Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Kaufgeschäfte, bei denen verkauftes Holz durch vom Käufer angeworbene Arbeitskräfte eingeschlagen wird, im wirtschaftlichen Ergebnis als Käufe von Holz auf dem Stamm beurteilt werden können.

2. Zur Frage der Bindung des Finanzamts an mündliche und fernmündliche Auskünfte.

 

Normenkette

UStG §§ 3, 7 Abs. 3; StAnpG § 1 Abs. 2-3; UStDB 1951 §§ 2, 4, 12

 

Tatbestand

Streitig ist der Steuersatz von Holzgroßhandelslieferungen, bei denen die Steuerpflichtige (Stpfl.) das gekaufte Holz durch eigene Arbeitskräfte eingeschlagen hat.

Die Stpfl. hatte das Holz der streitigen Lieferungen von einer Ordensprovinz erworben, die über eigene Arbeitskräfte nicht verfügte. In dem Kaufvertrage heißt es, daß der Orden "das nach Schlägerung auf den nachstehend bezeichneten Flurstücken eines bestimmten Waldgrundstücks zum Verkauf gelangende Holz verkauft". Die Holzmenge wird mit "ca. 1848 fm" Fichte angegeben. Ferner wurde das auf anderen Flurstücken anfallende Holz "auf Grund einer Durchforstung laut Liste" verkauft.

Das zu übernehmende Holz wurde von dem Beauftragten der Vertragsteile an Ort und Stelle besichtigt. Als Kaufpreis für das gesamte verkaufte Holz wurde im Kaufvertrag ein Kaufpreis von 200 000 DM vereinbart, von dem 100 000 DM innerhalb acht Tagen nach Vertragsschluß, der Restbetrag in zwei Raten an den beiden folgenden Monatsersten zu zahlen war.

Die Käuferin übernahm in dem Vertrage "die Schlägerung, welche nach forstwirtschaftlichen Weisungen durchzuführen ist". Die Verkäuferin hatte die behördlichen Genehmigungen zur Durchführung des Einschlags innerhalb acht Tagen nach Vertragsschluß zu beschaffen. "Nach Vorliegen derselben kann die Käuferin sofort mit der Schlägerung beginnen."

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) trägt selbst vor, daß sie hinsichtlich der Flurstücke, bei denen nur eine Durchforstung in Betracht kam, an Hand der vom Verkäufer überlassenen Bestandslisten ermitteln konnte, welche Holzmenge hierbei anfallen würde. Nach Angabe der Bfin. wurden die geschätzten Kosten des Holzeinschlags vorher bei der Ermittlung des Kaufpreises berücksichtigt.

Das zuständige Landratsamt hat sodann die Bedingungen des Holzeinschlags im einzelnen festgelegt und ließ die Einhaltung dieser Bedingungen durch einen Forstmeister kontrollieren. Die Bfin. schloß sodann im eigenen Namen mit einem Haumeister einen Vertrag über den Holzeinschlag, der Haumeister hatte seinerseits Arbeitskräfte einzustellen. Im Anstellungsvertrag heißt es, daß die Einschlagsarbeiten nach Anweisungen der Bfin. durchzuführen sind. Die Bfin. bezahlte auch sämtliche anfallenden Löhne.

Die Bfin. ist der Auffassung, daß sie für die bei der Weiterlieferung des Holzes im Großhandel erzielten Entgelte den Steuersatz des § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes beanspruchen könne, weil sie das nach dem Einschlag anfallende Holz erworben und ohne Bearbeitung weiterverkauft habe; den Einschlag des Holzes habe sie durch besonderen Werkvertrag übernommen. Sie beruft sich außerdem auf mündliche Auskünfte des Finanzamts, das nach Schilderung des Sachverhalts die Versteuerung nach dem ermäßigten Steuersatz anerkannt habe.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Auch die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet. Der erkennende Senat hat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil V 212/55 U vom 21. August 1958 zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von Kaufgeschäften, bei denen das zum Verkauf anstehende Holz durch vom Käufer angeworbene Arbeitskräfte eingeschlagen wird, Stellung genommen; er kam dort zu dem Ergebnis, daß das Einschlagen des Holzes dem Käufer nicht zuzurechnen ist. Der Streitfall liegt jedoch anders; denn hier ist bereits vor dem Einschlag ein endgültiger und auch späterhin nicht mehr ergänzter Kaufvertrag geschlossen, bei dem die Menge des verkauften Holzes und der Kaufpreis bereits bestimmt sind. In jenem Urteilsfalle wurde ein wirksamer Kaufvertrag erst nach dem Einschlag geschlossen, nachdem das geschlagene Holz vermessen, die Menge und die Güteklassen festgestellt und hiernach der Preis bestimmt worden war. Auch war dort die Abwicklung des Kaufgeschäfts nach den ins einzelne gehenden allgemeinen forstwirtschaftlichen Bestimmungen der zuständigen Landwirtschaftskammer durchgeführt worden, die dem Waldbesitzer weitgehende Befugnisse und die Verfügungsmacht am Rohholz bis zu dessen Übernahme und Abtransport beließen. Im Streitfalle war die Bfin. nach Abschluß des Kaufvertrags nur noch den Beschränkungen unterworfen, die die Forstbehörde im forstwirtschaftlichen Interesse für das in Rede stehende konkrete Kaufgeschäft für unerläßlich hielt; es ist aber nach dem Vertragsinhalt nicht ersichtlich, welchen Einfluß auf die Durchführung des Einschlags noch die Verkäuferin nehmen konnte; denn die Bfin. hat den Haumeister im eigenen Namen eingestellt und lediglich ihren Weisungen unterworfen. Ein solches Kaufgeschäft ist jedoch in seinem wirtschaftlichen Ergebnis als Holzkauf auf dem Stamm zu werten, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob die Vertragsparteien insoweit gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen haben. Der Abschluß eines besonderen Werkvertrags neben einem Kaufvertrag über das geschlagene Holz setzte voraus, daß die besonders in Rechnung gestellten Hauerlöhne von dem Kaufpreis vertragsmäßig abgesetzt werden, der für die mengen- und gütemäßig festgestellte Holzmenge ermittelt ist, und sodann vom Käufer auch versteuert werden, wie es im Urteilsfalle V 212/55 U geschehen ist. Auch auf das Urteil des Reichsfinanzhofs V A 317/30 vom 17. April 1931 (Reichssteuerblatt 1932 S. 361, Slg. Bd. 28 S. 265) kann sich die Bfin. nicht berufen. Ein Vergleich der Tatbestände ergibt wesentliche Unterschiede.

Daß ein Käufer bei einem Kauf, der ihm zur endgültigen Gewinnung der Kaufsache noch Unkosten verursacht, diese Unkosten kalkulatorisch schätzungsweise bei seinem Preisangebot berücksichtigen wird, liegt in der Natur der Sache; dieser Umstand kann aber nicht ausreichen, im Streitfalle zwei besondere Verträge, einen Kaufvertrag und einen Werkvertrag, über dessen Entgelt nichts Bestimmtes vereinbart ist, anzunehmen. Für die hier vertretene Auslegung sprechen auch die Bestimmungen über die Zahlung des Kaufpreises, dessen erste Hälfte acht Tage nach Abschluß des Vertrags zu zahlen war, ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfange zu diesem Zeitpunkt bereits verwertbares Holz angefallen war. Auch verbleiben dem Waldbesitzer nicht, wie im Urteilsfall V 212/55 U, die Kronen und das sonstige Abfallholz. Unter diesen Umständen ist aber die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht auf die Bfin. spätestens nach Vorliegen der behördlichen Genehmigung, also vor dem Einschlag, übergegangen, so daß der Bfin. die Bearbeitungsmaßnahmen auch zuzurechnen sind. Selbst wenn man dies verneinte, so müßte man unter den besonderen Umständen des Streitfalles annehmen, daß die Bfin. im Zuge eines einheitlich als Lieferung zu beurteilenden Umsatzgeschäfts den Arbeitsvorgang des Einschlags durch die Beistellung von unter ihrer Leitung stehenden Arbeitskräften unmittelbar und in maßgeblicher Weise beeinflußt hat, weil der Leiter der Arbeitskolonne ihren Weisungen unterworfen war und eine Einwirkung der Verkäuferin auf die Art und Weise des Einschlags jedenfalls nach den vertraglichen Abmachungen nicht zu erkennen ist.

Auch auf angeblich erteilte gegenteilige Auskünfte des Finanzamts kann sich die Bfin. nicht berufen.

In aller Regel kann sich eine Steuerpflichtige auf mündliche Auskünfte des Finanzamts, insbesondere lediglich fernmündliche Auskünfte über einen nicht einfach liegenden Tatbestand nicht berufen. Nur unter besonderen Umständen wird nach den Grundsätzen von Treu und Glauben eine gegenteilige Auffassung vertretbar sein. Stets aber gehen in solchen Fällen Beweisschwierigkeiten zu Lasten des Steuerpflichtigen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 94/56 U vom 25. September 1956, Bundessteuerblatt -- BStBl -- 1956 III S. 341, Slg. Bd. 63 S. 379, und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Auskunft gegenüber dem Bevollmächtigten X. wird vom Finanzamt überhaupt bestritten. Da der Bevollmächtigte inzwischen verstorben ist, läßt sich jedenfalls nicht mehr ermitteln, ob der Sachverhalt dem Finanzamt richtig und vollständig mitgeteilt worden ist. Auch über den Inhalt des Ferngesprächs zwischen Steuerinspektor Y. und Frau Z. besteht Streit. Steuerinspektor Y. erinnert sich nach seinen Angaben genau an den Anruf, bestreitet aber, daß ihm der Geschehensablauf geschildert worden sei. Er habe erklärt, daß Holz, das die Bfin. eingeschlagen erwerbe und unbearbeitet weiterveräußere, mit 1 % versteuert werden könne. Es liegt deshalb die Annahme nahe, daß die Bfin. ihre Auslegung des Vertrags zum Ausgangspunkt ihrer Anfrage gemacht hat, so daß die Anfrage bereits eine Würdigung des Sachverhalts enthielt. Der Tatbestand des Streitfalles zeigt deutlich, welche Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten, aber auch welche erhebliche Beeinträchtigung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit und der Gerechtigkeit der Besteuerung sich ergeben, wenn man aus lediglich mündlich oder gar fernmündlich erteilten Auskünften des Finanzamts allgemein ein Bindung der Behörde herleiten wollte. Insbesondere bei rechtlich und tatsächlich nicht einfach liegenden Fällen von erheblicher Tragweite ergäben sich daraus sachlich nicht gerechtfertigte Steuervorteile des Anfragenden zu Lasten der Allgemeinheit. Es kann im Streitfalle dahingestellt bleiben, ob der erkennende Senat dem Urteil II 12/57 U vom 6. März 1957 (BStBl 1957 III S. 173, Slg. Bd. 64 S. 464) folgen würde, da auch in diesem Urteil die Beweislast für den Inhalt der Anfrage und der Auskunft dem Steuerpflichtigen auferlegt wird, und die Stpfl. im Streitfalle beweispflichtig geblieben ist.

 

Fundstellen

BStBl III 1958, 436

BFHE 1959, 429

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