Entscheidungsstichwort (Thema)
Anzeigepflicht bei Aufgabe des Zwecks nach materiell vorläufiger Grunderwerbsteuerbefreiung
Leitsatz (NV)
1. Wird behauptet, das rechtliche Gehör sei dadurch verletzt worden, daß man sich zu einem dem FG vorliegenden BP-Bericht nicht habe äußern können, so muß in der Begründung dieser Verfahrensrüge dargelegt werden, was bei Kenntnis des Berichts und von dessen Vorliegen beim FG Entscheidungserhebliches vorgebracht worden wäre.
2. Die Revisibilität landesrechtlicher Vorschriften ist dann gegeben, wenn sie zum Zeitpunkt der Einlegung der Revision noch bestand (vgl. BFH/NV 1995, 267).
3. Die antragsgemäß erteilte materiell vorläufige Grunderwerbsteuerbefreiung nach früherem Landesrecht hat zur Folge, daß für das Entstehen der Grunderwerbsteuer und den Lauf der Festsetzungsfrist nicht mehr der ursprünglich der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsvorgang (Grundstückskaufvertrag) maßgeblich ist. Die Steuerpflicht tritt vielmehr erst bei Verwirklichung eines Nacherhebungstatbestands ein. Diese Rechtswirkung der materiell vorläufigen Steuerbefreiung tritt auch dann ein, wenn der Erwerber bereits zum Zeitpunkt der vorläufigen Freistellung aufgrund vertraglicher Verpflichtungen gehindert ist, den begünstigten Zweck -- dessen Herbeiführung er versichert hat -- in der Folge auch tatsächlich selbst zu verwirk lichen.
4. Im Verfahren über die materiell vorläufige Steuerbefreiung erstreckt sich die Prüfungspflicht des Finanzamts nicht darauf, ob die Voraussetzungen für die materiell endgültige Steuerbefreiung vom Erwerber erfüllt werden können. Für die Prüfung dieser Frage hat das Finanzamt vielmehr Zeit bis zum Ablauf der Verwendungsfrist.
5. Die Tatbestandswirkung der materiell vorläufigen Steuerbefreiung tritt auch dann ein, wenn dem Finanzamt von Anfang an das gesamte Vertragswerk vorgelegen hat, aus dem sich ergibt, daß der Erwerber -- entgegen seiner Versicherung -- bereits ein Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude erworben hat.
6. Ist der Grundstückserwerb antragsgemäß materiell vorläufig von der Grunderwerbsteuer freigestellt worden, weil der Grundstückserwerber versichert hat, selbst auf dem Grundstück ein begünstigtes Gebäude zu errichten, und ist die dann erfolgte Gebäudeerrichtung grunderwerbsteuerrechtlich der Veräußererseite zuzurechnen, so ist die darin liegende Aufgabe des begünstigten Zwecks vom Erwerber dem Finanzamt förmlich anzuzeigen.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 2, § 118 Abs. 1, § 120 Abs. 2; GrEStG NW § 1 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG NW § 11 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG NW § 16a; GrEStWoBauG NW § 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2-3
Gründe
Parallelentscheidung (im Volltext): BFH, Urteil v. 12.06.1996 - II R 7/93 (NV); BFH/NV 1997, 61
Fundstellen