Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwendungen an Unterstützungskasse
Leitsatz (NV)
- Die zunächst noch fehlende Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse steht einem Betriebsausgabenabzug gemäß § 4d EStG nicht entgegen.
- Dienen die Ansprüche aus der Versicherung der Sicherung eines Darlehens, kann es nicht darauf ankommen, ob ungeachtet der Minderung der garantierten Versicherungssumme um das Darlehen die Ansprüche der Leistungsempfänger bei Eintritt des Versorgungsfalles durch die voraussichtliche Ablaufleistung der Versicherung sichergestellt sind.
Normenkette
EStG 1992 § 4d
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreiben als Zahnärzte eine Gemeinschaftspraxis. Im Jahr 1991 schlossen sie sich einer Versorgungskasse an. Sie leisteten Zuwendungen in Höhe von … DM (1991) und … DM (1992), die sie gemäß § 4d des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Betriebsausgaben geltend machten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lehnte den Abzug ab, nachdem ihm aufgrund einer Kontrollmitteilung bekannt geworden war, dass die Versorgungskasse in den Veranlagungszeiträumen 1991 und 1992 noch nicht rechtsfähig gewesen sei. Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision machen die Kläger geltend:
1. Auch eine Gründungsgesellschaft werde vor ihrer Eintragung wie eine Körperschaft behandelt. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Januar 2001 I R 33/00 (BFH/NV 2001, 1300) sei eine Unterstützungskasse auch bereits im Stadium vor Eintragung als rechtsfähig zu behandeln.
2. Eigentlicher Streitgegenstand sei die Frage, ob das erst 1992 eingeführte Beleihungsverbot für rückgedeckte Unterstützungskassen (§ 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG 1992) im vorliegenden Fall anwendbar sei; die Kläger hätten von der Unterstützungskasse ein Darlehen erhalten. Das FA orientiere sich allein am Gesetzeswortlaut, ohne nach dem Sinn und Zweck der Regelung zu fragen. Aus der Begründung des Gesetzes ergebe sich, dass bis zur Unverfallbarkeit die Ansprüche aus der Versicherung in voller Höhe beliehen werden könnten.
Die Neuregelung, die erst für nach dem 31. Dezember 1991 endende Wirtschaftsjahre gelte, beziehe sich nicht auf den Veranlagungszeitraum 1991. Entgegen den Behauptungen der Finanzverwaltung habe es bis zum Jahr 1991 keine Zweifel an der steuerlichen Unschädlichkeit der Beleihung rückgedeckter Unterstützungskassen gegeben. Aufgrund der guten Bonität der Kläger sei das BFH-Urteil vom 2. Oktober 1957 I 274/56 U (BFHE 65, 476, BStBl III 1957, 416) nicht anwendbar. Durch die Einführung der Insolvenzversicherung würden die tragenden Erwägungen dieses Urteils hinfällig. Im Übrigen sei das Fehlen einer Übergangsregelung für Altfälle verfassungswidrig.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung der Bescheide vom 31. August 1993 (für 1991) und 12. August 1994 (für 1992) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 1996 die Einkünfte 1991 um … DM auf … DM und die Einkünfte 1992 um … DM auf … DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
1. Unterstützungskassen müssten rechtsfähig sein. Das BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1300 sei nicht anwendbar. In jenem Fall hätte die Eintragungsfähigkeit vorgelegen. Im Streitfall sei das nicht der Fall gewesen, da der Vorstand nicht satzungsgemäß besetzt gewesen sei.
2. Die Thematik des Beleihungsverbotes sei kein Streitgegenstand. Der Zweck des durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) neu aufgenommenen Beleihungsverbots sei es, zu gewährleisten, dass die Unterstützungskasse bei Eintritt des Versorgungsfalls die Mittel zur Erfüllung ihrer Leistungen von der Versicherung erhalten könne (BRDrucks 522/91, S. 54).
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Entgegen der Auffassung des FG steht die fehlende Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse einem Betriebsausgabenabzug nicht entgegen. Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat keine abschließende Entscheidung treffen.
1. Gemäß § 4d Abs. 1 und 3 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 dürfen Zuwendungen an eine Unterstützungskasse von dem Trägerunternehmen als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit die Leistungen der Kasse, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem betrieblich veranlasst wären und sie die ―im Fall lebenslänglich laufender Leistungen― in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 genannten Beträge nicht übersteigen.
Der Abzug der Zuwendungen ist begrenzt durch das Deckungskapital für die laufenden Leistungen, durch die Höhe der Zuwendungen für die Anwartschaften und durch die Versicherungsbeiträge bei Abschluss einer Rückdeckungsversicherung (vgl. im Einzelnen § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a bis c EStG); gemäß § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG darf das Vermögen der Kasse das zulässige Kassenvermögen nicht übersteigen. Sind die Voraussetzungen nach § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG erfüllt, so ist das zulässige Kassenvermögen in dem Verhältnis zu vermindern, in dem die Leistungen der Kasse durch die Versicherung gedeckt sind.
2. Die zunächst noch fehlende Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse steht einem Betriebsausgabenabzug gemäß § 4d EStG nicht entgegen. Zwar müssen Unterstützungskassen ―ebenso wie Pensionskassen― rechtsfähig sein (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung ―BetrAVG―). Entgegen der Auffassung des FA sind die Erwägungen, die der BFH in dem Urteil in BFH/NV 2001, 1300, angestellt hat, auf den Streitfall übertragbar. Hier wie da genügt ein sog. Vorverein den mit dem Rechtsfähigkeitserfordernis verbundenen Zwecken, nämlich das Kassenvermögen und die Versorgungsleistungen zu sichern und zugleich eine vermögensmäßige Trennung dieses Vermögens von dem Vermögen des Trägerunternehmens zu gewährleisten. Dies gilt umso mehr, als § 4d EStG selbst die Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse nicht ausdrücklich verlangt.
3. Für das Streitjahr 1992 scheitert ein Abzug nach § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG daran, dass die Versicherungsansprüche beliehen worden sind.
a) Gemäß § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c Satz 4 EStG i.d.F des StÄndG 1992 kann das Deckungskapital der Rückdeckungsversicherung nicht in das abziehbare Zuwendungsvolumen einbezogen werden, wenn die Ansprüche aus der Versicherung der Sicherung eines Darlehens dienen. Die Kasse soll hierdurch in die Lage versetzt werden, mit den ihr aus der Versicherung zufließenden Mitteln laufend ihre Zahlungen gegenüber den Begünstigten zu erbringen. Zu den danach schädlichen Darlehen zählen auch Vorauszahlungen des Versicherers auf die Versicherungssumme (sog. Policendarlehen), weil auch in diesem Fall die Leistungsverpflichtung der Kasse nicht mehr durch die Rückdeckungsversicherung gesichert ist (BFH-Urteil vom 28. Februar 2002 IV R 26/00, BFH/NV 2002, 858; Gosch, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 4d Rdnr. B 224). Die Aussage des Gesetzes ist eindeutig; es erlaubt den Betriebsausgabenabzug nur dann, wenn die Ansprüche nicht der Sicherung eines Darlehens dienen (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des § 4d Abs. 1 Satz 1 Buchst. c EStG, BRDrucks 522/91, S. 53/54). Das Gesetz geht von einer abstrakten Gefährdung aus, ohne danach zu fragen, ob im Einzelfall die Ansprüche der Begünstigten konkret gefährdet sind.
b) Entgegen der Auffassung der Kläger ist unschädlich, dass die durch das StÄndG 1992 aufgenommene Neuregelung keine Übergangsregelung enthält. § 4d EStG i.d.F. des StÄndG 1992 ist gemäß § 52 Abs. 5c EStG i.d.F. des StÄndG 1992 für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1991 beginnen. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich unproblematisch, da der entsprechende Gesetzesbeschluss vor Ablauf des laufenden Veranlagungszeitraums erfolgt ist und damit nur Rechtsfolgen für einen zukünftigen Zeitraum eintreten lässt (vgl. Gosch, a.a.O., Rdnr. A 154, 157).
c) Liegen die Voraussetzungen für den Abzug als Betriebsausgaben nach § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG nicht vor, können die Versicherungsbeiträge gegebenenfalls als Betriebsausgaben zur Finanzierung des Deckungskapitals und des sog. Reservepolsters nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b abgezogen werden (vgl. Blümich/Förster, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 4d EStG Rz. 121, 132).
4. Auch für das Streitjahr 1991 kommt ein Abzug der Zuwendungen an die Unterstützungskasse grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Ansprüche aus der Versicherung der Sicherung eines Darlehens dienen. Etwas anderes gilt nach dem BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 858 allerdings dann, wenn Vereinbarungen zur Sicherstellung der Versorgungsleistungen getroffen worden sind. Das FG wird auch insoweit zu prüfen haben, ob derartige Vereinbarungen vorliegen und ob die Zuwendungen gegebenenfalls als Betriebsausgaben nach § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b EStG abgezogen werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 867810 |
BFH/NV 2003, 18 |
DStRE 2002, 1361 |