Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 17 EStG ‐ Bruchteilsbetrachtung; Rückkehr zur ständigen Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
- Kapitalbeteiligungen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft sind den Gesellschaftern der Personengesellschaft für die Bestimmung des Veräußerungstatbestands nach § 17 EStG anteilig zuzurechnen (sog. Bruchteilsbetrachtung; Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
- Folge der Bruchteilsbetrachtung ist u.a., dass Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG weder Gegenstand einer einheitlichen und gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 noch - im Falle einer Unterbeteiligung - Gegenstand des besonderen Feststellungsverfahrens gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 sein können. Dies gilt selbst dann, wenn ein Gesellschafter aufgrund der Höhe seines Anteils an der Personengesellschaft sowie der Höhe der zum Gesamthandsvermögen gehörenden Kapitalbeteiligung gemäß § 17 EStG wesentlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.
Normenkette
EStG § 17; AO 1977 §§ 179-180
Tatbestand
I. Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) berechtigt war, die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Kapitalvermögen 1984 (Streitjahr) durch Bescheid vom 8. Februar 1994 gemäß § 179 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) dahin zu ergänzen, dass gegenüber dem Kläger und Revisionsbeklagten zu 1 (Kläger zu 1) auch ein Veräußerungsgewinn nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 13,9 Mio. DM festgestellt wird.
Der Kläger zu 1 war ursprünglich Kommanditist der E-GmbH & Co. KG. An dem Kommanditanteil (50 v.H.) räumte er mit notariellem Vertrag vom 30. Juni 1971 seiner Ehefrau (A) sowie seinen drei, in den Jahren 1961 bis 1964 geborenen Kindern ―den Klägern und Revisionsbeklagten zu 2 bis 4 (Kläger zu 2 bis 4)― Unterbeteiligungen im Umfang von insgesamt 25 v.H. ein. Erklärungsgemäß ging das FA vom Vorliegen atypisch stiller Unterbeteiligungen aus und erließ Bescheide zur einheitlichen und gesonderten Feststellung gewerblicher Einkünfte.
Im Dezember 1971 wurde das Vermögen der E-GmbH & Co. KG in die E-GmbH zum Teilwert eingebracht. Der Kläger zu 1 war auch an dieser Gesellschaft zu 50 v.H. beteiligt. Mit notariellem Vertrag vom 26. September 1974 bekräftigten die Gesellschafter der Unterbeteiligungsgesellschaften zum einen, dass ―entsprechend einer Regelung im Vertrag vom 30. Juni 1971― die Unterbeteiligungen nunmehr an den Geschäftsanteilen des Klägers zu 1 bestünden; zum anderen gewährte der Kläger zu 1 seinen Kindern (Kläger 2 bis 4) weitere Unterbeteiligungsrechte am Stammkapital der E-GmbH im Umfang von jeweils 3 1/3 v.H. Darüber hinaus wurden zugunsten des Klägers zu 1 umfangreiche Widerrufsrechte vereinbart und den Klägern zu 2 bis 4 Beschränkungen im Hinblick auf die Verwendung ihrer Gewinnanteile auferlegt ("Auflagen").
Im Jahre 1975 verstarb A. Der Kläger zu 1 war ihr Alleinerbe.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 1975 teilte der Kläger zu 1 seinen Kindern mit, dass das Stammkapital der E-GmbH erhöht worden sei; verbunden mit dem Hinweis auf ihr Recht zur Teilhabe an dieser Kapitalerhöhung erklärte der Kläger zu 1 den (ersatzlosen) Verzicht auf seine Widerrufsrechte sowie die "Auflagen" des Unterbeteiligungsvertrags vom 26. September 1974.
Wiederum im Einklang mit der Auffassung der Kläger nahm das FA an, dass auch im Hinblick auf die Geschäftsanteile des Klägers zu 1 seine Kinder atypisch still beteiligt gewesen seien, und erließ unter dem Vorbehalt der Nachprüfung für das Streitjahr (1984) am 4. Oktober 1985 einen Bescheid zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Kapitaleinkünfte. Die Gewinnanteile (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zuzüglich der anzurechnenden Körperschaftsteuer (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG) verteilte es entsprechend den Anteilsquoten der Unterbeteiligungsverhältnisse; auf den Kläger zu 1 entfielen hiernach 50 v.H., auf die Kläger zu 2 bis 4 jeweils 16 2/3 v.H. der aus dem Geschäftsanteil (50 v.H.) des Klägers zu 1 bezogenen Kapitaleinkünfte. Der vom Kläger zu 1 am 3. Mai 1984 erzielte Gewinn aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der E-GmbH wurde hierbei nicht berücksichtigt.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass zwischen dem Kläger zu 1 und seinen Kindern lediglich typische stille Unterbeteiligungsverhältnisse bestanden hätten und demgemäß der Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG steuerbar sei. Gleichwohl sei im Hinblick auf die Zurechnung der Kapitaleinkünfte an dem Feststellungsbescheid 1984 festzuhalten, da das Körperschaftsteuerguthaben auch aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung den Klägern zu 2 bis 4 zugewiesen werden könne (Hinweis auf Felix, Kölner Steuerdialog ―KÖSDI― 1985, 5791, 5801).
Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung änderte das Wohnsitz-FA den gegenüber dem Kläger zu 1 ergangenen Einkommensteuerbescheid 1984. Der Einspruch des Klägers zu 1 blieb erfolglos. Während des Klageverfahrens hat der Berichterstatter die Beteiligten darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Feststellungsverfahrens 1984 (betr. Gewinnausschüttung) auch ein Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 EStG gesondert festzustellen sei. Nach dem das FA mit Bescheid vom 8. Februar 1994 die einheitliche und gesonderte Feststellung der Kapitaleinkünfte der Kläger unter Hinweis auf die §§ 179 Abs. 3, 181 Abs. 5 AO 1977 ergänzte und gegenüber dem Kläger zu 1 einen Veräußerungsgewinn von 13,9 Mio. DM feststellte, hat das Finanzgericht (FG) das Klageverfahren betr. die Einkommensteuer 1984 des Klägers zu 1 gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt.
Den Einspruch gegen den Ergänzungsbescheid vom 8. Februar 1994 hat das FA am 8. Juni 1994 als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg.
Mit der von der Vorinstanz zugelassenen Revision beantragt das FA sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist im Hinblick auf die Klagen der Kläger zu 2 bis 4 begründet. Im Übrigen ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Die Klagen der Kläger zu 2 bis 4 sind als unzulässig abzuweisen. Zwar ist nach der im Streitfall noch anzuwendenden Bestimmung des § 48 Abs. 2 FGO a.F. (Fassung vor In-Kraft-Treten des Grenzpendlergesetzes vom 24. Juni 1994, BGBl I 1994, 1395, BStBl I 1994, 440; vgl. hierzu Senatsurteil vom 7. Juli 1998 VIII R 16/96, BFH/NV 1999, 471) für die nicht in § 48 Abs. 1 FGO a.F. genannten Feststellungsbescheide, also beispielsweise im Falle der einheitlichen Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen, jeder Mitberechtigte befugt, Klage gegen den Feststellungsbescheid zu erheben. Auch diese Klagebefugnis setzt indes voraus, dass der Berechtigte geltend machen kann, durch den Feststellungsbescheid in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO; Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 17. Dezember 1996 IX R 30/94, BFHE 182, 170, BStBl II 1997, 406; in BFH/NV 1999, 471). Hieran fehlt es im Streitfall, da die Kläger zu 2 bis 4 von dem Regelungsinhalt des angefochtenen Ergänzungsbescheids ―d.h. von der Feststellung, dass ihr Vater (Kläger zu 1) Einkünfte nach § 17 EStG erzielt habe― unter keinem denkbaren steuerrechtlichen Gesichtspunkt betroffen sind. Zum einen deshalb, weil angesichts der selbständigen Anfechtbarkeit des Ergänzungsbescheids (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 471; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 179 AO 1977 Tz. 20) auch im Falle der Stattgabe der Klage des Klägers zu 1 (s. hierzu nachfolgend zu Abschn. II. 2. der Gründe) die im (nicht angegriffenen) Bescheid vom 4. Oktober 1985 getroffenen Feststellungen zur Zurechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen unberührt blieben; zum anderen ist offensichtlich, dass mit Rücksicht auf die durch die Unterbeteiligungsverträge vermittelten Rechte in Höhe von jeweils nur 8 1/3 v.H. des Stammkapitals der E-GmbH die Aufhebung des Ergänzungsbescheids nicht mit der Folge verbunden sein könnte, die Kläger zu 2 bis 4 der Besteuerung nach § 17 EStG zu unterwerfen.
2. Das FG hat zu Recht der Klage des Klägers zu 1 stattgegeben und den Ergänzungsbescheid vom 8. Februar 1994 aufgehoben.
a) Dies ergibt sich bereits daraus, dass das FA den Gesetzesvorbehalt missachtet hat, unter dem jede Durchbrechung des Grundsatzes der Einheit des Steuerfestsetzungsverfahrens (vgl. §§ 155 Abs. 1, 157 Abs. 2 AO 1977) durch den Erlass eines einheitlichen Feststellungsbescheids steht (BFH-Urteile vom 17. März 1992 VII R 70/90, BFHE 167, 478; vom 19. April 1994 VIII R 48/93, BFH/NV 1995, 84, 86; Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 179 AO 1977 Rz. 12). Demgemäß ist im anhängigen Verfahren weder darüber zu entscheiden, ob die Kläger zu 2 bis 4 aufgrund der Unterbeteiligungsverträge als wirtschaftliche Inhaber von Teilen der Geschäftsanteile Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt haben, noch ist auf die von der Vorinstanz erörterte und zwischen den Beteiligten gleichfalls umstrittene Frage einzugehen, in welchem Umfang die einer u.U. rechtswidrigen Feststellung (hier: Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß Bescheid vom 4. Oktober 1985) vorgelagerten Beurteilungen (hier: wirtschaftliches Eigentum der Kläger zu 2 bis 4) Bindungswirkung für Folge- oder Ergänzungsbescheide entfalten.
b) Abweichend von § 157 Abs. 2 AO 1977 sind einkommensteuerpflichtige Einkünfte gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 179 Abs. 1 und 2 Satz 2 AO 1977 gesondert und einheitlich festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Ist eine dieser Personen an dem Gegenstand der Feststellung über eine andere Person beteiligt, so kann nach § 179 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 insoweit eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden.
aa) Das FA hat bei der Prüfung dieser Vorschriften verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH die im anhängigen Verfahren umstrittenen Einkünfte aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen gemäß § 17 EStG deshalb nicht Gegenstand einer einheitlichen und gesonderten Feststellung und damit auch nicht Gegenstand der in einem Ergänzungsbescheid nachzuholenden notwendigen Feststellung i.S. von § 179 Abs. 3 AO 1977 sein können (vgl. zu letzterem auch Söhn in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, a.a.O., § 179 AO 1977 Rz. 111 ff.), weil für Zwecke der Ermittlung der Anteilsquote des Steuerpflichtigen unmittelbare und mittelbare Anteilsrechte gleichgestellt werden (§ 17 Abs. 1 Satz 3 EStG 1984 = § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG 1992) und damit sowohl die Veräußerung der zum Gesamthandsvermögen gehörenden Anteile als auch die den Veräußerungsgewinn bestimmenden Umstände (Veräußerungspreis, Anschaffungs- und Veräußerungskosten) den Gesellschaftern nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 (= § 11 Nr. 5 des Steueranpassungsgesetzes ―StAnpG―) so zuzurechnen sind, als ob sie an den (Kapital-)Anteilsrechten zu Bruchteilen berechtigt wären (sog. Bruchteilsbetrachtung; grundlegend Urteil vom 7. April 1976 I R 75/73, BFHE 119, 146, BStBl II 1976, 557, betr. § 215 der Reichsabgabenordnung ―AO―; ebenso Entscheidungen vom 27. März 1979 VIII R 209/77, BFHE 128, 191, BStBl II 1979, 724, zu Abschn. 2; vom 12. Juni 1980 IV R 128/77, BFHE 131, 49, BStBl II 1980, 646, zu Abschn. 3; vom 10. Februar 1982 I B 39/81, BFHE 135, 307, BStBl II 1982, 392; vom 12. Oktober 1982 VIII R 72/79, BFHE 137, 157, BStBl II 1983, 128, zu Abschn. 5; vom 19. März 1996 VIII R 15/94, BFHE 180, 146, BStBl II 1996, 312, zu Abschn. II. 1. c). Hieraus folgt zugleich, dass selbst dann, wenn § 179 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 dazu ermächtigen sollte, die Kapitaleinkünfte des an einem GmbH-Anteil atypisch still Unterbeteiligten gesondert festzustellen (zum Streitstand vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 179 AO 1977 Rz. 104, m.w.N.), die Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen auch in ein solches besonderes Feststellungsverfahren nicht einbezogen werden könnten, weil der (atypisch) still Unterbeteiligte mit Rücksicht auf diesen Besteuerungstatbestand nicht "über" die Person des Hauptbeteiligten am "Gegenstand der Feststellung" ―d.h. nicht an den vom Hauptbeteiligten gemäß § 17 EStG erzielten Einkünften― "beteiligt" ist, sondern ―infolge der Bruchteilsbetrachtung― die ihm zuzurechnenden Tatbestandsmerkmale des § 17 EStG eigenständig verwirklicht.
bb) Soweit im BFH-Urteil vom 13. Juli 1999 VIII R 72/98 (BFHE 190, 87, BStBl II 1999, 820) im Hinblick darauf, dass Personengesellschaften für die Erzielung von Gewinn- und Überschusseinkünften in zunehmendem Maße eine begrenzte Rechtsfähigkeit zuerkannt werde (sog. Einheitsbetrachtung), die bisherige Rechtsprechung zur bruchteiligen Zurechnung der Kapitalanteile für die Zwecke der Besteuerung nach § 17 EStG ―wenn auch in begrenztem Umfang― in Frage gestellt wurde, hält der erkennende Senat diese Bedenken nicht aufrecht. Dies gebieten nicht nur die Rechtssicherheit (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 28. April 1998 VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443; zur Kritik am Urteil in BFHE 190, 87, BStBl II 1999, 820, s. Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung ―StBp― 2000, 28, 29; Ley, Neue Wirtschafts-Briefe ―NWB―, Blickpunkt Steuern 12/99, S. 1; Strahl, KÖSDI 2000, 12260, 12265), sondern auch der Gesetzeszweck sowie die Systematik der Vorschrift.
aaa) Der Regelungszweck des § 17 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH darauf gerichtet, in Anlehnung an die Besteuerung von Mitunternehmeranteilen den aufgrund der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft eingetretenen Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu erfassen (vgl. hierzu BFH-Entscheidungen vom 8. April 1998 VIII R 21/94, BFHE 186, 194, BStBl II 1998, 660, und vom 18. Januar 1999 VIII B 80/98, BFHE 187, 565, BStBl II 1999, 486). Diese Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber sowohl inhaltlich als auch in systematischer Hinsicht dahin präzisiert, dass ―wie der Vergleich von § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1 Satz 3 EStG 1984 zeigt― einerseits nur die Veräußerung unmittelbarer Anteilsrechte den Tatbestand des § 17 EStG erfüllt, andererseits aber für die Frage des Erreichens der Wesentlichkeitsgrenze (im Streitjahr: mehr als ein Viertel) unmittelbare und mittelbare Beteiligungen ―nach Maßgabe der rein kapitalmäßig zu bestimmenden Anteilsquoten― zusammenzurechnen sind. Eine lediglich mittelbare Beteiligung liegt demgemäß nicht nur dann vor, wenn der Anteil an der Zielkapitalgesellschaft über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft gehalten wird (BFH in BFHE 131, 49, BStBl II 1980, 646); zu den mittelbaren und damit nur bei der Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze anteilig zu berücksichtigenden Beteiligungen gehören vielmehr auch Kapitalanteile, die von einer Personengesellschaft gehalten werden, an der der Steuerpflichtige als Mitunternehmer beteiligt ist, obgleich im Falle der Veräußerung der (Kapital-)Anteilsrechte die Personengesellschaft einen betrieblichen Gewinn erzielt und § 17 EStG demgemäß nicht zum Zuge kommt (vgl. hierzu eingehend BFH in BFHE 135, 307, BStBl II 1982, 392). Aus dieser, den Gesetzeszweck konkretisierenden Unterscheidung von unmittelbaren und mittelbaren Anteilsrechten ist des Weiteren abzuleiten, dass auch Kapitalbeteiligungen im Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft den Gesellschaftern für die Beurteilung des Besteuerungstatbestands nach § 17 EStG anteilig zuzurechnen sind (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977).
bbb) Dies verdeutlicht zum einen die Beurteilung des Sachverhalts (Grundfall 1), dass die (vermögensverwaltende) Personengesellschaft (A/B-GbR), an der A mit 1 v.H. und B mit 99 v.H. beteiligt sind, ihre Anteile (50 v.H.) an der A/B-GmbH veräußert.
Eine Einheitsbetrachtung des Inhalts, dass A ―obgleich an der GbR nur zu 1 v.H. beteiligt― § 17 EStG unterfiele, weil die Personengesellschaft einen Kapitalanteil im Umfang von mehr als 25 v.H. (ab Veranlagungszeitraum 1999: von mindestens 10 v.H.) veräußert hat (vgl. hierzu auch L. Schmidt, Finanz-Rundschau ―FR― 1991, 16), würde nicht nur die dargelegten systematischen Grundaussagen der Vorschrift u.a. im Hinblick darauf verletzen, dass der Steuerpflichtige nur Gewinne aus Veräußerung unmittelbarer Kapitalanteile zu versteuern hat und demgemäß dem Gesellschafter A die Anteilsrechte der GbR für Zwecke der Besteuerung nach § 17 EStG auch nur im Umfang seiner Beteiligung an der Personengesellschaft (GbR) zugerechnet werden können. Eine Abkehr von der Bruchteilsbetrachtung würde darüber hinaus dem Gesetzeszweck des § 17 EStG ―Besteuerung des Zuwachses der individuellen Leistungsfähigkeit bei Vorliegen einer rein rechnerisch unter Einschluss von unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen zu bestimmenden wesentlichen Beteiligung (s.o.)― widerstreiten und gegen die auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip fußenden Gebote des Gleichmaßes der Besteuerung sowie der folgerichtigen Umsetzung einfachgesetzlicher Belastungsvorgaben verstoßen (vgl. hierzu Kirchhof in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 2 Rdnr. A 275 bis 278; BFH-Beschluss vom 24. Februar 1999 X R 171/96, BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450, zu Abschn. B. V. 2. c). Dies zeigt insbesondere ein Vergleich zu dem Sachverhalt, dass A ―identische Beteiligungsverhältnisse unterstellt― als Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft (hierzu Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., § 18 Rz. 2) nicht der Gewinnbesteuerung nach § 17 EStG unterläge, obgleich auch die Bruchteilsgemeinschaft nach der Rechtsprechung des BFH sowohl Subjekt der Gewinnerzielung als auch der Erzielung privater Einkünfte sein kann (BFH-Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, zu Abschn. C. IV. 2. b, aa). Eine solche Differenzierung ließe sich auch nicht mit dem Hinweis rechtfertigen, dass die GbR aufgrund des Umfangs ihrer Beteiligung die Chance erhalte, im (relativen) Vergleich zur Veräußerung nicht wesentlicher Beteiligungen einen Mehrerlös zu erzielen. Abgesehen davon, dass der Erhalt eines solchen Paketzuschlages weitgehend an die nur im Einzelfall bestimmbare Interessenlage von Veräußerer und Erwerber gebunden ist, verkennt der Einwand, dass ―wenn überhaupt― der nämliche Mehrerlös im Falle der koordinierten Veräußerung von Bruchteilsberechtigungen realisiert würde (zur Abtretung gemeinschaftlicher GmbH-Anteile vgl. Winter in Scholz, GmbH-Gesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 18 Rz. 5).
ccc) Bestätigung finden die vorstehenden Erwägungen weiterhin in dem ―dem zu Abschn. bbb in gewisser Hinsicht spiegelbildlichen― Grundfall 2, dass die (vermögensverwaltende) Personengesellschaft (C/D-GbR), an der C zu 1 v.H. und D zu 99 v.H. beteiligt sind, ihren 25 %igen Anteil an der C/D-GmbH veräußert und Gesellschafter C weitere Anteilsrechte an der GmbH im Umfang von 25 v.H. unmittelbar oder mittelbar hält.
Auch hier wäre es weder mit der Systematik des § 17 EStG noch mit den im vorigen Abschnitt genannten Verfassungsprinzipien vereinbar, den Umstand, dass die GbR eine Kapitalbeteiligung von nicht mehr als 25 v.H. ―bezogen auf die Rechtslage im Streitjahr (1984) also eine nicht wesentliche Beteiligung― veräußert, mit der weiteren Folgerung zu verbinden, dass dieser Übertragungsakt beim Gesellschafter C nicht nach § 17 EStG besteuert würde. Vielmehr ist auch für diesen Fall nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil in BFHE 131, 49, BStBl II 1980, 646, m.w.N.) im Sinne der Bruchteilsbetrachtung zu berücksichtigen, dass unmittelbare, für sich betrachtet nicht wesentliche Anteilsrechte (hier: Bruchteilsberechtigung des C an der Kapitalbeteiligung der GbR im Umfang von 1 v.H. aus 25 v.H. = 0,25 v.H.) dann der Besteuerung gemäß § 17 EStG unterworfen sind, wenn ―wie zu Abschn. aaa dargelegt― der Steuerpflichtige (hier: C als Gesellschafter der GbR) unter Einschluss der ihm zuzurechnenden weiteren Beteiligungen ―rein rechnerisch― an der Zielkapitalgesellschaft (hier: C/D-GmbH) wesentlich beteiligt ist. Auch in dieser Konstellation ist mithin die ―bereits im vorigen Abschnitt angesprochene― Frage danach, ob auf irgendeiner der betroffenen (unmittelbaren oder mittelbaren) Beteiligungsstufen die Chance auf Erhalt eines Paketzuschlags besteht oder ob der Steuerpflichtige in der Lage ist, auf die Zielkapitalgesellschaft einen beherrschenden Einfluss auszuüben, für den Besteuerungszugriff nach § 17 EStG ohne Bedeutung (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 131, 49, BStBl II 1980, 646).
ddd) Die anteilige Zurechnung der Kapitalanteilsrechte steht schließlich auch im Einklang mit dem Beschluss des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, zu Abschn. C. III. 3. a) nach dem die Art der Einkünfte einer Personengesellschaft in erster Linie durch die Tätigkeit der Gesellschaft bestimmt wird und es demnach einer getrennten Zurechnung der einzelnen Geschäftsvorfälle oder Wirtschaftsgüter bei der Bestimmung der Einkunftsart nicht bedarf.
Dass es sich hierbei um einen Grundsatz handelt, der immer dann eine Ausnahme erfährt, wenn die getrennte Zurechnung der Wirtschaftsgüter der Gesellschaft für eine sachlich zutreffende Besteuerung erforderlich ist, hat der Große Senat selbst zu sog. Zebra-Gesellschaften, also für den Fall ausgeführt, dass der Anteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, zu Abschn. C. III. 3. b, bb (3) der Beschlussgründe; zur Anteilsveräußerung vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 1996 IV R 103/94, BFHE 181, 45, BStBl II 1997, 39, zu Abschn. 2.). Aus den nämlichen Gründen hat die Rechtsprechung bei der Frage, ob der Gesellschafter einer Personengesellschaft als Grundstückshändler einen Gewerbebetrieb unterhält, auf die Ebene der Gesellschaft "durchgegriffen" und somit in die erforderliche Gesamtbetrachtung sowohl die Verkäufe der Gesellschaft (Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617) als auch die Veräußerung der Anteile an den Grundstücksgesellschaften einbezogen (BFH-Urteile vom 7. März 1996 IV R 2/92, BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369; vom 10. Dezember 1998 III R 61/97, BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390). Eine solche Ausnahme ist ferner dann anzuerkennen, wenn Wirtschaftsgüter von einer ganz oder teilweise gesellschafteridentischen Personengesellschaft, die keine gewerblichen Einkünfte erzielt, an eine zweite ―beispielsweise gewerblich oder freiberuflich tätige― Personengesellschaft überlassen werden; auch hier ist ein "Durchgriff" auf die Ebene der vermietenden Gesellschaft nach dem Zweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (ggf. i.V.m. § 18 Abs. 4 EStG), d.h. deshalb erforderlich, weil die Vorschrift darauf zielt, den Mitunternehmer im Bereich der Sondervergütungen und des Sonderbetriebsvermögens einem Einzelunternehmer gleichzustellen (Urteile vom 18. Mai 1995 IV R 125/92, BFHE 178, 63, BStBl II 1996, 5; vom 22. November 1994 VIII R 63/93, BFHE 177, 28, BStBl II 1996, 93; vom 24. November 1998 VIII R 61/97, BFHE 187, 297, BStBl II 1999, 483; Kempermann in Festschrift für H. Flick, 1997, 445, 447 f.).
Entsprechendes gilt für § 17 EStG; auch hier erfordern es ―wie dargelegt― die diese Vorschrift bestimmende systematische Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen sowie das Verfassungsgebot der gleichmäßigen Besteuerung, die Kapitalbeteiligungen der Personengesellschaft ihren Gesellschaftern für die Bestimmung des Veräußerungstatbestands anteilig zuzurechnen mit der Folge, dass Veräußerer i.S. von § 17 EStG weder die vermögensverwaltende noch die gewerblich tätige oder geprägte Personengesellschaft, sondern nur eine natürliche Person (Subjekt der Einkommensteuer) sein kann (zur Körperschaftsteuer vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli 1988 I R 147/83, BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271).
3. Die Sache ist spruchreif.
a) Wie zu Abschn. II. 2. b, aa der Gründe ausgeführt, hat die Bruchteilsbetrachtung zur Folge, dass Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG weder Gegenstand einer einheitlichen und gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 noch Gegenstand des besonderen Feststellungsverfahrens gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 sein können. Dies gilt selbst dann, wenn ein Gesellschafter aufgrund der Höhe seines Anteils an der Personengesellschaft sowie der Höhe der zum Gesamthandsvermögen gehörenden Kapitalbeteiligung gemäß § 17 EStG wesentlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist (vgl. auch hierzu bereits Urteil in BFHE 119, 146, BStBl II 1976, 557).
b) Angesichts der hierfür tragenden Erwägungen ―keine gemeinsame Erzielung der Einkünfte nach § 17 EStG; keine Teilhabe des Unterbeteiligten an den vom Hauptbeteiligten erzielten Veräußerungsgewinnen― weicht der erkennende Senat nicht von Grundsätzen des BFH-Urteils vom 11. Dezember 1997 III R 14/96 (BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401) ab, nach dem das für eine vermögensverwaltende Zebra-Personengesellschaft zuständige Feststellungs-FA auch über die Höhe der umzuqualifizierenden Einkünfte zu entscheiden habe (vgl. hierzu auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 8. Juni 1999, BStBl I 1999, 592: Nichtanwendungs-Erlass). Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Umqualifikation voraussetzt, dass die Personengesellschaft selbst Einkünfte erzielt; vorausgesetzt ist jedenfalls, dass die Gesellschaft die in ihr Feststellungsverfahren einzubindenden Einkünfte überhaupt erzielen kann. Dies aber ist ―wie dargelegt― im Hinblick auf Veräußerungsgewinne oder -verluste i.S. von § 17 EStG zu verneinen.
c) Schließlich bedarf es auch keiner Entscheidung des erkennenden Senats dazu, ob und ―ggf.― unter welchen Voraussetzungen die AO 1977 für den Fall der Zugehörigkeit von Kapitalanteilen zum Gesamthandsvermögen einer (vermögensverwaltenden) Personengesellschaft oder im Falle einer Unterbeteiligung die Möglichkeit eröffnet, einzelne für die Besteuerung der Gesellschafter gemäß § 17 EStG vorgreifliche Umstände und Beurteilungen rechtlicher Art (Besteuerungsgrundlagen) ―wie etwa den Umfang der von den Gesellschaftern gehaltenen Personengesellschaftsanteile oder die Höhe der Beteiligung der Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft― einheitlich und gesondert festzustellen (vgl. hierzu § 1 Abs. 1 ―Satz 1 Nr. 1― der zu § 180 Abs. 2 AO 1977 ergangenen Verordnung vom 19. Dezember 1986, BGBl I 1986, 2663 sowie ―für Feststellungszeiträume, die ab dem 1. Januar 1995 beginnen (Art. 97 § 10b des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung)― § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1997 i.d.F. des Missbrauchbekämpfungs und Steuerbereinigungsgesetzes (StMBG) vom 21. Dezember 1993, BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50: "andere Besteuerungsgrundlagen"). Das FA hat einen solchen Bescheid nicht erlassen. Da die Behörde zudem der Ansicht war, zum Erlass eines auf die Feststellung der Einkünfte des Klägers zu 1 nach § 17 EStG gerichteten Ergänzungsbescheids verpflichtet gewesen zu sein, die genannten Vorschriften aber allenfalls im Rahmen einer Ermessensentscheidung dazu ermächtigen, die für § 17 EStG relevanten Besteuerungsgrundlagen festzustellen, ist bereits aus diesem Grund ―Unterlassen einer Ermessensentscheidung; keine Ermessensreduktion auf Null― auch eine Umdeutung (§ 128 AO 1977) des angefochtenen Bescheids ausgeschlossen (zur Tragweite der § 128 Abs. 3 AO 1977 entsprechenden Regelung in § 47 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl., § 47 Rdnr. 15, m.w.N.).
d) Demgemäß wird das FG nach Aufnahme des ausgesetzten Klageverfahrens die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1984 zu überprüfen und dabei ―ggf.― auch darüber zu entscheiden haben, ob der Feststellungsbescheid vom 4. Oktober 1985 (betr. Feststellung der Kapitaleinkünfte) Bindungswirkung mit Rücksicht auf den Ansatz eines Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG entfaltet (vgl. hierzu allgemein BFH in BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO. Gerichtskosten werden ―auch im Hinblick auf die unzulässigen Klagen der Kläger zu 2 bis 4― nicht erhoben, da der Erlass des angefochtenen Ergänzungsbescheids durch den ―im Klageverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid erteilten― Hinweis des FG veranlasst war, über die Steuerbarkeit eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG sei im Streitfall durch Feststellungsbescheid zu entscheiden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes; zur Unbeachtlichkeit eines Mitverschuldens der Kläger zu 2 bis 4 vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 Rz. 19).
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht verzichtet. Der Senat hält es für angezeigt, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§§ 90a Abs. 1, 121 Satz 1 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 508973 |
BFH/NV 2001, 17 |
HFR 2001, 132 |