Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Wegfall einer Kaufpreisleibrentenlast führt bei einem buchführungspflichtigen Schätzungslandwirt auch insoweit zu einer Erhöhung des Gewinns, als die Rentenverpflichtung die Gegenleistung für den Erwerb des Grund und Bodens darstellt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Ziff. 3
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung eines Schätzungslandwirts für den Veranlagungszeitraum 1960, ob der Wegfall einer Kaufpreisrentenverpflichtung durch den Tod des Rentenberechtigten den laufenden Gewinn mit dem Betrage des letzten Kapitalwertes der Verpflichtung erhöht oder ob zumindest der Kapitalwert der Rentenverpflichtung, der mit dem Erwerb des Grund und Bodens in unmittelbarem Zusammenhang steht, außer Ansatz zu bleiben hat (§ 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Ziff. 3 EStG).
Die Revisionskläger - die steuerpflichtigen Eheleute - erwarben Mitte 1954 den landwirtschaftlichen Betrieb der Eheleute M. Sie gingen gegenüber den Verkäufern auf deren Lebenszeit festgesetzte Rentenverpflichtungen ein. Frau M. starb am 20. April 1961. Da das Finanzamt (FA) von dieser Tatsache erst nach der Einkommensteuerveranlagung 1960 Kenntnis erhielt, berichtigte es den Steuerbescheid nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO, indem es die durch den Tod der einen Rentenberechtigten eingetretene Minderung der Rentenverpflichtung als außerordentlichen Ertrag gewinnerhöhend berücksichtigte. Der Kapitalwert der gesamten Rentenverpflichtung betrug am 30. Juni 1960 159 282 DM und am 30. Juni 1961 100 772 DM.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Berufung wandten sich die Steuerpflichtigen (Stpfl.) wie schon im Einspruchsverfahren gegen den Ansatz eines außerordentlichen Ertrages in Höhe der Minderung des Kapitalwertes der Rentenverpflichtung. Sie führten aus, daß der Wegfall der Rentenverpflichtung wenigstens insoweit erfolgsneutral zu behandeln sei, als der Rentenkapitalwert die Gegenleistung für den Erwerb des Grund und Bodens darstelle. Das folge aus der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG.
Das Finanzgericht (FG) wies die Berufung als unbegründet zurück. Es ging davon aus, daß der zum Anlagevermögen gehörende Grund und Boden notwendiges Betriebsvermögen darstelle und daß er deshalb in die Bilanz aufzunehmen sei. Entsprechendes gelte für die Rentenverpflichtung als Kaufpreisschuld. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG bezwecke nur, Wertschwankungen des Bodens erfolgsneutral zu behandeln. Das weitere rechtliche Schicksal des Schuldpostens sei von dem Aktivposten Grund und Boden unabhängig. Nach allgemeinen Grundsätzen führe deshalb der Wegfall des Schuldpostens zur Erhöhung des Gewinns. Das FA habe den Gewinn zutreffend berechnet.
Mit der Revision beantragen die Stpfl. die Aufhebung der Vorentscheidung und führen noch folgendes aus. Da sich die Begründung der Rentenlast nicht gewinnmindernd ausgewirkt habe, könne ihr Wegfall nicht gewinnerhöhend behandelt werden. Es liege insoweit kein Gewinn vor (Hinweis auf Urteil des BFH IV 252/59 U vom 5. September 1963, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 77 S. 704 - BFH 77, 704 -, BStBl III 1963, 579). Der Rentenverpflichtete könne nicht anders beurteilt werden als ein Barkäufer, der von vornherein zu einem geringeren Preise gekauft habe. Eine unterschiedliche Behandlung buchführungspflichtiger Landwirte einerseits und der VOL-Landwirte andererseits verstoße gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Auch der in die Bilanz aufgenommene Grund und Boden bleibe ein erfolgsunwirksamer Faktor.
Entscheidungsgründe
Die als Revision zu behandelnde Rb. ist unbegründet. Bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) führt der Wegfall eines Schuldpostens grundsätzlich zu einer Gewinnerhöhung. Der Umstand, daß die weggefallene Rentenverpflichtung zum Teil den Kaufpreis für den Grund und Boden darstellt, kann nicht dazu führen, von der Gewinnerhöhung abzusehen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, sind passivierte Verpflichtungen grundsätzlich unabhängig von dem rechtlichen Schicksal des Aktivvermögens zu behandeln. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG will nur die Berücksichtigung von Wertschwankungen bei der Gewinnermittlung ausschließen. Es ist jedoch anerkannt, daß der Grund und Boden des Landwirts zum Betriebsvermögen gehört. Daher sind die in den einzelnen Kaufpreisrentenzahlungen enthaltenen Zinsanteile auch insoweit Betriebsausgaben, als das Rentenkapital Kaufpreis für Grund und Boden ist. Die Rentenverpflichtung stellt auch insoweit eine betriebliche Schuld, ihr Wegfall einen betrieblichen Vorgang dar.
Diese Grundsätze sind auch bei buchführungspflichtigen Schätzungslandwirten anzuwenden, da sie im Grundsatz die gleichen Gewinne zu versteuern haben, die sie bei ordnungsmäßiger Buchführung ausweisen müßten. Soweit der Gewinn nach Richtsätzen geschätzt wird, handelt es sich nur um den laufenden normalen Gewinn. Außerordentliche Erträge sind diesem laufenden Gewinn hinzuzurechnen. Die Grundsätze des Urteils IV 252/59 U können bei einem buchführungspflichtigen Schätzungslandwirt nicht angewendet werden. Sie gelten lediglich für VOL-Landwirte, bei denen kein Vermögensvergleich vorgenommen wird, da sie nicht buchführungspflichtig im Sinne des § 161 der Reichsabgabenordnung sind (vgl. § 1 der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft - VOL -). Bei ihnen ist deshalb für die Berücksichtigung eines außerordentlichen Ertrages wegen Wegfalls einer Schuld kein Raum. Der BFH lehnt es in der bezeichneten Entscheidung ab, den Wegfall einer Rentenverpflichtung einer Betriebseinnahme (§ 9 Abs. 2 VOL) gleichzustellen. Bei einem buchführungspflichtigen Landwirt ist jedoch der Gewinn nicht wie bei der Zuschlagsrechnung nach § 9 Abs. 2 VOL durch überschußrechnung, sondern durch Vermögensvergleich zu ermitteln. Jede Mehrung des Betriebsvermögens (Eigenkapital), die nicht durch eine Einlage oder durch einen einer Einlage ähnlichen Vorgang bewirkt wird, bedeutet deshalb eine Erhöhung des steuerlichen Gewinns (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Fundstellen
Haufe-Index 412348 |
BStBl III 1967, 89 |
BFHE 1967, 213 |
BFHE 87, 213 |
DStR 1967, 131 |