Leitsatz (amtlich)
Hat das Finanzgericht im I. Rechtsgang mündliche Verhandlung angeordnet, so darf auch im II. Rechtsgang ohne Zustimmung der Beteiligten nicht im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
Normenkette
AO §§ 272-273, 281
Tatbestand
Die Sache befindet sich im II. Rechtsgang.
Der Bf. war von Anfang 1952 bis Mitte 1955 Angestellter (Gebrauchtwagenverkäufer) einer Autofirma. Nach Durchführung einer Steuerfahndungsprüfung zog das Finanzamt den Bf. wegen im eigenen Namen gekaufter und verkaufter Gebrauchtwagen mit gewerblichen Gewinnen für 1952 von 2000 DM, für 1953 von 3000 DM und für 1954 von 4000 DM zur Einkommensteuer heran.
Einspruch und Berufung blieben im I. Rechtsgang ohne Erfolg, während der erkennende Senat die Vorentscheidung durch Urteil aufhob und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwies. Der Senat bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts, daß die Kraftfahrzeugan- und -verkäufe gewerblicher Art seien, beanstandete jedoch die Höhe der Schätzung. In der Vorentscheidung sei von festgestellten Betriebsausgaben die Rede gewesen, obwohl die Betriebsausgaben ebenso wie die Betriebseinnahmen nur geschätzt worden seien.
Im II. Rechtsgang schätzte die Vorinstanz ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Gewinne für 1952 bis 1954 nunmehr wie folgt:
geschätzter Umsatz 1952 bis 1954 39 000 DM
Summe der bekanntgewordenen Einkaufspreise 29 677 DM
+ Aufwendungen für Verbesserungen 2 497 DM -- 32 174 DM
Gewinn 6 826 DM
davon entfallen auf die Jahre 1952 bis 1954 je (abgerundet) 2300 DM.
Mit der Rb. rügt der Bf. insofern die Verletzung ausreichenden rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz, als diese seinen im I. Rechtsgang gestellten Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung außer acht gelassen und ihn im übrigen auf die Verböserung im Veranlagungszeitraum 1952 nicht hingewiesen habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Der Bf. stellte im I. Rechtsgang im Berufungsschriftsatz vom 15. September 1957 Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Die Vorinstanz ordnete daraufhin mündliche Verhandlung an, die am 30. September 1958 durchgeführt und mit der Verkündung eines Beschlusses, daß das Urteil den Beteiligten zugestellt werden solle, geschlossen wurde.
Ist entweder auf Antrag eines Beteiligten oder durch Beschluß der Kammer mündliche Verhandlung angeordnet (§§ 272, 273 Abs. 1 AO), so ist, weil die mündliche Verhandlung erst mit der Verkündung des Urteils oder des Beschlusses, daß das Urteil des Beteiligten zugestellt werden soll, endet (§ 281 AO), die Schriftlichkeit des Verfahrens bis zum Abschluß der Instanz, für die mündliche Verhandlung angeordnet worden ist, ausgeschlossen; das gilt nur dann nicht, wenn sich die Beteiligten mit der Fortsetzung des Rechtsstreits im schriftlichen Verfahren einverstanden erklären. Da das Urteil des Finanzgerichts im I. Rechtsgang durch das Urteil des Senats vom 2. November 1961 aufgehoben wurde und damit das Berufungsverfahren fortzusetzen war, konnte dieses Verfahren nur noch durch eine mündliche Verhandlung beendet werden. Da sich die Beteiligten im II. Rechtsgang nicht mit der Weiterführung des Rechtsstreits im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärten, liegt in der Unterlassung der mündlichen Verhandlung im II. Rechtsgang ein wesentlicher Verfahrensmangel, der zur Aufhebung der Vorentscheidung unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht führen muß.
Fundstellen
Haufe-Index 411178 |
BStBl III 1964, 279 |
BFHE 1964, 129 |
NJW 1964, 1344 |