Leitsatz (amtlich)
1. Läßt sich die für die Bewertung im Ertragswertverfahren maßgebliche übliche Miete für eigengenutzten Wohnraum nicht unmittelbar aus tatsächlich gezahlten Mieten für Vergleichsobjekte ableiten, so ist sie in erster Linie anhand von Mietspiegeln zu ermitteln. Dies gilt regelmäßig auch dann, wenn die Spiegelmieten für einzelne Grundstücksarten wegen Fehlens vermieteter Objekte derselben Grundstücksart aus den Spiegelmieten für Wohnraum gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung in Gebäuden anderer Grundstücksarten oder aus entsprechenden Mieten von in derselben Region gelegenen Grundstücken gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung abgeleitet worden sind.
2. Wird in Anwendung dieses Grundsatzes die übliche Miete für Einfamilienhäuser z. B. aus der Spiegelmiete für Mietwohngrundstücke abgeleitet, so ist auf die Spiegelmiete für Mietwohngrundstücke generell ein Zuschlag zu machen, der den Vorteil des Wohnens im eigenen Haus, insbesondere das Vorhandensein der üblichen Nebenräume eines Einfamilienhauses, die Nutzung des Gartens usw. angemessen abgilt.
3. Soweit eine Ableitung der üblichen Miete durch unmittelbaren Vergleich mit tatsächlich gezahlten Mieten für vermietete Vergleichsobjekte oder aus Spiegelmieten nicht möglich ist, kann eine Ermittlung der üblichen Miete durch Einzelgutachten in Betracht kommen.
4. Stehen andere geeignete Schätzungsgrundlagen nicht zur Verfügung, ist es zulässig, als übliche Miete die Kostenmiete anzusetzen, wenn das Mietpreisrecht oder die örtlichen Verhältnisse des Wohnungsmarkts am Hauptfeststellungszeitpunkt einer Vermietung zur Kostenmiete nicht entgegenstehen. 5. Die Lärmbelästigung durch eine in der Nähe eines Einfamilienhauses gelegene Autobushaltestelle und durch das Läuten der Glocken einer in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Kirche bildet keine ungewöhnliche Beeinträchtigung i. S. von § 82 Abs. 1 Nr. 1 BewG, die eine Ermäßigung des Grundstückswerts rechtfertigen könnte. Ob eine Ermäßigung wegen eines dinglichen Überwegrechts zum Zuge kommt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
Normenkette
BewG 1965 § 79 Abs. 2, § 82 Abs. 1; FGO § 100 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer eines im Jahre 1959 aufgrund eines Erbbaurechts errichteten Einfamilienhauses (Wohnfläche 107 qm) mit Garage. Das Erbbaurecht erlischt im Jahre 2058. Das nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WobauG) grundsteuerbegünstigte Einfamilienhaus wird von dem Kläger selbst bewohnt. Zur Finanzierung verwendete er u. a. ein zinsloses Arbeitgeberdarlehen von 15 000 DM. Öffentliche Mittel im Sinne des II. Wo-BauG wurden nicht in Anspruch genommen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) stellte den Einheitswert für das Grundstück des Klägers durch Hauptfeststellung zum 1. Januar 1964 im Ertragswertverfahren auf 54 800 DM fest. Dieser Wertfeststellung legte das FA eine ortsübliche Miete von monatlich 3 DM je qm Wohnfläche sowie für die Garage eine Jahresrohmiete von 300 DM zugrunde. Die ortsübliche Miete für die Wohnfläche schätzte das FA anhand eines für Gemeinden der Größenklasse 100 000 bis 200 000 Einwohner aufgestellten Mietspiegels.
Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.
Mit seiner Klage hielt der Kläger an seinem Begehren fest, den Einheitswert für sein Grundstück auf der Grundlage eines niedrigeren Mietwerts und unter Berücksichtigung von Abschlägen wegen Lärmbelästigung und wegen eines dinglichen Überwegrechts auf 44 600 DM festzustellen. Der Kläger machte geltend: Würde der vom FA aufgestellte Mietspiegel zugrunde gelegt, so müßte das Haus nach seiner Ausstattung in die Gruppe IV des Mietspiegels (Häuser mit guter Ausstattung) eingereiht werden. Bei der Schätzung des Mietwerts müsse auch berücksichtigt werden, daß für den Bau des Hauses ein zinsloses Arbeitgeberdarlehen von 15 000 DM verwendet worden sei. Unter diesen Umständen könne das Haus nicht anders bewertet werden als die für Angehörige des öffentlichen Dienstes errichteten Wohngebäude, bei denen die Verwendung unverzinslicher Darlehen wertmindernd berücksichtigt werde. Unter Berücksichtigung aller wertmindernden Umstände sei eine Miete von monatlich 2,40 DM je qm Wohnfläche als angemessen anzusehen.
Das Finanzgericht (FG) hob den Einheitswertbescheid auf, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Zur Begründung führte das FG aus: Es sei in Übereinstimmung mit einem vom FG eingeholten Gutachten davon auszugehen, daß es für das Grundstück des Klägers keine vermieteten Vergleichsobjekte gebe. Die übliche Miete sei anhand des Mietspiegels zu schätzen. Weil die Mehrheit der in dem FA-Bezirk belegenen Einfamilienhäuser unter Heranziehung des Mietspiegels bewertet worden sei, wäre es mit dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung unvereinbar, wenn das Einfamilienhaus des Klägers nach anderen Kriterien bewertet würde. Bei Anwendung des Mietspiegels sei entgegen der bisherigen Beurteilung durch das FA nicht eine sehr gute, sondern nur eine gute Ausstattung des Gebäudes zugrunde zu legen. Ein Ansatz der Kostenmiete entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Oktober 1974 III R 103/73 (BFHE 113, 382, BStBl II 1975, 54 ) würde zu einem erheblich höheren Einheitswert führen und den Kläger in unzumutbarer Weise benachteiligen. Das FG war im übrigen der Meinung, daß die Geräuschbelastung durch die nahe Autobushaltestelle und durch das Läuten der Kirchenglocken der in unmittelbarer Nähe gelegenen Kirche einen Abschlag nach § 82 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht rechtfertige.
Mit der Revision rügt das FA einen Verstoß der Vorentscheidung gegen § 79 Abs. 2 BewG. Das FG habe seine Entscheidung auf einen Mietspiegel gestützt, der nach den eigenen Feststellungen der Vorinstanz nur für Mietwohnungen und nicht für Einfamilienhäuser aufgestellt worden sei. Rechtsfehlerhaft habe das FG den vom Sachverständigen bestätigten Mietansatz für die Bewertung des Einfamilienhauses außer Betracht gelassen. Hilfsweise rügt das FA, daß das FG das Einfamilienhaus des Klägers zu Unrecht nur in die Ausstattungsklasse "gut" eingestuft habe. Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Er macht geltend, in der Region des FA seien in erheblichem Umfang Wohnungen für Bundesbedienstete mit zinslosen bzw. zinsverbilligten Darlehen der öffentlichen Hand erstellt worden. Der Mietpreis hierfür habe am Bewertungsstichtag bei 2 DM monatlich je qm Wohnfläche gelegen. Der Mietspiegel bestätige diese Miethöhe durch Angabe einer Durchschnittsmiete von monatlich 2,05 DM je qm Wohnfläche bei mit öffentlichen Mitteln i. S. des II. WoBauG geförderten Wohnungen. Eine im Vergleich hierzu höhere Bewertung des streitbefangenen Einfamilienhauses würde gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) und der Niedersächsische Minister der Finanzen (NMdF) sind dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Der BMF weist in seiner Stellungnahme darauf hin, daß die Finanzbehörden der Länder für die Schätzung der üblichen Miete als Hilfsmittel die sog. Mietspiegel aufgestellt hätten. Bei fehlenden Vergleichsmieten sei die übliche Miete in erster Linie mit Hilfe der Mietspiegel zu schätzen. Nach der Stellungnahme des NMdF seien in Niedersachsen für jeden FA-Bezirk Mietspiegel zu erstellen gewesen. Zu diesem Zweck seien aussagekräftige Erklärungen zur Hauptfeststellung 1. Januar 1964 und Kontrollmitteilungen aus der Einkommensteuerveranlagung 1963 (Vermietung und Verpachtung) ausgewertet worden. Je nach den örtlichen Gegebenheiten sowie Umfang und Grad der Zuverlässigkeit des seinerzeit zur Verfügung stehenden Kontrollmaterials gäben die Mietspiegel Werte entweder regelmäßig gezahlter Mieten wieder, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung tatsächlich entrichtet worden sind, oder sie stellten Richt- und Durchschnittswerte dar, soweit geeignete vergleichbare vermietete Objekte für die Ermittlung der Mietspiegelwerte nicht hätten herangezogen werden können.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Ist ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist sowohl für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts als auch für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks jeweils ein Einheitswert festzustellen. Bei der Ermittlung der Einheitswerte ist von einem Gesamtwert auszugehen, der für den Grund und Boden einschließlich der Gebäude und Außenanlagen festzustellen wäre, wenn die Belastung nicht bestände (§ 92 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BewG). Beträgt jedoch die Dauer des Erbbaurechts - wie im Streitfall - in dem für die Bewertung maßgebenden Zeitpunkt noch 50 Jahre oder mehr, so wird der Gesamtwert als Einheitswert für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts festgestellt (§ 92 Abs. 2 BewG).
2. Bei dem aufgrund des Erbbaurechts errichteten Gebäude des Klägers handelt es sich um ein Einfamilienhaus i. S. des § 75 Abs. 1 Nr. 4 BewG, das nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BewG im Wege des Ertragswertverfahrens (§§ 78 bis 82 BewG) zu bewerten ist. In diesem Verfahren ergibt sich der Grundstückswert regelmäßig durch Anwendung eines Vervielfältigers (§ 80 BewG) auf die Jahresrohmiete (§ 79 BewG). In besonderen Fällen sind Zu- und Abschläge vorzunehmen (§§ 81 und 82 BewG).
Die für die Bewertung maßgebende Jahresrohmiete ist grundsätzlich das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben (§ 79 Abs. 1 Satz 1 BewG). Wird das Grundstück - wie im Streitfall - vom Eigentümer selbst bewohnt, so tritt an die Stelle der Jahresrohmiete die übliche Miete. Diese ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird (§ 79 Abs. 2 Satz 2 BewG). Übliche Miete ist die nach der objektiven Beschaffenheit des Grundstücks und den gegebenen örtlichen Verhältnissen üblicherweise erzielbare Miete.
a) Nach dem Wortlaut des § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG ist zur Schätzung der üblichen Miete grundsätzlich von vermieteten Vergleichsobjekten auszugehen. Die Formulierung des Gesetzes "regelmäßig gezahlt wird" läßt erkennen, daß die übliche Miete in erster Linie unmittelbar aus tatsächlich gezahlten Mieten für Vergleichsobjekte abzuleiten ist (vgl. BFH-Urteile vom 29. November 1974 III R 81/73, BFHE 114, 257, BStBl II 1975, 188 ; vom 19. Dezember 1975 III R 6/75, BFHE 118, 76, BStBl II 1976, 283 , und vom 26. Januar 1979 III R 99/76, BFH 126, 569, BStBl II 1979, 254 , sowie Rössler/Troll/Langner, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 13. Aufl., § 79 BewG Anm. 54). Die Schätzung der üblichen Miete durch unmittelbaren Vergleich setzt indes voraus, daß vermietete Objekte vorhanden sind, die nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbar sind. Es kommen nur innerhalb derselben Region belegene Objekte in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1974 III R 82/73, BFHE 114, 264, BStBl II 1975, 191 ).
b) Häufig wird die Schätzung der üblichen Miete im Wege des unmittelbaren Vergleichs daran scheitern, daß nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbare vermietete Objekte nicht oder nicht in hinreichender Zahl vorhanden sind. Dies gilt, wie auch der BMF ausgeführt hat, in besonderem Maße für Einfamilienhäuser, wo hinzu kommt, daß Ausbau und Ausstattung oftmals sehr stark nach dem persönlichen Geschmack des Bauherrn ausgerichtet sind. Für diese und ähnliche Fälle haben die Finanzbehörden der Länder sog. Mietspiegel als Hilfsmittel für die Schätzung der üblichen Miete aufgestellt. Mietspiegel sind eine Zusammenstellung von Rahmenmieten, die aus den regelmäßig gezahlten Mieten einer repräsentativen Zahl von vermieteten Wohngrundstücken unter Berücksichtigung der örtlichen Marktlage abgeleitet und mit Mieter-, Vermieter- und anderen Verbänden sowie Organen des Wohnungsbaus abgestimmt worden sind. Die Mietspiegel sind dabei je nach den örtlichen Verhältnissen und dem zur Verfügung stehenden Miet- und Kontrollmaterial nach Grundstücksarten, Baujahrgruppen, Ausstattungsgruppen, Lage der Grundstücke sowie nach solchen Wohnraumgruppen gegliedert, für die am Hauptfeststellungszeitpunkt unterschiedliche Mietpreisregelungen bestanden (BFH-Beschluß vom 24. September 1976 III B 12/76, BFHE 120, 270, BStBl II 1977, 196 ). Die örtlichen Mietspiegel entsprechen damit den Kriterien, die nach § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG für die Schätzung der üblichen Miete durch Vergleich mit vermieteten Grundstücken maßgebend sind (Rössler/Troll/Langner, a. a. O., § 79 BewG Anm. 58, unter Hinweis auf den Beschluß in BFHE 120, 270, BStBl II 1977, 196 ). Dem steht nicht entgegen, daß die Finanzbehörden Spiegelmieten für einzelne Grundstücksarten - etwa Ein- und Zweifamilienhäuser - wegen Fehlens vermieteter Objekte derselben Grundstücksart aus den Spiegelmieten für Wohnungen gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung in Gebäuden anderer Grundstücksarten oder aus entsprechenden Mieten von in derselben Region gelegenen Grundstücken gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung abgeleitet haben. Der Senat verkennt nicht, daß die Ableitung der üblichen Miete über einen Vergleich mit den andere Grundstücksarten oder andere Gemeinden bzw. Gemeindeteile betreffenden Mietspiegeln die Maßstabfunktion der Mietspiegel beeinträchtigen kann. Gleichwohl erscheint auch in den letztgenannten Fällen die Anwendung der Mietspiegel als Hilfsmittel zur Schätzung der üblichen Miete - soweit diese nicht durch unmittelbaren Vergleich ermittelt werden kann - am ehesten geeignet, eine wenigstens einigermaßen gleichmäßige Bewertung bebauter Grundstücke im Wege des Ertragswertverfahrens zu erreichen. Mietspiegel haben demnach bei der Einheitsbewertung bebauter Grundstücke im Ertragswertverfahren eine ähnliche Bedeutung wie die Richtwerte bei der Ermittlung des gemeinen Wertes unbebauter Grundstücke (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 1980 III R 21/78, BFHE 132, 101, BStBl II 1981, 153 ). Dabei geht der Senat davon aus, daß die sich durch die Anwendung von Mietspiegeln zwangsläufig ergebenden Ungenauigkeiten die Gleichmäßigkeit der Wertfeststellungen lediglich in einem Maße beeinträchtigen, das wegen der technischen Schwierigkeiten einer Massenbewertung auch bei Anwendung einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise grundsätzlich noch hingenommen werden kann. In dieser Auffassung sieht sich der Senat dadurch bestätigt, daß der Gesetzgeber selbst in § 79 Abs. 2 Nr. 2 BewG davon ausgeht, daß Abweichungen der tatsächlichen Miete von der üblichen Miete bis zu 20 v. H. nach oben und nach unten noch in Kauf genommen werden müssen. Damit kommt zum Ausdruck, daß bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens im Interesse der Praktikabilität eines Massenbewertungsverfahrens durchaus auch ins Gewicht fallende Abweichungen hingenommen werden müssen.
c) Soweit eine Ableitung der üblichen Miete durch unmittelbaren Vergleich mit tatsächlich gezahlten Mieten für vergleichbare vermietete Objekte oder aus Mietspiegelmieten nicht möglich ist, kann eine Ermittlung der Miete durch Einzelgutachten in Betracht kommen. Mit Rücksicht auf die Einheitsbewertung als ein Massenverfahren ist die Ermittlung der üblichen Miete durch Sachverständigengutachten jedoch nur in Ausnahmefällen möglich.
d) Stehen andere geeignete Schätzungsgrundlagen nicht zur Verfügung, ist es zulässig, als übliche Miete die Kostenmiete anzusetzen, wenn das Mietpreisrecht oder die örtlichen Verhältnisse des Wohnungsmarktes am Hauptfeststellungszeitpunkt einer Vermietung zur Kostenmiete nicht entgegenstehen. Zum Zweck einer vereinfachten Ermittlung oder Verprobung der Kostenmiete ist vorgesehen, daß diese z. B. bei grundsteuerbegünstigten Wohnungen pauschal mit 6 v. H. der tatsächlichen Gesamtkosten angenommen wird (vgl. z. B. Erlasse des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. April 1967 S 3202 - 4 - V 1 und vom 5. Mai 1967 S 3202 - 4 - V 1/S 3202 - 1 - V 1, Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Bewertungsgesetz 1965, § 79 Nr. 16). Jedem Grundstückseigentümer bleibt es jedoch unbenommen, eine abweichende (niedrigere) individuelle Kostenmiete für sein Grundstück darzulegen (BFHE 114, 264, BStBl II 1975, 191 ). Der erkennende Senat hat die Ableitung der üblichen Miete aus der pauschal ermittelten Kostenmiete zwar gebilligt (vgl. BFHE 113, 382, BStBl II 1975, 54 ; BFHE 114, 264, BStBl II 1975, 191 ). Diese Art der Wertermittlung ist jedoch nicht frei von Bedenken. Gegen die Schätzung der üblichen Miete nach den historischen Gesamtkosten wird nicht zu Unrecht eingewendet, daß ihr nicht die Wertverhältnisse des Hauptfeststellungszeitpunkts (vgl. §§ 27, 79 Abs. 5 BewG) zugrunde liegen (vgl. Rid, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1967, 207, 213; Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 7. Aufl., § 79 BewG Anm. 78; Rössler/Troll/Langner, a. a. O., § 79 BewG Anm. 62, 63, mit weiteren Hinweisen). Deshalb kann die pauschale Mietenermittlungsmethode nach den tatsächlichen Gesamtkosten außer für Zwecke der Verprobung einer anderweitig ermittelten üblichen Miete nur dann in Betracht kommen, wenn überhaupt keine anderen Schätzungsgrundlagen zur Verfügung stehen.
3. a) Es ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, daß das FG davon ausgegangen ist, daß sich im Streitfall die ortsübliche Miete einigermaßen zutreffend nur anhand des vom FA aufgestellten Mietspiegels schätzen lasse. Eine Ermittlung der üblichen Miete unmittelbar aus tatsächlich gezahlten Mieten scheitert daran, daß im Streitfall nach den tatsächlichen und nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanz, die den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO binden, vermietete Einfamilienhäuser, die als Vergleichsobjekt hätten dienen können, am Bewertungsstichtag nicht vorhanden waren. Der Senat hält es - entgegen der Auffassung des FA - für vertretbar, die übliche Miete für das Einfamilienhaus des Klägers aus den Mietspiegelmieten für vergleichbare Wohnungen in grundsteuerbegünstigten Mietwohngrundstücken gleicher oder wenigstens ähnlicher Art, Lage und Ausstattung abzuleiten. Die Ermittlung der üblichen Miete im Wege eines "mittelbaren" Vergleichs mit den andere Grundstücksarten betreffenden Spiegelmieten wird neben dem Vergleich mit Mietspiegeln für vergleichbare Nachbargemeinden derselben Region häufig der einzige Weg sein, im Interesse einer möglichst gleichmäßigen und ausgewogenen Bewertung zu brauchbaren Vergleichsmieten zu kommen. Wird die übliche Miete für Einfamilienhäuser aus der Spiegelmiete für Mietwohngrundstücke abgeleitet, so ist auf die Spiegelmiete für Mietwohngrundstücke generell ein Zuschlag zu machen, der das Wohnen im eigenen Haus, das Vorhandensein der üblichen Nebenräume eines Einfamilienhauses, die Nutzung des Gartens usw. angemessen abgilt. Dies ist auch im Streitfall erforderlich. Die abweichende Beurteilung des NMdF widerspricht der Lebenserfahrung und den entsprechenden Anweisungen der Finanzminister anderer Bundesländer (vgl. Die Neubewertung des Grundvermögens, Forkel-Verlag, 2. Aufl. S. 223: Mietspiegel für Nordrhein-Westfalen; S. 231: Mietspiegel für Baden-Württemberg).
b) Die Eingruppierung des streitbefangenen Grundstücks in die Klasse der gut ausgestatteten Einfamilienhäuser ist eine tatsächliche Würdigung, die unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des vorliegenden Falles - insbesondere im Hinblick auf das Fehlen einer zentralen Warmwasserversorgung - möglich und daher für den erkennenden Senat bindend ist. Der Sachverständige hat sowohl in seinem Gutachten als auch auf erneute schriftliche Anfrage des FG bekundet, daß das Einfamilienhaus des Klägers als Gebäude mit guter, nicht jedoch mit sehr guter Ausstattung anzusehen sei. Er hat die Merkmale einer sehr guten Ausstattung festgehalten und anläßlich einer Ortsbesichtigung festgestellt, daß das Haus des Klägers diese Merkmale nicht aufweist.
c) Unrichtig ist die Auffassung des Klägers, wegen der Finanzierung seines Einfamilienhauses mit einem Arbeitgeberdarlehen dürfe das Grundstück nicht anders bewertet werden als die für Angehörige des öffentlichen Dienstes errichteten Wohngebäude, bei denen die Verwendung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Darlehen aus Wohnungsfürsorgemitteln des Bundes und der Länder wertmindernd berücksichtigt werde. Begründung für eine mögliche Ermäßigung der Miete im Falle der Förderung der Gebäude von Angehörigen des öffentlichen Dienstes mit Wohnungsfürsorgemitteln des Bundes und der Länder ist nicht die - auch im Streitfall gegebene - Zinsverbilligung, sondern die Mietpreisbindung in Verbindung mit einem Belegungsrecht des Arbeitgebers, mit denen die vorerwähnten Arbeitgeberdarlehen des Bundes und der Länder verbunden sind. Aus den Feststellungen des FG und aus dem Inhalt der Akten ist nicht erkennbar, daß die Zinsverbilligung im Streitfall unter der Auflage der Mietpreisbindung und eines Belegungsrechts für den Arbeitgeber gewährt worden wäre. Der Kläger selbst hat nichts vorgetragen, was für die Vereinbarung einer Mietpreisbindung oder eines Belegungsrechts für den Arbeitgeber sprechen könnte. Wurden indes mit der Gewährung des zinsvergünstigten Darlehens wertmindernde Auflagen nicht verbunden, kommt im Streitfall wegen Inanspruchnahme eines Arbeitgeberdarlehens ein Abschlag nicht in Betracht.
d) Die Entscheidung des FG, daß die Lärmbelästigung durch die in der Nähe des Hauses des Klägers gelegene Autobushaltestelle und durch das Läuten der Glocken der in der Nachbarschaft befindlichen Kirche nicht als ungewöhnlich starke Beeinträchtigung anzusehen sei, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das FG wegen des im Erbbaugrundbuch eingetragenen Überwegrechts eine Ermäßigung nicht gewährt hat. Diese dingliche Belastung betrifft lediglich einen schmalen Streifen am Rande des streitbefangenen Grundstücks und fällt flächenmäßig bei der Gesamtgröße des Grundstücks nicht ins Gewicht. Im übrigen hat der Kläger für eine über das übliche Maß hinausgehende Beeinträchtigung des Erbbaugrundstücks durch das Überwegrecht nichts vorgetragen. Nach allem handelt es sich nur um einen unwesentlichen Nachteil für das Einfamilienhaus des Klägers, der einen Abschlag gemäß § 82 BewG nicht zu rechtfertigen vermag.
4. Die Vorentscheidung konnte keinen Bestand haben, weil sie keine abschließende Entscheidung über die Höhe des Einheitswerts getroffen hat. Die Vorinstanz hat verfahrensrechtliche Vorschriften nicht zutreffend angewandt, indem sie den angefochtenen Einheitswertbescheid lediglich aufgehoben und die Sache an das FA zurückverwiesen hat, ohne daß die Voraussetzungen für eine bloße Kassation des angefochtenen Einheitswertbescheids vorgelegen hätten. Nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 16. Dezember 1968 GrS 3/68 (BFHE 94, 436, BStBl II 1969, 192 ) darf das FG, wenn - wie im Streitfall - die Abänderung eines in § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO angeführten Verwaltungsakts beantragt ist, den Verwaltungsakt nicht nach freiem Ermessen in vollem Umfang aufheben. Die Festsetzung des Steuer(Steuermeß)betrags bzw. die Feststellung des Einheitswerts obliegt dem FG nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Ausübung dieses Ermessens führt grundsätzlich zur Festsetzung des Steuer(Steuermeß)betrags bzw. zur Feststellung des Einheitswerts. Denn nur mit einer solchen Festsetzung (Feststellung) des geänderten Betrags wird der Klage auf Änderung des Bescheids voll entsprochen und ist das Gericht seiner Pflicht, das klägerische Begehren voll zu erledigen, nachgekommen. Die mit der Festsetzung (Feststellung) verbundene Arbeitsbelastung entbindet das Gericht nicht, von der Festsetzung (Feststellung) abzusehen.
Im vorliegenden Fall war die Änderung des angefochtenen Einheitswertbescheids begehrt. Das FG durfte sich deshalb nicht auf eine Kassation des angefochtenen Einheitswertbescheids beschränken, sondern mußte selbst in der Sache entscheiden. Eine Aufhebung des Einheitswertbescheids und eine Zurückverweisung an das FA läßt sich im Streitfall nicht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO stützen. Nach dieser Vorschrift ist das Absehen von einer eigenen Sachentscheidung durch das FG nur möglich, wenn das FG wesentliche Verfahrensmängel des FA feststellt und eine weitere, einen erheblichen Aufwand an Kosten und Zeit erfordernde Sachaufklärung für nötig hält (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1979 VIII R 27/77, BFHE 130, 7, BStBl II 1980, 330 ). Die Vorinstanz hat ihre Entscheidung nicht auf die vorerwähnte Vorschrift gestützt. Sie hat auch keine wesentlichen Verfahrensmängel des FA festgestellt. Solche Mängel sind auch nicht aus den Akten ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, daß das FG im Streitfall eine weitere, einen erheblichen Aufwand an Kosten und Zeit erfordernde Aufklärung für nötig gehalten hätte. Dieser Verfahrensmangel war auch ohne Rüge zu beachten, weil er in unlösbarem Zusammenhang mit der materiell-rechtlichen Revisionsrüge steht (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., Anm. 37 zu § 118 FGO, mit weiteren Nachweisen).
5. Die Vorentscheidung war aufzuheben, da sie auf einer anderen Rechtsauffassung beruht. Die Streitsache ist noch nicht entscheidungsreif. Sie war daher gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Das FG wird nunmehr die übliche Miete für das streitbefangene Grundstück aus der Mietspiegelmiete für Mietwohngrundstücke gleicher oder ähnlicher Art und Lage mit guter Ausstattung abzuleiten und den Einheitswert neu zu berechnen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 426034 |
BStBl II 1985, 36 |
BFHE 1985, 289 |