Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Freigrenze bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften
Leitsatz (NV)
Die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG a.F. (jetzt: § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG) ist vor der Durchführung eines Verlustrücktrages i.S. von § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG a.F. (jetzt: § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG) zu berücksichtigen (entsprechend BMF vom 25. Oktober 2004, BStBl I 2004, 1034, Tz. 52).
Normenkette
EStG § 23 Abs. 3 Sätze 5, 7
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) --im Streitjahr (1999) zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute-- erzielten u.a. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, die sie durch den Rücktrag von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften des Folgejahres minderten. In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres ergaben sich danach für jeden der Kläger Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 999 DM. Diese unterwarf der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) der Besteuerung, ohne die im Streitjahr geltende Freigrenze von 1 000 DM (§ 23 Abs. 3 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr gültigen Fassung --EStG a.F.--, jetzt § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG) zu berücksichtigen.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG a.F. sei erst bei den nach einem Verlustrücktrag verbleibenden Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 463 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 23 Abs. 3 Sätze 5, 7 EStG a.F., jetzt § 23 Abs. 3 Sätze 6, 9 EStG).
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG a.F. erst bei den nach einem Verlustrücktrag geminderten Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften des Kalenderjahres zu berücksichtigen ist.
1. Der Senat hat in seinem zur amtlichen Veröffentlichung bestimmten Urteil vom heutigen Tage IX R 27/04 --auf dessen Gründe er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist-- entschieden, dass die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG a.F. (nur) vor der Durchführung eines Verlustrücktrages i.S. von § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG a.F. zu berücksichtigen ist.
2. Nach diesen Maßstäben haben die Kläger im Streitjahr steuerpflichtige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt; denn diese haben nur wegen der Durchführung des Verlustrücktrages die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG a.F. unterschritten.
Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Klage wäre abzuweisen. Die Sache ist jedoch nicht entscheidungsreif. Die Kläger haben --nach ihrer Rechtsauffassung zutreffend-- den Verlustrücktrag auf den zum Unterschreiten der Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG a.F. notwendigen Teilbetrag beschränkt. Es bleibt ihnen aber unbenommen, entweder die Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Streitjahr hinzunehmen, deren Berechtigung grundsätzlich anzuzweifeln oder ihr durch eine entsprechende Erhöhung des Verlustabzugs (Verlustrücktrages) soweit möglich die Grundlage zu entziehen. Zur Ausübung dieses Gestaltungsrechts wird die Sache an das FG zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 1377913 |
BFH/NV 2005, 1254 |