Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Mieten für Kesselwagen, die zur Beförderung gewichtszollbarer Waren dienen, sind Lieferungskosten im Sinne des § 6 Abs. 3 ZollTG und des § 6 Abs. 4 WertZO.
Normenkette
UStG § 6 Abs. 1, § 11
Tatbestand
Streitig ist, ob die Miete und die Leerfracht für einen Kesselwagen, mit dem Reinbenzol befördert worden ist, Verkaufskosten oder Lieferungskosten im Sinne des § 6 Abs. 3 des Zolltarifgesetzes (ZollTG) und des § 6 der Wertzollordnung sind.
Auf den Antrag der Beschwerdeführerin (Bfin.) hat die Zollstelle X 18.000 kg Reinbenzol am 16. September 1952 zum freien Verkehr abgefertigt. Das Reinbenzol war in einem von der Bfin. gemieteten sogenannten Leihkesselwagen eingegangen, den sie leer dem Lieferer nach Amsterdam übersandt hatte. Die Zollstelle hat dem Rechnungspreis als Verkaufskosten noch Kesselwagenmiete, Leerfrachtkosten und Versicherungsgebühren zugeschlagen und von dem so errechneten Zollwert am 16. September 1952 mit formlosem Steuerbescheid Umsatzausgleichsteuer von der Bfin. gefordert.
Die Bfin. hält die Kesselwagenmiete und die Leerfracht für Lieferungskosten und beantragt, "den Steuerbescheid insoweit aufzuheben, als er die Wagenmiete von der Grenze ab und die Leerfracht bis zur Grenze zum Zollwert gerechnet hat".
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat Erfolg.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes vom 1. September 1951 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - I S. 791) in der Fassung des Gesetzes zur änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 14. November 1951 (BGBl. I S. 885) und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der Ausgleichsteuerordnung vom 8. Oktober 1952 (BGBl. 1952 I S. 671; Bundeszollblatt 1952 S. 431) wird die Ausgleichsteuer nach dem Werte der eingeführten Ware bemessen. Maßgebend für die Feststellung des Wertes sind die Vorschriften über die Wertverzollung (§§ 5 bis 11 des ZollTG und §§ 1 bis 26 der Wertzollordnung), und zwar auch dann, wenn die umsatzausgleichsteuerbaren Waren nicht einem Wertzoll, sondern, wie im vorliegenden Falle, einem Gewichtszoll unterliegen (ß 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Umsatzsteuergesetzes 1951 und § 4 Abs. 1 Satz 2 der Ausgleichsteuerordnung 1952). Nach § 5 Abs. 2 ZollTG ist Zollwert grundsätzlich der Normalpreis des § 6 ZollTG. Dieser umfaßt nach § 6 Abs. 3 a. a. O. die Kosten, die den Verkauf der Ware und ihre Lieferung an den Käufer bis zum Einfuhrort, d. h. bis zum Ort der ersten Zollstelle (ß 10 ZollTG), belasten. Es gehören danach zum Zollwert die Verkaufskosten in vollem Umfange und die Lieferungskosten insoweit, als sie bis zur ersten Zollstelle entstanden sind. Zu den Verkaufskosten gehören nach § 6 Abs. 2 der Wertzollordnung unter anderem die Kosten der Umschließungen (Arbeitslöhne, Verpackungsmaterial und andere Kosten), zu den Lieferungskosten nach § 6 Abs. 4 unter anderem die Transportkosten.
Der Begriff "Umschließung" bestimmt sich für gewichtszollbare Waren, wie Reinbenzol, nach der Taraordnung vom 21. März 1939 - Reichsministerialblatt 1939 S. 545 - (vgl. § 62 des Zollgesetzes, § 79 der Allgemeinen Zollordnung). Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 2 Abs. 3 der Taraordnung sind Behälter, die mit besonderen Vorrichtungen zur Erleichterung ihrer Fortbewegung versehen sind (sogenannte Behälterwagen), nicht als Umschließungen anzusehen. Dazu gehören die Kesselwagen (vgl. Erlaß des Reichsministers der Finanzen Z 1156/158 II dividiert durch Z 1422 vom 31. Mai 1933, abgedruckt in Bischoff, Taraordnung, 3. Auflage 1940 S. 75; Finger, Kommentar zur Eisenbahnverkehrsordnung 1951, Anmerkung 11 c zu § 3; Schädel, Mineralölsteuer und Mineralölzoll 1953 Anmerkung 1 S. 99). Ein Kesselwagen, mit dem Reinbenzol befördert wird, ist also nach der Taraordnung keine Umschließung. Das muß auch für die Wertzollordnung gelten (vgl. Siegert, Zollgesetz und Zolltarifgesetz, 4. Auflage 1953 Anmerkung 7 zu § 6 ZollTG). Der Kesselwagen würde im übrigen auch dann keine Umschließung des Reinbenzols sein, wenn die Taraordnung den Begriff "Umschließung" für gewichtszollbare Waren nicht regelte oder wenn sie überhaupt nicht anzuwenden wäre. Er ist nämlich Beförderungsmittel wie ein ähnlicher Spezialgüterwagen oder wie ein Tankschiff oder ein Container, weil er vorliegend hauptsächlich der Beförderung dient.
Daher gehören Miete und Leerfracht für ihn als Transportkosten zu den Lieferungskosten; sie müssen deshalb insoweit dem Rechnungspreise zugerechnet werden, als sie bis zur ersten Zollstelle entstanden sind. Da die Vorentscheidung das verkannt hat, war sie aufzuheben und die Sache zur Feststellung der Höhe der Miete und der Leerfracht bis zur ersten Zollstelle an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Diese wird dabei durch Schätzung auch die Höhe der wegen Geringfügigkeit nicht berichtigten Versicherungskosten bis zur ersten Zollstelle zu ermitteln und nur diese Kosten dem Rechnungspreise zuzuschlagen haben.
Danach war in der Sache, wie geschehen, zu erkennen. Die übrige Entscheidung folgt aus § 316 Abs. 2 und § 320 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
BStBl III 1954, 163 |
BFHE 1954, 662 |
BFHE 58, 662 |
StRK, UStG:6 R 1 |