Entscheidungsstichwort (Thema)
Refinanzierungskosten als Werbungskosten; Besteuerungsrecht für Zinseinnahmen aus den USA; wirtschaftlicher Zusammenhang von Schuldzinsen mit wertlos gewordenen Kapitalanlagen; nachträgliche Werbungskosten; Drittaufwand; Liebhaberei bei Kapitaleinkünften
Leitsatz (NV)
1. Schuldzinsen sind als Werbungskosten abzugsfähig, soweit sie im jeweiligen Zeitpunkt ihrer Entstehung mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
2. Dieser Zusammenhang endet, wenn das mit Kredit angeschaffte Wirtschaftsgut entweder freiwillig (Veräußerung, Aufgabe) oder zwangsweise (Konkurs, Zwangsversteigerung) nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient.
3. Nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht anfallende Schuldzinsen können nach ständiger Rechtsprechung nicht als nachträgliche Werbungskosten berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7; FGO § 76 Abs. 1 S. 4, § 90 Abs. 2, § 96 Abs. 1, § 118 Abs. 2; AO 1977 § 90 Abs. 2; DBA USA i.d.F. vom 17.9.1965 Art. 7 Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist Hausfrau. Sie war an der Kapitalgesellschaft Fa.X in USA als Gesellschafterin zu 50 v.H. beteiligt.
Die Klägerin gewährte der X 1981 ein Darlehen in Höhe von 320000 DM, welches sie nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) durch Aufnahme eines Kredites beim . . . refinanzierte. Anläßlich einer bei der Firma des Klägers durchgeführten Betriebsprüfung wurden auch die Geschäftsunterlagen der X eingesehen und festgestellt, daß die X ihren Betrieb im September 1982 eingestellt habe und nicht in der Lage gewesen sei, das Gesellschafterdarlehen zurückzuzahlen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte die Schuldzinsen für 1982 als Werbungskosten auf Grund einer Stellungnahme der Betriebsprüfung vom 4. Juli 1985. Danach soll die Kapitalverstärkung nach den vorgelegten Bilanzberichten in erster Linie der Abwendung eines Konkurses und der Erhaltung der Einkunftsquelle gedient haben. Das FA ging übereinstimmend mit der Klägerin für 1982 davon aus, diese habe bei Hingabe des Darlehens in der Absicht gehandelt, Überschüsse zu erzielen. Nach den Feststellungen des FA sind den Klägern keine Einnahmen aus der Beteiligung zugeflossen. Die X wurde am 4. Juni 1986 aufgelöst. Das FA anerkannte die für die Streitjahre 1983 und 1985 jeweils in Höhe von 27200 DM geltend gemachten Schuldzinsen in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheiden nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Einsprüche blieben erfolglos.
Mit der Klage machten die Kläger geltend, im Zeitpunkt der Darlehenshingabe habe damit gerechnet werden können, daß auf Dauer gesehen ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen sei. Das FG gab der Klage statt. Die Schuldzinsen seien Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, selbst wenn die X ihren Betrieb 1982 eingestellt gehabt hätte und die Darlehensforderung der Klägerin deshalb zu diesem Zeitpunkt wertlos gewesen wäre. Gemäß § 24 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehörten zu den Einkünften aus § 2 Abs. 1 EStG auch solche aus einer ehemaligen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Nr.5 EStG. Unter diese Vorschrift fielen auch nachträgliche Werbungskosten.
Das FG setzte die Einkommensteuer dementsprechend für 1983 auf . . . DM und für 1985 auf . . . DM herab.
Mit der wegen Abweichung vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Februar 1984 IV R 245/80 (nicht veröffentlich - NV -) vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§§ 9, 20, 21 EStG), hilfsweise einen Verfahrensmangel.
Die Kläger erwidern, in den Streitjahren habe eine Forderung gegen die X bestanden. Die X sei erst 1986 liquidiert worden. Der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und angestrebten Einnahmen sei deshalb nicht entfallen. Die Einkunftsquelle sei auch nicht tatsächlich verloren gewesen. Auf die Rückzahlung sei nicht verzichtet worden. Allein wegen der verminderten Werthaltigkeit der Forderung könne der Abzug von Schuldzinsen nicht versagt werden. In den höchstrichterlich entschiedenen Fällen seien die Aufgabe der Einkunftsquelle und die anschließende Verwendung der Refinanzierungsmittel ausschlaggebend gewesen. Hier seien indessen vergleichbare Dispositionen schon deshalb nicht getroffen worden, weil die Einkunftsquelle selber - zumindest bis zur Liquidation der X - noch nicht endgültig aufgegeben gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Das FG hat abweichend von der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung generell den Abzug nachträglicher Werbungskosten als zulässig angesehen und deshalb von der Ermittlung der für die Entscheidung maßgebenden Umstände abgesehen, ob es nämlich der Klägerin in den Streitjahren endgültig unmöglich geworden war, Einnahmen aus der Beteiligung an der X und aus dem der X gewährten Darlehen zu erzielen. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen treffen müssen, ob der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart Kapitalvermögen in den Streitjahren fortbestanden hat.
a) Refinanzierungskosten für ein Darlehen können grundsätzlich Werbungskosten im Rahmen des § 20 EStG darstellen (BFH-Urteil vom 16. April 1991 VIII R 100/87, BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234). Schuldzinsen sind als Werbungskosten abzugsfähig, soweit sie im jeweiligen Zeitpunkt ihrer Entstehung mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr.1 EStG; BFH-Urteil vom 12. November 1991 IX R 15/90, BFHE 166, 219, BStBl II 1992, 289). Schuldzinsen, die auf die Zeit der Einkünfteerzielung entfallen, jedoch erst nach deren Beendigung gezahlt werden, bleiben grundsätzlich als Werbungskosten gemäß § 24 Nr.2 EStG abziehbar (BFH-Urteil vom 23. Januar 1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464).
Schuldzinsen, die auf die Zeit nach Aufgabe der Absicht anfallen, durch Überlassen von Kapital Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erzielen (§ 20 Abs. 1 Nr.7 EStG), sind jedoch nach ständiger Rechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 166, 219, BStBl II 1992, 289, m.umf.N.; vom 7. August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14; vom 26. Februar 1985 VIII R 59/83, BFH/NV 1985, 69; vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373) nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuerkennen. Sie stehen nicht mehr mit der Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr.1 EStG). Sie stellen sich als Gegenleistung für die Überlassung von Kapital dar, welches nicht mehr der Erzielung von Einnahmen aus Kapitalvermögen dient. An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest.
b) Das FG ist, obwohl es den Abzug nachträglicher Werbungskosten bejaht hat, nicht auf die Frage eingegangen, ob die aus der Beteiligung der Klägerin an der US-Gesellschaft fließenden Einnahmen ebenso wie die zu beanspruchenden Darlehenszinsen überhaupt in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) zu besteuern sind.
Gemäß § 1 Abs. 1 EStG ist die Klägerin, die im Inland ihren Wohnsitz hat, mit ihrem Welteinkommen in der Bundesrepublik steuerpflichtig. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz EStG werden sachlich alle während der unbeschränkten Steuerpflicht erzielten Einkünfte erfaßt. Das Einkommen wird nach deutschem Steuerrecht ermittelt, so daß insbesondere auch für den Abzug von Werbungskosten die Grundsätze des § 9 EStG gelten (Schmidt, Einkommensteuergesetz, 11.Aufl., § 34b Anm.4). Nach dem DBA-USA i.d.F. des Protokolls vom 17. September 1965 (BGBl II 1966, 746, BStBl I 1966, 865) besteht das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik als Wohnsitzstaat fort (BFH-Urteil vom 27. Februar 1991 I R 15/89, BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444).
Nach Art.VII Abs. 1 des DBA-USA sind Zinsen u.a. aus ,,anderen Schuldverpflichtungen", die eine natürliche Person mit Wohnsitz in der Bundesrepublik bezieht, in den Vereinigten Staaten steuerbefreit. Gemäß Art.VI Abs. 1 DBA-USA darf die Steuer der Vereinigten Staaten von Dividenden, die eine solche Person bezieht, 15 v.H. des Bruttobetrages der Dividende nicht übersteigen.
c) Der BFH hat allgemein einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der früheren Einkunftserzielung von Schuldzinsen im Privatbereich verneint, die beispielsweise auf die Zeit nach der Veräußerung eines Hauses oder einer wesentlichen Beteiligung entfielen, selbst wenn der Veräußerungserlös nicht zur Schuldendeckung ausgereicht hätte (vgl. Urteile vom 31. Juli 1991 VIII R 67/88, BFH/NV 1992, 33; bestätigt im Urteil vom 19. Mai 1992 VIII R 16/88, BFHE 168, 170, BStBl II 1992, 902; in BFHE 166, 219, BStBl II 1992, 289; vom 23. Januar 1991 X R 37/86, BFHE 163, 376, BStBl II 1991, 398; ; vom 7. August 1990 VIII R 223/85, BFH/NV 1991, 294; vom 9. August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29; vom 2. Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428 sub 2, und vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320 - beide zur Finanzierung nachträglicher Anschaffungskosten einer Beteiligung -; vom 26. Februar 1988 III R 168/82, BFH/NV 1988, 554, mit Verständnis für die gegenteilige Auffassung im Schrifttum; nicht eindeutig BFH-Urteil vom 19. Oktober 1982 VIII R 97/79, BFHE 137, 418, BStBl II 1983, 295 - Anerkennung von Schuldzinsen für zwei Folgejahre nach Vergleich -).
Diesen Fällen sind Sachverhalte gleichgestellt worden, in welchen etwa Aktien infolge des Konkurses der AG wertlos geworden sind, weil aus ihnen für die Zukunft keine Einnahmen mehr zu erwarten waren (BFH-Urteil vom 23. Februar 1984 IV R 245/80, NV), ebenfalls im Falle der Zwangsversteigerung eines zuvor vermieteten Grundstücks (BFH-Urteil in BFHE 166, 219, BStBl II 1992, 289).
§ 9 Abs. 1 Satz3 Nr.1 EStG erfordert für einen Werbungskostenabzug von Schuldzinsen einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart, und zwar im jeweiligen Zeitpunkt der Entstehung der Schuldzinsen (BFH-Urteil vom 7. August 1990 VIII R 223/85, BFH/NV 1991, 294). Der zunächst begründete wirtschaftliche Zusammenhang mit Einkünften endet, sobald ein mit Kredit angeschafftes Wirtschaftsgut (hier Beteiligung und Darlehen) nicht mehr zur Erzielung von Einkünften bestimmt ist. Unerheblich ist, ob die Beendigung der Einkünfteerzielung freiwillig oder zwangsweise erfolgt. In beiden Fällen entfällt mit dem Wegfall der Einkunftserzielung der wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart.
d) Das FG geht vom Vorliegen nachträglicher Werbungskosten aus und damit zugleich von einer Beendigung der Einkünfteerzielung durch die Klägerin. Es hat - da es die Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten generell als zulässig ansieht - jedoch keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen (BFH-Urteil vom 22.Januar 1985 VII R 112/81, BFHE 143, 203, BStBl II 1985, 562), ob und ggf. wodurch die Einkünfteerzielung der Klägerin in den Streitjahren geendet hat.
Ob die Einstellung des Betriebs durch die X im September 1982 objektiv die Möglichkeit der Klägerin beendete, Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erzielen, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Steuerrechtlich unschädlich ist eine vorübergehende Unterbrechung der Einnahmenerzielung. In diesem Falle werden Aufwendungen wie vorweggenommene Werbungskosten im Hinblick auf erstrebte künftige Einnahmen aufgewendet (vgl. BFH-Urteile jeweils vom 4. Juni 1991 IX R 89/88, BFH/NV 1991, 741, und IX R 30/89, BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761; Schmidt, a.a.O., § 9 Anm.2 1; Herrmann / Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 9 EStG Rz.167). Deshalb bleibt der Werbungskostenabzug von einer vorübergehenden Ertragslosigkeit von Wertpapieren oder Beteiligungen, einem nicht dauerhaften Leerstehen einer zur Vermietung vorgesehenen Wohnung oder einer zeitweiligen Arbeitslosigkeit unberührt (vgl. BFH-Urteile vom 19. September 1990 IX R 5/86, BFHE 161, 479, BStBl II 1990, 1030; vom 7. April 1987 IX R 133-135/84, BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565; vom 7. Oktober 1986 IX R 93/82, BFHE 148, 495, BStBl II 1987, 330; vom 26. August 1975 VIII R 120/72, BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9 - nur ausnahmsweise keine Werbungskosten -; vom 1. Dezember 1950 IV 275/50 U, BStBl III 1951, 137; Blümich, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., § 9 Anm.142f; Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/ Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 9 EStG Tz.108; Schmidt, a.a.O., § 9 Anm.2 1; v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 B 147a).
Haben die Gesellschafter der X hingegen die endgültige Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit beschlossen, so wäre der Klägerin zugleich die Möglichkeit genommen, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen. Sollte die X wirtschaftlich - etwa infolge Überschuldung - am Ende gewesen sein, so wäre gleichfalls eine Einnahmeerzielung unmöglich geworden. Hätten die Gesellschafter von der sofortigen Liquidation nur deshalb abgesehen, um die Firma ggf. zu veräußern (Mantelverkauf), so würde insoweit gleichfalls die Absicht zur Einnahmeerzielung entfallen sein (Kirchhof/Söhn, a.a.O., § 9 B 704).
e) Ist ungewiß, ob die Einnahmeerzielungsabsicht fortbestand, entfällt der Werbungskostenabzug; denn die Absicht zur Einnahmeerzielung muß anhand objektiver Umstände feststellbar sein. Da es sich zudem um einen Sachverhalt mit Auslandsbezug handelt, trifft die Kläger eine gesteigerte Mitwirkungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977).
2. Sollte das FG aufgrund der nachgeholten Feststellungen und in Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze die Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen in den Streitjahren als Werbungskosten bejahen, so wird es weiterhin prüfen müssen, ob die Klägerin oder der Kläger die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Hat der Kläger die Schuldzinsen für das Refinanzierungsdarlehen aufgebracht, kommt nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung ein Abzug als Werbungskosten weder bei der Klägerin noch beim Kläger in Betracht.
a) Die Rüge mangelnder Sachaufklärung mit der Folge, daß ein unzutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist, erweist sich als materieller Rechtsfehler. Im Kern macht das FA geltend, das FG habe gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen (BFH-Urteile vom 6. Dezember 1978 I R 131/75, BFHE 126, 379, BStBl II 1979, 162; vom 9. Oktober 1985 I R 163/82, BFH/NV 1986, 288). Eine solche Rüge ist als Rüge der Verletzung des § 96 Abs. 1 FGO nur zu beurteilen, wenn schlüssig behauptet wird, das FG habe bei der Beweiswürdigung für die Entscheidung wesentliche Bestandteile der Akten nicht berücksichtigt, seine Überzeugung mithin nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet (BFH-Urteil vom 28. März 1984 I R 117/83, BFHE 141, 206, BStBl II 1984, 666). Eine solche Rüge bezeichnet jedoch dann einen materiellen Rechtsfehler, wenn geltend gemacht wird, eine im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils festgestellte Tatsache stehe imWiderspruch zu einem im selben Urteil ordnungsgemäß in bezug genommenen Schriftsatz oder einem anderen in bezug genommenen Teil der Akten. Durch die Bezugnahme wird dieser Schriftsatz Bestandteil des Urteils und führt dazu, daß die tatsächlichen Feststellungen des Urteils widersprüchlich sind (BFH-Urteil vom 7. März 1973 II R 34/66, BFHE 109, 472, BStBl II 1973, 707; Beschluß vom 13. April 1976 VI B 12/76, BFHE 118, 546, BStBl II 1976, 503).
Im Streitfall geht der Senat entgegen dem Rubrum des angefochtenen Urteils davon aus, daß das Urteil nicht auf Grund mündlicher Verhandlung, sondern gemäß § 90 Abs. 2 FGO im schriftlichen Verfahren ergangen ist. Dies hat das FG auf Anfrage unter dem 13. Oktober 1992 schriftlich bestätigt.
Im schriftlichen Verfahren gilt der urkundlich belegte Vortrag. Der Tatbestand des im schriftlichen Verfahren ergangenen Urteils beweist hingegen nichts über den Inhalt der Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt. Deshalb kommt im Falle des schriftlichen Verfahrens auch keine Tatbestandsberichtigung in Betracht (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1982 I R 75/82, BFHE 137, 212, BStBl II 1983, 227). Grundlage der Entscheidung sind neben den im finanzgerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätzen die beigezogenen Einkommensteuer- und Betriebsprüfungsakten sowie die zwei Rechtsbehelfsstellenakten gewesen.
Das FG geht bei seiner rechtlichen Würdigung davon aus, daß die Klägerin das Refinanzierungsdarlehen beim . . . aufgenommen und ebenfalls sie die darauf gezahlten Schuldzinsen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht habe. Entgegen dieser Annahme hat der Kläger in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1983 die Zinsen in Höhe von 27200 DM zunächst in der Anlage GSE im Rahmen seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt und diese Angabe im Rahmen des gegen den Einkommensteuerbescheid 1983 vom 12. Mai 1986 eingelegten Einspruchs lediglich dahingehend korrigiert, daß die Zinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzusetzen seien. Dementsprechend sind die Zinsen bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen als Werbungskosten abgezogen worden. In gleicher Weise hat der Kläger in der Einkommensteuererklärung 1985 Darlehenszinsen in Höhe von 27200 DM bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen erklärt.
b) Hat aber der Kläger das Refinanzierungsdarlehen aufgenommen und als Darlehensschuldner auch den Zinsdienst getragen, so scheidet die Berücksichtung dieser Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen nach bisheriger Rechtsprechung aus (vgl. BFH-Urteile vom 13. Mai 1980 VIII R 128/78, BFHE 131, 216, BStBl II 1981, 299; vom 28. Juli 1981 VIII R 141/77, BFHE 134, 409, BStBl II 1982, 454; vom 8. Dezember 1982 VIII R 53/82, BFHE 139, 28, BStBl II 1983, 710; vom 29. November 1983 VIII R 184/83, BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371; vom 2. Oktober 1984 VIII R 20/84; BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428 betreffend Einkünfte aus Kapitalvermögen bei wesentlicher Beteiligung; vom 20. September 1990 IV R 300/84, BFHE 162, 86, BStBl II 1991, 82; vom 31. März 1992 IX R 245/87, BFHE 168, 248, BStBl II 1990, 890).
Lediglich dann, wenn ein Dritter dem Steuerpflichtigen einen Geldbetrag zuwendet und zur Abkürzung des Zahlungsweges die Verbindlichkeit des Steuerpflichtigen begleicht, die diesem aus aufwandsverursachten Vorgängen entstanden ist, steht dies einem Werbungskostenabzug beim Steuerpflichtigen nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 3. April 1987 VI R 91/85, BFHE 149, 572, BStBl II 1987, 623). Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor.
Der IV.Senat hat zwischenzeitlich dem Großen Senat die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob im Falle der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung durch Angehörige der diesen entstehende Aufwand beim Nutzenden als sog. Drittaufwand berücksichtigt werden kann (Beschluß vom 9. Juli 1992 IV R 115/90, BFHE 169, 56, BStBl II 1992, 948).
c) Ein Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei dem Kläger kommt nicht in Betracht, weil er keinen im wirtschaftlichen Zusammenhang damit stehenden Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr.1 EStG; BFH-Urteil vom 13. Mai 1980 VIII R 128/78, BFHE 131, 216, BStBl II 1981, 299 sub 2).
d) Der Senat kann angesichts der in Widerspruch zur Aktenlage stehenden Annahme des FG nicht abschließend darüber entscheiden, ob tatsächlich sog. Drittaufwendungen vorliegen. Er ist zu eigenen Feststellungen nicht befugt (§ 118 Abs. 2 FGO). Es kann dahingestellt bleiben, ob ausnahmsweise die Berücksichtigung neuer Tatsachen in der Revisionsinstanz dann zulässig ist, wenn diese offenkundig und unstreitig sind (vgl. BFH-Urteil vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BFHE 150, 418, 422, BStBl II 1988, 277 offengelassen; bejahend BFH-Urteil vom 28. Februar 1990 I R 43/86, BFHE 160, 180, 181; ablehnend Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 118 Tz.31).
Die Tatsache ist zwar auch von den Klägern bestätigt worden, jedoch unter der wesentlichen Einschränkung, der Kläger habe mit der Klägerin mündlich eine Vereinbarung über die Weitergabe der Darlehensvaluta aus dem Refinanzierungsdarlehen getroffen. Insoweit handelt es sich zwar gleichfalls um einen neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich unbeachtlichen Sachvortag (BFH-Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 327/83, BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848), der jedoch deutlich macht, daß es sich nicht um unstreitige neue Tatsachen handelt.
Würde der Klägerin allerdings in steuerrechtlich beachtlicher Weise hieraus gegenüber dem Kläger eine Verpflichtung erwachsen, durch welche sie letztlich den Aufwand aus dem Refinanzierungsdarlehen tragen würde, so käme ein Werbungskostenabzug insoweit in Betracht (vgl. Blümich, a.a.O., § 9 Tz.156).
3. Schließlich hat das FG nicht geprüft, ob im Hinblick auf die Ertraglosigkeit der Beteiligung und des Darlehens insgesamt für die Streitjahre eine steuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei anzunehmen ist. Der Senat weist insoweit auf die Rechtsprechung hin (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766; Urteile vom 9. August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29; vom 23. Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517; vom 5. März 1991 VIII R 6/88, BFHE 164, 319, BStBl II 1991, 744; vom 24. Juli 1990 VIII R 45/85, BFHE 161, 513, BStBl II 1990, 975; vom 8. Oktober 1985 VIII R 234/84, BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596; vom 23. März 1982 VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463).
4. Da der Senat wegen fehlender Feststellungen des FG nicht abschließend selbst entscheiden kann, war das Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.
Sollte das FG den Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten nach erneuter Prüfung verneinen, so müßten die erhöhten Kinderfreibeträge für ein Kind gemäß § 54 Abs. 1 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 1991 (BStBl I 1991, 665, 667) noch berücksichtigt werden. Eine zusätzliche Berücksichtigung der erhöhten Kinderfreibeträge scheidet aus, weil die Kläger ihren Klageantrag auf gerichtliche Anfrage vom 24. Juli 1990 (FG-Akte Bl.41) ausdrücklich beschränkt haben (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327).
Fundstellen
Haufe-Index 64044 |
BFH/NV 1993, 468 |