Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Bestimmungen des LAG über die Vermögensabgabe verstoßen nicht wegen unzulässiger Rückwirkung gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Auszahlung einer Tantieme ist eine Kapitalforderung im Sinne von § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BewG und nach § 14 Abs. 1 BewG zu bewerten.
An der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs wird festgehalten, wonach als Wert einer Tantiemeforderung der Betrag anzusetzen ist, der nach Abzug der in Betracht kommenden Steuerabzugsbeträge vom Nennbetrage verbleibt. Die veranlagte Einkommensteuer bleibt unberücksichtigt.
Fließen die Gelder aus einer Tantiemeforderung dem Abgabepflichtigen in Veranlagungszeiträumen nach dem 21. Juni 1948 zu, so stellt die hierauf entfallende Einkommensteuer am Währungsstichtage keine aufschiebend bedingte Last im Sinne von § 6 Abs. 1 BewG und § 64 LAG dar.
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20; LAG §§ 21 Abs. 1 Ziff. 1, 24 Ziff. 1 c, 29, 64; BewG §§ 14 Abs.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20; LAG § 21 Abs. 1 Ziff. 1, § 24/1/c, §§ 29, 64; BewG § 14 Abs. 1, § 12/1, § 74 Abs. 1 Ziff. 1, § 118/1/1, § 67 Abs. 1 Ziff. 1, § 110/1/1
Tatbestand
Der Bf. wurde zusammen mit seiner Ehefrau zur Vermögensabgabe veranlagt. In dem herangezogenen Vermögen sind Tantiemeforderungen enthalten, die dem Bf. für die Jahre 1947 und I/1948 aus seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied bei einer AG zugestanden haben. Diese Tantiemeforderungen wurden an den Bf. unter Einbehaltung von Lohnsteuer, Kirchensteuer sowie der Abgabe "Notopfer Berlin" (NOB) nach der Währungsreform vergütet, wobei die Vertragspartner eine Umstellung im Verhältnis von 1 RM zu 1 DM zugrunde gelegt haben. Der Bf. begehrte in seiner Erklärung zur Vermögensabgabe auch die Berücksichtigung der anteiligen höheren Einkommensteuer, die auf diese Forderungen bei ihrem Zufließen in II/1948 bzw. 1950 erhoben worden ist; demgegenüber erfaßte das Finanzamt diese Tantiemeforderungen mit dem nur um die einbehaltenen Steuern gekürzten Betrage.
Der Einspruch blieb erfolglos. Zur Begründung der Berufung trug der Bf. vor, es stelle eine unzulässige Rückwirkung des LAG dar, wenn Kapitalforderungen der Vermögensabgabe unterworfen würden, weil sie nach der Währungsreform durch Parteivereinbarung mit einem höheren Satze als 20 v. H. umgestellt worden seien. Nach § 74 BewG seien Schulden vom Rohvermögen abzuziehen. Die Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Steuerschulden durch § 53 a BewDV widerspreche dem Gesetz. Hilfsweise wurde Ermäßigung der Vierteljahresbeträge nach § 64 LAG beantragt.
Die Berufung führte wegen anderweiter Berechnung der Abzugsbeträge zu einer Herabsetzung der verbleibenden Abgabeschuld, wobei dem Bf. ein Freibetrag nach § 29 LAG in Höhe von 300 DM gewährt wurde. Im übrigen blieb die Berufung ohne Erfolg. Die Vorinstanz führte im wesentlichen aus: Die Rückwirkung des LAG halte sich in den von der Rechtslehre und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gezogenen Grenzen. Die Forderungen des Bf. unterlägen daher der Vermögensabgabe, da die Umstellungsvereinbarung auf den 21. Juni 1948 zurückwirke. Als Wert einer Tantiemeforderung sei der Betrag anzusetzen, der nach Abzug der in Betracht kommenden Steuerabzugsbeträge vom Nennbetrage verbleibe. Hierbei sei nicht von den tatsächlich einbehaltenen, sondern von den richtig errechneten Steuerabzugsbeträgen auszugehen. Die darüber hinausgehende veranlagte Einkommensteuer müsse unberücksichtigt bleiben und könne auch nicht nach § 74 Abs. 1 Ziff. 1 BewG in Verbindung mit § 53 a BewDV vom Rohvermögen als Schuld abgezogen werden, weil die Einkommensteuer als eine Schuld für den Zeitraum des Zufließens anzusehen sei; zugeflossen seien aber die Tantiemeforderungen dem Bf. erst nach dem Währungsstichtage. Die Einkommensteuer sei damit weder am 21. Juni 1948 fällig gewesen noch für einen Zeitraum erhoben worden, der spätestens im Feststellungs- oder im Veranlagungszeitpunkt geendet habe.
Zur Begründung der Rb. wird das bisherige Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen:
Nach der Präambel des Militärregierungsgesetzes Nr. 61 (Erstes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens = Währungsgesetz - WG -) und § 29 des Militärregierungsgesetzes Nr. 63 (3. Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens = Umstellungsgesetz UG -) seien die Gesetze über den Lastenausgleich bis zum 31. Dezember 1948 zu erlassen gewesen. Das kurz nach diesem Zeitpunkt ergangene Soforthilfegesetz (SHG) vom 8. August 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949 S. 205 ff.) habe den Umfang des Lastenausgleichs erschöpfend geregelt. Die Steuerpflichtigen hätten daher nicht damit gerechnet, daß die sachliche Abgabepflicht drei Jahre später auf Geldforderungen erweitert werde, die im § 3 SHG nicht enthalten und im § 4 Abs. 2 SHG als nicht der Abgabepflicht unterliegend angeführt gewesen seien. Eine solche rückwirkende Heranziehung zum Lastenausgleich sei unzulässig.
Die Tantiemeforderungen des Bf. seien nach § 18 Abs. 2 UG im Verhältnis von 10 RM zu 1 DM abgewertet worden; für eine Rückwirkung der zwischen den Parteien vereinbarten Umstellung im Verhältnis von 1 RM zu 1 DM enthalte die Vorentscheidung keine Begründung. Es sei auch nicht geprüft worden, inwieweit eine reine Umstellung auf DM und inwieweit eine Erhöhung der Tantiemen gegenüber dem Anspruche am 21. Juni 1948 erfolgt sei. Der wirtschaftliche Wert der Forderung des Bf. sei mit dem Betrage anzunehmen, der sich nach Abzug aller Steuern vom Nennbetrage der Forderung errechne. Durch die Nichtanerkennung des Abzuges der die Tantiemeforderungen belastenden Einkommensteuer werde auch der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzt, weil bilanzierende Steuerpflichtige die vor dem 21. Juni 1948 entstandene Einkommensteuer vom Rohvermögen abziehen könnten. Hilfsweise wurde die Kürzung der Vierteljahresbeträge an Vermögensabgabe nach § 64 LAG beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.
I. -
Gemäß § 21 Abs. 1 Ziff. 1 LAG in Verbindung mit § 24 Ziff. 1 c LAG unterliegen der Vermögensabgabe Kapitalforderungen, wenn sie durch gesetzliche Umstellung, durch richterliche Vertragshilfe oder durch Parteivereinbarung auf einen Betrag festgesetzt worden sind, der 1/5 ihres RM-Betrages übersteigt. Der Anspruch auf Auszahlung einer Tantiemeforderung ist eine Kapitalforderung im Sinne dieser Bestimmungen. Er gehört gemäß § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BewG zum sonstigen Vermögen.
Die Vorinstanz hat es mit Recht dahingestellt gelassen, ob die Umstellung dieses Anspruches nach § 18 Abs. 1 Ziff. 1 UG im Verhältnis von 1 RM zu 1 DM oder nach § 18 Abs. 2 UG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UG im Verhältnis 10 RM zu 1 DM erfolgt ist. In seiner Berufungsbegründung hat der Bf. ausdrücklich angegeben, diese Forderung sei durch Parteivereinbarung umgestellt worden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist für die Heranziehung einer umgestellten Kapitalforderung zur Vermögensabgabe die spätere Parteivereinbarung über die Höhe der Umstellung jedenfalls dann maßgebend, wenn sie vor dem Inkrafttreten des LAG (1. September 1952) getroffen wurde (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 297/59 U vom 6. Juli 1962, BStBl 1962 III S. 408, Slg. Bd. 75 S. 391). Da die Tantiemeforderungen dem Bf. im 2. Halbjahr 1948 bzw. im Januar 1950 in voller Höhe zugeflossen sind, ist von einer solchen Parteivereinbarung vor dem Inkrafttreten des LAG auszugehen und die Vermögensabgabepflicht somit zu bejahen.
Hierin ist keine rechtswidrige Rückwirkung des LAG zu erblicken.
Durch die Präambel des WG und § 29 UG wurde der Erlaß von Gesetzen über den Lastenausgleich bis zum 31. Dezember 1948 vorgeschrieben. Dieser Gesetzgebungsbefehl richtete sich an den deutschen Gesetzgeber, räumte dem einzelnen Steuerpflichtigen aber kein Recht auf Freistellung von Lastenausgleichsleistungen ein, falls ein solches Gesetz erst nach dem 31. Dezember 1948 erlassen werden würde. Entgegen der Ansicht des Bf. regelte das SHG Art und Umfang der Abgabepflicht für den Lastenausgleich nicht erschöpfend. Bereits aus der überschrift dieses Gesetzes ergibt sich ein vorläufiger, nur auf die Milderung dringender sozialer Notstände gerichteter Zweck. In § 25 SHG ist darüber hinaus ausdrücklich auf künftige Abgaben hingewiesen, die im Rahmen eines Lastenausgleichs zu erheben sein würden. Der Bf. mußte daher wie alle Staatsbürger seit den Währungsgesetzen damit rechnen, daß sein Vermögen, zu dem auch die mit rückwirkender Kraft umgestellten Tantiemeforderungen zählten, durch aufzuerlegende öffentliche Abgaben erfaßt werden könnte. Das LAG, in dem die zu erhebenden Abgaben geregelt worden sind, mußte, wie dies auch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hervorgehoben hat (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1963 2 BvR 392/62, veröffentlicht in Höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung - HFR - 1963 S. 158), notwendigerweise - und zwar zum gemeinen Wohle - ein Stichtagsgesetz sein, das ein steuerliches "Ausweichen" unmöglich machte. Der Bundesgesetzgeber hat als Ausgleichslasten die Kreditgewinnabgabe, die Hypothekengewinnabgabe und die Vermögensabgabe gewählt. Die Ausgestaltung dieser Ausgleichslasten läßt Willkür nicht erkennen (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts a. a. O.).
Der Ansatz der Tantiemeforderungen durch die Vorinstanz ist nicht zu beanstanden.
Der Anspruch auf Auszahlung einer Tantiemeforderung fällt unter § 14 BewG (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 14 BewG, Anm. 2, und dort zitierte Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs). Solche Forderungen sind nach § 14 Abs. 1 BewG mit dem Nennwerte anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (vgl. Urteil III 57/41 vom 11. Juni 1941, RStBl 1941, S. 701) ist ein Umstand, der eine Bewertung unter dem Nennwerte rechtfertigt, darin zu sehen, daß bei der Auszahlung des Tantiemebetrages auf alle Fälle der Lohnsteuerabzug vorzunehmen ist, da Tantiemen nach § 19 Abs. 1 Ziff. 1 EStG 1950 (BGBl 1951 I S. 1), dem das EStG II/1948 entspricht (Beilage 4 zu GVBl des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1948 Nr. 14) zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören (ß 2 Abs. 2 Ziff. 1 LStDV i. d. F. vom 10. Oktober 1950, BGBl 1950 S. 698; gleichlautend § 2 Abs. 2 Ziff. 1 LStDB 1939 i. d. F. 1948). Dieser Steuerabzug hätte auch im Falle einer Abtretung der Forderung an Dritte vorgenommen werden müssen. In solchen Fällen läßt sich die Forderung im Verkehr nur mit dem nach Abzug der Lohnsteuer verbleibenden Betrage verwerten. Gegen den von der Vorentscheidung errechneten Steuerabzugsbetrag bestehen keine Bedenken. Der Umstand aber, daß vom Bf. für das Zufließen der Tantieme bei der Veranlagung der Einkommensteuer für II/1948 und 1950 über den Steuerabzug hinaus noch weitere Einkommensteuer gefordert worden ist, kann auf die Bewertung der Forderung keinen Einfluß haben. Im Gegensatz zur Lohnsteuer ist die Einkommensteuerschuld nicht unmittelbar an die Tantiemeforderung gebunden. Sie ist der Tantiemeforderung nicht so immanent, daß sie bewertungsmäßig nur im Zusammenhange mit der Forderung betrachtet werden könnte. Die Belastung durch die Einkommensteuer steht zur Tantiemeforderung in keinem engeren Zusammenhange als die durch sonstige wirtschaftliche Vorgänge hervorgerufene Besteuerung. Die Einkommensteuerschuld ist eine der Höhe nach unbestimmte Schuld, die sich aus dem gesamten Einkommen des Bf. für einen nach dem Währungsstichtage liegenden Zeitraum errechnet. Solche möglichen, künftigen Belastungen des Vermögens des Bf. mindern aber nicht den Wert der einzelnen Tantiemeforderung am Stichtage (21. Juni 1948). An der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hält der erkennende Senat in übereinstimmung mit seiner Entscheidung vom 26. August 1955 (III 133/55 u. 134/55 S, BStBl 1955 III S. 278, Slg. Bd. 61 S. 207) fest. Die Höhe und der lange Erhebungszeitraum der Vermögensabgabe stehen diesen Bewertungsgrundsätzen nicht entgegen, da Bemessungsgrundlage für die Vermögensabgabe das Vermögen zu Beginn des 21. Juni 1948 ist, das sich nach den bei der Vermögensteuer (Hauptveranlagung 1949) für die Ermittlung des Gesamtvermögens maßgebenden Vorschriften errechnet (ß 21 LAG) und eine Ausnahmevorschrift insoweit nicht besteht.
Wenn der Bf. erstmals mit der Rb. vorträgt, es könnte sich bei der Parteivereinbarung über die Tantieme nach der Währungsumstellung um eine selbständige, erneute Festsetzung des Tantiemeanspruches selbst gehandelt haben, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Aus den Einkommensteuerakten ist für eine derartige Parteiabrede nichts zu entnehmen. Daneben würde eine solche Neufestsetzung der Tantiemeforderung ihrem Wesen nach nichts anderes darstellen, als eine Aufstockung des im Verhältnis 10 : 1 abgewerteten Tantiemeanspruches; dieser Tatbestand würde ebenfalls als eine Umstellungsvereinbarung anzusehen sein, die auf den 21. Juni 1948 zurückwirkt. Es handelt sich im übrigen um ein Vorbringen neuer Tatsachen, für das im Rechtsbeschwerdeverfahren ohnehin kein Raum wäre.
Die auf die Tantiemeforderungen fallende anteilige Einkommensteuer ist bei der Vermögensabgabeveranlagung zu recht nicht als Schuld berücksichtigt worden.
Gemäß § 74 Abs. 1 Ziff. 1 BewG sind zur Ermittlung des Wertes des Gesamtvermögens von dem Rohvermögen Schulden abzuziehen, soweit sie nicht bereits beim Betriebsvermögen zu berücksichtigen sind. Für den Abzug von Schulden aus laufend veranlagten Steuern, wie die hier in Betracht kommenden Einkommensteuer und NOB, gelten nach § 53 a BewDV Sonderbestimmungen. Wie der Bundesfinanzhof in der vorgenannten Entscheidung vom 26. August 1955 ausgesprochen hat, ist § 53 a BewDV rechtsgültig. Die Voraussetzungen für den begehrten Steuerabzug nach § 53 a Abs. 2 BewDV sind aber nicht gegeben. § 53 a BewDV stellt es für den Abzug von Steuerschulden auf die Vorschriften dieser Steuergesetze, hier also des EStG, ab. Nach § 11 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ein "Zufließen" im Sinne des § 11 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige über den Gegenstand die tatsächliche Verfügungsgewalt erlangt (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs VI 68/59 vom 7. Oktober 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - Einkommensteuergesetz, § 11, Rechtsspruch 24). Da der Bf. die Verfügungsgewalt über die Beträge aus seinen Tantiemeforderungen unbestritten erst im 2. Halbjahr 1948 und in 1950 erlangt hatte, wurde die darauf entfallende Einkommensteuer zu Recht für Veranlagungszeiträume erhoben, die nach dem 21. Juni 1948 geendet haben. Darin ist keine Schlechterstellung des Bf. gegenüber bilanzierenden Steuerpflichtigen zu erblicken, da bei Einzelpersonen die Personensteuern, zu denen die Einkommensteuer gehört, für den Abzug als Betriebsschuld ausscheiden (vgl. Gürsching-Stenger, a. a. O., § 62 BewG, Anm. 69).
Zu Recht hat die Vorinstanz auch die Anwendung von § 64 LAG versagt.
Der gesetzliche Schuldübergang nach § 64 Abs. 2 LAG setzt voraus, daß am Währungsstichtage eine Bedingung oder Befristung im Sinne der §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 BewG bestanden hat. Im vorliegenden Rechtsstreit fehlt es aber an einem für den Begriff der "Bedingung" im Sinne des BGB und BewG notwendigen Schwebezustand. Die Tantiemeforderungen standen dem Bf. unbedingt zu und waren nicht mit einer Einkommensteuerschuld belastet. An dem für die Vermögensabgabeveranlagung maßgebenden Stichtage, dem 21. Juni 1948, war daher weder das Vermögen des Bf. noch ein einzelnes ihm gehöriges Wirtschaftsgut mit der Einkommensteuerschuld für die späteren Veranlagungszeiträume belastet. Die Einkommensteuer entstand gemäß § 3 Abs. 5 Ziff. 1 c StAnpG erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraumes, in dem die Tantiemebeträge dem Bf. zugeflossen sind. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand insoweit keine Einkommensteuerschuld, auch nicht als aufschiebend bedingte Last im Sinne des BewG, so daß die Voraussetzungen des § 64 LAG nicht gegeben sind. Was der Bf. nach § 64 LAG berücksichtigt wissen will, sind Fragen des Wertes seiner Kapitalforderungen, also Fragen, die in § 14 BewG geregelt sind.
II. - Die Rb. ist daher in den Streitpunkten unbegründet.
Gleichwohl sind aber die Vorentscheidungen aufzuheben und die Sache an das Finanzamt zurückzuverweisen. Nach den Akten besteht die Möglichkeit, daß in dem der Vermögensabgabe unterliegenden Vermögen (vgl. Vermögenserklärung für 1946 letzte Seite) auch Vermögen der Ehefrau des Bf. enthalten ist. Das Finanzamt hat bei dem angefochtenen Vermögensabgabebescheid keinen Freibetrag gemäß § 29 LAG, das Finanzgericht nur einen solchen in Höhe von 300 DM gewährt.
Die Versagung des Freibetrags nach § 29 LAG durch das Finanzamt im angefochtenen Bescheide und die Berechnung des Freibetrages durch die Vorinstanz beruhten auf der damaligen Rechtsauffassung. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 29/57, 1 BvL 20/60 vom 21. Februar 1961 (BStBl 1961 I S. 55) ist diese Sachbehandlung mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar. § 29 LAG ist vielmehr dahin auszulegen, daß unter "natürlichen Personen" im Sinne des § 29 LAG auch bei Zusammenveranlagten die Einzelnen und unter dem "der Abgabe unterliegenden abgerundeten Vermögen" ihre Einzelvermögen zu verstehen sind. Die verfassungswidrige Versagung eines gesetzlichen Freibetrages ist von Amts wegen zu prüfen. Das Finanzamt wird noch aufzuklären haben, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Ehefrau des Bf. am Währungsstichtage Vermögen besessen hat.
Ergibt sich nach Abschluß dieser Ermittlungen bei jedem der nach § 38 LAG zusammen veranlagten Ehegatten Vermögen in einer Höhe von unter 35.000 DM, so sind für den Bf. und seine Ehefrau jeweils die entsprechenden Freibeträge nach § 29 LAG bei der Berechnung der Vermögensabgabe anzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 410826 |
BStBl III 1963, 349 |
BFHE 1964, 88 |
BFHE 77, 88 |