Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen eines ordnungsmäßigen Buchnachweises im Sinne des § 14 UStDB 1951.
2. Bei verbotswidrigen Ausfuhren besteht kein Anspruch auf Umsatzsteuervergütungen nach § 16 UStG.
Normenkette
UStG § 16; UStDB 1951 §§ 14, 70, 76-77
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt die für die Vergütungszeiträume Februar 1953 bis Mai 1954 gewährten Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütungen (§ 16 UStG) zurückfordern durfte. Das Finanzamt hat seinen auf § 76 (§ 80) UStDB 1951 gestützten Rückforderungsanspruch damit begründet, daß die Bfin. die ausgeführten Waren entgegen den damals geltenden Vorschriften nach Polen ausgeführt habe; auch sei der Buchnachweis wegen Angabe einer fingierten Abnehmerfirma und zum Teil wegen falscher Warenbezeichnungen nicht geführt.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt: Die Bfin. wurde durch den Holländer X. veranlaßt, unisolierten Kupferdraht, Kupferbarren und Carbonyleisenpulver nach Polen auszuführen. Da Polen seinerzeit auf der Embargoländerliste und die vorbezeichneten Waren auf der Embargoliste in den Anlagen zum Runderlaß Außenwirtschaft 28/1951 vom 20. September 1951 (Bundesanzeiger 1951 Nr. 185, Nr. 189, Bundeszollblatt 1951 S. 469) verzeichnet waren und die für bestimmte Waren und für die Ausfuhr nach bestimmten Ländern ausdrücklich vorgesehene Ausfuhrgenehmigung der Bundesstelle für Warenverkehr -- Zentrale Ausfuhrkontrolle -- nicht zu erhalten gewesen wäre, machte die Bfin. zum größten Teil falsche Angaben über die Art der Waren; auch wurde durchweg als Abnehmer die Firma "Ingenieurbüro X. C. V. in Kings Port (Haiti)" angegeben, obwohl weder eine solche Firma noch ein solcher Ort auf Haiti bestanden. In Wahrheit sind die Waren, für die in den Rechnungen und Ausfuhrpapieren Haiti als Käuferland angegeben wurde, unmittelbar nach Polen verkauft und geliefert worden. Die Ausfuhr gelang mit Hilfe eines Zollsekretärs, der später wegen fortgesetzter einfacher passiver Bestechung und Falschbeurkundung im Amt bestraft worden ist. Auch X. ist wegen fortgesetzter Devisenvergehen bestraft worden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Steuerpflichtigen ist nicht begründet. Die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts werden von der Rb. nicht mehr angegriffen; sie lassen auch keine der im § 288 AO aufgeführten Mängel erkennen und binden deshalb nach § 296 AO den Senat.
Ohne Rechtsirrtum oder Aktenverstoß hat das Finanzgericht festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der streitigen Vergütungen schon wegen Fehlens eines ordnungsmäßigen Buchnachweises nicht gegeben waren. Für beide Arten der Vergütung ist der Buchnachweis zwingend vorgeschrieben (§§ 70 Abs. 2 Ziff. 3, 77 Abs. 2 Ziff. 4 UStDB 1951). § 14 UStDB 1951 ist hiernach sinngemäß anzuwenden.
Die Bfin. hat als vergütungsfähige Vorgänge Ausfuhrlieferungen geltend gemacht. Eine Ausfuhrlieferung (§ 23 UStDB 1951) setzt voraus, daß das Umsatzgeschäft mit einem ausländischen Abnehmer abgeschlossen ist. Existiert der angegebene Abnehmer, wie im Streitfalle, gar nicht, so ist der Sachverhalt nicht anders zu beurteilen, als ob überhaupt kein Abnehmer angegeben worden wäre. Der Buchnachweis setzt auch voraus, daß die Menge und die handelsübliche Bezeichnung des Gegenstandes richtig aufgezeichnet werden. Die Bfin. hat jedoch einen großen Teil der Waren falsch bezeichnet. Der Buchnachweis kann aber nur dann die vorgesehene Wirkung haben, wenn die in den Ausfuhrpapieren enthaltenen Angaben richtig sind (vgl. Urteil des erkennenden Senats V 172/53 U vom 12. August 1954, BStBl 1954 III S. 294, Slg. Bd. 59 S. 224). Die Rb. verkennt insbesondere, daß nach ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs der Buchnachweis eine materiellrechtliche Voraussetzung für die Gewährung der beanspruchten Vergünstigung ist; fehlt es an dieser zusätzlichen Bedingung der Steuervergünstigung, so kann diese selbst dann nicht beansprucht werden, wenn im übrigen die sachlichen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs zweifelsfrei gegeben sind (vgl. Urteil des erkennenden Senats V 4/53 U vom 9. Juli 1953, BStBl 1954 III S. 62, Slg. Bd. 58 S. 395).
Wenn sich die Rb. darauf beruft, daß § 14 Abs. 4 UStDB 1951 nur eine Sollvorschrift sei, die nicht eingehalten zu werden brauche, so ist darauf hinzuweisen, daß die Einhaltung bestimmter Formen des Buchnachweises zwar nicht vorgeschrieben ist, daß aber den Vorschriften über den Buchnachweis schon deshalb nicht entsprochen worden ist, weil es infolge der unrichtigen Angaben nicht möglich ist, die nachzuweisenden Voraussetzungen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen (§ 14 Abs. 3 UStDB 1951; vgl. auch das oben angeführte Urteil V 172/53 U vom 12. August 1954). Schließlich verkennt die Rb., daß es gerade die bewußt unrichtigen Angaben der Bfin. waren, die das Finanzamt veranlaßten, seinerzeit in Unkenntnis des wahren Sachverhalts die beantragten Vergütungen zu gewähren und daß die Waren bei richtiger Deklaration und ordnungsmäßiger Nachprüfung durch die Zolldienststellen die Grenze gar nicht hätten überschreiten können. Anderseits hat das Finanzamt nach Aufdeckung des wirklichen Sachverhalts sofort von seinem über § 96 AO hinausgehenden Rückforderungsrecht nach § 76 Abs. 2 UStDB in der damaligen Fassung Gebrauch gemacht. Im Ergebnis ist der Auffassung der Rb. nur darin beizutreten, daß der Bundesfinanzhof § 76 Abs. 3 in der Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl I S. 6, BStBl I S. 131) anzuwenden hat, weil die Neufassung auf alle Rückforderungsansprüche anzuwenden ist, die am 31. März 1957 noch nicht rechtskräftig festgestellt waren (vgl. § 2 Abs. 3 Ziff. 4 der Achten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957). Die Bfin. hat aber nicht dargelegt, daß die Voraussetzungen des § 76 Abs. 3 Satz 2 oder 3 UStDB 1951 neuer Fassung vorliegen. Der Akteninhalt bietet auch keinen Anhaltspunkt in dieser Richtung.
Wenn das Finanzgericht weiterhin ausführt, daß es dem Sinn und Zweck des § 16 UStG widerspräche, wenn Umsatzsteuervergütungen für Ausfuhren gezahlt würden, für die bei richtigen Angaben eine Ausfuhrgenehmigung nicht erteilt worden wäre, und daß eine Rechtsordnung in sich widerspruchsvoll wäre, die einen Tatbestand verbieten und sogar mit einer Kriminalstrafe belegen, anderseits an diesen gleichen Tatbestand eine Umsatzsteuervergütung knüpfen würde, so ist dem beizutreten. Der erkennende Senat hat bereits früher betont, daß dem geltenden Recht eine Ausfuhrförderung um jeden Preis fremd ist (vgl. Bescheid und Urteil des Bundesfinanzhofs V 52/56 S vom 10. September 1959/22. Januar 1960, BStBl 1960 III S. 111 am Ende, Slg. Bd. 70 S. 299).
Daß § 16 UStG Tatbestände wie die des Streitfalles nicht ausdrücklich aufführt, steht einer ergänzenden Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht entgegen. Das Steuerrecht kann unmöglich durch Gewährung von Vergütungen einen Exporteur ermutigen, verbotswidrige Ausfuhren zu tätigen. Die Tatsache, daß heute diese Verbote nicht mehr bestehen, legalisiert nicht nachträglich die Geschäfte der Bfin.
Hiernach war, da die Vorentscheidung auch im übrigen einen Rechtsirrtum nicht erkennen läßt, die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1960, 433 |
BFHE 1961, 495 |