Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwendungen an mehrere Unterstützungskassen; Höchstgrenzen; unterschiedliche Dotierung der Kassen
Leitsatz (amtlich)
1. Zuwendungen an Unterstützungskassen durch das Trägerunternehmen können nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn das Vermögen der Kasse das zulässige Kassenvermögen übersteigt (§ 4d Abs.1 Nr.1 Satz 4 und § 4d Abs.1 Nr.2 Satz 2 EStG). Bei Zuwendungen an mehrere Unterstützungskassen sind die Kassen bei der Anwendung der Höchstgrenzen als Einheit zu betrachten (§ 4d Abs.1 Satz 3 EStG).
2. Soweit bei Zuwendungen an mehrere Kassen der Betriebsausgabenabzug durch die einheitliche Betrachtung beschränkt ist, gilt dies auch insoweit, als bei getrennter Betrachtung infolge der Unterdotierung einer oder mehrerer Kassen der Abzug nicht beschränkt wäre und sich der durch die Kassen begünstigte Kreis der Arbeitnehmer nicht überschneidet.
Orientierungssatz
1. Eine Rechtsnorm ist nicht allein deshalb lückenhaft, weil es aus rechtspolitischen Erwägungen wünschenswert wäre, eine bestehende Regelung auf bestimmte Sachverhalte nicht anzuwenden, auf die sie nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung anzuwenden ist (vgl. BFH-Beschluß vom 26.2.1975 I B 96/74).
2. Verwaltungserlassen kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht die gleiche Wirkung beigemessen werden wie verbindlichen Zusagen (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 4d Abs. 1 Nr. 1 S. 4, Nr. 2 S. 2, Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
FG Hamburg (Entscheidung vom 08.08.1984; Aktenzeichen II 136/82) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Trägerunternehmen von drei Unterstützungskassen, und zwar
a) der Pensionskasse A,
b) des Fürsorgevereins B
c) des Unterstützungsvereins C.
Die Leistungsberechtigten der A sind ausschließlich Angestellte des Unternehmens, während der B ausschließlich Arbeiter zu versorgen hat. Bei beiden Kassen handelt es sich um sog. gemischte Kassen mit lebenslänglich und nicht lebenslänglich laufenden Leistungen zur Altersversorgung. Der C ist eine Gruppenkasse, deren Aufgabe es ist, nicht lebenslängliche Leistungen zu erbringen, um Arbeitslose sowie Arbeitnehmer zu unterstützen.
Im Wirtschaftsjahr 1976/77 hat die Klägerin Zuwendungen zum Deckungskapital für die lebenslänglich laufenden Leistungen in Höhe von 1 753 197 DM an die A geleistet und als Betriebsausgaben geltend gemacht.
Nach einer Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Abzug dieser Betriebsausgaben wegen Überdotierung nicht an. Zwar habe die A das nach § 4d Abs.1 Satz 1 Nr.1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zulässige Kassenvermögen noch nicht erreicht. Leiste ein Trägerunternehmen jedoch Zuwendungen an mehrere Unterstützungskassen, so seien diese Kassen bei der Ermittlung der Zuwendungen gemäß § 4d Abs.1 Nrn.1 und 2 EStG als Einheit zu behandeln (§ 4d Abs.1 Satz 3 EStG). Da das zusammengerechnete tatsächliche Kassenvermögen das zulässige Kassenvermögen aller Unterstützungskassen der Klägerin übersteige, komme ein Betriebsausgabenabzug nicht in Betracht. Im einzelnen ermittelte der Außenprüfer das tatsächliche und zulässige Kassenvermögen wie folgt:
Maßgebende Daten: Anzahl
-----------------
Leistungsempfänger
B 961
A 183
-----
1 144
Leistungsanwärter
B 2 702
A 63
-----
2 765
Leistungen
(lebenslänglich
laufende Renten) DM
B 1 163 261
A 50 134
---------
1 213 395
Durchschnittsbetrag
der Leistungen
(1 213 395 DM : 1 144 Empfänger) 1 060,6599
Zulässiges Kassenvermögen:
--------------------------
Deckungskapital
B 11 410 152
: A 1 645 891
Reservepolster B und A
(8 x 25 v.H. x 1 060,6599 DM
x 2 765 Leistungsanwärter) 5 865 449
1 v.H. der Lohn- und Gehaltssumme
des Trägerunternehmens für die
nicht lebenslänglich laufenden
Leistungen gemäß § 4d Abs.1 Satz 1
Nr.2 Satz 2 EStG
B 771 344
A 501
----------
Zulässiges Kassenvermögen insgesamt
(B und A) 19 693 337
==========
Tatsächliches Kassenvermögen:
-----------------------------
B 34 632 199
A -
C 95 243
----------
Tatsächliches Kassenvermögen
insgesamt
(B, A und C)
(vor der Zuwendung der Klägerin
1976/77) 34 727 442.
===========
Das Finanzgericht (FG) wies die Sprungklage gegen den Körperschaftsteuerbescheid, in dem die Zuwendungen nicht als Betriebsausgaben anerkannt wurden, mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 280 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 4d EStG.
Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und ihrem Antrag stattzugeben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin durfte Zuwendungen an die A im Wirtschaftsjahr 1976/77 nicht als Betriebsausgaben abziehen.
Wendet ein Unternehmen (Trägerunternehmen) einer Unterstützungskasse Beträge zu, kann sie die Zuwendungen nur bis zu den in § 4d EStG vorgeschriebenen Grenzen als Betriebsausgaben abziehen. An Unterstützungskassen, die lebenslänglich laufende Leistungen und Altersversorgung gewähren, können das Deckungskapital "für die laufenden Leistungen" und außerdem für jeden Leistungsanwärter 25 v.H. des Durchschnittsbetrags der von der Kasse im Wirtschaftsjahr gewährten Leistungen zugewandt werden (§ 4d Abs.1 Nr.1 Satz 1 EStG). An Kassen, die keine lebenslänglich laufenden Leistungen gewähren, können für jedes Wirtschaftsjahr 0,2 v.H. der Lohn- und Gehaltssumme des Trägerunternehmens, mindestens jedoch der Betrag der von der Kasse in einem Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen, soweit dieser Betrag höher ist als die in den vorangegangenen fünf Wirtschaftsjahren vorgenommenen Zuwendungen abzüglich der in dem gleichen Zeitraum erbrachten Leistungen, zugewandt werden.
Gewährt eine Kasse lebenslänglich laufende und nicht lebenslänglich laufende Leistungen, so sind Zuwendungen in dem angeführten Umfange nebeneinander möglich (§ 4d Abs.1 Satz 2 EStG).
Selbst wenn die Zuwendungen sich innerhalb der angeführten Grenzen halten, können sie nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn das Vermögen der Kasse das zulässige Kassenvermögen übersteigt (§ 4d Abs.1 Nr.1 Satz 4 EStG für Unterstützungskassen, die lebenslänglich laufende Leistungen gewähren und § 4d Abs.1 Nr.2 Satz 2 EStG für Unterstützungskassen, die keine lebenslänglich laufenden Leistungen gewähren). § 4d EStG enthält Vorschriften über die Ermittlung des tatsächlichen Kassenvermögens (§ 4d Abs.1 Nr.1 Satz 5 EStG) als auch über die Höhe des zulässigen Kassenvermögens (§ 4d Abs.1 Nr.1 Satz 6 EStG bezüglich der Unterstützungskassen, die lebenslänglich laufende Leistungen gewähren und § 4d Abs.1 Nr.2 Satz 2 EStG bezüglich der Unterstützungskassen, die keine lebenslänglich laufenden Leistungen gewähren). Leistet ein Trägerunternehmen Zuwendungen an mehrere Unterstützungskassen, so sind die Kassen bei der Anwendung der Höchstgrenzen als Einheit zu behandeln (§ 4d Abs.1 Satz 3 EStG).
Danach kann die Klägerin den an die A im Wirtschaftsjahr 1976/77 gezahlten Betrag nicht als Betriebsausgabe abziehen. Das tatsächliche Vermögen der Unterstützungskassen, für die die Klägerin Trägerunternehmen ist, übersteigt das zulässige Kassenvermögen. Das tatsächliche Kassenvermögen aller Unterstützungskassen beträgt, wie zwischen den Beteiligten unstreitig, 34 727 442 DM. Die Summe der zulässigen Kassenvermögen der A und des B beträgt, wie ebenfalls zwischen den Beteiligten unstreitig, 19 693 737 DM.
Der Versagung des Betriebsausgabenabzugs steht nicht entgegen, daß die Klägerin die Zuwendungen an die A u.U. ganz oder teilweise als Betriebsausgaben abziehen könnte, wenn die Unterstützungskassen bei Anwendung des § 4d EStG nicht als Einheit behandelt würden. Dem tatsächlichen Kassenvermögen der A von Null DM würde jedenfalls ein zulässiges Kassenvermögen von 1 645 891 DM gegenüberstehen. Diese Summe entspricht dem Deckungskapital der A. Gemäß § 4d Abs.1 Nr.1 Satz 6 EStG besteht das zulässige Kassenvermögen jedenfalls aus dem Deckungskapital.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die in § 4d Abs.1 Satz 3 EStG vorgesehene Zusammenrechnung nicht vorzunehmen ist, wenn der durch die Kassen begünstigte Kreis der Arbeitnehmer sich nicht überschneidet, jede Kasse also nur für einen bestimmten Kreis von Arbeitnehmern zuständig ist.
Dem Wortlaut des § 4d Abs.1 Satz 3 EStG ist, wie die Klägerin selbst einräumt, eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen. Eine teleologische Reduktion des Wortlauts in dem von der Klägerin angestrebten Sinne kommt nicht in Betracht. Dies würde wie eine analoge Anwendung einer Rechtsnorm voraussetzen, daß das Gesetz lückenhaft ist im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 5.März 1979 GrS 4/78, BFHE 127, 147, BStBl II 1979, 375). Es trifft zwar zu, daß die Zusammenrechnung der tatsächlichen Kassenvermögen einerseits und der je zulässigen Kassenvermögen andererseits die Möglichkeit des Betriebsausgabenabzugs mehr einschränkt als es eine getrennte Berechnung ergäbe. Dies kann sich --wie der Streitfall zeigt-- dadurch ergeben, daß eine Kasse unterdotiert und eine andere Kasse überdotiert ist. Dadurch, daß der Summe der zulässigen Kassenvermögen die Summe der tatsächlichen Kassenvermögen gegenübergestellt wird und die Überdotierung der einen Kasse die Unterdotierung der anderen Kasse erreichen bzw. übersteigen kann, tritt eine einen Betriebsausgabenabzug rechtfertigende Unterdotierung nicht mehr in Erscheinung. Eine Norm ist jedoch nicht allein deshalb lückenhaft, weil es aus rechtspolitischen Erwägungen erwünscht wäre, eine bestehende Regelung auf bestimmte Sachverhalte nicht anzuwenden, auf die sie nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung anzuwenden ist (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26.Februar 1975 I B 96/74, BFHE 115, 17, BStBl II 1975, 449). Dem Gesetz kann nicht der Plan entnommen werden, die Abzugsfähigkeit der Zuwendungen an Unterstützungskassen für den Fall nicht einzuschränken, in dem nicht die Gefahr besteht, daß eine Bemessungsgrundlage mehrfach bei der Berechnung des höchstzulässigen Abzugs zugrunde gelegt wird.
§ 4d EStG wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) vom 19.Dezember 1974 (BGBl I, 3610) in das EStG eingeführt. Ziel der Neuregelung war, die steuerlich abzugsfähigen Zuwendungen an Unterstützungskassen stärker als vorher an die tatsächlichen Kassenleistungen anzupassen, um eine steuerbegünstigte Überdotierung der Unterstützungskassen zu vermeiden (BTDrucks 7/2843). Es entspricht den Zielen des Gesetzes, wenn die Überdotierung einer Kasse dazu beiträgt, den Betriebsausgabenabzug zu beschränken.
Dem Gesetz kann nicht entnommen werden, die Zusammenrechnung solle nur verhindern, daß bestimmte Bemessungsgrundlagen mehrfach zur Begründung eines Betriebsausgabenabzugs herangezogen werden. Dies könnte eintreten, wenn für denselben Kreis von Arbeitnehmern getrennte Kassen für Invaliditäts-, Hinterbliebenen- und Altersversorgung errichtet werden. Während bei der Zusammenfassung in einer Kasse gemäß § 4d Abs.1 Nr.1 EStG je Leistungsanwärter 25 v.H. des Durchschnittsbetrags der von der Kasse im Wirtschaftsjahr gewährten Leistungen zugrunde gelegt werden, würden sich im Falle der Aufteilung bezüglich der Kassen für Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung je 6 v.H. und für die Kasse zur Altersversorgung 25 v.H. des Durchschnittsbetrags der im Wirtschaftsjahr gewährten Leistungen ergeben. Bei Aufteilung der Versorgungsaufgabe auf mehrere Kassen könnten damit 37 v.H. des Durchschnittsbetrags zugrunde gelegt werden, was gemäß § 4d Abs.1 Nr.1 Satz 6 EStG auch das zulässige Kassenvermögen erhöhen würde.
Die Klägerin kann sich für ihre Auffassung nicht auf die Regelung in dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen (RdF) vom 11.Mai 1940 --S 2513-- 210 III/S 3506-24 III (RStBl 1940, 529) berufen. Der Senat kann offenlassen, ob der Erlaß, weil u.C. aufgrund des § 12 der Reichsabgabenordnung (AO) in der damaligen Fassung ergangen, materielles Recht setzte. Die Regelung in dem Erlaß ist jedenfalls durch § 2 der Verordnung über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensions- und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen vom 1.Dezember 1950 (BGBl I, 779) außer Kraft getreten; denn die Verordnung traf insoweit eine von dem Erlaß abweichende Regelung (darüber, daß § 2 der Verordnung vom 1.Dezember 1950 anstelle des Erlasses trat, vgl. BFH-Urteil vom 8.September 1953 I 33/53 U, BFHE 58, 70, BStBl III 1953, 318).
Durch die Verordnung vom 1.Dezember 1950 trat insofern eine von dem Erlaß vom 11.Mai 1940 abweichende Regelung ein, als diese Verordnung die Zusammenrechnung auch für den Fall vorsah, daß der Kreis der von mehreren Kassen begünstigten Arbeitnehmer sich nicht überschnitt. Hierin lag eine den Betriebsausgabenabzug in bestimmtem Umfang einschränkende Regelung gegenüber dem Erlaß vom 11.Mai 1940, da sowohl dieser Erlaß als auch die Verordnung vom 1.Dezember 1950 die jährliche Lohn- und Gehaltssumme als eine der Bemessungsgrundlagen für den Betriebsausgabenabzug ansahen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts an der Verordnung vom 1.Dezember 1950 muß ihm ein Inhalt beigemessen werden, der dem Wortlaut des Erlasses vom 11.Mai 1940 widerspricht. Die Klägerin weist selbst darauf hin, daß die Einschränkung in dem Umstand begründet sein mag, daß die Verordnung vom 1.Dezember 1950 anders als der Erlaß vom 11.Mai 1940 nicht auf die Lohn- und Gehaltssumme der jeweils durch eine Kasse begünstigten Arbeitnehmer abstellt, sondern auf die Lohn- und Gehaltssumme des Trägerunternehmens insgesamt. Dies mag Anlaß gewesen sein, durch eine Zusammenrechnung zu verhindern, daß die Bemessungsgrundlage durch die Errichtung mehrerer Kassen erhöht wird, denen jeweils andere Arbeitnehmer angehören.
Die für den Streitfall maßgebende Regelung in dem Erlaß vom 11.Mai 1940, die durch die Verordnung vom 1.Dezember 1950 aufgehoben wurde, wurde durch die spätere Entwicklung nicht mehr in Kraft gesetzt.
Bezüglich des Gesetzes über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensions- und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen und Ertrag vom 26.März 1952 --Zuwendungsgesetz-- (BGBl I 1952, 206, BStBl I 1952, 227) gilt dies schon deshalb, weil dieses Gesetz für den Fall der Zuwendungen an Unterstützungskassen eine Regelung traf, die im Grundsatz mit der Verordnung vom 1.Dezember 1950 übereinstimmte. Nach § 2 Abs.3 Nr.4 des Gesetzes durften bei Betrieben, die für ihre Arbeitnehmer mehrere Kassen eingerichtet hatten, das Vermögen aller Kassen zusammen und die Zuwendungen für die Ansammlung eines Kassenvermögens an alle Kassen zusammen die im Gesetz genannten Höchstbeträge nicht übersteigen.
Obwohl § 4d EStG im Gegensatz zur Verordnung vom 1.Dezember 1950 und zu dem Zuwendungsgesetz jedenfalls hinsichtlich der Unterstützungskassen, die lebenslänglich laufende Leistungen gewähren, nicht mehr auf die jährliche Lohn- und Gehaltssumme abstellt, kann nicht angenommen werden, daß allein deswegen Teile des Erlasses vom 11.Mai 1940 entgegen dem Gesetzeswortlaut der Anwendung des Gesetzes zugrunde zu legen sind. Eine in einem Erlaß getroffene Einzelregelung wird nicht deswegen entgegen dem Gesetzeswortlaut Inhalt einer späteren Gesetzesvorschrift, weil zwischen der zeitlichen Geltung des Erlasses und der späteren Gesetzesvorschrift eine im Grundsatz mit dem Erlaß übereinstimmende Regelung bestand, die jedoch bezüglich der Einzelregelung von dem Erlaß abwich. Dies gilt auch dann, wenn die dieser getroffenen Regelung zugrunde liegende Einschränkung in der später erlassenen Gesetzesvorschrift nicht mehr in dem Umfange wirkt, wie aufgrund des Erlasses.
Der Senat muß nicht darauf eingehen, ob --wie vom FG ausgeführt-- die einheitliche Betrachtung mehrerer Unterstützungskassen auch deswegen gerechtfertigt ist, weil sie einen anderen Durchschnittsbetrag der von den Unterstützungskassen gewährten Leistungen ergibt, was im Zusammenwirken mit der Zahl der Leistungsanwärter zu einem anderen Betrag an abzugsfähigen Zuwendungen führt als bei getrennter Berechnung. Es ist zweifelhaft, ob dies als Beleg für das Ziel des Gesetzgebers angeführt werden kann, die Zuführungen an die Unterstützungskassen zu beschränken. Die einheitliche Betrachtung führt nämlich dann u.U. zu einem höheren Betriebsausgabenabzug, wenn eine Kasse mit einem hohen Durchschnittsbetrag an gewährten Leistungen über nur wenige Leistungsanwärter verfügt. Besteht daneben eine Kasse mit einem geringen Durchschnittsbetrag an gewährten Leistungen, jedoch einer verhältnismäßig hohen Zahl an Leistungsanwärtern, kann das zu bildende Produkt aus Leistungsanwärtern und dem sich durch die Zusammenrechnung ergebenden höheren Durchschnittsbetrag zu einem Mehr an abzugsfähigen Betriebsausgaben führen als die getrennte Berechnung.
Unerheblich ist, daß die Klägerin im Wirtschaftsjahr 1976/77 keine Zuwendungen an B gemacht hat. Dies hindert eine einheitliche Betrachtung nicht, obwohl der Wortlaut des § 4d Abs.1 Satz 3 EStG nahelegt, daß die Einheitsbetrachtung nur dann möglich ist, wenn in dem betreffenden Wirtschaftsjahr tatsächlich Zuwendungen an mehrere Unterstützungskassen geleistet wurden. Dem Gesetz, das den Betriebsausgabenabzug beschränken will, entspricht es für die Frage, ob an mehrere Unterstützungskassen geleistet wird, nicht auf die in dem betreffenden Wirtschaftsjahr gemachten Zuwendungen abzustellen, sondern darauf, ob das Unternehmen Trägerunternehmer mehrerer Unterstützungskassen ist, die als Empfänger von Zuwendungen in Betracht kommen. Eine andere Auslegung würde dazu führen, daß die vom Gesetz erkennbar gewollte Folge in der Weise umgangen werden kann, daß in den einzelnen Wirtschaftsjahren jeweils nur Zuwendungen an eine Unterstützungskasse bewirkt werden.
Der Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4d EStG steht nicht entgegen, daß die Klägerin von den Arbeitnehmern in Anspruch genommen werden kann, wenn die A vermögenslos ist (Urteil des Bundesarbeitsgerichts --BAG-- vom 5.Juli 1979 3 AZR 197/78, Der Betrieb --DB-- 1979, 1942). Der Umstand, daß die Klägerin im Falle einer Inanspruchnahme die zu zahlenden Beträge ohne Begrenzung durch § 4d EStG als Betriebsausgaben abziehen kann, steht der Anwendung des § 4d EStG im Streitfall nicht entgegen. Der gesetzgeberische Grund für die Abzugsbeschränkung, die Überdotierung der Unterstützungskassen zu verhindern, besteht im Falle der direkten Inanspruchnahme des Trägerunternehmens durch die Arbeitnehmer nicht.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf den Erlaß von Schleswig-Holstein vom 30.Januar 1976 - S 2727 - 26 VI 350a (Steuererlasse in Karteiform --StEK-- Nr.86 zu § 4 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) berufen, der dem BMF-Schreiben vom 24.November 1975 IV B 7 - S 2727 - 13/75 entspricht. Der Erlaß bezieht sich auf die Körperschaftsteuerpflicht der Unterstützungskasse und besagt, daß die Vorschrift des § 4d Abs.1 Satz 3 EStG, die für den Abzug der Aufwendungen beim Trägerunternehmen mehrere Unterstützungskassen als Einheit behandelt, insoweit nicht gilt. Der Erlaß will damit ausschalten, daß die partielle Steuerpflicht einer überdotierten Unterstützungskasse mit Hinweis auf die Unterdotierung einer anderen Unterstützungskasse ausgeschlossen wird.
Aufgrund des Erlasses trat keine Bindung des FA nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ein, selbst wenn die Klägerin den Erlaß zum Anlaß genommen haben sollte, der unterdotierten A im Wirtschaftsjahr 1976/77 Zuwendungen zu machen. Dem steht nicht entgegen, daß nach dem Erlaß mit der Vorschrift des § 4d Abs.1 letzter Satz EStG vermieden werden sollte, daß ein Trägerunternehmen für den gleichen Empfängerkreis mehrere Unterstützungskassen ins Leben ruft, um dadurch die Beschränkungen der Zuwendungen an Unterstützungskassen in § 4d Abs.1 EStG zu umgehen. Verwaltungserlassen kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht die gleiche Wirkung beigemessen werden wie verbindlichen Zusagen (BFH-Urteile vom 18.März 1986 VII R 55/83, BFHE 146, 294, und vom 10.Juni 1975 VIII R 50/72, BFHE 116, 103, BStBl II 1975, 789). Hinzukommt, daß der Erlaß die fraglichen Ausführungen nur macht, um zu dokumentieren, daß für die körperschaftsteuerrechtliche Beurteilung der Unterstützungskassen mehrere Unterstützungskassen nicht als Einheit zu betrachten sind.
Der Senat kann offenlassen, ob für den C als Unterstützungskasse eine getrennte Berechnung durchzuführen ist (vgl. Abschn.27a Abs.10 der Einkommensteuer-Richtlinien). Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß selbst bei Einbeziehung des anteiligen auf die Klägerin entfallenden zulässigen Kassenvermögens des C die Summe des tatsächlichen Kassenvermögens der A und des B das zulässige Kassenvermögen übersteigt.
Fundstellen
Haufe-Index 62966 |
BFH/NV 1990, 19 |
BStBl II 1990, 210 |
BFHE 159, 44 |
BFHE 1990, 44 |
BB 1990, 762 |
BB 1990, 762-764 (LT) |
DB 1990, 866-868 (LT) |
HFR 1990, 293 (LT) |
StE 1990, 78 (K) |