Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für die Geburtstagsfeier eines Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen eines Rechtsanwalts, die ihm aus Anlaß eines für Mandanten, Berufskollegen und Mitarbeiter gegebenen Empfangs zu einem herausgehobenen Geburtstag entstehen, sind keine Betriebsausgaben, sondern durch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung bedingt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) gehören als Rechtsanwälte einer in einer Großstadt ansässigen Kanzlei an. Beide Kläger luden aus Anlaß ihres 60.Geburtstages, der in die Jahre 1979 bzw. 1980 fiel, jeweils rd. 100 Personen in ein Hotel. Bei den geladenen Personen handelte es sich um Mandanten, Berufskollegen und Mitarbeiter. Die Kosten dieser Veranstaltungen beliefen sich bei Rechtsanwalt A auf 8 249,82 DM und bei Rechtsanwalt B auf 11 869,06 DM. Beide Kläger machten im Rahmen der Gewinnfeststellung der Sozietät für die Jahre 1979 und 1980 diese Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte dies unter Hinweis auf § 12 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab. Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren von beiden Klägern nach § 40 Abs.2 i.V.m. § 48 Abs.1 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt.
Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen. Sie führen u.a. aus, daß sie sich zu den Einladungen verpflichtet gesehen hätten, um sich bei ihren Geschäftspartnern und Mandanten für viele vorausgegangene Einladungen zu bedanken.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO).
1. Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen aus Anlaß eines in der privaten Sphäre des Einladenden liegenden persönlichen Ereignisses sind grundsätzlich Kosten der Lebensführung; sie sind nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie zugleich der Förderung des Betriebs bzw. des Berufs dienen. Dies gilt für Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger freiberuflicher Tätigkeit oder aus nichtselbständiger Tätigkeit gleichermaßen. Aufwendungen, die aus Anlaß einer solchen Veranstaltung entstehen, werden wegen des in der privaten Sphäre wurzelnden Anlasses zur Einladung von Gästen deshalb von dem Aufteilungs- und Abzugsverbot erfaßt (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19.Oktober 1970 GrS 2/70 und GrS 3/70, BFHE 100, 309 und 137, BStBl II 1971, 17 und 21, und vom 27.November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213). Eine Ausnahme hiervon würde voraussetzen, daß sich ein den Betrieb bzw. den Beruf fördernder Anteil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen ließe und zudem nicht nur von untergeordneter Bedeutung wäre. Dies ist von der Rechtsprechung des BFH stets verneint worden.
Bereits in den Urteilen des BFH vom 12.Dezember 1968 IV R 150/68 (BFHE 94, 496, BStBl II 1969, 239 - Feier zum 50. Geburtstag eines Großhändlers) und vom 24.September 1980 I R 88/77 (BFHE 131, 494, BStBl II 1981, 108 - 65.Geburtstag eines GmbH-Gesellschaftergeschäftsführers) ist ausgeführt worden,daß Empfänge und Feiern aus Anlaß eines herausragenden Geburtstages stets ein persönliches Ereignis im Leben eines Menschen betreffen. Werde dieses Ereignis nicht nur im rein privaten Rahmen begangen, sondern werde eine besondere Veranstaltung angesetzt, um einen außerhalb der Familie stehenden Personenkreis in das Ereignis einzubeziehen, trete insoweit eine Verlagerung auf die gesellschaftliche Ebene ein. An dem Charakter der Bewirtungs aufwendungen --als durch die gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen i.S. des § 12 Nr.1 Satz 2 EStG veranlaßt-- ändere sich nichts, wenn eine besondere Einladung für Geschäftsfreunde und Mitarbeiter des eigenen Unternehmens gegeben werde, denn diese Personen würden der Einladung Folge leisten, um ein in der persönlichen Sphäre liegendes Ereignis desjenigen zu feiern, mit dem sie ständig beruflich oder geschäftlich zu tun hätten (ebenso Senatsurteil vom 15.Mai 1986 IV R 184/83, BFH/NV 1986, 657).
2. Demgegenüber sieht das FG die von beiden Klägern gegebenen Einladungen und die dadurch entstandenen Bewirtungsaufwendungen als nahezu ausschließlich betrieblich veranlaßt an. Es führt dazu aus, die Kläger hätten allein ihre Mandanten, Berufskollegen und Mitarbeiter zu einem Mittagessen gebeten, welches also in die üblichen Geschäftszeiten gefallen sei. Im Hinblick auf das den Rechtsanwälten standesrechtlich auferlegte Werbeverbot sei dies eine sich aus betrieblichen Gründen bietende Gelegenheit gewesen, auf die Tätigkeit ihrer Kanzlei aufmerksam zu machen.
Damit hat das FG den Anlaß für die Einladungen der Kläger vernachlässigt und allein auf die äußeren Umstände der Bewirtung und den Personenkreis der Gäste abgestellt. Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Ob eine Bewirtung von Geschäftsfreunden betrieblich veranlaßt ist oder nicht, wird maßgeblich durch den Anlaß der Bewirtung indiziert. Die Erreichung eines bestimmten Alters wird nicht nur bei Unternehmern als herausragendes Ereignis im Lebenslauf betrachtet. Jubilare sehen sich allgemein einer Erwartungshaltung im Kreise der Familie und der beruflichen bzw. geschäftlichen Umgebung gegenüber, dieses Ereignis in bestimmter Form unter Einbeziehung des genannten Personenkreises zu würdigen. Es wird damit einer gesellschaftlichen Konvention entsprochen, die als solche im Privaten bzw. Gesellschaftlichen angesiedelt ist. Je nach sozialer bzw. gesellschaftlicher Stellung des Jubilars bestimmt sich der Umfang seiner im Gesellschaftlichen wurzelnden Repräsentationspflichten, auch oder gerade bei solchen Ereignissen wie dem eines herausragenden Geburtstages. Die Kläger verweisen selbst darauf, daß sie sich zu ihren Einladungen auch deswegen verpflichtet gesehen hätten, um sich bei Geschäftspartnern und Mandanten für die vielen vorausgegangenen Einladungen zu bedanken. Damit bringen sie die allgemeine Lebenserfahrung zum Ausdruck, daß die gesellschaftliche Stellung eines Menschen und damit verbundene Reputation ihn veranlaßt, dementsprechend in seinen Lebenslauf fallende herausragende Ereignisse unter Einschluß nicht nur seiner Familie zu begehen. Naturgemäß sind Auswirkungen auf den beruflichen bzw. geschäftlichen Bereich des Jubilars unvermeidlich und aus seiner Sicht sogar in einem positiven Sinne erwünscht. Dies ändert aber nichts daran, daß dies Sekundärfolgen eines Verhaltens sind, mit dem der Jubilar den gesellschaftlichen Konventionen genügt.
Dementsprechend hat es der erkennende Senat auch abgelehnt, die Aufwendungen eines hohen Beamten aus Anlaß der Bewirtung von 250 Personen des öffentlichen Lebens, die er zu einem Empfang anläßlich seines 40jährigen Dienstjubiläums geladen hatte, als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen. Auch ein Dienstjubiläum stellt nach Auffassung des erkennenden Senats trotz seiner ungleich größeren Nähe zur Berufsausübung ein persönliches Ereignis und dessen festliche Begehung einen Ausfluß gesellschaftlicher Konventionen dar (Urteil vom 8.März 1990 IV R 108/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Einkommensteuergesetz 1975, § 12 Nr.1, Rechtsspruch 55 = BFH/NV 1991, 436). Im gleichen Sinn sind die Bewirtungsaufwendungen eines Geschäftsführers eines Großhandelsbetriebes aus Anlaß seines 25jährigen Dienstjubiläums behandelt worden (BFH-Urteil vom 27.April 1990 VI R 54/88, StRK, Einkommensteuergesetz 1975, § 19 WK, Rechtsspruch 105 = BFH/NV 1991, 85). Im Anschluß an seine frühere Rechtsprechung hat der I.Senat des BFH die Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden aus Anlaß des Todes des Alleingesellschafters einer GmbH als Kosten der persönlichen Lebensführung beurteilt und damit die Behandlung als betrieblichen Aufwand abgelehnt (Urteil vom 31.Juli 1990 I R 62/88, BFHE 162, 45, BStBl II 1991, 28).
3. Aus vorstehenden Erwägungen kann das Urteil des FG keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist aus den dargestellten Gründen abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 63920 |
BFH/NV 1992, 43 |
BStBl II 1992, 524 |
BFHE 167, 46 |
BFHE 1992, 46 |
BB 1992, 1330 |
BB 1992, 1330-1331 (LT) |
DB 1992, 1388 (L) |
DStR 1992, 815 (KT) |
DStZ 1992, 406 (KT) |
HFR 1992, 603 (LT) |
StE 1992, 306 (K) |
WPg 1992, 469 (S) |
StRK, R.72 (ST) |
FR 1992, 509 (KT) |
Information StW 1992, 356 (KT) |
NJW 1992, 1983 |
NJW 1992, 1983-1984 (LT) |
NWB 1993, 1396 |
NVwZ 1992, 920 (L) |
Stbg 1992, 420 (KT) |
WiR 1992, 264 (L) |
ArztR 1993, 156-157 (ST) |