Entscheidungsstichwort (Thema)
Option zur Umsatzsteuer als haftungsbegründende Pflichtverletzung
Leitsatz (NV)
Der gesetzliche Vertreter einer GmbH verletzt die ihm obliegenden Pflichten und haftet gemäß §§ 34, 69 AO 1977, wenn er in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners für einen steuerfreien Umsatz auf die Steuerbefreiung verzichtet, obwohl er weiß, daß die durch die Option entstehende Steuerschuld nicht beglichen werden kann, er aber zugleich als Erwerber den aus dem Umsatz resultierenden Vorsteuerabzug in Anspruch nimmt.
Normenkette
AO 1977 § 34 Abs. 1, § 69; UStG § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 9 Abs. 1, § 15a
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war alleiniger Liquidator einer GmbH. Nachdem ein die GmbH betreffender Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt worden war, wurde im Juli 1986 ein ihr gehörendes Erbbaurecht zwangsversteigert. Den Zuschlag erhielt der Kläger mit einem Gebot von ... DM. Der Versteigerungserlös wurde vollständig an die Gläubiger der GmbH ausgekehrt. Die GmbH erteilte dem Kläger eine Rechnung, in der sie aus dem Versteigerungserlös Umsatzsteuer in Höhe von ... DM herausrechnete und offen auswies. In der Umsatzsteuervoranmeldung für Juli 1986 meldete die GmbH den Umsatzsteuerbetrag unter Verzicht auf die Befreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA --) an. Der Kläger machte den entsprechenden Betrag als Vorsteuer geltend.
Da die vorangemeldete Umsatzsteuer von der GmbH nicht entrichtet wurde, behandelte das FA die Option als unwirksam. Es setzte die dem Kläger in Rechnung gestellte Umsatzsteuer fest und berichtigte den im Zusammenhang mit der Errichtung des Betriebsgebäudes vorgenommenen Vorsteuerabzug. Die von der GmbH hiergegen erhobene Klage und Revision hatte vor dem Bundesfinanzhof (BFH) Erfolg (Urteil vom 29. April 1993 V R 93/89, BFH/NV 1994, 510). Der BFH führte aus, daß die GmbH gemäß § 9 Abs. 1 UStG wirksam zur Umsatzsteuer optiert habe und ein Scheingeschäft oder ein Gestaltungsmißbrauch (§ 41 Abs. 2, § 42 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) nicht vorliege.
Bereits zuvor hatte das FA den Kläger als Haftungsschuldner für die von der GmbH vorangemeldete Umsatzsteuer gemäß § 69 i. V. m. § 34 Abs. 1 AO 1977 mit der Begründung in Anspruch genommen, durch die Option zur Umsatzsteuer und den gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer in der erteilten Rechnung habe er die ihm obliegenden Pflichten grob fahrlässig verletzt, weil ihm im Zeitpunkt der Rechnungserteilung bekannt gewesen sei, daß die Umsatzsteuer von der GmbH nicht werde bezahlt werden könne.
Der Einspruch und die Klage des Klägers gegen den Haftungsbescheid blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) begründet die Klageabweisung im wesentlichen damit, der gesetzliche Vertreter einer GmbH verletze die ihm gegenüber dem Steuergläubiger obliegenden Pflichten auch dann, wenn er in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Steuerschuldnerin für einen steuerfreien Umsatz auf die Steuerbefreiung verzichte, ohne dafür Sorge zu tragen, daß die durch die Option entstehende Steuerschuld erfüllt werden könne. Wegen der Begründung des FG im einzelnen wird auf den Urteilsabdruck in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG), 1996, 789 Bezug genommen.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, die Rechtsauslegung des FG widerspreche dem BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 510, in dem für den Streitfall entschieden worden sei, daß die GmbH i. L. als Steuerschuldnerin wirksam nach § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuer optiert habe. Wenn der BFH für denselben Sachverhalt die Option für wirksam erklärt habe, könne deren Ausübung durch den gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft nicht als dessen Pflichtverletzung beurteilt werden. In der Rechtsprechung werde anerkannt, daß eine Pflichtverletzung nach § 34 Abs. 1 AO 1977 nicht bereits dadurch vorliege, daß die Option nach § 9 Abs. 1 UStG in Kenntnis dessen, daß die Umsatzsteuer von der (inzwischen vermögenslosen) GmbH nicht entrichtet werden könne, ausgeübt worden sei (Hinweis auf das Urteil des FG des Saarlandes vom 28. September 1989 2 K 241/88, EFG 1990, 206). Das von der Vorinstanz herangezogene BFH-Urteil vom 5. Februar 1985 VII R 124/80 (BFH/NV 1987, 2) sei nicht einschlägig, da es einen vom Streitfall abweichenden Sachverhalt betreffe, in dem die GmbH erst durch die Vertragsgestaltung außerstande gesetzt worden sei, die entstandenen Steuerschulden zu begleichen.
Die Vorentscheidung verkenne auch die vom BFH aufgestellten Grundsätze der Beweislastverteilung. Danach trage das FA für den Fall, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels Masse bereits abgelehnt worden sei, die Beweislast dafür, daß der gesetzliche Vertreter den nach dieser Ablehnung entstehenden Steueranspruch habe sicherstellen können. Ihm (dem Kläger) hätten im Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuerschuld keine Mittel zur Begleichung zur Verfügung gestanden, da im Rahmen der Zwangsversteigerung der gesamte Erlös an die die Zwangsversteigerung betreibende Bank auszukehren gewesen sei. Das FG habe es -- verfahrensfehlerhaft -- unterlassen aufzuklären, ob er überhaupt die Möglichkeit gehabt habe, die Steuerschuld der GmbH aus anderen Mitteln zu zahlen.
Ferner liege jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit vor. Im Falle der Nichtausübung der Option hätte dem FA aufgrund der steuerfreien Veräußerung des Erbbaurechts ein Anspruch gemäß § 15 a UStG in nahezu gleicher Höhe zugestanden, der ebenfalls von der GmbH i. L. nicht hätte befriedigt werden können. Somit sei der Kläger davon ausgegangen, daß dem FA durch die Optionsausübung kein Schaden entstehe.
Entgegen der Auffassung des FG sei aus den vorstehenden Gründen auch ein abstrakter Haftungsanspruch aufgrund der Optionsausübung nicht gegeben. Wenn das FG in diesem Zusammenhang Ansprüche des FA gegen den Kläger als Privatperson (Erwerber des Erbbaurechts) zur Begründung seiner Kausalität heranziehe, so verkenne es, daß stets nur das jeweilige Steuerschuldverhältnis maßgebend sein könne. Die Ansprüche des Steuergläubigers gegenüber dem Ersteher des Erbbaurechts seien für den hier streitigen Haftungsanspruch unerheblich. Das gelte auch, wenn der Ersteher des Erbbaurechts mit dem gesetzlichen Vertreter der veräußernden Gesellschaft personenidentisch sei.
Darüber hinaus setze ein Haftungsanspruch nach §§ 34, 69 AO 1977 einen Steuerausfall (Schaden) voraus, der hier nicht eingetreten sei, weil im Falle der Nichtausübung der Option der Umsatz der GmbH steuerbefreit gewesen sei. Der Steueranspruch gegenüber dem Erwerber des Erbbaurechts müsse wiederum für die Betrachtung des Haftungsanspruchs unberücksichtigt bleiben.
Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck der Neuregelung des § 51 Abs. 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung -- Sicherstellung der Umsatzsteuer in vergleichbaren Fällen -- dafür, daß zuvor insoweit eine Gesetzeslücke bestanden habe, die durch legale Handlungen habe ausgenutzt werden können, ohne daß darin eine Pflichtverletzung i. S. des § 34 Abs. 1 AO 1977 gesehen werden könne.
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil sowie den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; die Vor entscheidung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Der Kläger hatte als Liquidator einer GmbH die Stellung eines gesetzlichen Vertreters (§ 70 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Als solcher hatte er gemäß § 34 Abs. 1 AO 1977 deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, insbesondere dafür zu sorgen, daß die Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln entrichtet wurden. Er haftet nach § 69 AO 1977, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt worden sind.
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Kläger im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts der GmbH die ihm als Liquidator obliegenden steuerlichen Pflichten grob schuldhaft verletzt und dadurch den Haftungstatbestand des § 69 AO 1977 erfüllt hat, indem er auf die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bestehende Steuerbefreiung für diesen Umsatz nach § 9 Abs. 1 UStG in Kenntnis des Umstandes verzichtet hat, daß er die dadurch entstehende Umsatzsteuerschuld nicht werde begleichen können.
a) Der Entscheidung des FG liegt in tatsächlicher Hinsicht die Würdigung zugrunde, daß die GmbH i. L. im Zeitpunkt der Fälligkeit der vorgenannten Umsatzsteuerschuld über keinerlei Mittel zu deren Entrichtung verfügte, weil auch der Erlös aus der Zwangsversteigerung in vollem Umfang an den die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger ausgekehrt werden mußte. Soweit die Revision hinsichtlich dieser -- auch zwischen den Beteiligten nicht streitigen -- Sachverhaltsgestaltung mangelnde Sachverhaltsaufklärung und die Verkennung von Beweislastgrundsätzen rügt, gehen insoweit die Verfahrensrüge (§ 76 Abs. 1 FGO) und die gerügte Rechtsverletzung ins Leere.
b) Die vom FG angenommene Pflichtverletzung des Klägers beruht auf der auch in der Rechtsprechung des erkennenden Senats vertretenen Auffassung, wonach die Pflichten des gesetzlichen Vertreters nach § 34 Abs. 1 AO 1977 sich nicht darauf beschränken, die im Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuern vorhandenen Mittel des Steuerschuldners (auch, d. h. jedenfalls anteilig) zur Befriedigung des Steuergläubigers einzusetzen, vielmehr der gesetzliche Vertreter bereits vor Fälligkeit der Steuern verpflichtet ist, die Mittel so zu verwalten, daß er zur pünktlichen Tilgung auch der erst künftig fällig werdenden Steuerschulden in der Lage ist. Diese Verpflichtung ist -- wie der erkennende Senat in BFH/NV 1987, 2, m. w. N. entschieden hat -- auch bei Vertragsgestaltungen zu beachten, die steuerbare Vorgänge auslösen, und sie kann schon vor der Entstehung der verkürzten Steueransprüche begangen werden, sobald diese für den gesetzlichen Vertreter erkennbar ist. Das FG hat demgemäß für den Streitfall erkannt, daß der gesetzliche Vertreter einer GmbH die ihm obliegenden Pflichten verletzt, wenn er in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Steuerschuldnerin für einen steuerfreien Umsatz auf die Steuerbefreiung verzichtet, obwohl er weiß, daß die durch die Option entstehende Steuerschuld nicht beglichen werden kann.
Der Senat hält diese Rechtsauslegung für zutreffend. Ebenso wie in dem Urteil in BFH/NV 1987, 2 die Pflichtverletzung darin gesehen worden ist, daß der Kläger für einen bestimmten Umsatz eine Vertragsgestaltung gewählt hat, die ihm die Begleichung der Umsatzsteuer unmöglich machte, während bei einer anderen, rechtlich möglichen und zumutbaren Gestaltung die Steuer hätte entrichtet werden können, liegt die Verletzung der steuerlichen Pflichten des Klägers hier darin, daß er -- ohne daß dies rechtlich geboten gewesen wäre (Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) -- für den Umsatz aus der Zwangsversteigerung zur Umsatzsteuer optiert und damit eine Umsatzsteuerschuld zur Entstehung gebracht hat, die die GmbH -- wie ihm von vornherein bewußt war -- nicht begleichen konnte. Der Kläger hätte als Liquidator der GmbH deren steuerliche Verhältnisse auch in der Weise gestalten können, daß der hier vorliegende Steuerausfall vermieden worden wäre. Denn ohne die Option gemäß § 9 Abs. 1 UStG wäre die Umsatzsteuerschuld der GmbH i. L. und damit auch die Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers als Erwerber des Erbbaurechts nicht zur Entstehung gelangt. Die GmbH i. L. erlangte durch den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung auch keinen wirtschaftlichen Vorteil. Zwar wäre der Vorsteuerabzug, der für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zusammenhang mit dem veräußerten Erbbaurecht (Betriebsgebäude) in Anspruch genommen worden war, ohne die Umsatzsteuer-Option gemäß § 15 a UStG zu berichtigen gewesen; dieser Vorsteuerberichtigungsanspruch des FA hätte jedoch gegenüber der GmbH i. L. mangels finanzieller Mittel nicht realisiert werden können. Die Option nach § 9 Abs. 1 UStG und der Ausweis von Umsatzsteuer in der dem Kläger erteilten Rechnung begründeten dagegen einen finanziellen Vorteil für den Kläger selbst, der dadurch für den aus dem Versteigerungserlös herausgerechneten Umsatzsteuerbetrag den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen konnte, ohne daß die Höhe seines Meistgebotes im Zwangsversteigerungsverfahren verändert wurde.
Wenn auch der Geschäftsführer bzw. Liquidator einer GmbH in seinen unternehme rischen Dispositionen, in der Vertragsgestaltung und in der Ausübung steuerlicher Gestaltungsrechte grundsätzlich frei ist, so kann doch -- wie der Senat in BFH/NV 1987, 2, 4 entschieden hat -- eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung i. S. der §§ 34, 69 AO 1977 darin gesehen werden, daß der gesetzliche Vertreter aus der von ihm gewählten Gestaltung einen Vorsteueranspruch für eine andere, ebenfalls von ihm vertretene Gesellschaft in Anspruch nimmt, während er sich um die Entrichtung der daraus für die GmbH entstehenden Umsatzsteuerschuld nicht kümmert. Dies muß im Streitfall um so mehr gelten, als hier der gesetzliche Vertreter durch die Option zur Umsatzsteuer, die für die GmbH i. L. wirtschaftlich ohne Bedeutung war, einen Vorsteueranspruch für sich persönlich begründet hat, obwohl ihm bewußt war, daß die GmbH die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht werde entrichten können. Da darin eine bewußte Manipulation zu Lasten des Steuergläubigers liegt, hat der Kläger -- wie das FG zutreffend ausgeführt hat -- seine steuerlichen Pflichten im Streitfall, wenn nicht gar vorsätzlich, so doch jedenfalls grob fahrlässig, verletzt und dadurch den Haftungstatbestand i. S. von § 69 Satz 1 AO 1977 erfüllt.
Der Sachverhaltsunterschied zu dem Fall des Senatsurteils in BFH/NV 1987, 2, daß hier der Kläger nicht durch eine bestimmte Vertragsgestaltung des umsatzsteuerbaren Vorgangs, sondern durch die Ausübung eines steuerlichen Gestaltungsrechts (§ 9 Abs. 1 UStG) einen Schaden zu Lasten des FA herbeigeführt hat, rechtfertigt -- im Gegensatz zur Auffassung der Revision -- keine abweichende Beurteilung der Haftungsfrage. Der Senat hat im übrigen unter Anknüpfung an die Rechtsgrundsätze, die er in seinem vorstehend zitierten Urteil entwickelt hat, in ähnlicher Würdigung der Vertreterpflichten entschieden, daß ein Konkursverwalter die von ihm nach § 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO 1977 zu erfüllenden steuerlichen Pflichten schon dadurch verletzt, daß er in Kenntnis des Fehlens vorhandener Mittel in dem von ihm verwalteten Vermögen einem anderen eine Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erteilt, ohne dazu berechtigt zu sein (§ 14 Abs. 3 Satz 2 UStG). Für einen daraus dem Steuergläubiger entstehenden Schaden haftet der Konkursverwalter uneingeschränkt; der haftungsbegrenzende Grundsatz der anteiligen Tilgung -- der auch nach den finanziellen Verhältnissen im Streitfall den Haftungsanspruch ausschließen würde -- greift unter diesen Umständen nicht durch (Urteil vom 21. Juni 1994 VII R 34/92, BFHE 175, 198, BStBl II 1995, 230). Da der Kläger somit unter Mißachtung seiner Pflichten als Liquidator mit der Option zur Umsatzsteuer in erster Linie eigene Interessen verfolgt hat, hat das FG den gegen ihn geltend gemachten Haftungsanspruch zu Recht bestätigt.
2. Auch die sonstigen Einwendungen der Revision gegen die Vorentscheidung greifen nicht durch.
a) Das Urteil des V. Senats des BFH in BFH/NV 1994, 510, das die Option zur Umsatzsteuerpflicht im Streitfall für zulässig und wirksam erklärt hat, steht der Annahme einer Pflichtverletzung durch den Kläger nicht entgegen. Es befaßt sich lediglich mit der Wirksamkeit der Option in der Person des Veräußerers, hier der GmbH i. L. als Schuldnerin der Umsatzsteuer. Das Urteil besagt jedoch nichts darüber, ob der Kläger mit der Entscheidung für die Option die ihm als gesetzlichen Vertreter der GmbH nach § 34 AO 1977 obliegenden Pflichten deshalb verletzt hat, weil bei einer anderen, gleichermaßen zulässigen Gestaltung (Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) -- wie ihm bewußt war -- die Steuerverkürzung nicht eingetreten wäre. Das in diesem Zusammenhang von der Revision weiter angeführte Urteil des FG des Saarlandes in EFG 1990, 206 betrifft einen anderen Sachverhalt (Rückgängigmachung eines umsatzsteuerpflichtigen Eigengeschäfts mit der GmbH durch den GmbH-Geschäftsführer) und ist deshalb für den Streitfall nicht einschlägig. Der Senat braucht folglich nicht darauf einzugehen, ob er den dortigen Rechtsausführungen folgen könnte.
b) Die Revision meint, die Option zur Umsatzsteuer gemäß § 9 Abs. 1 UStG sei nicht kausal für den Eintritt eines Haftungsschadens (Steuerausfalls) und folglich liege auch keine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Klägers vor, weil diesem bewußt gewesen sei, daß ohne die Ausübung der Option wegen der dann steuerfreien Veräußerung des Erbbaurechts dem FA ein Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 15 a UStG in nahezu gleicher Höhe zugestanden hätte. Diese Beurteilung läßt außer Betracht, daß der Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 15 a UStG zwar ebenso wie der durch die Option entstandene Umsatzsteueranspruch gegenüber der GmbH i. L. wegen des Mangels an Zahlungsmitteln nicht hätte realisiert werden können, der dem Steuergläubiger verbleibende Schaden aber darin besteht, daß die Option zur Umsatzsteuer zu einem Vorsteuerabzug des Klägers als Erwerber des Erbbaurechts geführt hat (§ 15 Abs. 1 UStG), ohne daß die entsprechende Umsatzsteuer von der GmbH als Veräußerer entrichtet werden konnte. Im übrigen muß der Vorsteuerberichtigungsanspruch gemäß § 15 a UStG für die Beurteilung der Pflichtverletzung und des eingetretenen Haftungsschadens regelmäßig außer Betracht bleiben, weil seine Entstehung und Höhe von den Umständen (Vorsteuerabzug) des jeweiligen Einzelfalls abhängig sind, die der für den Haftungsanspruch zu beurteilenden Pflichtverletzung zeitlich vorausgegangen sind und somit nicht allein mit dieser im Kausalzusammenhang stehen. Daß im Streitfall der Vorsteuerberichtigungsanspruch in etwa der durch die Option entstandenen Umsatzsteuer entsprochen hätte, beruht auf den Zufälligkeiten des vorliegenden Einzelfalles.
c) Der Mitberücksichtigung des Vorsteuerabzugs, den der Kläger als Erwerber des Erbbaurechts in Anspruch genommen hat, bei der Beurteilung des entstandenen Haftungsschadens steht -- entgegen der Auffassung der Revision -- auch nicht entgegen, daß es sich hierbei um einen Steueranspruch handelt, der außerhalb des Steuerschuldverhältnisses zu der GmbH i. L. steht. Der Vorsteueranspruch des Klägers ist ebenso wie der entsprechende Umsatzsteueranspruch gegenüber der GmbH durch den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung der Veräußerung (Versteigerung) des Erbbaurechts ausgelöst worden, von dem der Kläger als gesetzlicher Vertreter der GmbH i. L. auch hätte absehen können (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG). Es mag dahinstehen, ob in sonstigen Fällen der Nichtentrichtung von Umsatzsteuer durch den gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft die Frage des Vorsteuerabzugs durch den Erwerber für die Begründung und die Höhe eines Schadens des FA und damit für den Haftungsanspruch nach § 69 AO 1977 von Bedeutung ist. Der Senat hat aber im Urteil in BFH/NV 1987, 2 für Pflichtverletzungen, die auf bestimmten (Vertrags-)Gestaltungen beruhen, den Zusammenhang zwischen einer nicht realisierbaren Umsatzsteuerschuld des Veräußerers und dem Vorsteueranspruch des Erwerbers jedenfalls für den Fall für die Begründung des Haftungsanspruchs berücksichtigt, in dem Veräußerer (Lieferer) und Erwerber von derselben Person vertreten werden. Er hat dort ausgeführt, daß die Klägerin (Geschäftsführerin einer GmbH) nicht aus demselben Rechtsgeschäft den Vorsteueranspruch für die ebenfalls von ihr vertretene KG in Anspruch nehmen durfte, während sie sich als gesetzliche Vertreterin der GmbH um die Entrichtung der aus der gewählten Vertragsgestaltung für diese entstehenden Umsatzsteuerschuld nicht kümmerte. Das muß -- wie oben ausgeführt -- im Streitfall um so eher gelten, als hier der Kläger durch die Option zur Umsatzsteuer, die -- wie er wußte -- die von ihm vertretene GmbH i. L. nicht werde entrichten können, einen Vorsteueranspruch sogar für sich persönlich begründet hat. Der Kläger hat damit unter Mißachtung seiner Pflichten als Liquidator der GmbH zum Schaden des Steuergläubigers, der ihm von vornherein erkennbar war, allein seine eigenen finanziellen Interessen vertreten, was seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner nach §§ 34, 69 AO 1977 rechtfertigt.
d) Schließlich rechtfertigt auch -- wie das FG zutreffend entschieden hat -- die zum 1. Januar 1993 in Kraft getretene Neufassung des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStDV durch die Neunte Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung vom 3. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 1982) keine andere Beurteilung des Streitfalles. Nach dieser Bestimmung hat der Ersteher bei einer steuerpflichtigen Lieferung des Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner die Steuer von der Gegenleistung einzubehalten und an das für ihn zuständige FA abzuführen. Durch diese Regelung sollte sichergestellt werden, daß der Verzicht auf die Steuerfreiheit bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks nicht dadurch zu Steuerausfällen führt, daß dem Erwerber zwar der Vorsteuerabzug zusteht, der Vollstreckungsschuldner als leistender Unternehmer aber die geschuldete Steuer für den Grundstücksumsatz nicht an das FA abführen kann. Daraus kann aber für die Zeit vor der Neuregelung nicht der Schluß gezogen werden, daß der gesetzliche Vertreter des Vollstreckungsschuldners, dem -- wie im Streitfall -- als Grundstückserwerber selbst der Vorsteueranspruch zustehen würde, nicht bereits bei der Ausübung des steuerlichen Gestaltungsrechts (§ 9 Abs. 1 UStG) gemäß § 34 Abs. 1 AO 1977 für die Sicherstellung des Steueranspruchs Sorge tragen müßte. Die Einführung der Abzugsverpflichtung für den Ersteher ist -- wie das FG ausgeführt hat -- jedenfalls für die Fälle von Bedeutung, in denen ein für die Steuerschuld des Vollstreckungsschuldners haftender gesetzlicher Vertreter von vornherein nicht vorhanden ist oder der Haftungsanspruch ihm gegenüber aus sonstigen Gründen nicht durchsetzbar ist.
Fundstellen
BFH/NV 1997, 324 |
KTS 1998, 416 |