Leitsatz (amtlich)
Der Begriff "Bezüge" in § 6 Abs. 4 IHG umfaßt den gesamten Aufwand, den die aufbringungspflichtige juristische Person für die Tätigkeit der Mitglieder des Vorstandes und der Geschäftsführer ihrer Verlust- und Gewinnrechnung belastet hat.
Normenkette
IHG § 6 Abs. 4
Tatbestand
Der Streit geht allein um die Auslegung des Begriffs "Bezüge" in § 6 Abs. 4 des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft (IHG) vom 7. Januar 1952. Die Aufbringungspflichtige ist eine GmbH. Sie hat entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift die dem dort genannten Personenkreis gezahlten Gehälter unter Absetzung des Pauschbetrages vom 12.000 DM dem zugrunde zu legenden Gewinn hinzugerechnet. Das Finanzamt hat diesen Betrag erhöht um den Teil der von der Aufbringungspflichtigen vorgenommenen Rückstellung, der sich auf die künftige Altersversorgung der Mitglieder des Vorstands bzw. der Geschäftsführer bezieht.
Das Finanzamt stützt seine Auffassung auf eine dem Finanzminister eines Landes erteilte Auskunft des Bundesministers der Finanzen vom 26. März 1953 (mitgeteilt in der Deutschen Steuerzeitung - Eildienst - 1953 S. 242), in der unter Verweisung auf Vorschriften des Einkommensteuergesetzes - EStG - (ß 19) der Begriff "Bezüge" weit ausgelegt wird. Es verweist weiter auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 125/41 vom 21. Oktober 1941, Reichssteuerblatt (RStBl.) S. 867 Nr. 884, die in einer Gewerbesteuersache ergangen ist.
Der Einspruch war erfolglos. Auf die Berufung hat das Finanzgericht die Auffassung des Finanzamts mißbilligt und die der Selbstberechnung der Firma entsprechende Festsetzung des Aufbringungsbetrages wieder hergestellt.
Entscheidungsgründe
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts. Sie ist begründet.
Der Senat schließt sich der Auslegung an, die der Bundesminister der Finanzen dem Begriff "Bezüge" gegeben hat. Die Vorschrift (ß 6 Abs. 4) lautet:
"Abweichend von den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes darf bei juristischen Personen für die Bezüge der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer nur ein Pauschbetrag von zusammen 12.000 DM je Jahr angerechnet werden."
Es ist richtig, daß der Ausdruck "Bezüge" dem EStG entnommen ist. Daraus folgt aber entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht, daß er unter allen Umständen im gleichen Sinne verwendet werden muß. Wo im EStG von Bezügen die Rede ist, handelt es sich um die Feststellung des der Einkommensteuerpflicht unterliegenden Einkommens des Arbeitnehmers. Das EStG sieht die Sache also von einer bestimmten Seite an.
Bei der Anwendung des § 6 Abs. 4 IHG dagegen geht es um die Bemessung der Aufbringungsleistungen des belasteten Unternehmens. Es kommt daher entscheidend darauf an, welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift des § 6 Abs. 4 IHG verfolgt hat (ß 1 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -). Maßgebend für den Gewinnanteil der Bemessungsgrundlage ist der Gewinn, wie er nach den Vorschriften des Einkommen- bzw. Körperschaftsteuergesetzes ermittelt worden ist. Dieser im wesentlichen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen festgestellte Gewinn bildet den Ausgangspunkt. Er ist für die Zwecke der Investitionshilfe nach verschiedener Richtung zu berichtigen (ß 6 Abs. 3 Buchstabe a und b, Abs. 4). Der Aufwand, der einer juristischen Person durch Entlohnung der Geschäftsleitung entsteht, wird der Verlust- und Gewinnrechnung belastet und mindert den Gewinn. Die Kapitalgesellschaft ist dadurch besser gestellt als ein Einzelkaufmann und eine Personengesellschaft, bei denen die Geschäftsleitung durch die Unternehmer selbst ausgeübt wird, so daß Betriebsausgaben nicht entstehen. Der Gleichstellung aller Unternehmungen für die Zwecke des IHG dienen die Vorschriften in § 6 Abs. 3 und Abs. 4, die unter sich nur hinsichtlich der Höhe des Pauschbetrages Abweichungen zeigen. Auch bei einer juristischen Person soll die Verlust- und Gewinnrechnung durch Aufwand für den gedachten Personenkreis nicht höher belastet werden, als der Pauschsatz es zuläßt. Der Ausdruck "Bezüge" kann daher nicht in dem gleichen Sinne verstanden werden, in dem ihn das EStG hinsichtlich der Abgrenzung der steuerpflichtigen Einnahmen des Arbeitnehmers verwendet. Der Senat legt ihn vielmehr dahin aus, daß zu den "Bezügen" alles gehört, was unter dem Gesichtspunkt der Vergütung für die Arbeitsleistung der Mitglieder des Vorstandes bzw. Geschäftsführer den Gewinn der Aufbringungspflichtigen gemindert hat. Der Beschwerdeführer hat mit Recht auf die genannte Entscheidung des Reichsfinanzhofs verwiesen, in der der Begriff "Vergütungen" in § 8 Ziff. 6 des Gewerbesteuergesetzes erweitert ausgelegt worden ist.
Die auf Rechtsirrtum beruhende Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache geht an das Finanzamt zurück. Dieses wird unter Nachprüfung seiner von seinem ursprünglichen Festsetzungsbescheid abweichenden Berechnung vom 25. Juli 1953, die der Aufbringungspflichtigen nicht mitgeteilt worden ist, eine neue Festsetzung des Aufbringungsbetrages vorzunehmen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 407844 |
BStBl III 1954, 60 |
BFHE 1954, 389 |
BFHE 58, 389 |