Entscheidungsstichwort (Thema)
Restitutionsklage gegen Urteil des BFH
Leitsatz (NV)
1. Nach § 134 FGO i. V. mit §§ 578, 580 und 589 ZPO setzt eine zulässige Restitutionsklage die schlüssige Darlegung eines gesetzlich vorgesehenen Wiederaufnahmegrundes voraus.
2. Richtet sich die Restutitionsklage gegen ein Revisionsurteil des BFH, so ist dessen Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) zu beachten.
Normenkette
FGO § 118 Abs. 2, § 134; ZPO §§ 578, 580, 589
Tatbestand
Der erkennende Senat hat auf die Revision des Beklagten (Finanzamt - FA -) hin durch Urteil vom 8. November 1989 in dem Revisionsverfahren I R 174/86 (BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91) das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 28. Januar 1986 wegen Körperschaftsteuer 1976 bis 1978 aufgehoben, die Klage der Klägerin teilweise abgewiesen und im übrigen die Sache an das FG zurückverwiesen. In dem Urteil heißt es wörtlich:
,,Die späteren Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin schlossen ferner unter dem Datum des 1. Januar 1975 im Namen der OHG einerseits und der Klägerin andererseits einen Ergebnisabführungsvertrag (Organschaftsvertrag), auf Grund dessen die Klägerin verpflichtet werden sollte, im Innenverhältnis nur für die OHG zu handeln und sich in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht der OHG unterzuordnen. Die Klägerin sollte ihren gesamten Reingewinn an die OHG abführen."
In den Entscheidungsgründen hat der Senat die Rechtsfolge aus § 7 a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1975 als auf den Streitfall unanwendbar erklärt, weil die Klägerin erst durch notariellen Vertrag vom 2. September 1975 gegründet worden war und deshalb aus dem am 1. Januar 1975 abgeschlossenen Organschaftsvertrag nicht verpflichtet werden konnte. Das Urteil vom 8. November 1989 wurde der Klägerin am 22. Dezember 1989 zugestellt.
Die Klägerin erhob am 29. Dezember 1989 Restitutionsklage gemäß § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §§ 578, 580 Nr. 7 Buchst. b der Zivilprozeßordnung (ZPO). Zur Begründung macht sie geltend, der Organschaftsvertrag sei noch einmal am 25. Juli 1975 in einem ,,Protokoll über die Durchführung des Ergebnisabführungsvertrages" bestätigt worden. Die Verwertung dieses Protokolls würde zu einer für sie günstigeren Entscheidung geführt haben. Die Nichtberücksichtigung durch den erkennenden Senat sei offensichtlich darauf zurückzuführen, daß das Protokoll vom 25. Juli 1975 im Sachvortrag des FA unerwähnt geblieben sei. Die Klägerin habe vor dem 25. Juli 1975 keine Geschäfte betrieben. Das Organschaftsverhältnis habe deshalb erst am 25. Juli 1975 begonnen. Eine Ablichtung des Protokolls vom 25. Juli 1975 ist der Restitutionsklage beigefügt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig. Sie war deshalb zu verwerfen (§ 134 FGO, § 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Nach § 134 FGO i. V. m. §§ 578, 580 und 589 ZPO setzt eine zulässige Restitutionsklage die schlüssige Darlegung eines gesetzlich vorgesehenen Wiederaufnahmegrundes voraus. Daran fehlt es im Streitfall. Zwar bezieht sich die Klägerin in der Begründung ihrer Restitutionsklage auf § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO. Sie trägt jedoch keine Tatsachen vor, aus denen sich der entsprechende Wiederaufnahmegrund schlüssig ergibt. Dazu wäre die Darlegung erforderlich gewesen, daß die Klägerin ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem Revisionsverfahren I R 174/86 geltend zu machen (§ 134 FGO i. V. m. § 582 ZPO) und daß die Geltendmachung des entsprechenden Restitutionsgrundes (hier: § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO) zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung geführt hätte. Beide Voraussetzungen sind nicht gegeben. Einerseits behauptet die Klägerin selbst, das Protokoll gegenüber dem Betriebsprüfer und dem FG erwähnt zu haben. Folglich kann es sich nicht um eine nachträglich aufgefundene Urkunde handeln. Andererseits übersieht die Klägerin, daß der erkennende Senat bei Erlaß des Urteils vom 8. November 1989 I R 174/86 gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden war, weil die Klägerin insoweit keine zulässigen und begründeten Gegenrügen geltend gemacht hatte. Das FG hat aber in seinem Urteil vom 28. Januar 1986 das Protokoll vom 25. Juli 1975 weder als solches noch seinem Inhalt nach in tatsächlicher Hinsicht festgestellt. Letztendlich kommt hinzu, daß sich auch bei Berücksichtigung des dem Protokoll beigelegten Inhalts keine andere Entscheidung hätte ergeben können. Das FA weist insoweit zutreffend darauf hin, daß das Protokoll schon vom 25. Juli 1975 datiert, während die Klägerin erst durch notariellen Vertrag vom 2. September 1975 errichtet wurde. Die Klägerin kann deshalb durch einen vor ihrer Errichtung abgeschlossenen Vertrag nicht verpflichtet worden sein.
Fundstellen
Haufe-Index 417078 |
BFH/NV 1990, 790 |