Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Unternehmereigenschaft bei vorbereitenden Maßnahmen
Leitsatz (NV)
Ob die Unternehmereigenschaft in einem Besteuerungszeitraum, in dem auch vorbereitende Maßnahmen ergriffen wurden, aufgrund der in einem späteren Besteuerungszeitraum ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit zu bejahen ist, hängt davon ab, ob diese mit den vorbereitenden Maßnahmen in einer klar erkennbaren Verbindung steht. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Vorbereitungshandlungen objektiv und subjektiv auf die später ausgeübte unternehmerische Tätigkeit gerichtet sind. Daß ein objektiv erkennbarer Zusammenhang zwischen Vorbereitungshandlungen mit der späteren unternehmerischen Tätigkeit allein nicht ausreicht, vielmehr auch ein subjektives Merkmal erforderlich ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 1980. Danach muß die Absicht bestehen, durch die Tätigkeit Einnahmen zu erzielen (Anschluß an BFH-Urteil vom 22. Juni 1989 V R 37/84, BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913).
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) beauftragte im Streitjahr 1986 eine Bauträgergesellschaft mit dem Neubau eines Hotels auf einem dieser gehörenden Grundstück in X. Infolge Konkurses der Bauträgergesellschaft im Jahre 1986 scheiterte das Vorhaben. Ende 1987 kaufte der Kläger ein bereits bebautes Hotelgrundstück in X, auf welchem er seither ein Hotel betreibt.
In seiner Umsatzsteuererklärung 1986 erklärte der Kläger Umsätze von 0 DM und Vorsteuern aus Planungs- und Finanzierungskosten für das Bauvorhaben von ... DM. Das Finanzamt (FA) setzte die Umsatzsteuer 1986 auf 0 DM fest. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Der Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben. Es führt im wesentlichen aus, der Kläger sei zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Planungs- und Finanzierungsleistungen seien an ihn als Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) bewirkt worden. Es könne offenbleiben, ob die Unternehmereigenschaft im Streitjahr 1986 schon deshalb zu bejahen sei, weil der Kläger ab 1987 tatsächlich einen Hotelbetrieb unterhalte. Jedenfalls lägen für 1986 hinreichende Vorbereitungshandlungen vor, welche die Annahme einer unternehmerischen Tätigkeit bereits zum Zeitpunkt der streitbefangenen vorsteuerbelasteten Eingangsleistungen rechtfertigten. Die Planeinholung sei eine unternehmerische Tätigkeit; sie habe aus der maßgeblichen Sicht des Zeitpunkts des Vorbezugs auf nachfolgende Umsatzbewirkung aus einem Hotelbetrieb abgezielt. Der Vorsteuerabzug sei zu gewähren, da eine Verwendung ausschließlich zu steuerpflichtigen Umsätzen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980) zu erwarten gewesen sei. Er könne nicht deshalb versagt werden, weil die Planungsleistungen keinen Eingang in tatsächlich bewirkte Ausgangsumsätze des Klägers gefunden hätten.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung der §§ 2 Abs. 1 und 15 Abs. 1 und 2 UStG 1980. Es trägt im wesentlichen vor, die für die Unternehmereigenschaft erforderliche nachhaltige Tätigkeit sei bei bloßen Vorbereitungshandlungen nicht gegeben. Seien diese vergeblich, so werde eine unternehmerische Tätigkeit nicht entfaltet. Der Vorsteuerabzug sei zu versagen, weil der Kläger Umsätze, die Anhalt für die nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Juli 1988 V R 87/83 (BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60) geforderte Zuordnung böten, nicht getätigt habe.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des FA wird die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Zu Unrecht hat das FG aufgrund der erfolglosen Vorbereitungshandlungen im Streitjahr 1986 die Unternehmereigenschaft des Klägers bejaht.
Nach § 15 Abs. 1 UStG 1980 hängt die Berechtigung zum Vorsteuerabzug - neben der Lieferung und Inrechnungstellung durch einen Unternehmer - davon ab, daß die Lieferung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt worden ist. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 UStG 1980). Die unternehmerische Tätigkeit beginnt zwar bereits mit den ersten, nach außen und auf die Ausführung entgeltlicher Leistungen gerichteten Handlungen. Die zum Vorsteuerabzug berechtigende Unternehmereigenschaft wird aber erst dadurch erworben, daß nachhaltig Leistungen gegen Entgelt erbracht werden (BFH-Urteile vom 19. Mai 1988 V R 115/83, BFHE 154, 173, BStBl II 1988, 916; vom 28. September 1988 X R 6/82, BFHE 155, 204, BStBl II 1989, 122, und vom 6. Mai 1993 V R 45/88, BFHE 171, 138, BStBl II 1993, 564). Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insbesondere auf die letztgenannte Entscheidung.
Danach vermochte - entgegen der Auffassung des FG - die Planung des Hotelneubaus im Streitjahr 1986 die Unternehmereigenschaft des Klägers nicht zu begründen. Erst infolge der Aufnahme des Hotelbetriebs Ende 1987 erfüllte der Kläger durch die Erbringung entgeltlicher Leistungen alle Voraussetzungen des Unternehmerbegriffs i.S. des § 2 Abs. 1 UStG 1980.
Der Vorsteuerabzugsanspruch entsteht materiell-rechtlich abschließend mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nur hinsichtlich der umsatzbezogenen Merkmale des § 15 Abs. 1 UStG 1980 - Leistungsbezug und Rechnung mit Steuerausweis - (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1987 V R 1/79, BFHE 149, 307, BStBl II 1987, 521). In die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen für die Unternehmertätigkeit eines Steuerpflichtigen sind auch die tatsächlichen Verhältnisse in den Zeiträumen vor und nach dem jeweiligen Besteuerungszeitraum einzubeziehen; denn die Beschränkung auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Besteuerungszeitraums würde dem Wesen der unternehmerischen Tätigkeit als einer auf Dauer berechneten Tätigkeit nicht gerecht (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juni 1989 V R 37/84, BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913). Ob die Unternehmereigenschaft in einem Besteuerungszeitraum, in dem auch vorbereitende Maßnahmen ergriffen wurden, aufgrund der in einem späteren Besteuerungszeitraum ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit zu bejahen ist, hängt davon ab, ob diese mit den vorbereitenden Maßnahmen in einer klar erkennbaren Verbindung steht. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Vorbereitungshandlungen objektiv und subjektiv auf die später ausgeübte unternehmerische Tätigkeit gerichtet sind. Daß ein objektiv erkennbarer Zusammenhang zwischen Vorbereitungshandlungen mit der späteren unternehmerischen Tätigkeit allein nicht ausreicht, vielmehr auch ein subjektives Merkmal erforderlich ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 1980. Danach muß die Absicht bestehen, durch die Tätigkeit Einnahmen zu erzielen.
Die tatsächlichen Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Beurteilung. Aufgrund der Gleichartigkeit der 1986 mit der Planung des Hotelneubaus ins Auge gefaßten und Ende 1987 aufgenommenen Tätigkeit des Klägers als Hotelier kann zwar der objektive Zusammenhang zwischen Vorbereitungsmaßnahmen und unternehmerischer Tätigkeit bejaht werden. Im Hinblick auf den zeitlichen Abstand zwischen der Planung des Hotels und dem Betrieb des gekauften Hotels läßt sich aber nicht beurteilen, ob diese unternehmerische Tätigkeit noch von der ursprünglichen Absicht des Klägers getragen war oder auf einem neuen Entschluß beruhte. Die Sache wird zur Nachholung der entsprechenden Feststellungen an das FG zurückverwiesen.
Für den Fall, daß aufgrund der - im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden - Würdigung durch das FG dem Kläger die Unternehmereigenschaft bereits im Streitjahr 1986 zukam, weist der Senat auf das BFH-Urteil vom 30. November 1989 V R 85/84 (BFHE 159, 272, BStBl II 1990, 345) hin. Danach steht dem Anspruch des Klägers auf Vorsteuerabzug nicht entgegen, daß es sich bei der Planung des Hotelneubaus um eine Fehlmaßnahme handelte. Maßgebend ist, ob der in Ausgangsleistungen nicht eingegangene Vorbezug aufgrund von Kostenzurechnungsgesichtspunkten bestimmten - steuerpflichtigen - Umsätzen zugeordnet werden kann (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60).
Fundstellen