Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Nämlichkeitsnachweises bei Weiterlieferung erworbener Gegenstände im Großhandel ("Buchungen ohne Rechnungen").
Normenkette
UStG 1951 § 4 Ziff. 4; UStG § 7 Abs. 3; UStDB 1951 § 14 Abs. 4-5
Tatbestand
Streitig ist nur noch, ob der Beschwerdeführer (Bf.), der den Großhandel mit Saaten, Hülsenfrüchten und Getreide betreibt, für Lieferungen von Getreide im Betrage von ..... DM für 1949 und von ...... DM für 1950 Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 4, für Lieferungen anderer Waren im Betrage von ..... DM für 1949 und von ...... DM für 1950 die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1934 beanspruchen kann. Finanzamt und Verwaltungsgericht haben dies verneint.
Entscheidungsgründe
Auch der Rechtsbeschwerde (Rb.) muß der Erfolg versagt bleiben.
Die im § 4 Ziff. 4 und im § 7 Abs. 3 UStG vorgesehenen Großhandelsvergünstigungen werden nur gewährt, wenn der Unternehmer deren sachliche Voraussetzungen buchmäßig nachgewiesen hat. Auch der Buchnachweis selbst ist, wie Reichsfinanzhof und Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen haben, eine materiellrechtliche Voraussetzung für die Vergünstigungen; ihr Fehlen hat die Versagung der Vergünstigungen selbst dann zur Folge, wenn die sachlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs V A 98/34 vom 20. August 1934, Slg. Bd. 36 S. 342, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1934 S. 1210; V 425/38 vom 8. September 1939, RStBl. 1940 S. 135). Zu den Erfordernissen eines ordnungsmäßigen Buchnachweises gehört nach § 14 Abs. 4 Ziff. 2 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) auch eine Aufzeichnung darüber, wer dem Unternehmer den Gegenstand geliefert hat, für dessen Weiterlieferung eine Großhandelsvergünstigung in Anspruch genommen wird. An einer Aufzeichnung dieser Art fehlt es, wie der Bf. nicht in Abrede stellt, bei den hier streitigen Lieferungen. Die Annahme des Bf., daß dieser Mangel im Hinblick auf die Verfügung des Landesfinanzamts Groß-Berlin vom 28. März 1950 -- LFA -- St II/S 1187 -- 1/50 II. Ang. betreffend Buchungen ohne Rechnungen der Gewährung der Steuervergünstigungen nicht entgegenstehe, ist rechtsirrig. Allerdings besteht nach Abs. 5 des § 14 UStDB die Möglichkeit, den Buchnachweis in einer Weise zu erbringen, die von den im Abs. 4 des § 14 aufgezählten Erfordernissen abweicht. Es ist auch nicht zweifelhaft, daß eine Vereinfachung des Buchnachweises u. a. im Wegfall der Angabe des Lieferers bestehen kann. Aber die Steuerbehörde muß einen vereinfachten Buchnachweis ausdrücklich zulassen und darf ihn nur steuerlich zuverlässigen Unternehmern gestatten. Die Zulassung eines vereinfachten Buchnachweises ist also an eine subjektive Voraussetzung geknüpft, deren Vorliegen die Steuerbehörde für jeden Einzelfall feststellen muß. Die Bewilligung einer solchen Erleichterung gehört zu den Merkmalen des steuerlich begünstigten Tatbestands, und nur die wirkliche Erteilung der Bewilligung, nicht schon das bloße Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligung ist für den Bestand und Umfang der Steuerschuld von Bedeutung (Urteil des Reichsfinanzhofs V 451/37 vom 11. Februar 1938, Slg. Bd. 43 S. 197). Daraus folgt, daß es ausgeschlossen ist, etwa im Verwaltungswege einen vereinfachten Buchnachweis für bestimmte Gruppen von Fällen zuzulassen, die nach rein objektiven Merkmalen abgegrenzt sind. Hiernach könnte sich der Bf. selbst dann, wenn das Landesfinanzamt Groß-Berlin mit seiner Verfügung vom 28. März 1950 eine Regelung im Sinne des § 14 Abs. 5 UStDB hätte treffen wollen, darauf im Rechtsmittelverfahren nicht mit Erfolg berufen.
Es fehlt aber auch an jedem Anhaltspunkt dafür, daß mit der Verfügung vom 28. März 1950 tatsächlich eine allgemeine Genehmigung im Sinne des § 14 Abs. 5 UStDB hat erteilt werden sollen. Die Verfügung behandelt "Buchungen ohne Rechnungen". Sie stellt unter Bezugnahme auf § 205 der Reichsabgabenordnung (AO) klar, daß unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. bei behördlich genehmigtem Bezug von Waren aus dem sowjetisch besetzten Gebiet, Aufwendungen auch dann als Betriebsausgaben anerkannt werden können, wenn sie nicht durch Quittungen belegt sind. Es handelt sich also um die Frage einer Durchbrechung des Prinzips des Belegzwanges für bestimmte Fälle. Daß das Landesfinanzamt der von ihr insoweit getroffenen, im wesentlichen für die Einkommensteuer und für die Körperschaftsteuer bedeutsamen Regelung eine auf das Gebiet des umsatzsteuerrechtlichen Buchnachweises übergreifende Bedeutung hat beilegen wollen, läßt sich weder dem Wortlaut der Verfügung noch ihrer Zwecksetzung entnehmen. Es kann auch nicht die Rede davon sein, daß ein solches Übergreifen eine zwingende logische Folge der genannten Regelung wäre. Im übrigen bestand auch gar kein Bedürfnis für eine umsatzsteuerrechtliche Regelung, da schon der Abs. 5 des § 14 UStDB einen völlig ausreichenden Behelf für solche Fälle bietet, in denen der Buchnachweis in seiner regelmäßigen Form nicht oder nur unter besonderen Schwierigkeiten erbracht werden kann.
Die Vorinstanz konnte hiernach ohne Verstoß wider den klaren Akteninhalt davon ausgehen, daß in bezug auf die streitigen Lieferungen eine Bewilligung im Sinne des § 14 Abs. 5 UStDB nicht vorliegt. Damit aber fehlt es, da der Buchnachweis auch in seiner regelmäßigen Form unbestritten nicht erbracht ist, an einer wesentlichen, materiellrechtlichen Voraussetzung für die vom Bf. beanspruchten Vergünstigungen. Die Frage, ob dem Bf. bei Stellung eines entsprechenden Antrags eine Bewilligung im Sinne des § 14 Abs. 5 UStDB hätte erteilt werden können, ist hierbei unerheblich, da die Bewilligung bei der Steuerbehörde erwirkt werden muß, bevor die Umsätze vorgenommen werden, für die Steuerfreiheit oder Steuerermäßigung begehrt wird (zu vgl. die angezogenen Urteile des Reichsfinanzhofs vom 20. August 1934 und vom 11. Februar 1938). Die Vorinstanz hat hiernach die Gewährung der streitigen Vergünstigungen mit Recht abgelehnt.
Fundstellen
BStBl III 1954, 62 |
BFHE 1954, 395 |