Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Ein übergang der Abgabeschuld zur Vermögensabgabe auf den durch den Eintritt einer Bedingung Begünstigten nach § 64 Abs. 2 LAG kann in besonderen Fällen auch dann eintreten, wenn eine aufschiebend bedingte Last bei Eintritt der Bedingung nicht den ursprünglichen Abgabepflichtigen, sondern eine Person trifft, die ihrerseits als Begünstigte nach § 64 Abs. 2 LAG Abgabeschuldner geworden ist.
Normenkette
LAG § 64 Abs. 2; 14-AbgabenDV-LA 29
Tatbestand
Die Eltern des Beschwerdeführers (Bf.) haben am 3. Januar 1944 ein Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Vorerben ihres gesamten Nachlasses einsetzten. Zum Nacherben wurde der Bf. eingesetzt, wobei in dem Testament bestimmt war, daß der Nacherbe bei Eintritt der Nacherbfolge an drei seiner Schwestern je 10.000 RM und an seine vierte Schwester 12.000 RM, zusammen 42.000 RM als Abfindung zahlen sollte. Am Währungsstichtag war die Mutter des Bf. als Vorerbin ihres am 27. Januar 1944 verstorbenen Ehemannes Eigentümerin des in einer Obstplantage bestehenden ehemännlichen Nachlasses. Mit dem Tod der Mutter am 23. Dezember 1952 wurde der Bf. als Nacherbe Eigentümer der Obstplantage.
Streitig ist die vom Bf. begehrte anderweitige Festsetzung der Vorauszahlungen auf die Vermögensabgabe nach § 75 Abs. 1 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG), wobei der Bf. den Abzug der Vermächtnisansprüche seiner Schwestern in Höhe von 42.000 DM bei der Berechnung seiner Vorauszahlungen, d. h. praktisch, da das den Vorauszahlungen zugrunde gelegte abgabepflichtige Vermögen ohne diesen Abzug nur 36.700 DM betrug, seine Freistellung von den Vorauszahlungen begehrt.
Die Vorbehörden haben den Abzug nicht zugelassen. Das Finanzgericht hat ausgeführt, die Mutter des Bf., die am Stichtag als Vorerbin Eigentümerin der Obstplantage und damit Abgabeschuldnerin der Vermögensabgabe gewesen sei, habe die Vermächtnisansprüche ihrer Töchter nicht als Schuld abziehen dürfen, weil ihr Vermögen nicht mit diesen nur den Bf. mit Eintritt des Nacherbfalls treffenden Ansprüchen belastet gewesen sei. Dem stehe auch § 64 LAG nicht entgegen, wonach eine aufschiebend bedingte Last (die Vermächtnisansprüche) mit Eintritt der Bedingungen auf den Begünstigten (die Schwestern) übergehe. Denn die abgabepflichtige Vorerbin sei nicht aufschiebend bedingt mit den Vermächtnisansprüchen belastet gewesen, da diese Ansprüche nur den Bf. als Nacherben betroffen hätten. Im übrigen sei die Abgabeschuld, da die Mutter den Nachlaß als Vorerbin nur auflösend bedingt erworben habe, nach § 64 LAG insoweit, als sie den Nachlaß betroffen habe, mit Eintritt der Nacherbfolge auf den Bf. als den Begünstigten übergegangen. Das Ergebnis dieser Entscheidung sei zwar unbillig, müsse aber als dem Gesetz entsprechend vom Gericht hingenommen werden. Es müsse dem Bf. überlassen bleiben, im Innenverhältnis einen vernünftigen Ausgleich mit seinen Schwestern (gegebenenfalls in entsprechender Anwendung der §§ 70, 71 Abs. 1 LAG) herbeizuführen oder sich wegen eines Teilerlasses (Vermögensverfall) an die Finanzverwaltung zu wenden.
In der Rechtsbeschwerde wendet sich der Bf. erneut gegen die Versagung des Abzugs der Vermächtnisschulden, wobei er einmal hervorhebt, er sei bereits am Währungsstichtag wirtschaftlicher Eigentümer der Obstplantage gewesen, zum anderen diese Schulden als schon bei Eintritt des Erbfalles nach dem Vater entstanden bezeichnet.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde muß, wenn auch aus anderen als den vom Bf. angeführten Gründen, zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Mit dem Finanzgericht ist davon auszugehen, daß der Erwerb der Obstplantage durch die Mutter des Bf. als Vorerbin unter der auflösenden Bedingung des Eintritts der Nacherbfolge durch den Bf. stand, mithin die Vermögensabgabeschuld nach § 64 Abs. 2 LAG mit Eintritt der Nacherbschaft hinsichtlich des Teils der Vierteljahresbeträge (Vorauszahlungsbeträge), die auf die Obstplantage entfielen, auf den Bf. als den Begünstigten übergegangen ist. Dagegen vermag der Senat dem Finanzgericht insoweit nicht zu folgen, als das Finanzgericht einen entsprechenden übergang des Teils der Vierteljahresbeträge (Vorauszahlungsbeträge), um den diese bei Abzug der Vermächtnisschulden an die Schwestern des Bf. von seinem Vermögen niedriger wäre, auf die Schwestern als Begünstigte verneint hat. Bei diesen Vermächtnisschulden handelt es sich um zu Beginn des 21. Juni 1948 unter einer schwebenden Bedingung stehende Schulden im Sinne des § 29 der 14. Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (14. AbgabenDV- LA), Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 I S. 206, nämlich um aufschiebend bedingte Schulden des Bf., wobei die aufschiebende Bedingung der Eintritt der auflösenden Bedingung hinsichtlich der Vorerbschaft der Mutter, d. h. deren Wegfall als Vorerbin, ist. Nun bestimmt dazu § 29 a. a. O. unter Ziff. 3, daß hinsichtlich des Schuldübergangs auf den durch den Eintritt einer Bedingung Begünstigten derjenige Begünstigter ist, der dadurch bereichert wird, daß auf Grund des Eintritts einer zu Beginn des 21. Juni 1948 schwebenden Bedingung eine Last entsteht, die bei der Ermittlung des der Abgabe unterliegenden Vermögens des Abgabepflichtigen hätte abgezogen werden können, wenn sie am 21. Juni 1948 nicht aufschiebend bedingt gewesen wäre. Die Entscheidung des Streitfalles hängt entscheidend davon ab, ob § 64 Abs. 2 LAG und § 29 der 14.AbgabenDV-LA auch auf solche Fälle anzuwenden sind, in denen zwar am 21. Juni 1948 eine aufschiebend bedingte Schuld vorhanden war ("geschwebt" hat), die Schuld aber nicht den eigentlichen Abgabepflichtigen, d. h. den Eigentümer abgabepflichtigen Vermögens am 21. Juni 1948, betrifft, sondern eine andere Person, die erst später im Rahmen des § 64 Abs. 2 LAG Abgabeschuldner wird. Es handelt sich um eine Auslegungsfrage zu § 64 Abs. 2 LAG bzw. zu § 29 der 14.AbgabenDV-LA, auf die die Beispiele des Abschn. B des Erlasses des Bundesministers der Finanzen zur 14.AbgabenDV-LA vom 1. September 1955, BStBl 1955 S. 441 (446, 447), nicht eingegangen sind. Der Senat legt die genannten Bestimmungen so aus, daß ihre Anwendung auch dann nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn eine aufschiebend bedingte Last bei Eintritt der Bedingung nicht den ursprünglichen Abgabepflichtigen, sondern eine Person trifft, die kraft Gesetzes, also z. B. in den Fällen des gesetzlichen übergangs der Abgabeschuld oder eines Teils derselben auf den Begünstigten nach § 64 Abs. 2 LAG, Abgabeschuldner geworden ist.
Sie sind jedenfalls dann entsprechend anzuwenden, wenn wie im Streitfall die nur den nach § 64 Abs. 2 LAG in die Abgabeschuld Eintretenden angehende Bedingung aufs engste mit der Bedingung verknüpft ist, die zu diesem Eintritt geführt hat. Diese Auslegung führt zu einem gerechten und billigen Ergebnis; sie erspart dem eintretenden Abgabeschuldner den Umweg über den § 70 LAG, der zudem im vorliegenden Falle nur analog anwendbar wäre und lediglich das Innenverhältnis zwischen Abgabeschuldner und Vermächtnisnehmer betreffen würde. Für diese Auslegung spricht auch die Vorschrift des § 37 der 14.AbgabenDV-LA über die Behandlung mehrmals auflösend bedingter Erwerbe, wenn sie auch den vorliegenden Fall nicht unmittelbar trifft.
Hiernach waren die Vorentscheidung, der Beschwerdebescheid der Oberfinanzdirektion vom 10. April 1954 sowie der Vorauszahlungsbescheid des Finanzamts vom 12. Juni 1953 aufzuheben. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 309 der Reichsabgabenordnung. Sache des Finanzamts wird es nunmehr sein, im Wege eines Aufteilungsbescheides nach den §§ 34, 38 der 14.AbgabenDV-LA die vierteljährlichen Vorauszahlungsbeträge von dem nach § 30 der 14.AbgabenDV-LA an maßgeblichen Zeitpunkt auf die Begünstigten (Vermächtnisnehmer) aufzuteilen. Eines Eingehens auf den Einwand des Bf., er sei bereits am 21. Juni 1948 wirtschaftlicher Eigentümer der Obstplantage gewesen, bedarf es hiernach nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 408361 |
BStBl III 1956, 115 |
BFHE 1956, 312 |
BFHE 62, 312 |