Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Die Höchstbetragsbegrenzung des § 2 Abs. 1 Satz 2 SparPG 1959 auf einen Prämienanspruch von 240 DM für Ehegatten mit weniger als drei Kinder unter 18 Jahren ist rechtsgültig. Der Gesetzgeber verletzt weder die Grundrechte des Art. 6 Abs. 1 noch des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er das erste und das zweite Kind bei der Bemessung des Höchstbetrages nicht berücksichtigt hat.
Normenkette
SparPG § 2 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Tatbestand
Die Revisionskläger (Eltern und zwei unter 18 Jahre alte Kinder) leisteten im Streitjahr 1962 auf vier selbständige Sparverträge Beiträge von zusammen 1800 DM, und zwar die Eltern je 600 DM und die Kinder je 300 DM. Sie begehrten Sparprämien für die Eltern mit je 120 DM und für die Kinder mit je 60 DM. Das Finanzamt (FA) entsprach den Anträgen nicht, weil nach dem Gesetz den Revisionsklägern nur eine Sparprämie von insgesamt 240 DM zustehe. Es gewährte unter Verteilung dieses Höchstbetrages den Eltern eine Sparprämie von je 80 DM und den Kindern von je 40 DM.
Die Revisionskläger sind der Auffassung, § 2 Abs. 1 des Spar- Prämiengesetzes vom 5. Mai 1959 - SparPG - (BStBl 1959 I S. 199), der den Höchstbetrag der jährlichen Sparprämie bei Ehegatten mit zwei Kindern auf 240 DM begrenzt, verstoße gegen die Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Die Sprungberufung blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 1964 S. 459 veröffentlichten Urteil aus, der Gleichheitsgrundsatz verbiete nur, wesentlich Gleiches ohne zureichenden Grund ungleich zu behandeln. Der Gesetzgeber besitze im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit eine größere Gestaltungsfreiheit als im Bereich der Eingriffsverwaltung. Wenn der Staat durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern wolle, so sei er weitgehend frei in seiner Entscheidung darüber, welche Beträge er insgesamt bereitstellen, wie er sie einsetzen und verteilen wolle. Er könne seine Förderungsmaßnahmen auf typische Sachverhalte abstellen. Wenn Personen über 18 Jahren und Kinder unter 18 Jahren sparten, so seien das verschiedene Sachverhalte. Kinder unter 18 Jahren erhielten in aller Regel ihre Sparbeiträge von ihren Eltern. Es sei deshalb nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber typisierend die Sparleistungen der Kinder unter 18 Jahren mit den Sparleistungen der Eltern zusammenrechne. Das verstoße auch nicht gegen Art 6 Abs. 1 GG (Schutz und Förderung von Ehe und Familie durch den Gesetzgeber). Wirtschaftlich seien die Beiträge der Kinder zusätzliche Beiträge der Eltern. Der Gesetzgeber habe auch eine erhöhte Sparleistung bei Eltern mit mehr als zwei Kindern unter 18 Jahren unberücksichtigt lassen können. Allerdings sei ihm aber auch eine Erhöhung des Prämienhöchstbetrages für diese Familien nicht durch die Grundrechte der Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG verwehrt gewesen. Der Gesetzgeber habe aus sozialen Erwägungen nach seinem Ermessen der erhöhten Sparförderung Rechnung tragen können.
Mit ihrer Revision machen die Revisionskläger weiterhin geltend, die Begrenzung des Höchstbetrages bei Familien mit zwei Kindern auf 240 DM verletze die Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber habe im SparPG jeden Ehegatten als selbständigen Sparer behandelt, indem er ihnen wie einem Ledigen einen Höchstbetrag von 120 DM zugestehe. Dagegen behandele er nicht auch jedes Kind als selbständigen Sparer, sondern lasse nur eine Erhöhung des Höchstbetrages bei drei Kindern und mehr zu. Damit verlasse der Gesetzgeber den Sinn des SparPG, die Sparleistung jedes einzelnen Sparers zu belohnen, und sehe Eltern und Kinder als Einheit an. Das sei aber auch im Bereich der darreichenden Verwaltung verfassungswidrig. Das FG betrachte zu Unrecht Eheleute sowie ihre Kinder als Einheit. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) 1 BvL 12/62 vom 12. Februar 1964 (BStBl 1964 I S. 46) sei das zwar für die Gewährung der Wohnungsbau-Prämie richtig, weil es sich dort um die Förderung eines gemeinsamen Unternehmens (Hausbau) handele. Die Beurteilung des FG hinsichtlich der erhöhten Sparleistungen von Eltern mit mehr als zwei Kindern unter 18 Jahren sei nicht folgerichtig, weil auch das dritte und weitere Kind unter 18 Jahren in der Regel aus den Mitteln der Eltern spare. Eine Begünstigung dieses Personenkreises sei sachlich nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe im SparPG das Leitbild dessen, was er fördern wolle, klar festgelegt, nämlich die Förderung der allgemeinen Sparleistung jedes einzelnen Sparers. Diesem Leitbild widerspreche es, Ehegatten mit Kindern als eine Einheit anzusehen. Es müßten deshalb jedem Mitglied der Familie Sparprämien nach seinen Leistungen gewährt werden.
Die Revisionskläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und jedem von ihnen eine Sparprämie von 20 v. H., höchstens 120 DM, zu gewähren.
Entscheidungsgründe
Die als Revision zu behandelnde Rb. ist nicht begründet. Den Revisionsklägern steht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SparPG 1959 für das Streitjahr 1962 als Sparprämie insgesamt nur der Höchstbetrag von 240 DM zu.
Zutreffend hat das FG auch dargelegt, daß durch die gesetzliche Regelung die Revisionskläger nicht in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 GG und aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sind. Die vom BVerfG im Beschluß 1 BvL 12/62 (a. a. O.) für die Höchstbetragsbeschränkung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPG) entwickelten Grundsätze gelten auch für die Höchstbetragsregelung des SparPG. Wenn auch das BVerfG bei der Höchstbetragsbeschränkung für Familienmitglieder dargelegt hat, das Ziel der Sparverträge von Familienmitgliedern sei in der Regel auf die Beschaffung eines gemeinsamen Familienheims gerichtet, so ist damit doch nur ein Motiv für die gesetzliche Regelung betont; denn die Beschränkung gilt auch, wenn nachweislich die Familienmitglieder nicht für ein gemeinsames Familienwohnheim sparen. Es spricht jedenfalls nichts dafür, die Höchstbetragsgrenzen des SparPG anders zu beurteilen als die entsprechenden Fragen nach dem WoPG. Beiden Arten von Prämien für Sparverträge ist die Begünstigung der Vermögensbildung gemeinsam, besonders für Staatsbürger mit geringeren Einkommen, deren Sparwillen im Rahmen der begünstigten Sonderausgaben des § 10 EStG oft nicht steuerlich belohnt werden kann.
Wie gesagt, begünstigt das WoPG nicht nur Sparer, die ein Wohnhaus errichten wollen, sondern auch Sparer, die den Sparvertrag lediglich zur Vermögensbildung benutzen (Urteil des Senats VI 55/63 S vom 27. November 1964 BStBl 1965 III S. 214, Slg. Bd. 81 S. 598). Das WoPG fordert also grundsätzlich nicht, daß der Sparer auch ein Haus baut. Das ist nur der Fall, wenn er vor Ablauf der gesetzlichen Sperrfristen vorzeitig über die Sparmittel verfügt. Das ist nur unschädlich, wenn der Sparer die Mittel unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet.
Unterschiedliche gesetzliche Prämien für ledige Sparer und solche, die im Familienverband sparen, widersprechen nach der Rechtsprechung des BVerfG dem GG nur, wenn der Gesetzgeber willkürlich (nicht sachgerecht) handelt. Dabei ist der Ermessensspielraum für den Gesetzgeber im Rahmen der darreichenden Verwaltung weiter als bei der sogenannten Eingriffsverwaltung, wie im Beschluß des BVerfG 1 BvL 12/62 (a. a. O.) dargelegt ist. Die Höchstbetragsregelung des § 2 Abs. 1 SparPG 1959 ist im ganzen gesehen auch nicht familienfeindlich. Im Gegensatz zum WoPG berücksichtigt der Gesetzgeber hier sogar den Familienstand der Sparer bei den Höchstbeträgen. Der Höchstbetrag verdoppelt sich nämlich bei verheirateten und verwitweten Sparern und solchen, denen mindestens ein Kinderfreibetrag nach dem EStG zusteht; er verdreifacht sich bei Ehegatten mit mehr als zwei Kindern unter 18 Jahren.
Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob eine gesetzliche Vorschrift die beste denkbare Lösung enthält. Ob eine weitere Staffelung der Höchstbeträge zweckmäßig gewesen wäre, und ob damit dem Grundrecht des Familienschutzes noch besser hätte Rechnung getragen werden können, kann der Senat nicht entscheiden. Denn es geht hier um eine haushaltsmäßige und familienpolitische Entscheidung, die der richterlichen Kontrolle entzogen ist, soweit nicht Willkür im Spiel ist. Das ist aber eindeutig nicht der Fall. Im § 2 SparPG 1963 in der Fassung vom 6. Februar 1963 (BGBl. I S. 92, BStBl 1963 I S. 270) wurden die Sparprämien von bisher einheitlich 20 v. H. für Familien mit Kindern auf 22,25 und 30 v. H. erhöht und es wurde gleichzeitig die Höchstbetragsregelung in der Weise durchgestaffelt, daß nunmehr bereits bei ein und zwei Kindern eine Erhöhung um 60 DM eintritt. Diese Verbesserung gegenüber der für das Streitjahr geltenden Vorschrift des § 2 SparPG besagt nichts gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des bis dahin geltenden Rechts. Der Gesetzgeber wollte offenbar den Sparwillen noch stärker fördern und sah die haushaltsrechtliche Möglichkeit, dem durch Erhöhung der Prämien Rechnung zu tragen.
Aus dem Beschluß des BVerfG 1 BvL 16-25/62 vom 30. Juni 1964 (BStBl 1964 I S. 488) betreffend die Nichtigkeit des § 27 EStG 1952/1958 über die Zusammenveranlagung von Eltern mit ihren Kindern ergibt sich für die Auffassung der Revisionskläger nichts. Das BVerfG hat in diesem Beschluß eine Verletzung der Grundrechte des Art. 6 Abs. 1 GG allein in der progressiven tariflichen Auswirkung, nicht in der Zusammenveranlagung selbst gesehen. Es hat ausgeführt, daß die Familiengemeinschaft Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen sein könne, soweit das der Natur des geregelten Rechtsgebietes entspricht, insbesondere, wenn sie sich auf die Familie als Wirtschaftsgemeinschaft bezieht. Das SparPG behandelt aber die Eltern mit ihren Kindern bis zu 18 Jahren als Wirtschaftsgemeinschaft, wenn es die Sparleistungen als Einheit ansieht und fördert.
Fundstellen
Haufe-Index 411996 |
BStBl III 1966, 390 |
BFHE 1966, 47 |
BFHE 86, 47 |