Leitsatz (amtlich)
Soweit ein gemeinnütziger Golfclub seine Anlage auch clubfremden Spielern gegen sog. Greenfee zur Verfügung stellt, erbringt er entgeltliche steuerpflichtige Leistungen. Die Leistungen unterliegen dem Regelsteuersatz; sie werden nicht im Rahmen eines steuerunschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (nunmehr Zweckbetrieb) ausgeführt.
Orientierungssatz
1. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist dann steuerunschädlich, wenn er sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen läßt, vielmehr als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
2. Ist nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 GemV ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb "steuerlich unschädlich", sind die in seinem Rahmen ausgeführten Leistungen umsatzsteuerrechtlich wie die Leistungen der Körperschaft zu behandeln, die unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen (Literatur).
Normenkette
UStG 1967 § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 12 Abs. 2 Nr. 8; StAnpG §§ 17-19; GemV § 6; GemV § 7 Abs. 1; GemV § 9
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 11.09.1978; Aktenzeichen V 250/78) |
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) anerkannte den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), einen Golfclub, als gemeinnützig i.S. des § 4 Abs.1 Nr.6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der für das Streitjahr 1972 geltenden Fassung, da der satzungsgemäße Zweck des Klägers die Gesundheitspflege, körperliche Ertüchtigung und Jugendbetreuung sei.
Nach internationaler Übung im Golfsport müssen die Mitglieder von Golfclubs, die auf der Anlage eines Clubs spielen, bei dem sie nicht Mitglied sind, dafür ein "Greenfee" (eine an den Unterhaltskosten der Clubanlage orientierte Benutzungsgebühr) zahlen, während beim Spielen im eigenen Club keine Benutzungsgebühr anfällt (sie ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten).
Die Einnahmen des Klägers aus "Greenfee" betrugen im Streitjahr 1972 X DM, die das FA mit dem Regelsteuersatz der Umsatzsteuer unterwarf. Der Einspruch, mit dem der Kläger u.a. geltend machte, die Leistungen seien gemäß § 12 Abs.2 Nr.8 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967 nur mit dem halben Steuersatz zu erfassen, blieb insoweit erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1979, 206 veröffentlichten Urteil statt. Es führte im wesentlichen aus: Das Greenfee sei Entgelt für die Benutzung der Platzanlage seitens clubfremder Personen. Der Kläger unterhalte, soweit er Greenfee einnehme, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dieser sei aber steuerunschädlich, da er der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke des Klägers diene und diese nur durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erreicht werden könnten (Zweckbetrieb); auch trete der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar sei. Die Unterhaltung einer Golfplatzanlage erfordere erhebliche finanzielle Mittel, die nicht allein aus den Vereinsbeiträgen aufgebracht werden könnten. Hierfür müßten auch vereinsfremde Benutzer herangezogen werden. Zwar müsse ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb der unmittelbaren Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke dienen, um steuerlich unschädlich zu sein. Das sei im Streitfall aber gewährleistet. Der Kläger könne seine satzungsgemäßen Zwecke nur erreichen, wenn er seine Anlage den Interessenten zur Verfügung stelle. Daß er dabei von clubfremden Benutzern ein Entgelt erhalte, stemple die Benutzungserlaubnis nicht zur mittelbaren Förderung der begünstigten Zwecke. Denn er verschaffe sich dadurch einen finanziellen Beitrag zur Unterhaltung der zur Verfügung gestellten Golfsportanlage. Das Greenfee verschaffe dem Kläger nicht erst die Mittel zur Erfüllung des begünstigten Zwecks; vielmehr ziehe dessen Verwirklichung die Einnahmen nach sich.
Das FA begründete seine hiergegen eingelegte Revision wie folgt: Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei nur unschädlich, wenn Zweck und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sich nicht voneinander trennen ließen und gleichsam eine Einheit bildeten. Das sei aber nur der Fall, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb unmittelbar der Erfüllung des steuerbegünstigten Zweckes diene. An einer solchen Einheit fehle es, wenn der steuerbegünstigte Zweck auch ohne die Unterhaltung des Geschäftsbetriebs denkbar wäre. Der Geschäftsbetrieb sei im Streitfall nicht unerläßliche Voraussetzung für die Erfüllung der satzungsgemäßen Zwecke. Vielmehr ermöglichten diese Zwecke erst den Geschäftsbetrieb.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben sowie --sinngemäß-- die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
1. Die Überlassung der Golfanlage gegen Entrichtung des Greenfee ist nicht --was indessen zwischen den Verfahrensbeteiligten auch nicht streitig war-- gemäß § 4 Nr.12 Buchst.a UStG 1967 (teilweise) steuerfrei. Nach dieser Vorschrift ist unter anderem die Verpachtung und Vermietung von Grundstücken umsatzsteuerfrei. Ob eine Vermietung oder Verpachtung vorliegt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats nach bürgerlichem Recht zu beurteilen (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4.Dezember 1980 V R 60/79, BFHE 132, 124, BStBl II 1981, 231).
Eine Vermietung oder Verpachtung setzt nach dem vorbezeichneten Urteil voraus, daß dem Mieter oder Pächter eine bestimmte, nur ihm zur Verfügung stehende Grundstücksfläche unter Ausschluß anderer zum Gebrauch überlassen wird. Das ist nicht der Fall, soweit einem clubfremden Golfspieler gegen die Entrichtung von Greenfee die Benutzung eines Golfplatzes gestattet wird. Es handelt sich insoweit nicht um einen Miet- oder Pachtvertrag, sondern um einen Vertrag besonderer Art, für den die Steuerbefreiung des § 4 Nr.12 Buchst.a UStG 1967 nicht in Betracht kommt.
2. Der Kläger kann auch nicht den ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs.2 UStG 1967 in Anspruch nehmen.
Nach § 12 Abs.2 Nr.8 UStG 1967 ermäßigt sich die Umsatzsteuer u.a. für die Leistungen der Körperschaften, die gemeinnützigen Zwecken dienen. Das gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift aber nicht für die Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Maßgebend für die Entscheidung des Senats für das Streitjahr 1972 ist noch das vor dem 1.Januar 1977 geltende Gemeinnützigkeitsrecht, nämlich §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) in Verbindung mit der Gemeinnützigkeitsverordnung (GemV), zuletzt geändert durch Art.5 des Steueränderungsgesetzes 1969 --StÄndG 1969-- vom 18.August 1969 (BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477).
Das FG hat zutreffend ausgeführt, daß der Kläger, soweit er Greenfee einnimmt, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. des § 6 Abs.2 GemV unterhält, weil die Greenfee-Einnahmen im Wege einer selbständigen nachhaltigen Tätigkeit erzielt werden und diese Tätigkeit über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht; dies ist zwischen den Verfahrensbeteiligten auch nicht mehr streitig. Dieser wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist entgegen der Auffassung des FG steuerlich schädlich.
a) Nach § 7 GemV ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unschädlich, wenn er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, diese Zwecke nur durch ihn erreicht werden können und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (fast wortlautgetreu: § 65 der Abgabenordnung --AO 1977--). Dies gilt auch für § 12 Abs.2 Nr.8 UStG 1967, obwohl nach dem Wortlaut des Satzes 2 dieser Vorschrift an sich für alle Leistungen, die im Rahmen "eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs" ausgeführt werden, die Steuerermäßigung nicht in Betracht kommt.
Der Wortlaut der zuletzt bezeichneten Vorschrift könnte die Annahme zulassen, auch die Leistungen im Rahmen eines steuerlich unschädlichen Geschäftsbetriebs unterlägen dem vollen Steuersatz, weil auch ein solcher Geschäftsbetrieb ein "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" ist. Der Senat folgt dem FG indessen in der Ansicht, daß dies nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche. Die GemV hat eine Grundentscheidung getroffen, auf der alle Einzelsteuergesetze und damit auch § 12 Abs.2 Nr.8 UStG 1967 aufbauen. Ist aber nach der Legaldefinition des § 7 Abs.1 GemV ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb "steuerlich unschädlich", sind die in seinem Rahmen ausgeführten Leistungen umsatzsteuerrechtlich wie die Leistungen der Körperschaft zu behandeln, die unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen (ebenso im Ergebnis Plückebaum/Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 10.Aufl., Bd.II/5, § 12 Abs.2 Nr.8, Rdnrn.1168, 1313).
Diese Auslegung wird durch das seit 1977 geltende Recht bestätigt. Nunmehr ist in § 64 AO 1977 u.a. geregelt, daß die Körperschaft für die "Umsätze" des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs die Steuervergünstigung verliert, die zu diesem Betrieb gehören, soweit nicht ein Zweckbetrieb gegeben ist. Obwohl auch der Zweckbetrieb ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist (vgl. § 65 AO 1977), sind also in seinem Rahmen ausgeführte "Umsätze" nach der AO 1977 ausdrücklich begünstigt. Die AO 1977 hat mithin, obwohl § 12 Abs.2 Nr.8 Satz 2 UStG in seinem früheren Wortlaut erhalten geblieben ist, verdeutlicht, daß Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs umsatzsteuerrechtlich begünstigt sein sollen (ebenso im Ergebnis Ringleb in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, 3.Aufl., § 12 Rdnr.117; Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 6.Aufl., E § 12 Abs.2 Nr.8 Tz.20; Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, 2.Aufl., § 12 Anm.6).
b) Ein steuerlich unschädlicher Geschäftsbetrieb (nunmehr Zweckbetrieb) ist, wie zu 2.a) ausgeführt, unter drei Voraussetzungen gegeben, die kumulativ (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12.Aufl., § 65 AO 1977 Tz.1) erfüllt sein müssen.
Der Senat braucht nicht zu prüfen, ob die beiden anderen unter 2.a) bezeichneten Voraussetzungen für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gegeben sind. Er teilt jedenfalls nicht die Auffassung des FG, daß die gemeinnützigen Zwecke des Klägers nur durch die Nutzungsüberlassung gegen Greenfee erreicht werden können.
Der BFH hält dieses Erfordernis für gegeben, "wenn die steuerbegünstigten Zwecke ohne die wirtschaftliche Betätigung nicht erreichbar" wären (vgl. Urteil vom 13.August 1986 II R 246/81, BFHE 147, 299, BStBl II 1986, 831). Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist demnach dann steuerunschädlich, wenn er sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen läßt, vielmehr als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 20.September 1963 III 328/59 U, BFHE 77, 578, BStBl III 1963, 532; vom 2.Oktober 1968 I R 40/68, BFHE 93, 522, BStBl II 1969, 43; siehe auch Tipke/Kruse, a.a.O., § 65 AO 1977 Tz.1 und 3).
Das FG hat ausgeführt, daß die Erzielung von Einnahmen durch Erhebung des Greenfee für die Unterhaltung der Golfplatzanlage und damit "zur Erreichung des begünstigten Zwecks sonach unentbehrliche Voraussetzung" seien. An späterer Stelle hat es dargelegt, daß das Greenfee dem Kläger "nicht erst die Mittel zur Erfüllung des begünstigten Zweckes" verschaffe, daß vielmehr dessen Verwirklichung die Greenfee-Einnahmen nach sich ziehe. Diese Auffassung ist widersprüchlich; sie ist nicht frei von Rechtsirrtum.
Es mag zwar zutreffen, daß das Greenfee, das der Kläger einnimmt, auch der Erfüllung der satzungsgemäßen Zwecke dient. Indessen ist nicht erkennbar, daß die Einnahme aus Greenfee das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist. Die Tatsache, daß die Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden, machen diesen Geschäftsbetrieb noch nicht zu einem steuerlich unschädlichen. Die Art der Verwendung des Greenfee ändert also nichts daran, daß es aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stammt (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 21.August 1985 I R 60/80, BFHE 145, 33, BStBl II 1986, 88 unter 2. 5).
Die Einnahmen aus dem Greenfee sind nach Auffassung des Senats keine unentbehrliche und zwingende Voraussetzung für die Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks des Klägers, zumal die Benutzung durch clubfremde Mitglieder auch einen erhöhten Aufwand seitens des Klägers erfordern dürfte (z.B. wegen der Abnutzung der Anlagen des Clubs).
Der Senat kommt zu dem vorstehenden Ergebnis auch aus folgenden Erwägungen: Die allgemeinen Formulierungen in § 7 GemV und nunmehr in § 65 AO 1977 sind in der Praxis nur schwer zu handhaben. Sie werden durch die Beispiele in § 9 GemV (vgl. nun: § 68 AO 1977) ergänzt und interpretiert. Diese Beispiele geben eine Auslegungshilfe (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 65 AO 1977 Tz.1; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 3.Aufl., § 65 Anm.1). Nach dem Katalog der steuerlich unschädlichen Geschäftsbetriebe in § 9 GemV kann ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb --wie vorliegend-- steuerlich nicht unschädlich sein. Denn danach kommen, soweit hier von Interesse, nur "sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins" als steuerlich unschädliche Geschäftsbetriebe in Betracht. Die Überlassung der Anlage des Klägers an clubfremde Mitglieder ist indessen keine sportliche Veranstaltung. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine Nutzungsüberlassung von Sportanlagen gegen Entgelt.
3. Da die Vorentscheidung von anderen Erwägungen ausgegangen ist, war sie aufzuheben. Die Klage war abzuweisen, da sich der angefochtene Umsatzsteuerbescheid als zutreffend erweist.
Fundstellen
Haufe-Index 61696 |
BStBl II 1987, 659 |
BFHE 149, 319 |
BFHE 1987, 319 |
BB 1987, 1588 |
BB 1987, 1588-1588 (ST) |
DB 1987, 2132-2132 (ST) |
HFR 1987, 420-420 (ST) |