalb aufgehoben. Es erscheint zweckmäßig, die Streitsache zur erneuten Behandlung an das Finanzamt zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407755 |
BStBl III 1953, 344 |
BFHE 1954, 138 |
BFHE 58, 138 |
BB 1954, 123 |
DB 1953, 1078 |