Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern
Leitsatz (amtlich)
Aus § 1 Abs. 2 ZuckStG 1938 kann nicht gefolgert werden, daß andere zuckerhaltige Stoffe oder Zucker, die bei der Herstellung von Rübenzucker mitverwendet werden, als Rübenzucker zu versteuern sind.
Der Senat tritt der Auffassung des Reichsfinanzhofs in seinem Urteil IV A 186/34 vom 29. März 1935 (Slg. Bd. 37 S. 314) bei, daß auf Malzextrakt die Vorschriften des ZuckStG nicht anzuwenden sind.
Normenkette
ZuckStG § 1 Abs. 1-3, § 3 Abs. 2, § 3/1, § 3/4; ZuckStDB § 7 Abs. 1, § 7/3
Tatbestand
Die beschwerdeführende Firma hat in den Monaten Juni bis Oktober 1949 in ihrem Zuckerherstellungsbetrieb einen sogenannten "Mischsirup" hergestellt und diesen als Brotaufstrich unter der Bezeichnung ...... abgesetzt. Dieser "Mischsirup" wurde nach der Betriebserklärung der Firma vom I. Juni 1949 wie folgt hergestellt: In einer im Maischverfahren hergestellten Malzwürze wurden getrocknete Zuckerrübenschnitzel eingemaischt und gekocht. Die so gewonnene Würze wurde abgezogen und die Schnitzel wurden durch Wassernachgüsse vollständig ausgelaugt. Würze und Nachgüsse wurden dann durch Verdampfen eingedickt.
Diesen "Mischsirup" hat die Firma in fünf vorläufigen Steueranmeldungen dem Zollamt angemeldet, und zwar
1. am I. Juli 1949 ........ mit .............. kg 2. am I. August 1949 ...... mit .............. kg 3. am I. September 1949 ... mit .............. kg 4. am I. Oktober 1949 ..... mit ............. kg 5. am I. November 1949 .... mit ............. kg ......................... zusammen ............ kg.Nach Klarstellung der Steuerfrage forderte das Hauptzollamt ...... mit Steuerbescheid vom 25. Januar 1950 unter Zugrundelegung eines Steuersatzes von 23,94 DM je dz. ....... DM Zuckersteuer von der Firma an. Das Hauptzollamt zog entsprechend einem Untersuchungszeugnis der Zolltechnischen Prüfungsanstalt .......... vom 23. Juni 1949 den "Mischsirup" als Ganzes zur Zuckersteuer heran und lehnte die Auffassung der gleichen Prüfungsanstalt in einem späteren Untersuchungszeugnis vom 15. August 1949 ab, wonach nur 63,7 v. H. Rübenzuckersirup und nicht auch die 36,3 v. H. Malzextrakt, die zusammen den "Mischsirup" bilden, der Steuer zugrunde gelegt werden dürften.
Auf die Sprungberufung der Firma ..... hat das Finanzgericht durch die Vorentscheidung die Steuerschuld der Firma auf ..... DM festgesetzt. Dabei ging es davon aus, daß der "Mischsirup" als zuckerhaltige Ware im Sinne des § 5 des Zuckersteuergesetzes (ZuckStG) anzusprechen sei, mithin nur der in ihm enthaltene steuerbare Rübenzucker zu dem für ihn in Betracht kommenden Steuersatz zur Versteuerung herangezogen werden könne, während der in dem Erzeugnis enthaltene Malzextrakt steuerfrei bleiben müsse. Auf dieser Grundlage sei eine Versteuerung aber nur bei dem Posten 3 möglich, weil sich nach dem Untersuchungszeugnis der Zolltechnischen Prüfungsanstalt vom 15. August 1949 nur für diesen Posten ein Reinheitsgrad von mehr als 70 v. H. für den in ihm enthaltenen Rübenzuckersirup ergebe.
Gegen das Urteil des Finanzgerichts legte sowohl der Vorsteher des Hauptzollamts ..... wie auch die Firma ..... Rechtsbeschwerde (Rb.) ein.
Das Hauptzollamt stützt seine Rb. auf rechtsirrige Auslegung des § I Abs. 2 ZuckStG und auf Verstöße gegen den Akteninhalt. Es hält an seiner Rechtsauffassung fest, daß der "Mischsirup" als Ganzes und für sämtliche Anmeldungen zur Versteuerung heranzuziehen und die Berechnung des Reinheitsgrades durch das Finanzgericht irrig sei.
Der Bundesminister der Finanzen, den der erkennende Senat im Zuge des Rechtsbeschwerdeverfahrens um seine Stellungnahme gebeten hat, hat in längeren Ausführungen, die der beschwerdeführenden Firma mitgeteilt worden sind, und zu denen sie sich eingehend geäußert hat, der Rechtsansicht des Hauptzollamts zugestimmt.
Demgegenüber beantragt die beschwerdeführende Firma mit ihrer Rb. und in Erwiderung auf die Rb. des Hauptzollamts Freistellung ihres "Mischsirups" von der Steuer, da ihr Erzeugnis überhaupt nicht unter das ZuckStG falle, oder wenn es schon als Rübenzucker nach § I Abs. 2 ZuckStG angesprochen werde, bei Beachtung der für den Chemiker vorgeschriebenen Richtlinien für die Untersuchung von Rübenzuckererzeugnissen ihr "Mischsirup" einen Reinheitsgrad von weniger als 70 v. H. aufweise.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Hauptzollamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Das ZuckStG vom 9. Juli 1923 in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1938 - Reichsgesetzblatt (RGBl) I S. 1251 - (ZuckStG 1938) mit seinen Steuersätzen nach dem am 24. Juni 1946 in Kraft getretenen Kontrollratgesetz Nr. 30 vom 20. Juni 1946 (Amtsblatt des Kontrollrats S. 161) ist durch das änderungsgesetz vom 18. April 1950 - Bundesgesetzblatt (BGBl) S. 93 - (ZuckStG 1950) mit Wirkung vom 1. Oktober 1949 ab und die Durchführungsbestimmungen zum Zuckersteuergesetz vom 7. Oktober 1938 - Reichsministerialblatt (RMBl) S. 671 - (Durchführungsbestimmungen 1938) sind durch die änderungsverordnung vom 29. Juli 1950 - BGBl S. 366 - (Durchführungsbestimmungen 1950) ebenfalls mit Wirkung vom 1. Oktober 1949 ab teilweise geändert worden.
Nach § 1 Abs. 1 ZuckStG 1938 unterliegt Zucker (Rübenzucker, Stärkezucker und Zucker von der chemischen Zusammensetzung dieser Zuckerarten) der Zuckersteuer. Als Rübenzucker gelten nach § 1 Abs. 2 a. a. O. u. a. Rübensäfte (Rübensirup, Rübenkraut und Rübenkreude, vgl. § 3 Abs. 2 ZuckStG 1938, § 7 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen 1938, § 3 Abs. 2 ZuckStG 1950), und zwar ohne Rücksicht darauf, ob bei der Herstellung andere zuckerhaltige Stoffe oder Zucker mitverwendet worden sind. Diese Vorschrift ist nach der Auffassung des erkennenden Senats dahin zu verstehen, daß ein Rübensaft, der nach seiner Zusammensetzung einen erheblichen Rübenzuckergehalt aufweist, seine Eigenschaft als Rübenzucker nicht dadurch verliert, daß bei seiner Herstellung auch andere zuckerhaltige Stoffe oder Zucker mitverwendet worden sind. Aus dieser Vorschrift kann aber nicht geschlossen werden, daß auch die rübenfremden Zuckerarten als Rübenzucker gelten und mithin ebenso zu versteuern sind wie der in dem Erzeugnis enthaltene Rübenzucker. Eine solche Auslegung, wie sie das Hauptzollamt dieser Vorschrift gibt, würde dazu führen, daß auf dem Umwege über § 1 Abs. 2 ZuckStG 1938 auch Zuckerarten, die nach § 1 Abs. 1 ZuckStG 1938 nicht der Zuckersteuer unterliegen, wie z. B. Milchzucker, oder Zuckerarten, die wie Stärkezucker einem geringeren Steuersatz als der Rübenzucker unterliegen, nach den Steuersätzen für Rübenzucker zu versteuern wären. Das kann aber weder dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 ZuckStG entnommen werden, noch kann es in der Absicht des Gesetzgebers gelegen haben.
Der "Mischsirup" der Firma ..., der nach der Betriebserklärung vom 1. Juni 1949 aus getrockneten Zuckerrübenschnitzeln und Malzwürze gewonnen wurde und nach den Untersuchungszeugnissen der Zolltechnischen Prüfungsanstalt vom 23. Juni und 15. August 1949 36,3 v. H. bzw. 39,5 v. H. Rübenzucker in wertbestimmender Menge enthielt, ist nicht, wie das Finanzgericht annimmt, eine zuckerhaltige Ware im Sinne des § 5 ZuckStG 1938, da er nicht unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift hergestellt wurde, sondern nach dem Herstellungsverfahren und dem Zustande, wie er den Herstellungsbetrieb verließ, ein Rübensaft, mithin ein flüssiger Rübenzucker im Sinne des § 1 Abs. 2 ZuckStG 1938. Nach den obigen Ausführungen kann zur Versteuerung als Rübenzucker aber nur der in dem "Mischsirup" enthaltene Teil des reinen Rübensaftes herangezogen werden. Liegt der Reinheitsgrad dieses Saftes unter 70 v. H., so ist er von der Zuckersteuer befreit, liegt er zwischen 70 bis 95 v. H., so unterliegt er einer Steuer in Höhe von 6/10 des regelmäßigen Zuckersteuersatzes, liegt er über 95 v. H., unterliegt er einer Steuer in Höhe von 7/10 des regelmäßigen Steuersatzes (ß 3 Abs. 2 ZuckStG 1938 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und 3 der Durchführungsbestimmungen 1938, Kontrollratgesetz Nr. 30, ab 1. Oktober 1949 § 3 Abs. 1, 2 und 4 ZuckStG 1950).
Für die übrigen nach den Untersuchungszeugnissen der Prüfungsanstalt festgestellten Zuckerarten (Stärkezucker und Malzzucker) kommt eine Steuererhebung als Stärkezucker nicht in Betracht. Diese Zuckerarten stammen aus der bei der Herstellung des "Mischsirups" mitverwendeten Malzwürze. Unbestritten handelt es sich bei dieser nach der Betriebserklärung im Maischverfahren hergestellten Malzwürze um einen nicht eingedickten Malzextrakt. Der erkennende Senat tritt, wie bereits der II. Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil II z 39/50 U vom 13. Dezember 1950 (Slg. Bd. 55 S. 534 - Bundessteuerblatt 1951 III S. 216, Bundeszollblatt 1951 S. 629) der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (zu vgl. Urteil IV A 186/34 vom 29. März 1935, Slg. Bd. 37 S. 314) bei, daß die Vorschriften des ZuckStG auf Malzextrakt keine Anwendung finden, weil er nicht unter die Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 3 ZuckStG 1938 - Gewinnung aus Malz und nicht aus Stärke - fällt.
Da die Vorinstanz die Rechtslage verkannt hat, war ihre Entscheidung aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache war zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zur Feststellung des Reinheitsgrades des in dem Mischsirup enthaltenen Rübenzuckersaftes und der danach steuerbaren Rübensaftmenge zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408409 |
BStBl III 1956, 209 |
BFHE 1957, 36 |
BFHE 63, 36 |