Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzung eines Gewerbesteuerprozesses nach dem Tod des Unternehmers
Leitsatz (NV)
Ein Gewerbesteuerprozeß kann nach dem Tod des Unternehmers nicht allein von dem Miterben fortgeführt werden, der Unternehmensnachfolger geworden ist.
Normenkette
FGO § 57
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist der Ehemann der im finanzgerichtlichen Verfahren 1986 verstorbenen E. Die E betrieb seit 1973 in B, N-Straße, eine Arbeitnehmerüberlassung unter eingetragener Firma. Anfang 1979 erwarb sie die Filiale eines Zeitarbeitunternehmens. Das erworbene Unternehmen führte sie unter dessen eingetragener Firma fort. Seit 1981 befinden sich auch die Geschäftsräume dieses Unternehmens in der N-Straße. Die Unternehmen sind nach dem Tode der E auf den Kläger übergegangen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah die gewerblichen Betätigungen der E bei der Gewerbesteuerveranlagung 1983 und bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1983 als einen einzigen Gewerbebetrieb an. Die Einsprüche der E blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) verband die Klagen der E und erließ ein Urteil gegen den Kläger, mit dem es die angegriffenen Bescheide und die Einspruchsentscheidungen aufhob. Es legte dar: Die gleichartigen Betätigungen und der gemeinsame Geschäftssitz beider Firmen seien lediglich Beweisanzeichen. Auch in einem solchen Fall sei zu prüfen, ob die Betätigungen wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch zusammenhingen. Hieran fehle es. Die Verlegung der erworbenen Firma in die N-Straße habe keine Zusammenfassung der beiden Betriebe bewirkt. Die UnUnternehmen träten nach wie vor nach außen selbständig auf. Jeder Betrieb beschäftige sein eigenes Personal; ein Austausch von Mitarbeitern finde nicht statt.
Das FA macht mit der Revision geltend: Die Rechtsauffassung des FG stehe im Widerspruch zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. März 1981 VIII R 149/76 (BFHE 133, 557, BStBl II 1981, 746). Danach sei bei Gleichartigkeit der Betätigungen ein einheitlicher Gewerbebetrieb anzunehmen, ohne daß zu prüfen sei, ob ein wirtschaftlicher, finanzieller und organisatorischer Zusammenhang gegeben sei.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Das FG hat nach dem Tode der E zu Unrecht den Kläger als Alleinbeteiligten (neben dem FA) angesehen. Aus den Akten des FG ergibt sich folgendes: Das Verfahren wurde nach dem Bekanntwerden des Todes der E zunächst ausgesetzt. Die Verfahrensaussetzung endete, nachdem der Prozeßbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 13. März 1987 unter Beifügung einer Erbscheinabschrift die Erben nach E mitgeteilt hatte (Kläger und drei Kinder). Es lag eine Vollmacht der Kinder bzw. einer Ergänzungspflegerin bei, mit der der Kläger bevollmächtigt wurde, die Angelegenheiten der beiden Firmen der E gegenüber dem FA wahrzunehmen. Der Prozeßbevollmächtigte teilte ferner mit, der Kläger sei durch Erbauseinandersetzungsvertrag vom 11. Dezember 1986 rückwirkend zum Todestag Inhaber der beiden Firmen geworden.
Das FG wird auch die Kinder als Beteiligte in das Verfahren einzubeziehen haben. Sollte die von den Kindern erteilte Vollmacht auf den Kläger nicht zu beanstanden sein, darf der Kläger für die Kinder handeln. Die Kinder dürfen jedenfalls als Miterben nach E nicht außerhalb des Verfahrens gelassen werden. Hieran ändert sich nichts, wenn dem Kläger im Rahmen der Erbauseinandersetzung die beiden Firmen zugeteilt worden sein sollten. Das anhängige Verfahren betrifft Besteuerungsmerkmale der E aus der Zeit vor dem Erbfall. Unerheblich ist, daß es sich um Besteuerungsmerkmale der vom Kläger fortgeführten Firmen handelt. Nicht der Unternehmensnachfolger, sondern der bzw. die Erben führen ein Verfahren, das Unternehmensteuern betrifft, nach dem Tode des Unternehmers fort.
2. In der Sache verweist der Senat auf sein Urteil vom heutigen Tage X R 130/87, BFHE 158, 80, BStBl II 1989, 901. Danach ist das vom FA herangezogene Urteil des VIII. Senats des BFH in BFHE 133, 557, BStBl II 1981, 746 überholt. Das FG wird dennoch seine bisherige Beurteilung unter Beachtung der Grundsätze des Urteils X R 130/87 überprüfen. Sollte das FG der Klage erneut stattgeben wollen, wird es zu beachten haben, daß in beiden Klagschriften auch beantragt worden ist, ,,für die beiden Firmen . . . jeweils gesonderte" Bescheide zu erlassen. In der Vorentscheidung, die gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ergangen ist, ist dieser Verpflichtungsantrag allerdings nicht erwähnt; andererseits ist auch nicht ersichtlich, daß er zwischenzeitlich fallengelassen wurde. Er ist ggfs. zu bescheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 416579 |
BFH/NV 1990, 303 |