Entscheidungsstichwort (Thema)
Direktversicherungsbeiträge im Ehegatten-Arbeitsverhältnis
Leitsatz (NV)
1. Direktversicherungsbeiträge, die zugunsten Arbeitnehmer-Ehegatten anstelle einer fälligen Gehaltserhöhung gezahlt werden, sind betrieblich veranlaßt, wenn auch die Gehaltserhöhung betrieblich veranlaßt war; das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte wie fremde Arbeitnehmer des Betriebes einen Anspruch auf Gehaltserhöhung hatte und diese angemessen ist.
2. Die danach gebotene Angemessenheitsprüfung muß Art und Umfang der Tätigkeit im Rahmen des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses berücksichtigen.
3. Unter dem Gesichtspunkt einer Überversorgung sind Aufwendungen für die Altersversorgung des Arbeitnehmer-Ehegatten angemessen, wenn sie 30 v.H. des Arbeitslohnes nicht übersteigen (Anschluß an BFH-Urteil vom 8. Oktober 1986 I R 220/82, BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wird, betreibt ein Omnibusunternehmen. In den Streitjahren 1977 und 1978 hatte er sechs Angestellte; er unterhielt mit etwa 10 Omnibussen einen Linienverkehr, führte Ausflugsfahrten durch und unternahm auch längere Auslandsreisen.
Die Ehefrau des Klägers war seit 1961 im Betrieb beschäftigt und erhielt dafür im Jahre 1977 eine monatliche Vergütung von 1 500 DM. Im Dezember 1976 schloß der Kläger zugunsten seiner Ehefrau und mit ihrem Einverständnis eine Lebensversicherung als betriebliche Altersversorgung (sog. Direktversicherung) ab und entrichtete dafür Versicherungsprämien von 2 121,70 DM im Jahre 1977 und 2 308,90 DM im Jahre 1978, die er als Betriebsausgaben verbuchte. Seinen übrigen Arbeitnehmern hatte der Kläger keine Direktversicherung angeboten.
Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Versicherungsbeiträge nicht als Betriebsausgaben an und erließ die angefochtenen Einkommensteuerbescheide.
Die dagegen gerichtete Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Versicherungszusage habe ihre Grundlage zumindest teilweise in den familiären Beziehungen zwischen den Ehegatten, weshalb das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingreife. Eine Direktversicherung sei steuerlich nur anzuerkennen, wenn der Arbeitgeber-Ehegatte eine solche Zusage auch einem familienfremden Arbeitnehmer erteilt hätte. Dies sei im Streitfall nicht geschehen. Eine Sonderbehandlung der Ehefrau könne nicht damit gerechtfertigt werden, daß diese in leitender Funktion tätig gewesen sei, denn die von ihr ausgeübten Tätigkeiten hätten sich nicht derart von jenen der übrigen Arbeitnehmer unterschieden.
Mit seiner auf Beschwerde vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt vor, seine Ehefrau habe im Jahre 1977 eine Gehaltserhöhung beanspruchen können, die ihr in Gestalt der Versicherungsprämien zugewandt worden sei.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide die Einkommensteuer 1977 auf 24 570 DM und die Einkommensteuer 1978 auf 19 866 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat die betriebliche Veranlassung der Beiträge zur Direktversicherung dem Grunde nach verneint; seine Entscheidung wird jedoch nicht von den tatsächlichen Feststellungen getragen.
1. a) Direktversicherungsbeiträge zugunsten eines Arbeitnehmers, der mit seinem Arbeitgeber verheiratet ist, sind als Betriebsausgaben abziehbar, wenn sie betrieblich veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Voraussetzung dafür ist zunächst, daß ein auch steuerrechtlich beachtliches Arbeitsverhältnis vorliegt (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Oktober 1981 I R 100/78, BFHE 134, 330, BStBl II 1982, 126, und vom 8. Oktober 1986 I R 220/82, BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205). Wird in einem solchen Fall vereinbart, einen Teil des auszuzahlenden Barlohns und der hierauf entfallenden Lohnsteuer zur Leistung von Direktversicherungsprämien zu verwenden (sog. Barlohnumwandlung), dann ist die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen ebensowenig zu verneinen, wie wenn fällige Lohnerhöhungen ganz oder zum Teil für derartige Beitragsleistungen verwendet werden (BFH-Urteil vom 5. Februar 1987 IV R 198/84, BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557). In diesen Fällen bleiben die Aufwendungen des Arbeitgebers im ganzen unverändert, so daß selbst dann von der betrieblichen Veranlassung der Direktversicherungsleistungen auszugehen ist, wenn nur ein Teil der Arbeitnehmer die Möglichkeit der Barlohnumwandlung wählt (Urteil in BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557).
b) Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber bei unverändertem Arbeitsentgelt zusätzlich die Beiträge für eine Direktversicherung erbringt. Kommt dieser Vorteil nur dem Arbeitnehmer-Ehegatten zugute, so bedarf es besonderer Begründung, daß die Vorteilsgewährung auf betrieblicher Veranlassung beruht (vgl. Urteil in BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557, m.w.N.). Wie der BFH weiter entschieden hat, gilt dies selbst für den Fall, daß Aktivbezüge und Zukunftssicherungsleistungen des Ehegatten insgesamt ein angemessenes Leistungsentgelt darstellen; denn es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach der Verzicht auf fällige Gehaltsanpassungen stets zugunsten von Beitragsleistungen für eine Altersversorgung aus betrieblichen Gründen erfolgt (Urteil vom 17. April 1986 IV R 2/86, BFHE 146, 423, BStBl II 1986, 559). Soweit nämlich die Ehefrau ihre Dienste unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat, bedarf es der Darlegung besonderer Umstände, die eine Änderung des von den Ehegatten bestimmten Umfangs der Mitarbeit auf familienrechtlicher Grundlage belegen und die auf eine betriebliche Veranlassung zusätzlich gewährter Leistungen hindeuten. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn die Leistungen auch familienfremden Arbeitnehmern mit vergleichbarem Tätigkeitsprofil gegenüber erbracht bzw. diesen zumindest ernsthaft angeboten oder dem Ehegatten anstelle von Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt werden (Urteil in BFHE 146, 423, BStBl II 1986, 559).
2. Nach diesen Grundsätzen konnte das FG nicht allein aus dem Umstand, daß den übrigen Arbeitnehmern eine vergleichbare Versorgungszusage nicht angeboten worden war, folgern, daß der Kläger die Prämienleistung zugunsten seiner Ehefrau aus privaten Gründen erbracht hatte. Der Kläger hat mehrfach darauf hingewiesen, daß die Direktversicherungsbeiträge anstelle einer fälligen Gehaltserhöhung gezahlt worden seien. Das FG wird danach zu prüfen haben, ob der Kläger eine Gehaltserhöhung, auf die seine Ehefrau wie fremde Arbeitnehmer des Betriebes einen Anspruch hatte, zu Beitragsleistungen für die Direktversicherung verwendet hat.
Ist die Zusage danach betrieblich veranlaßt, wird das FG auch die Frage der Angemessenheit der Gehaltserhöhungen prüfen und dazu insbesondere Feststellungen zu Art und Umfang der Tätigkeit im Rahmen des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses treffen müssen. Zwar hat sich der Aufgabenbereich der Ehefrau des Klägers nach den Feststellungen des FG nicht so weit von den Tätigkeiten der anderen Arbeitnehmer unterschieden, daß man von einer sachgerechten und daher zulässigen Differenzierung bei Erteilung der Versorgungszusage hätte ausgehen können (vgl. Urteil in BFHE 146, 423, BStBl II 1986, 559, m.w.N.). Der Umstand, daß die Ehefrau nach dem Vortrag des Klägers jedoch weit überdurchschnittlich belastet war, kann sich auf die Angemessenheit einer Gehaltserhöhung auswirken. In einem solchen Fall wird das FG schließlich die Angemessenheit der Leistungen daraufhin überprüfen müssen, ob durch die Zusage nicht eine sog. Überversorgung eintritt, die ein Arbeitgeber sonst im eigenen Interesse zu verhindern sucht (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1982 VIII R 50/80, BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209). Wie der BFH aus Vereinfachungsgründen entschieden hat, ist diese Grenze nicht überschritten, wenn die Aufwendungen für die Altersversorgung des Arbeitnehmer-Ehegatten (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers für Zwecke der Altersversorgung und Zuführung zu einer Pensionsrückstellung) 30 v.H. des steuerpflichtigen Jahresarbeitslohns nicht übersteigen (vgl. Urteile in BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205, und in BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557).
Fundstellen