Leitsatz (amtlich)
1. Das Erlaßverbot des § 129 Abs. 8 LAG setzt grundsätzlich die Beendigung des Wiederaufbaus oder der Wiederherstellung und die damit bereits gegebene Möglichkeit einer Herabsetzung nach § 104 LAG voraus. Das Erlaßverbot darf aber nicht zu einer Beeinträchtigung der Finanzierung des Wiederaufbaues oder der Wiederherstellung des kriegszerstörten Grundstücks führen.
2. Kleinere Kriegsschäden im Sinne des § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA in der Fassung vom 3. November 1955 sind auch dann wie Instandhaltungskosten zu behandeln, wenn sie zusammen mit größeren Kriegsschäden zu einer Minderung der Abgabeschuld nach § 100 LAG geführt haben.
Normenkette
LAG §§ 100, 103-104, 129 Abs. 8; 17. AbgabenDV-LA i.d.F. vom 3. November 1955 § 8 Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist der Erlaß von Hypothekengewinnabgabe-(HGA)-Leistungen wegen ungünstiger Ertragslage im ersten Erlaßzeitraum (1. April 1952 bis 31. Dezember 1954). Der Revisionskläger (FA) hatte das den Revisionsbeklagten (Abgabeschuldnern) am Währungsstichtag gehörende Grundstück in Berlin ... mit unanfechtbar gewordenem Bescheid zur HGA herangezogen.
Den für den ersten Erlaßzeitraum gestellten Antrag auf Erlaß gemäß § 129 LAG lehnte das FA ab, weil sich nach einer von ihm vorgenommenen Änderung der Ertragsberechnung ein Überschuß ergab, der zur Zahlung der Leistungen ausreichte. Die Änderung bestand darin, daß das FA bei den Grundstücksaufwendungen die als Instandhaltungskosten gekennzeichneten Zahlungen berücksichtigte, dagegen eine Berücksichtigung der Aufwendungen für die Beseitigung von Kriegsschäden ablehnte. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Kriegsschaden, aufgrund dessen bei der HGA-Veranlagung eine Schadensquote von über 30 v. H. festgestellt wurde, sei noch nicht beseitigt. Gemäß § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA in der für den strittigen Erlaßzeitraum gültigen Fassung würden solche Aufwendungen wie Instandhaltungskosten behandelt, die durch die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden oder die Nachholung eines aufgelaufenen Reparaturbedarfs entständen. Unter kleineren Kriegsschäden seien die Kriegsschäden zu verstehen, die nach Art und Umfang nicht zu einer Minderung (§ 100 LAG) oder Herabsetzung (§ 103 LAG) der Abgabeschulden führen könnten. Im vorliegenden Fall sei aber durch Berücksichtigung der oben genannten Schadensquote eine Minderung der Abgabeschulden im HGA-Bescheid durchgeführt worden. Außerdem liege für das Grundstück ein Antrag auf Herabsetzung der Abgabeschulden gemäß § 104 LAG vor. Ein Herabsetzungsverfahren habe jedoch noch nicht eingeleitet werden können, weil der eigentliche Wiederaufbau des Grundstücks noch nicht beendet sei. Insoweit sei auch noch nicht zu erkennen, ob die Aufwendungen für eine Beseitigung von Kriegsschäden, bei der nach Art und Umfang der Schäden der Begriff der Wiederherstellung nicht erfüllt sei und folglich eine Wiederaufbauvergünstigung für das Grundstück nach § 104 LAG nicht gewährt würde, den Begriff der Instandhaltungskosten gemäß § 8 Abs. 1 der 17. AbgabenDV-LA erfüllten. Da die vorgenannten Voraussetzungen nicht gegeben seien, könnten die im Erlaßzeitraum in Ansatz gebrachten Instandhaltungskosten nicht in vollem Umfange anerkannt werden.
Die Klage hatte Erfolg. Das FG hob antragsgemäß die Verwaltungsentscheidungen auf.
Mit der Revision hat das FA Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG beantragt. Das FA rügte Verletzung des § 129 Abs. 8 LAG und unrichtige Anwendung des § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA. Gemäß § 129 Abs. 8 LAG sei zuvor über einen Herabsetzungsantrag nach § 104 LAG zu entscheiden, bevor über den Erlaßantrag nach § 129 LAG, der von der Herabsetzungentscheidung berührt werde, entschieden werden könne. Das FG irre, wenn es ausführe, die Kosten für die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden könnten bei einer späteren Herabsetzung nach § 104 LAG nicht mehr als Herstellungsaufwand behandelt werden, wenn sie im vorhergehenden Erlaßverfahren nach § 129 LAG wie Instandhaltungskosten berücksichtigt worden seien. Das Gegenteil sei der Fall. Solche Kosten blieben grundsätzlich Wiederherstellungskosten. Denn nicht § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA sei die primäre Vorschrift, sondern § 104 LAG. § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA nehme den Kosten für die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden nicht ihren Charakter als Herstellungsaufwand, sondern sei lediglich eine Ausnahmevorschrift, die nach ihrem ganzen Sinn und Zweck nur Anwendung finden könne, wenn die darin bezeichneten Kosten nicht bereits in einem Verfahren nach § 104 LAG berücksichtigt worden seien. Werde dagegen ein solches Verfahren durchgeführt, so gehörten zu den Wiederaufbau- oder Wiederherstellungskosten auch die Kosten für die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden. Damit würde sich dann doch eine doppelte Berücksichtigung der Kosten für die Beseitigung kleinerer Kriedsschäden zugunsten der Abgabeschuldner ergeben und ihnen damit ungerechtfertigte Vorteile verschaffen. Dies könne vom Gesetzgeber unmöglich gewollt sein. Da im vorliegenden Fall das Verfahren nach § 104 LAG noch nicht durchgeführt werden könne, weil die Kriegsschäden noch nicht restlos beseitigt worden seien, müsse das angefochtene Urteil des FG aufgehoben und die Entscheidung im Erlaßverfahren nach § 129 LAG bis zum Abschluß des Verfahrens nach § 104 LAG zurückgestellt werden. Die Kläger hätten auch keineswegs die Absicht, von einer restlosen Beseitigung der noch vorhandenen Kriegsschäden abzusehen oder sie in eine noch völlig ungewisse Zukunft zu verschieben; sie hätten im Gegenteil ausdrücklich erklärt, sie wollten die nach einem Obsiegen in dem derzeitigen Rechtsstreit freiwerdenden Mittel unverzüglich zum Abschluß der infolge Geldmangels bisher noch nicht beendeten Wiederherstellungsarbeiten im Sinne des § 104 LAG verwenden.
Es entspreche nicht der Zweckbestimmung des § 129 LAG, Abgabeschuldnern auf Kosten des Lastenausgleichsfonds die zur Finanzierung der Wiederherstellungsarbeiten erforderlichen Mittel zu beschaffen und ihnen dadurch die Aufnahme gegebenenfalls teurer Kredite zu ersparen. Die Möglichkeit, den Kapitalmarkt in Anspruch zu nehmen, bleibe ihnen unbenommen und erscheine auch zumutbar.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, daß § 129 Abs. 8 LAG im Streitfall der Durchführung des Erlaßverfahrens nicht entgegensteht. Nach dieser Vorschrift dürfen in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Minderung oder Herabsetzung von Abgabeschulden vorliegen, die Leistungen nur erlassen werden, wenn die Minderung oder Herabsetzung vorher durchgeführt ist. Diese Vorschrift gilt - entgegen den Bedenken der Vorinstanz - auch in den Fällen einer Herabsetzung der Abgabeschuld nach § 104 LAG bei Wiederaufbau. Dies ergibt sich einmal aus dem Wortlaut des § 129 Abs. 8 LAG, der von den Voraussetzungen einer Minderung und - allgemein - einer Herabsetzung von Abgabeschulden spricht. Angesichts dieser allgemein gehaltenen Wortfassung ist nicht erkennbar, warum der Gesetzgeber bei dieser Regelung nur die weniger wichtigen Fälle einer Herabsetzung nach § 103 LAG gemeint, die weitaus wichtigeren und häufigeren Fälle der Herabsetzung bei Wiederaufbau nach § 104 LAG aber ausgeschlossen haben sollte. Dafür, daß § 129 Abs. 8 LAG auch für eine Herabsetzung bei Wiederaufbau gilt, spricht im übrigen auch die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift.
Nach § 104 LAG hat eine Herabsetzung - abgesehen von dem Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnung - in erster Linie zur Voraussetzung, daß auf dem mit HGA belasteten Grundstück ein durch Kriegsschäden zerstörtes oder beschädigtes Gebäude in der Zeit vom 21. Juni 1948 ab - in Berlin vom 25. Juni 1948 ab - bis zu einem bestimmten Zeitpunkt - in Berlin bis auf weiteres (§ 146b LAG) - als Dauerbau wiederaufgebaut (wiederhergestellt) worden ist. Ist ein Gebäude nicht oder noch nicht als Dauerbau wiederaufgebaut oder wiederhergestellt worden, dann liegen die Voraussetzungen für eine Herabsetzung nach § 104 LAG nicht vor, so daß § 129 Abs. 8 LAG dann nicht gilt. Im Streitfall lag die Voraussetzung der Durchführung, d. h. der Beendigung der Wiederherstellung, weder im Erlaßzeitraum, noch im Zeitpunkt der Antragstellung, noch im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung, noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vor, worüber bei allen Beteiligten Einvernehmen besteht. Die Ansichten gehen nur insoweit auseinander, als das FG meint, die Voraussetzungen für eine Herabsetzung nach § 104 LAG würden kaum noch eintreten, während das FA mit der Möglichkeit der Beendigung der Wiederherstellung rechnet. Beides ist für die Frage der Anwendung des § 129 Abs. 8 LAG jedoch nicht entscheidend, denn - wie das FG richtig erkannt hat - zu den maßgeblichen Zeitpunkten waren die Voraussetzungen einer Herabsetzung nicht erfüllt. Die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit der Durchführung des Wiederaufbaus (der Wiederherstellung) im Sinne des § 104 LAG hätte jedoch für die Frage von entscheidender Bedeutung sein können, ob die Verwaltungsbehörden im Hinblick auf die etwa zu erwartende Durchführung des Herabsetzungsverfahrens nach § 104 LAG nicht eine Vorausstundung der Leistungen in erheblich weiterem Umfange als geschehen hätten aussprechen können oder sollen. Dies hätte der Regelung entsprochen, die der BdF im Erlaß IV C/5 - LA 2610 - 8/56 vom 31. Juli 1956 (LA-Kartei § 129 Karte 16) zu Tz. 24 getroffen hat und die für Berlin bereits in der Rundverfügung Nr. 386/53 vom 7. November 1953 - HGA Nr. 11 - LFA - StV - LA 2612 - LA 2623 - 4/53 (LA-Kartei § 129 Karte 101 Berlin) unter Abschn. I Nr. 2 empfohlen worden war und dann in der dem oben genannten BdF-Erlaß entsprechenden Rundverfügung Nr. 280/56 - HGA Nr. 40 - vom 11. Dezember 1956 - LFA - StV C/3 - LA 2610 - 2/56 (LA-Kartei § 129 Karte 16 Berlin) zu Tz. 24 angeordnet wurde.
Dem Senat ist bekannt, daß die Verwaltung in den meisten Fällen so verfahren ist. War ein Herabsetzungsantrag nach § 104 LAG zu erwarten, so wurden die Leistungen in Höhe der Auswirkungen der zu erwartenden Herabsetzung gestundet. Dies entsprach einmal der wirtschaftlichen Notwendigkeit, dem aufbauwilligen Grundstückseigentümer nicht die zum Wiederaufbau oder zur Wiederherstellung benötigten Mittel durch Einziehung der dann später doch wieder zu erstattenden HGA-Leistungen zu schmälern, und ferner dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß niemand etwas fordern dürfe, was er in unmittelbarer oder nächster Zukunft wieder zurückerstatten müsse. Nur auf diese Weise konnte die Verwaltung dem Sinn und Zweck der Wiederaufbauvergünstigung gerecht werden. Durch die Wiederaufbauvergünstigung und durch die Aussicht, die HGA nicht oder nicht in der vollen Höhe zahlen zu müssen, sollte den abgabepflichtigen Grundstückseigentümern mit kriegsbeschädigten Häusern geradezu ein Anreiz zum Wiederaufbau gegeben werden, wobei sie die an sich für die HGA bereitzustellenden Gelder eben nicht für diesen Zweck zurücklegen sollten, sondern für den Wiederaufbau verwenden konnten. Der Wiederaufbau stand nach dem Willen des Gesetzgebers im Vordergrund des öffentlichen Interesses (vgl. das Urteil des erkennenden Senats III 138/65 vom 16. September 1966, BFH 87, 113, BStBl III 1967, 49). Dem entspricht es nicht, wenn ein FA weder eine hinreichende Vorausstundung im Hinblick auf das zu erwartende Herabsetzungsverfahren nach § 104 LAG vornimmt, noch einen Ertragslageerlaß gewährt, die Aufbauwilligen vielmehr zur Finanzierung der für die Wiederherstellungsarbeiten erforderlichen Mittel auf den Kapitalmarkt verweist. Denn der mit der Vorschrift des § 129 Abs. 8 LAG vom Gesetzgeber beabsichtigte Zweck war, zu verhindern, daß "Abgabeschuldner auf den Gedanken kommen könnten, sich nur von den laufenden Leistungen aus der Abgabe, statt durch Inanspruchnahme der §§ 93, 97 und 98" - Minderung der Abgabeschuld wegen Kriegsschäden (jetzt § 100 LAG), Herabsetzung der Abgabeschulden bei Kriegsschäden nach dem Währungsstichtag (jetzt § 103 LAG) und Herabsetzung der Abgabeschulden bei Wiederaufbau (jetzt § 104 LAG) - "von der Abgabeschuld selbst, befreien zu lassen und dadurch die Vermögensteuer und unter Umständen sogar die Vermögensabgabe zu schmälern" (vgl. amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über den Allgemeinen Lastenausgleich - Anlage 1b zur Bundestagsdrucksache Nr. 1800 - zu § 105 am Ende). Damit sollte keinesfalls der vom Gesetzgeber vorrangig behandelte Wiederaufbau und die Wiederherstellung von Gebäuden beeinträchtigt werden. Aus dieser Vorrangigkeit ergibt sich, daß das Verbot des § 129 Abs. 8 LAG nicht dazu führen darf, die Mittel, die an sich für HGA-Leistungen aufzubringen wären, dadurch der Finanzierung des Wiederaufbaus oder der Wiederherstellung zu entziehen, daß der Erlaß vor Durchführung des Herabsetzungsverfahrens abgelehnt wird, ohne gleichzeitig eine den Bedürfnissen des Wiederaufbaus oder der Wiederherstellung voll Rechnung tragende Vorausstundung dieser HGA-Leistungen zu gewähren. Auch § 129 Abs. 9 LAG, wonach das FA Beträge, die voraussichtlich später zu erlassen sind, für höchstens drei Jahre im voraus stunden kann, geht davon aus, daß HGA-Leistungen nicht entrichtet werden sollen, deren Einziehung sich hernach als nicht gerechtfertigt erweist, was gleichermaßen auch auf den Fall der Herabsetzung nach § 104 LAG zutrifft. § 129 Abs. 8 LAG soll die Durchführung von Herabsetzungsverfahren nach § 104 LAG fördern, ihnen aber nicht im Wege stehen. Letzteres jedoch ist der Fall, wenn eine Wiederaufbau- oder Wiederherstellungsfinanzierung durch Zahlung der fälligen HGA-Leistungen gefährdet oder unmöglich gemacht wird. Da im Streitfall die Durchführung der Wiederherstellung des Gebäudes wegen Fehlens der erforderlichen Mittel infolge Einziehung der HGA-Leistungen verzögert wurde und die Voraussetzungen für eine Herabsetzung damit noch nicht erfüllt waren, hat das FG mit Recht das Verbot des § 129 Abs. 8 LAG für nicht anwendbar erklärt und einen Erlaß nach § 129 LAG dem Grunde nach bejaht.
Die Rüge des FA, das FG habe den § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA in der für den strittigen Erlaßzeitraum geltenden Fassung unrichtig angewendet, ist im Ergebnis unbegründet. In § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA (a. F.) wird bestimmt, daß bei der für das Ertragslageerlaßverfahren aufzustellenden Ertragsberechnung auch die Kosten wie Instandhaltungskosten zu behandeln sind, die durch die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden entstehen, und daß als kleinere Kriegsschäden solche Kriegsschäden zu verstehen sind, die nach Art und Umfang nicht zu einer Minderung (§ 100 LAG) oder Herabsetzung (§ 103 LAG) der Abgabeschulden führen können. Die Berücksichtigung dieser kleineren Kriegsschäden wie Instandhaltungskosten hat jedoch nicht zur negativen Voraussetzung, daß für das beschädigte Grundstück weder eine Minderung nach § 100 LAG noch eine Herabsetzung nach § 103 LAG durchgeführt worden sein dürfe. Die Anführung der §§ 100 und 103 LAG in dieser Bestimmung ist vielmehr als Abgrenzungsmerkmal hinsichtlich des Umfangs und der Art der Schäden aufzufassen, die wie Instandhaltungsaufwand zu behandeln sind. Dieser Behandlung steht, wie die Vorinstanz mit Recht hervorgehoben hat, nicht entgegen, wenn solche abgrenzbaren kleineren Kriegsschäden wie im Streitfall mit größeren Kriegsschäden desselben Grundstücks zusammentreffen und mit diesen zusammengefaßt zu einer Anwendung der §§ 100 und 103 LAG führen, während die "kleineren Kriegsschäden" für sich allein nicht zur Anwendung der §§ 100 und 103 LAG führen könnten. Im übrigen ist der Vorinstanz auch darin zuzustimmen, daß selbst bei Einbeziehung solcher kleineren Kriegsschäden in die Minderung nach § 100 LAG ein ungerechtes oder unbilliges Ergebnis nicht erblickt werden kann.
Zutreffend weist das FA in der Revisionsbegründung darauf hin, daß nicht § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA a. F. bestimmt, was Wiederherstellung ist, sondern § 104 LAG. Hiernach gehört zur Wiederherstellung alles das, was erforderlich ist, um ein durch Kriegsschäden beschädigtes Gebäude, das dadurch seine Dauerbaueigenschaft verloren hat, als Dauerbau wiederherzustellen. Wiederherstellungsaufwand ist mithin alles das, was an Mitteln benötigt wird, um diesen Erfolg herbeizuführen. Daß dazu auch die Mittel zur Beseitigung von sogenannten Bagatellschäden gehören können, hatte der Senat bereits in den Urteilen III 25/58 U vom 15. Januar 1960 (BFH 70, 381, BStBl III 1960, 143) und III 118/63 S vom 23. August 1963 (BFH 77, 690, BStBl III 1963, 572) ausgesprochen. Wie der Senat im erstgenannten Urteil dargetan hat, sind die §§ 104 und 129 LAG nicht korrespondierende Vorschriften, die sich gegenseitig ausschließen; vielmehr stellt § 104 LAG eine selbständige Förderungsmaßnahme dar, die nicht nur den Schadens ausgleich des Eigentümers, sondern auch den Wiederaufbau anstrebt. Damit wird der Einwand des FA, es müsse eine zugunsten des Eigentümers eintretende Doppelberücksichtigung der Kosten für die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden vermieden werden, was aber unvermeidbar wäre, wenn man der Ansicht der Vorentscheidung folgen würde, entkräftet. Um des Wiederaufbaus und der Wiederherstellung willen haben der Gesetzgeber und im Rahmen der Ermächtigung auch der Verordnungsgeber bewußt die hierauf abzielenden Maßnahmen gefördert. Daß letzterer in der vom Erlaßzeitraum 1959/61 ab geltenden Regelung des § 8 Abs. 3 der Neufassung der 17. AbgabenDV-LA die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden nicht mehr wie Instandhaltungsaufwand behandelt wissen will, steht dem nicht entgegen, sondern spricht dafür, daß bis zum Erlaßzeitraum 1956/58 einschließlich das Wiederaufbauinteresse in dem dargelegten Sinne auch insoweit vorrangig gewertet wurde (vgl. auch Urteil des BFH III 89/63 vom 15. März 1968, BFH 92, 236, BStBl II 1968, 483).
Hiernach hat das FA zu Unrecht die Berücksichtigung der kleineren Kriegsschäden als Instandhaltungskosten bei der Ertragsberechnung abgelehnt. Anhand der eingereichten Unterlagen, die gegebenenfalls noch zu ergänzen oder zu erläutern wären, hätte es die kleineren Kriegsschäden aus dem geltend gemachten Gesamtaufwand an Kosten für Kriegsschädenbeseitigung im Erlaßzeitraum aussondern und als Instandhaltungsaufwand berücksichtigen können. Da es sich bei dem Ertragslageerlaßverfahren um ein Verfahren handelt, in dem es um einen Rechtsanspruch auf Erlaß geht, hätte nach der Entscheidung des Großen Senats Gr. S. 3/68 vom 16. Dezember 1968 (BFH 94, 436, BStBl II 1969, 192) grundsätzlich das FG selbst die Entscheidung darüber treffen müssen, ob und inwieweit ein Erlaß wegen ungünstiger Ertragslage auszusprechen ist. Im Streitfall jedoch billigt der Senat ausnahmsweise die Entscheidung des FG, die Einspruchsentscheidung und den einen Erlaß ablehnenden Bescheid des FA nur aufzuheben, ohne selbst den Erlaßantrag der Höhe nach zu prüfen und über ihn zu entscheiden, und zwar aus einem anderen Grunde. Das FA hat in der Revisionsbegründung betont, es erwarte die Durchführung eines Herabsetzungsverfahrens nach § 104 LAG. Wie vom Senat oben dargetan, hat das FA in einem solchen Fall die Möglichkeit einer umfangreichen Vorausstundung der HGA-Leistungen im Hinblick auf die bevorstehende Herabsetzung nach § 104 LAG. Das FA wird daher unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Situation darüber zu entscheiden haben, ob es unter Zurückstellung des Verfahrens nach § 129 LAG eine solche Vorausstundung ausspricht oder sogleich erneut über den Erlaßantrag nach § 129 LAG entscheidet.
Fundstellen
Haufe-Index 69420 |
BStBl II 1971, 349 |
BFHE 1971, 416 |