Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Berufsrecht Handelsrecht Gesellschaftsrecht Handelsrecht Gesellschaftsrecht
Leitsatz (amtlich)
Unternehmereinheit zwischen einer GmbH, deren Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der Ehemann ist, und einer KG, an der als persönlich haftender Gesellschafter der Ehemann und als Kommanditist die Ehefrau beteiligt sind, wenn die Ehegatten im Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft leben.
UStG § 2 Abs. 1 Satz 2; StAnpG § 11 Ziff. 5; BGB §§ 717, 738, 1438, 1439, 1520, 1522; HGB §§ 105
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1; StAnpG § 11 Ziff. 5; BGB §§ 717, 738, 1438-1439, 1520, 1522; HGB § 105 Abs. 2, § 161/2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsätze der Firma X. GmbH (im folgenden: GmbH), die inzwischen durch verschmelzende Umwandlung in der Bgin. aufgegangen ist, an die Bgin. (im folgenden: KG) in den Jahren 1952 bis 1956 zur Umsatzsteuer heranzuziehen waren oder ob zwischen beiden Firmen eine Unternehmereinheit bestand.
Der Kaufmann A. X. war gleichzeitig Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der GmbH und alleiniger persönlich haftender Gesellschafter der KG. An der KG war bis zum 30. Juni 1949 seine Mutter, Frau B. X., als Kommanditistin beteiligt. Mit Wirkung von diesem Tage schied Frau B. X. infolge übertragung ihres Geschäftsanteils an ihren Sohn auf Grund des notariellen Vertrages vom 3. März 1950 aus der KG aus. Mit Wirkung vom gleichen Tage trat Frau C. X., die Ehefrau des A. X., auf Grund des zwischen den Eheleuten geschlossenen schriftlichen Vertrages vom 3. März 1950 mit einem Geschäftsanteil von 15.000 DM (= 10 v. H.) als Kommanditistin in die KG ein. Zwischen den Eheleuten A. und C. X. besteht auf Grund des notariell beurkundeten Güterrechtsvertrages vom 28. Mai 1948 der Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft.
Das Finanzamt zog nach einer Betriebsprüfung die GmbH mit ihren Leistungen an die KG zur Umsatzsteuer heran. Es vertritt die Auffassung, zwischen beiden Firmen habe mangels Beteiligungsgleichheit Unternehmereinheit nicht bestanden. An der GmbH, die zum Gesamtgut der Eheleute gerechnet habe, seien die Eheleute je zur Hälfte, an der zum Sondergut der Eheleute gehörenden KG dagegen der Ehemann zu 90 v. H. und die Ehefrau zu 10 v. H. beteiligt gewesen. Demgegenüber ist die Bgin. der Ansicht, durch das Ausscheiden der Frau B. X. aus der KG sei das Vermögen des so entstandenen Einzelunternehmens von selbst in das Gesamtgut der Eheleute X. gefallen, so daß diese auch an der KG je zur Hälfte beteiligt und alle Voraussetzungen für eine Unternehmereinheit zwischen der GmbH und der KG erfüllt gewesen seien. Nach erfolglos gebliebenem Einspruch schloß sich das Finanzgericht im Berufungsverfahren der Ansicht, daß zwischen beiden Firmen Unternehmereinheit bestanden habe, an und stellte die GmbH mit den streitigen Umsätzen von der Umsatzsteuer frei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts hat keinen Erfolg.
Unternehmereinheit, die auch zwischen einer Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft möglich ist (Urteil des Bundesfinanzhofs V 162/52 S vom 8. Februar 1955, BStBl 1955 III S. 113, Slg. Bd. 60 S. 294), setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, daß dieselben Gesellschafter im gleichen Verhältnis an allen Gesellschaften beteiligt sind, daß für alle Gesellschaften eine einheitliche Willensbildung besteht und daß die Gesellschaften einander nebengeordnet sind. Streitig ist im vorliegenden Falle das Beteiligungsverhältnis.
Die Geschäftsanteile der GmbH, die infolge der allgemeinen Gütergemeinschaft unstreitig zum Gesamtgut gehörten (ß 1438 Abs. 1 Satz 1 BGB), standen den Ehegatten, obwohl Herr A. X. alleiniger Gesellschafter war, gemeinschaftlich (zur gesamten Hand) zu. Sie waren den Ehegatten - als wären sie nach Bruchteilen berechtigt - je zur Hälfte zuzurechnen (ß 11 Ziff. 5 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -). Die Gesellschaftsanteile des Ehemannes A. X. an der KG fielen, solange seine Mutter als Kommanditistin an der KG beteiligt war, nach § 1439 BGB in das Sondergut des Ehemannes, weil die Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis gegeneinander zustehen, gemäß §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 717 BGB nicht übertragbar sind. Da nach dem notariellen Vertrage vom 3. März 1950 Frau B. X. ihren Anteil an der KG ihrem Sohn und einzigen Mitgesellschafter übertragen hatte, vereinigten sich durch Anwachsung (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 738 BGB) alle Gesellschaftsanteile an der KG in der Hand des Herrn A. X. Damit endete die Unübertragbarkeit dieses Teiles seines Vermögens. Es verwandelte sich, weil die Sperrvorschrift des § 1439 BGB wegfiel - einschließlich des früheren Anteiles der Frau B. X. (ß 1438 Abs. 1 Satz 2 BGB) -, in Gesamtgut, ohne daß es einer rechtsgeschäftlichen übertragung der einzelnen Vermögensgegenstände bedurfte (ß 1438 Abs. 2 BGB).
Die Annahme des Finanzamts, die Zugehörigkeit von Gegenständen zum Sondergut bei der allgemeinen Gütergemeinschaft werde nicht dadurch geändert, daß ihre Unübertragbarkeit wegfällt, geht fehl. Trotz der Verweisung in § 1439 Abs. 2 BGB auf die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut geltenden Vorschriften kann sich das Finanzamt auf Bemerkungen in Kommentaren zu § 1522 BGB (z. B. Palandt, BGB, 11. Aufl., Anm. 1 zu § 1522; Soergel, BGB, 8. Aufl., Anm. 1 zu § 1522) nicht berufen. Es ist zwar richtig, daß bei der Errungenschaftsgemeinschaft unübertragbare Gegenstände, die einem Ehegatten schon beim Eintritt dieses Güterstandes gehörten, eingebrachtes Gut bleiben, auch wenn sie während der Errungenschaftsgemeinschaft die Eigenschaft der Unübertragbarkeit verlieren (Kommentar der Reichsgerichtsräte zum BGB, 9. Aufl., Bd. IV, Anm. 2 zu § 1522). Diese Rechtsfolge ist aber nur darauf zurückzuführen, daß alles, was einem Ehegatten beim Eintritt der Errungenschaftsgemeinschaft gehört, sein eingebrachtes Gut wird und bleibt (ß 1520 BGB). Im Gegensatz hierzu wird das Vermögen beider Ehegatten bei der allgemeinen Gütergemeinschaft Gesamtgut (ß 1438 Abs. 1 Satz 1 BGB) bzw. erlangt es diese Eigenschaft, sobald der Ausschließungstatbestand des § 1439 BGB wegfällt (Staudinger, Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Bd. IV Teil 1, Anm. 4 zu § 1439; Planck, Kommentar zum BGB, 4. Aufl., Bd. IV 1. Hälfte, Anm. 27 und 28 zu § 1439).
Der Senat vermag auch der Ansicht des Finanzamts, mindestens seien durch die Neugründung der KG infolge der Aufnahme der Ehefrau C. X. als Kommanditistin die Anteile der Ehegatten unübertragbares Gesamthandseigentum und damit Sondergut geworden, nicht zu folgen. Gesamtgut kann durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen nicht zu Sondergut werden (Kommentar der Reichsgerichtsräte zum BGB, a. a. O., Anm. 1 zu § 1439). Der Abschluß des Gesellschaftsvertrages zwischen den Ehegatten X. vom 3. März 1950 konnte daher nicht zur Folge haben, daß sich Teile ihres Gesamtgutes in Sondergut (zu 90 v. H. für den Ehemann und zu 10 v. H. für die Ehefrau) verwandelten. Ebenso wie der Ehefrau die Hälfte der Geschäftsanteile an der GmbH gehörten, obwohl sie nicht deren Gesellschafterin war, standen ihr die Gesellschaftsanteile an der KG zur Hälfte zu, obwohl sie nach außen nur als Kommanditistin mit einem Anteil von 10 v. H. in Erscheinung trat. Auf das Auftreten nach außen hin kommt es für die hier streitige Frage der Unternehmereinheit weniger an als auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse, wie sie sich zwischen den Ehegatten auf Grund des vertragsmäßig vereinbarten Güterrechts ergaben.
Es kommt hinzu, daß die Bgin. angibt, die Kommanditbeteiligung sei der Ehefrau C. X. nur nominell gewährt worden, um auf diese Weise die in der öffentlichkeit bekannte Firma der KG zu erhalten. Das Finanzgericht hat diese Angabe als glaubhaft angesehen. Auch der Senat findet bei dem vorliegenden Sachverhalt keinen Anlaß, sie anzuzweifeln. Vereinigten sich aber die Gesellschaftsanteile an der KG nach dem Ausscheiden der Frau B. X. ohne rechtliche Einschränkung in der Hand ihres Sohnes A. X. und kam der Bestellung der Ehefrau B. X. als Kommanditistin nur formelle Bedeutung zu, so fiel das Vermögen der KG - ebenso wie vorher bei Abschluß des Güterrechtsvertrages das der GmbH - nach § 1438 Abs. 1 BGB in das Gesamtgut und gehörte damit den Ehegatten gemeinschaftlich.
Da auch die übrigen Voraussetzungen für das Bestehen einer Unternehmereinheit (einheitliche Willensbildung und Nebenordnung) vorliegen, hat das Finanzgericht die streitigen Umsätze zu Recht von der Umsatzsteuer freigestellt.
Fundstellen
BStBl III 1962, 150 |
BFHE 1962, 400 |
BFHE 74, 400 |
StRK, UStG:2/1 R 98 |