Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Sonstiges Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Berechnung der Schadensquote nach § 100 Abs. 2 Satz 2 LAG - Minderung der Hypothekengewinnabgabeschuld wegen Kriegsschadens vor dem 21. Juni 1948 - ist nicht der nach Abs. 1 oder 2, sondern der nach Abs. 3 des § 33a BewDV auf den 21. Juni 1948 festgestellte Einheitswert maßgebend.

 

Normenkette

LAG § 100 Abs. 2 S. 2; BewDV § 33a; BewG § 91

 

Tatbestand

Der Abgabepflichtige ist Eigentümer eines Hausgrundstücks in O., das im Kriege beschädigt wurde und sich am Währungsstichtag im Wiederaufbau befand. Der letzte für das Grundstück vor dem Schadensfall festgestellte Einheitswert betrug 45.500 RM. Nach der Währungsreform wurde der Einheitswert des Grundstücks auf Grund des Gesetzes betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948 (Fortschreibungsgesetz) vom 10. März 1949 - Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949 S. 25 - nach § 33a der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) fortgeschrieben. Dabei wurde der Einheitswert gemäß § 33a Abs. 1 und 2 BewDV für die Grundsteuer auf 38.000 DM und für die Vermögensteuer gemäß § 33a Abs. 3 BewDV unter Einbeziehung der bis zum Währungsstichtag entstandenen Kosten für den Wiederaufbau auf 43.100 DM festgestellt.

Auf dem Grundstück ist eine Hypothek eingetragen, deren zugrunde liegende RM-Verbindlichkeit am Währungsstichtag 10.000 RM betrug. Das Finanzamt hat den sich aus der Umstellung dieser Verbindlichkeit ergebenden Schuldnergewinn von 9.000 DM mit Bescheid vom 27. November 1953 ohne Einschränkung zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen. Es hat eine Minderung der Abgabeschuld wegen Kriegsschadens nach § 100 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) nicht anerkannt. Das Finanzamt hat die für die Anrechnung des Kriegsschadens maßgebende Schadensquote (ß 100 Abs. 2 LAG) durch Gegenüberstellung des Einheitswertes zum 1. Januar 1941 (45.500 RM) mit dem nach § 33a Abs. 3 BewDV zum 21. Juni 1948 auf 43.100 DM festgestellten Einheitswert errechnet. Bei diesem Verfahren beträgt der Schadensbetrag 2.400 DM (45.500 RM ./. 43.100 DM) und die Schadensquote 5.2747 v. H. Sie bleibt daher unter dem in § 100 Abs. 5 LAG vorgeschriebenen Mindestsatz von 10 v. H. Aus diesem Grunde hat das Finanzamt keine Minderung der Abgabeschuld wegen Kriegsschadens zugelassen.

Nach Meinung des Abgabepflichtigen dagegen ist bei Ermittlung der Schadensquote statt des vom Finanzamt angesetzten Einheitswertes nach § 33a Abs. 3 BewDV (43.100 DM) derjenige nach § 33a Abs. 1 und 2 (38.000 DM) heranzuziehen, wodurch sich ein Schadensbetrag von 7.500 DM (45.500 RM ./. 38.000 DM) und damit eine Schadensquote von 16.4835 v. H. ergeben würde. Um diesen Hundertsatz will der Pflichtige die Abgabeschuld gemäß § 100 Abs. 1 LAG gemindert wissen.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Gegen das Urteil des Finanzgerichts hat der Pflichtige Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit der Rechtsbeschwerde wird fehlerhafte Anwendung des geltenden Rechts, hier des § 33a BewDV, gerügt. Die Anwendung dieser Vorschrift sei auf die dort ausdrücklich genannten Fälle der Vermögensbesteuerung zu beschränken. Darauf, daß § 33a BewDV in seinen Abs. 1 und 2 grundsteuerliche Belange im Auge habe - wie das Finanzgericht ausgeführt habe -, könne es nicht ankommen, da dieser Zweck in der Vorschrift nicht erkennbar zum Ausdruck gekommen sei. Aus dem gleichen Grunde verbiete sich auch ein Zurückgreifen auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nicht diese, sondern der objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er im Gesetzeswortlaut niedergelegt sei, sei für die Auslegung richtungweisend. Der Bf. verbleibt daher bei seiner Ansicht, daß als Endvergleichswert im Sinne des § 100 Abs. 2 Satz 2 LAG nicht der nach § 33a Abs. 3 BewDV, sondern der nach § 33a Abs. 1 und 2 festgestellte Einheitswert heranzuziehen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht gerechtfertigt.

Streitig ist, ob bei einem kriegsbeschädigten Grundstück, das sich am Währungsstichtag im Wiederaufbau befunden hat, der Schadensberechnung nach § 100 Abs. 2 Satz 2 LAG als Endvergleichswert der nach § 33a Abs. 1 und 2 oder der nach § 33a Abs. 3 BewDV festgestellte Einheitswert zugrunde zu legen ist. Diese Frage läßt sich aus der Zweckbestimmung der beiden Vorschriften, insbesondere des § 33a BewDV, beantworten. Das Finanzgericht hat zutreffend ausgeführt, daß die Regelung in § 33a Abs. 1 und 2 BewDV ausschließlich aus den Bedürfnissen der Grundsteuer zu erklären ist. Es hat dabei der Entstehungsgeschichte der Bestimmung nur insoweit Bedeutung beigelegt, als sich aus dieser Folgerungen auf den Willen des Gesetzgebers und den von ihm verfolgten Zweck ergeben. Diese Auslegung begegnet schon deshalb keinen Bedenken, weil es sich - wie das Finanzgericht zutreffend festgestellt hat - bei § 33a BewDV um eine dem Bewertungsrecht angehörende Vorschrift handelt, die ihre materielle Bedeutung erst durch Steuergesetze erhält, deren Zweck sie zu dienen bestimmt ist. Ist diese aber im Rahmen des § 33a Abs. 1 und 2 BewDV - wie oben ausgeführt - ausschließlich grundsteuerlicher Art, so müßten für eine Anwendung der Vorschrift auf außerhalb der Grundsteuer liegende Abgaben besondere Gründe vorliegen. Solche Gründe sind nicht erkennbar und auch vom Bf. nicht dargetan. Dagegen hat das Finanzgericht eine Mehrzahl von Gesichtspunkten dafür angeführt, daß der nach § 33a Abs. 3 BewDV - als dem grundsätzlichen Bewertungsmaßstab - gebildete Einheitswert im Rahmen der Vergleichsrechnung des § 100 LAG anzusetzen ist.

Für die Schadensberechnung bei der Vermögensabgabe ist in § 44 der Zehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (10. AbgabenDV-LA) der nach § 33a Abs. 3 BewDV festgestellte Einheitswert ausdrücklich vorgesehen. Der aus dem Fehlen einer gleichartigen Vorschrift für das Recht der Hypothekengewinnabgabe gezogene Umkehrschluß seitens des Bf. greift schon deshalb nicht durch, weil § 44 der 10. AbgabenDV-LA für die Berechnung des Kriegsschadens bei der Veranlagung der Vermögensabgabe keine Sondervorschrift gibt, sondern lediglich eine Klarstellung enthält (vgl. Begründung zu § 44 Abs. 1 der 10. AbgabenDV-LA). § 33a Abs. 3 BewDV behandelt die Festsetzung des Einheitswertes von Grundstücken bei der Ermittlung des Gesamtwertes eines gewerblichen Betriebes, der Bewertung des Gesamtvermögens oder der Bewertung des Inlandsvermögens, hat also eindeutig die Veranlagung zur Vermögensteuer im Auge. Der Schadensberechnung in § 100 Abs. 2 LAG liegt aber ein Vergleich der Einheitswerte zugrunde, der nur aus vermögensteuerlicher Sicht verständlich ist und den ihm von der gesetzlichen Bestimmung zugedachten Zweck erfüllen kann. Denn es sollen sich abgabemindernd nur solche Kriegsschäden auswirken, die in der RM-Zeit - also bis zur Währungsreform - noch nicht beseitigt waren (vgl. LA-Kartei § 100 Karte 7). Dem aber würde der Ansatz des nach § 33a Abs. 1 und 2 BewDV ermittelten Einheitswertes, bei dem die für den Wiederaufbau der im Bau befindlichen Gebäude oder Gebäudeteile entstandenen Kosten außer Betracht bleiben, zuwiderlaufen. Eine im Vergleich zu der für die Vermögensabgabe getroffenen Regelung gegensätzliche Behandlung der Frage durch Ansatz des nach § 33a Abs. 1 und 2 BewDV festgestellten Einheitswertes ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Hypothekengewinnabgabe - obwohl vom Gesetzgeber selbständig gestaltet - zwar nicht der Vermögensabgabe gleichzusetzen, aber im weiteren Sinne systematisch bei den Abgaben vom Vermögen einzuordnen ist. Der systematische Zusammenhang zwischen der Vermögensteuer und den Abgaben nach dem LAG läßt bei der Schadensberechnung nur die Anwendung des § 33a Abs. 3 BewDV in Betracht kommen.

Daher hat das Finanzgericht zutreffend als Endvergleichswert für die Schadensermittlung nach § 100 Abs. 2 Satz 2 LAG und damit für die Errechnung der Schadensquote den nach § 33a Abs. 3 BewDV festgestellten Einheitswert als maßgebend erachtet (vgl. auch Harmening, Lastenausgleich-Kommentar, § 100 Anm. 35, und Kühne-Wolff, Kommentar zum Lastenausgleichsgesetz, § 100 Anm. 14).

Die Rechtsbeschwerde war deshalb zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409517

BStBl III 1959, 484

BFHE 1960, 599

BFHE 69, 599

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge