Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergünstigung des § 7 c EStG entfällt, wenn Zuschüsse oder unverzinsliche Darlehen zwischen Ehegatten gewährt werden, die zusammen veranlagt werden.

Der Senat hält an der in dem Urteil IV 244/53 U vom 29. Oktober 1953 (BStBl. 1953 III S. 358) vertretenen Auffassung fest, daß die Bescheinigungen, die von den für das Wohnungswesen zuständigen Verwaltungsbehörden erteilt werden, für die Steuerbehörden und Steuergerichte nicht bindend sind.

 

Normenkette

EStG § 7c

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat seiner Ehefrau ein unverzinsliches Baudarlehen gegeben, nachdem ihm der Minister für Wiederaufbau des Landes X - Außenstelle Y - eine formularmäßige "Bescheinigung für die Steuerbehörde gemäß § 7 c des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung vom 10. August 1949" gegeben hatte, welche in ihrem entscheidenden Teil folgenden Wortlaut hat:

Die Prüfung des Antrags hat ergeben, daß der § 7 c des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 10. August 1949 auf diese Baukostenbeihilfe zutrifft.

Das Finanzamt hat gleichwohl die Steuervergünstigung des § 7 c EStG nicht gewährt, weil die Hingabe von 7 c)- Darlehen unter Ehegatten nach einem Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 17. November 1949 (Steuer- und Zollblatt - StuZBl. - 1949 S. 443) nicht steuerbegünstigt sei.

Der Bf. hat ausgeführt, daß man sich der Rechtsauffassung des Ministers nicht verschließen könne. Sein Antrag auf Gewährung der Steuervergünstigung sei jedoch aus einem anderen Grunde berechtigt. Er habe die Bescheinigung der Außenstelle am 22. November 1949 erhalten. Aus dem Inhalt gehe hervor, daß dieser Dienststelle die Tatsache der Darlehnsgewährung unter den Ehegatten bekannt war. Von dem erst im Dezember 1949 veröffentlichten einschränkenden Erlaß des Bundesministers der Finanzen hätten damals weder er selbst noch die Außenstelle Kenntnis gehabt. Er habe das Darlehen im Vertrauen auf den ministeriellen Charakter der Bescheinigung seiner Ehefrau gegeben. Hätte er gewußt, daß das Darlehen an seine Ehefrau nicht steuerbegünstigt ist, hätte er es seiner über 18 Jahre alten Tochter gegeben.

Während der Einspruch Erfolg hatte, ist die von dem Steuerpflichtigen begehrte Steuervergünstigung von dem Finanzgericht abgelehnt worden. Es hat ausgeführt, daß die Vergünstigung des § 7 c EStG nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 303/51 U vom 6. März 1952 (Slg. Bd. 56 S. 273, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1952 III S. 107) entfällt, wenn Zuschüsse oder unverzinsliche Darlehen zwischen Eheleuten gewährt werden. An dieser seit Inkrafttreten des EStG 1949 in der Fassung vom 10. August 1949 gegebenen Rechtslage sei durch den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 17. November 1949 nichts geändert worden. Der Bf. sei daher im Irrtum, wenn er glaube, daß die Vergünstigung zunächst für Eheleute gegolten habe und erst durch den Erlaß aufgehoben worden sei. Der Erlaß enthalte lediglich einen Hinweis auf die bereits von jeher bestandene Rechtslage.

Die Außenstelle des Wiederaufbauministers habe möglicherweise in gutem Glauben das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen der Steuervergünstigung in ihrer Bescheinigung bestätigen wollen. Durch die Bescheinigung sei jedoch keine Bindung der Finanzbehörden herbeigeführt worden, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Obersten Finanzgerichtshofs ergebe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde, welche die Rechtslage im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für den Steuerpflichtigen würdigt und gegebenenfalls eine auf Billigkeitserwägungen fußende Entscheidung anstrebt, kann keinen Erfolg haben.

Die Rechtsauffassung des Finanzgerichts über das Fehlen der Voraussetzungen des § 7 c EStG bei unverzinslichen Darlehen zwischen Ehegatten entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats. Sie ist frei von Rechtsirrtum.

Der Vorentscheidung wird auch insoweit beigetreten, als sie eine Bindung an die Bescheinigung der Außenstelle des Wiederaufbauministers ablehnt. § 7 c EStG 1949 machte die Steuervergünstigung für Darlehen an private Bauherrn davon abhängig, daß durch die Darlehen der Bau von Wohnungen gefördert wird, die hinsichtlich der Größe, Ausstattung und Miete (Mietwert) bestimmten Vorschriften entsprechen. Im § 7 c EStG ist weiter bestimmt, daß der Nachweis hierfür durch eine Bescheinigung der für das Wohnungswesen zuständigen Verwaltungsbehörden erbracht wird. Aus dem Wortlaut des Gesetzes geht - auch für einen Laien erkennbar - hervor, daß der Nachweis sich nur auf die Größe, Ausstattung und Miete bezieht. Wenn die Außenstelle des Wiederaufbauministers bescheinigt, daß " § 7 c EStG in der Fassung vom 10. August 1949 auf diese Baukostenhilfe zutrifft", so hat sie die ihr durch das Gesetz gegebenen Befugnisse überschritten und eine steuerrechtliche Würdigung vorgenommen, die nach dem Gesetz nicht ihr, sondern ausschließlich den Steuerbehörden und den Steuergerichten obliegt.

Der III. Senat des Bundesfinanzhofs hat in dem Urteil III 78/51 U vom 14. August 1953 (BStBl. 1953 III S. 331) ausgesprochen, daß keine allgemeine Bindung der Steuergerichte und der Steuerbehörden an die Entscheidungen anderer Behörden besteht. Die gleiche Auffassung hat auch der I. Senat in dem Urteil I 103/52 U vom 11. November 1952 (Slg. Bd. 57 S. 22, BStBl. 1953 III S. 9) vertreten. Der II. Senat des Bundesfinanzhofs hat in dem Urteil II 201/51 S vom 2. November 1951 (Slg. Bd. 55 S. 578, BStBl. 1951 III S. 234) entschieden, daß eine nach § 29 Abs. 2 des Reichssiedlungsgesetzes gegebene Versicherung der Finanzbehörden nur in tatsächlicher, nicht auch in rechtlicher Hinsicht bindet. Unter Hinweis auf beide Urteile hat auch der erkennende Senat in dem Urteil IV 244/53 U vom 29. Oktober 1953 (BStBl. 1953 III S. 358) eine Bindung der Steuerbehörden und Steuergerichte an die im § 7 c EStG geforderten Bescheinigungen abgelehnt. Neuerdings hat der III. Senat in dem Urteil III 171/53 S vom 30. April 1954 (BStBl. 1954 III S. 189) ausgesprochen, daß die Bescheinigungen, die von den für das Wohnungswesen zuständigen Verwaltungsbehörden nach § 10 des Wohnungsbaugesetzes erteilt werden, in rechtlicher, nötigenfalls auch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörden und Finanzgerichte unterliegen. Besteht Anlaß zu der Annahme, daß die Sach- und Rechtslage von der die Bescheinigung erteilenden Behörde nicht zutreffend beurteilt wird, haben die Finanzbehörden und Finanzgerichte das Recht und die Pflicht, die endgültige Entscheidung selbst zu treffen. Auch in diesem Fall hatte der Steuerpflichtige geltend gemacht, der Staatsbürger müsse sich darauf verlassen können, daß solche Bescheinigungen richtig sind, und daß sie später von anderen Behörden anerkannt werden.

Die Entscheidungen gehen zutreffend von der überlegung aus, daß es dem Sinn und Zweck des Steuerrechts und des steuerlichen Verfahrens widersprechen würde, wenn der Staat die rechtliche Würdigung von Tatbeständen nicht den Behörden übertragen wollte, die für diesen Zweck geschaffen, und deren Beamte für die Erfüllung dieses Zwecks ausgebildet sind. Der von dem Vertreter des Steuerpflichtigen im Rechtsbeschwerdeverfahren in den Vordergrund gestellte Vertrauensschutz bietet hiernach dem erkennenden Senat keine Möglichkeit von der in den vorstehenden Urteilen vertretenen Rechtsauffassung abzugehen. Im Streitfall kommt hinzu, daß es sich um die steuerrechtliche Würdigung einer hierfür nicht zuständigen Verwaltungsbehörde handelt. Auch die Wahrung des Vertrauensschutzes eines Steuerpflichtigen kann nicht dazu führen, die zuständigen Steuergerichte und Steuerbehörden an diese von einer anderen Behörde vorgenommene und ihr nicht obliegende Würdigung zu binden.

Für die Entscheidung der Frage, ob den Bf. ein Erlaß der angeforderten Steuer aus Billigkeitserwägungen zu gewähren ist, sind die Steuergerichte nicht zuständig. Die Entscheidung über die Steuerpflicht des Rechtsvorganges kann auch nicht durch die Frage, ob dem Steuerpflichtigen ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch gegen das Land X zusteht, beeinflußt werden.

Der Bf. hat unter Hinweis auf eine bei ihm durchgeführte Betriebsprüfung im Frühjahr 1953 die Aussetzung des Rechtsbeschwerdeverfahrens bis zur Klärung der Frage der Ordnungsmäßigkeit seiner Buchführung beantragt. Eine Anfrage vom 9. Dezember 1953, ob er den Aussetzungsantrag aufrechterhalte, hat er unbeantwortet gelassen. Da die Frage der Ordnungsmäßigkeit seiner Buchführung für die Entscheidung der vorliegenden Rechtsfrage unerheblich ist, hat der Senat von einer weiteren Aussetzung des Verfahrens Abstand genommen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408020

BStBl III 1954, 303

BFHE 1955, 240

BFHE 59, 240

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