Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Ersetzung des in der Anmeldung benannten Ausführers durch einen anderen im Wege der Auslegung
Leitsatz (NV)
1. Der Inhaber oder ggf. Übernehmer einer Ausfuhrlizenz hat einen Anspruch auf Ausfuhrerstattung nur dann, wenn er eine Ausfuhranmeldung abgegeben hat.
2. Zur Möglichkeit der Auslegung einer Ausfuhranmeldung dahin, dass diese nicht der in ihr Benannte, sondern der Inhaber der vorgelegten Lizenz abgegeben hat (Parallelentscheidung zum amtlich veröffentlichten Urteil VII R 25/05 vom gleichen Tage).
Normenkette
EGV 800/1999 Art. 2 Abs. 1 Buchst. i, Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1, Art. 5, 49 Abs. 1 S. 1; AusfErstV 1996 § 15; ZK Art. 65; EWGV 2913/92 Art. 65
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) begehrt vom Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt --HZA--) die Gewährung von Ausfuhrerstattung für eine Sendung Rindfleisch. Für die Sendung ist im November 1999 eine Ausfuhranmeldung abgegeben worden. In dieser war im Feld 2 "Versender/Ausführer" die Fa. K und im Feld 14 "Anmelder/Vertreter" die Klägerin eingetragen. Das Feld 54 ("Ort und Datum … Unterschrift und Name des Anmelders/Vertreters") trug einen Stempelabdruck der G-GmbH (G). In der Anmeldung wurde auf eine Ausfuhrlizenz Bezug genommen; Inhaber dieser Lizenz ist die Klägerin.
Das Ausfuhrzollamt (im Folgenden: ZA) nahm die Anmeldung an und schrieb die Ware auf der vorgenannten Lizenz ab. Später hat K dem HZA erklärt, zwar Verkäufer der Ware gewesen zu sein und G mit der Zollabfertigung beauftragt zu haben; Ausführerin sei jedoch die Klägerin gewesen.
Das beklagte HZA hat den Ausfuhrerstattungsantrag der Klägerin abgelehnt, weil diese in der Ausfuhranmeldung nicht als Ausführerin bezeichnet worden sei. Eine nachträgliche Änderung der Angaben in Feld 2 der Ausfuhranmeldung sei nach Art. 65 des Zollkodex (ZK) nicht zulässig.
Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 (VO Nr. 800/1999) der Kommission vom 15. April 1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 102/11) liege ein materiell-rechtlicher Ausführerbegriff zugrunde. Anspruch auf Ausfuhrerstattung habe nach Art. 49 Abs. 1 Unterabs. 1, Art. 2 Abs. 1 Buchst. i dieser Verordnung der Inhaber der Ausfuhrlizenz, sofern eine Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung verwendet werde. Inhaber der Lizenz sei die Klägerin gewesen.
Zwar sei in § 15 Ziff. 1 der EWG-Ausfuhrerstattungsverordnung --AusfErstV 1996-- (BGBl I 1996, 766) bestimmt, dass einen Antrag auf Ausfuhrerstattung nur stellen könne, wer in Fällen der §§ 3 und 5 AusfErstV 1996 im Feld 2 der Ausfuhranmeldung genannt ist. Die diesbezügliche Angabe stelle jedoch eine Willenserklärung dar, die auslegungsbedürftig sein könne, etwa wenn --wie im Streitfall-- die Angaben zur Person des Ausführers widersprüchlich seien und bei einer Gesamtwürdigung aller eingereichten Unterlagen kein Zweifel am tatsächlich Gewollten bestehe. Vor diesem Hintergrund halte der Senat dafür, dass § 15 Ziff. 1 AusfErstV 1996 nicht die in Feld 2 namentlich eingetragene Person, sondern die tatsächlich als Ausführer erklärte Person meine, die ggf. durch Auslegung zu ermitteln sei.
Im Streitfall ergebe die Auslegung, dass die Klägerin Ausführerin sei. Dies zeige sich insbesondere an der Ausfuhrlizenz, die auf sie ausgestellt sei. Denn der Inhaber der Ausfuhrlizenz gelte nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. i VO Nr. 800/1999 als Ausführer. Deshalb könne die Ausfuhranmeldung nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin Ausführerin sein sollte. Die Ausfuhrzollstelle habe die Anmeldung auch in diesem Sinne verstanden; das zeige sich an dem Umstand, dass sie die Sendung auf der der Klägerin erteilten Lizenz abgeschrieben habe. Es beruhe also auf einem Übertragungsfehler, wenn die Ausfuhranmeldung zum Ausführer eine abweichende Angabe gemacht habe; es handele sich um eine unschädliche Falschbezeichnung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des HZA.
Das HZA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision des HZA zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, durch Übersehen der Zollverwaltung sei die klar ersichtliche Stellung der Klägerin als Ausführerin nicht berücksichtigt worden und K im Feld 2 der Ausfuhranmeldung als Ausführerin eingesetzt geblieben. Der Fehler beim Ausfüllen des Feldes 2 sei offensichtlich gewesen; es hätten keinerlei Zweifel an der Eigenschaft der Klägerin als Ausführerin aufkommen können, was sich daran zeige, dass die Ware auf der dieser erteilten Lizenz abgeschrieben worden sei. Der Einwand des HZA, es habe auch die Lizenz der Klägerin versehentlich an Stelle einer K erteilten Lizenz beigefügt worden sein können, stelle eine reine Mutmaßung dar.
Im Übrigen hebt die Klägerin hervor, dass die Erstattungsdienstanweisung unter Abs. 22 die Möglichkeit der Berichtigung als Ausfuhranmeldung nach Art. 65 ZK vorsehe. Diese Berichtigung sei aufgrund der Entscheidung des FG erfolgt. Wenn die Dienstanweisung eine derartige Korrektur bei fehlerhafter Eintragung in der Ausfuhranmeldung zulasse, so müsse sie erst recht möglich sein, wenn sie von Seiten des Gerichts erfolge.
Überdies, so trägt die Klägerin weiter vor, müsse der Abfertigungsbeamte die Ausfuhranmeldung dahin verstanden haben, dass die Klägerin Ausführerin sein solle. Dies möge zwar im Widerspruch zu der dienstlichen Erklärung des Beamten stehen --auf welche sich die Revision beruft und wonach dieser das Auseinanderfallen von Ausführer und Lizenzinhaber nicht bemerkt haben will--; es müsse aber davon ausgegangen werden, dass er die Ware in der Lizenz in der Meinung abgeschrieben habe, die Klägerin sei auch im Feld 2 der Ausfuhranmeldung eingetragen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des HZA ist begründet und führt zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
Der Anspruch auf Ausfuhrerstattung steht --wie zwischen den Beteiligten nicht strittig ist und auch das FG nicht verkannt hat-- dem Ausführer zu. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. i VO Nr. 800/1999 ist der Ausführer die Person, die Anspruch auf die Erstattung hat. Dem entspricht die verfahrensrechtliche Bestimmung, dass nur der Ausführer den Antrag auf Zahlung der Erstattung stellen kann (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 800/1999, § 15 AusfErstV 1996).
Das FG sieht, gestützt auf Art. 2 Abs. 1 Buchst. i Satz 2 VO Nr. 800/1999, bei Verwendung einer Lizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung --darum handelt es sich im Streitfall--, ausgehend von einem "materiell-rechtlichen Ausführerbegriff", denjenigen als Ausführer an, der Inhaber oder ggf. Übernehmer der Lizenz ist. Folge man dem und sähe als Ausführer nicht vielmehr, wie es der Begriff nahe legt, denjenigen an, der die in Art. 5 VO Nr. 800/1999 im Einzelnen geregelte und vorgeschriebene Ausfuhranmeldung abgegeben und damit erklärt hat, die betreffende Ware unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung ausführen und die damit zusammenhängenden Pflichten erfüllen zu wollen, so hinge die Berechtigung des von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruchs davon ab, ob diese Pflichten erfüllt worden sind. Zu ihnen gehört, dass für die Ware von dem Ausführer eine Ausfuhranmeldung abgegeben wird. Denn nach Abs. 7 Unterabs. 1 vorgenannter Vorschrift ist jeder Ausführer von Erzeugnissen, für die er eine Erstattung beantragt, verpflichtet, die Ausfuhranmeldung (und zwar bei einer bestimmten Zollstelle und innerhalb einer bestimmten Frist) abzugeben. Wenn die Verordnung davon spricht, dass der Inhaber oder ggf. der Übernehmer der (nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 800/1999 in der Regel bei der Ausfuhr vorzulegenden) Lizenz Anspruch auf die Erstattung hat (Art. 2 Abs. 1 Buchst. i Satz 2 VO Nr. 800/1999), macht sie damit also den Anspruch auf Ausfuhrerstattung nicht etwa von der Abgabe einer Ausfuhranmeldung durch den Ausführer in einer Weise unabhängig, dass der Anspruch ungeachtet der Ausfuhranmeldung dem Inhaber oder Übernehmer der (bei der Ausfuhr vorgelegten) Lizenz zustünde. Es kann schwerlich angenommen werden, dass der Verordnungsgeber den Erstattungsanspruch lediglich davon abhängig machen wollte, dass die Ware, für die eine Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung erteilt und verwendet worden ist, tatsächlich die Gemeinschaft verlassen (und bei differenzierten Erstattungssätzen das betreffende Drittland erreicht) hat, die genauen Verfahrensregeln über die Durchführung der Ausfuhr, welche die VO Nr. 800/1999 aufstellt, bei Verwendung einer solchen Lizenz also ohne Gefahr des Verlustes des Erstattungsanspruchs missachtet werden könnten. Anders als die Klägerin meint gibt es folglich für die Berechtigung des von ihr erhobenen Anspruchs nichts Entscheidendes her, dass unstrittig eine erstattungsfähige Ware ausgeführt worden ist und sich die daran wirtschaftlich Beteiligten einig sind, dass die Klägerin die Ausfuhrerstattung erhalten sollte.
Im Streitfall hat nach den tatsächlichen Feststellungen des FG K, vertreten durch G oder die Klägerin, die Ausfuhranmeldung abgegeben, nicht die Klägerin im eigenen Namen. Anders als das FG meint, lässt sich nicht, auch nicht im Wege der Auslegung, das Ergebnis gewinnen, dass entgegen dem ersten Anschein nicht K, sondern der Klägerin die Ausfuhranmeldung zuzurechnen ist. Das ergibt sich, selbst wenn man § 15 Satz 1 Nr. 1 AusfErstV 1996 nicht mit der Revision dahin versteht, dass die namentliche Benennung des Ausführers in der Ausfuhranmeldung zwingend erforderlich ist, aus folgenden Überlegungen:
1. In der für die strittigen Waren vorschriftsmäßig abgegebenen Ausfuhranmeldung ist K als Ausführer und damit als Zurechnungsobjekt der Ausfuhranmeldung benannt worden. Die dazu im Feld 2 der Ausfuhranmeldung enthaltene Eintragung ist --zunächst für sich genommen-- einer Auslegung nicht zugänglich, weil sie nicht auslegungsbedürftig ist.
Die Ausfuhranmeldung ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber --der Zollbehörde gegenüber-- abzugeben ist. Bei einer solchen Erklärung ist grundsätzlich --auch im öffentlichen Recht-- nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Soweit der Erklärungsempfänger unter zumutbaren Anstrengungen erkennen kann, dass der Erklärende etwas anderes meint, als er nach dem buchstäblichen Sinne des von ihm Erklärten ausgesprochen hat, ist vielmehr von ihm grundsätzlich zu verlangen, dass er die Erklärung so versteht, wie sie der Erklärende meint. Ist eine Erklärung ihrem buchstäblichen Sinne nach allerdings eindeutig, so kann sich der Erklärungsempfänger im Allgemeinen darauf verlassen, dass das gemeint ist, was gesagt wird; die Rechtsordnung, in Sonderheit der Grundsatz von Treu und Glauben, muten es ihm in diesem Falle nicht zu, zu prüfen oder gar bei dem Erklärenden nachzufragen, ob dieser das, was er erklärt hat, wirklich gemeint hat. Das Bemühen einer (den buchstäblichen Sinn der Erklärung überschreitenden) Auslegung der von ihm entgegengenommenen Erklärung wird dem Empfänger grundsätzlich nur dann zugemutet, wenn und insoweit die Erklärung ihrem buchstäblichen Ausdrucke nach mehrere Deutungen des Gemeinten zulässt, deren Auslegungsbedüftigkeit sich mithin aus dem Erklärten selbst unmittelbar ergibt (wobei erst noch davon zu sprechen ist, unter welchen Voraussetzungen sich ein Auslegungsbedürfnis aus außerhalb der Erklärung liegenden Umständen ergeben kann). Das kann auch bei der Benennung einer bestimmten Person bzw. Firma als Erklärenden der Fall sein, etwa wenn dem Erklärungsempfänger unter dem angegebenen Namen mehrere Unternehmen bekannt sind, etwa das Einzelhandelsgeschäft des als Ausführer Bezeichneten, aber auch eine unter dessen Namen auftretende GmbH oder GbR. Andererseits sind der Auslegung von Namen, Ortsangaben und dergleichen im Allgemeinen von vornherein enge Grenzen gesetzt, weil es solche Angaben an sich haben, meistens eindeutig und mithin --für sich gesehen-- nicht auslegungsbedürftig und folglich nicht auslegungsfähig zu sein. Wird einem Erklärungsempfänger gegenüber eine Erklärung abgegeben, als deren Urheber A angegeben ist, so muss und kann der Erklärungsempfänger jedenfalls im Allgemeinen nicht auf die Idee und im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis kommen, nicht A, sondern B solle Urheber dieser Erklärung sein.
2. Wenn man dies berücksichtigt, bedarf es keiner weiteren Ausführung mehr, dass im Streitfall das HZA die Angabe im Feld 2 der Ausfuhranmeldung nicht auslegen musste, sondern wortwörtlich nehmen konnte, und überdies die dortige Angabe --für sich genommen-- auch schwerlich dahin verstehen konnte, nicht K, sondern die Klägerin solle als Urheberin der Ausfuhranmeldung angesehen werden und wolle dementsprechend Ausführerin und Inhaberin des Erstattungsanspruchs sein. Das könnte selbst dann nicht in Betracht kommen, wenn man entgegen der Ansicht des HZA § 15 AusfErstV 1996 und ungeschriebenen allgemeinen Grundsätzen des Ausfuhrerstattungsrechts nicht gleichsam ein (beschränktes) Auslegungsverbot hinsichtlich der Angabe des Ausführers entnehmen wollte und annehmen müsste, dass um der zügigen und Verwaltungsressourcen schonenden Abfertigung von Ausfuhrsendungen willen die Identität des Ausführers ausschließlich anhand der buchstäblichen Eintragungen in Feld 2 der Ausfuhranmeldung festzustellen ist.
3. Das HZA und der Abfertigungsbeamte des ZA mussten auch nicht deshalb die Klägerin als Ausführerin ansehen, weil nur sie die Ware unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung auszuführen berechtigt war, da sie Inhaberin der Ausfuhrlizenz war und die Rechte aus dieser Lizenz auch nicht auf die in Feld 2 der Ausfuhranmeldung benannte K in der dafür verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Weise übertragen worden waren. Die Ausfuhranmeldung war zwar, so wie sie wortwörtlich zu verstehen war, auf etwas rechtlich Unmögliches, nämlich eine Erstattungsausfuhr ohne die erforderliche Lizenz, gerichtet; sie hätte bei richtiger Sachbehandlung von dem ZA nicht angenommen, sondern zurückgewiesen werden müssen. Dass die nationale Zollbehörde dies zu Unrecht unterlassen hat, kann jedoch nicht zu Lasten der Gemeinschaft einen der Klägerin nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften nicht zustehenden Erstattungsanspruch begründen.
4. Während all dies im Ergebnis der Rechtsansicht auch des FG noch entsprechen dürfte, vermag der Senat dem FG in der für sein Entscheidungsergebnis letztlich verantwortlichen Überlegung nicht zu folgen, wem die Ausfuhranmeldung zuzurechnen ist, dürfe die Zollbehörde nicht ausschließlich anhand der Angaben in der Ausfuhranmeldung ermitteln, sondern sie müsse auch bei einer insoweit klaren und eindeutigen Benennung alle übrigen ihr bei der Ausfuhrabfertigung vorgelegten Unterlagen, insbesondere eine nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 800/1999 für den Erstattungsanspruch erforderliche Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung, berücksichtigen und bei Unstimmigkeiten zwischen den Angaben in der Ausfuhranmeldung und solchen Unterlagen --hier der Bezeichnung von K als Ausführer trotz Erteilung der für die Ausfuhr erforderlichen, vorgelegten Ausfuhrlizenz an die Klägerin-- prüfen, ob der in der Ausfuhranmeldung Bezeichnete oder ein aus solchen begleitenden Unterlagen ersichtlicher Dritter als Ausführer gemeint ist.
Mit Recht weist die Revision zunächst darauf hin, dass Unstimmigkeiten solcher Art mehrerlei Gründe haben können. So mag es nicht nahe liegend sein, ist aber keineswegs auszuschließen, dass einer Ausfuhranmeldung von deren Urheber bzw. erst recht --wie hier-- seinem Vertreter bei der Anmeldung versehentlich eine falsche Lizenz beigefügt wird, nämlich nicht die, deren Inhaber derjenige ist, der die Ausfuhranmeldung abgeben will, sondern die Lizenz eines Dritten. Ebenso mag eine diesbezügliche Unstimmigkeit mitunter auf Unkenntnis oder Übersehen der Vorschrift beruhen, dass die mit der Ausfuhranmeldung vorgelegte Lizenz auf den Ausführer ausgestellt sein muss, oder auf der irrigen Annahme, der Lizenzinhaber habe seine Rechte aus der Lizenz rechtswirksam auf den Ausführer übertragen. Dass Zweifel dieser Art im Streitfall nicht bestehen konnten, lässt sich den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht entnehmen. Die Rechtsansicht des FG, das ZA habe gleichwohl nicht K, sondern die Klägerin als Ausführerin bzw. Urheberin der Ausfuhranmeldung erkennen müssen, läuft damit im Ergebnis darauf hinaus, dass sich das ZA entweder auf eine unsichere Deutung der Ausfuhranmeldung entgegen ihrem buchstäblichen Ausdruck hätte einlassen oder bei K, G oder der Klägerin nachfragen müssen, wozu das ZA, wie keiner näheren Darlegung bedarf, nicht verpflichtet ist. Das gilt unabhängig davon, ob solche Unstimmigkeiten selten und außergewöhnlich sind, ganz abgesehen davon, dass selbst ein pflichtwidrig unterlassenes Nachfragen einen mangels Erfüllung der Ausfuhrförmlichkeiten (Abgabe einer Ausfuhranmeldung durch den Ausführer) nicht gegebenen Erstattungsanspruch nicht entstehen lassen könnte.
Das ZA musste oder durfte, anstatt die Anmeldung zurückzuweisen, den Widerspruch zwischen der Angabe des Ausführers und des Inhabers der Rechte aus der Lizenz nicht dadurch ausräumen, dass es der Lizenz gleichsam das größere Gewicht als der Ausfuhranmeldung beimaß. Denn aus seiner Sicht sprachen zwar die Angaben in der Lizenz dafür, dass die Klägerin als Ausführerin der Waren auftreten wolle; indes war aufgrund der Ausfuhranmeldung zu vermuten, dass dies K tun wolle. Eine Rechtsregel, dass in einem solchen Falle den Angaben in der Ausfuhrlizenz der Vorzug zu geben und die Ausfuhranmeldung ggf. anhand derselben von Amts wegen zu korrigieren ist, ist dem Gemeinschaftsrecht nicht zu entnehmen, insbesondere auch nicht Art. 2 Abs. 1 Buchst. i Satz 2 VO Nr. 800/1999. Das erscheint dem erkennenden Senat so wenig zweifelhaft, dass dazu eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nach Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht eingeholt werden muss.
5. Es steht nach den tatsächlichen Feststellungen des FG auch nicht fest, dass das ZA die Unrichtigkeit der in Feld 2 der Ausfuhranmeldung enthaltenen Angabe tatsächlich erkannt hat und dass deshalb ungeachtet der Auslegungsbedürftigkeit und der Auslegungsfähigkeit der im Ausfuhrverfahren abgegebenen Erklärungen die Klägerin als Ausführerin bzw. Urheberin der Ausfuhranmeldung zu gelten hätte, entsprechend dem zivilistischen Grundsatz, dass die Rechtsordnung keinen Grund hat, dem Erklärenden und dem Erklärungsempfänger die Bedeutung einer Erklärung aufzudrängen, die keiner von ihnen gemeint hat (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., S. 299), mit anderen Worten: einer von beiden übereinstimmend verstandenen Erklärung eine hiervon abweichende Bedeutung beizulegen.
Die Revision hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Abschreibung der Ausfuhrwaren auf der der Klägerin erteilten Lizenz ebenso gut wie darauf, dass der Abfertigungsbeamte die Klägerin als Ausführerin entgegen dem buchstäblichen Ausdruck der Ausfuhranmeldung angesehen hat, darauf beruhen kann, dass er nicht bemerkt hat, dass die Lizenz nicht dem Ausführer, sondern der Klägerin erteilt worden ist, wobei in dem ersteren Falle ohnehin unerklärlich bliebe, warum er die Eintragung im Feld 2 dann nicht von sich aus berichtigt hat. Eine für den erkennenden Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindende, nämlich nach den vorliegenden Beweismitteln nachvollziehbare tatsächliche Feststellung des FG, dass Ersteres der Fall war, lässt sich dem angefochtenen Urteil jedenfalls nicht entnehmen, so dass die Frage unentschieden bleiben kann, ob der vorgenannte zivilistische Rechtsgrundsatz im Gemeinschaftsrecht und insbesondere bei einer Erklärung wie der Ausfuhranmeldung überhaupt angewandt werden kann, deren Bedeutung sich nicht im Verhältnis zwischen dem Abfertigungsbeamten und dem Ausführer erschöpft, sondern die für das gesamte weitere Verwaltungsverfahren bestimmend ist.
6. Das Urteil des FG verletzt überdies nach Ansicht des erkennenden Senats auch ungeachtet dieser Überlegungen Bundesrecht, weil es dem Abfertigungsbeamten bzw. dem beklagten HZA eine Prüfung der Ausfuhranmeldung abverlangt, die diesen nach Sinn und Zweck der einschlägigen Rechtsvorschriften nicht abverlangt werden darf. Die Ausfuhr von Waren unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung ereignet sich massenhaft und ist deshalb in verfahrensmäßiger Hinsicht ins Einzelne gehend durch Rechtsvorschrift geregelt und durch die vorgeschriebene Verwendung bestimmter Formulare ausgestaltet. Es macht keinen Sinn, vorzuschreiben, dass bestimmte Angaben in bestimmten Feldern eines bestimmten Formulars einzutragen sind, wenn nicht grundsätzlich diese Eintragungen maßgeblich sein sollen, sondern der Abfertigungsbeamte sich aus dem mehr oder weniger großen Konvolut ihm vorgelegter sonstiger Unterlagen --der Ausfuhranmeldung, der Lizenz oder z.B. dem bill of lading, welches das HZA offenbar ergänzend herangezogen wissen will-- selbst zurechtlegen muss, wer als Ausführer der angemeldeten Sendung zu gelten hat. Der eingangs erwähnte Grundsatz, dass von dem Empfänger einer Erklärung verlangt wird, diese unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände so zu verstehen ("auszulegen"), wie der Erklärende sie meint, stellt eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar; er gilt folglich nicht ungeachtet der Umstände des Einzelfalls und bereichstypischer besonderer Gegebenheiten, insbesondere des für den Erklärenden erkennbaren Interesses des Erklärungsempfängers, dass die ihm gegenüber abgegebenen Erklärungen klar und eindeutig sind und keiner Auslegung anhand außerhalb der Erklärung selbst liegender Umstände bedürfen. Der Grundsatz gilt mit anderen Worten nur in den Grenzen dessen, was dem Erklärungsempfänger zumutbar ist und von ihm billigerweise erwartet werden kann. Er verlangt deshalb nicht, dass ein Zollbeamter die ihm bei einem Abfertigungsvorgang vorliegenden Unterlagen mit den Methoden und subtilen Erwägungen prüft, die das FG im Streitfall angewendet hat. Er muss sich vielmehr grundsätzlich darauf verlassen können, dass derjenige Ausführer sein soll, der in Feld 2 der Ausfuhranmeldung mit Firmenbezeichnung und Anschrift angegeben ist.
7. Sofern das Urteil des FG dahin zu verstehen sein sollte, dass das FG weitergehende Auslegungsanstrengungen nicht dem Abfertigungsbeamten, der die Ausfuhranmeldung entgegennimmt, abverlangen will, sondern der Erstattungsstelle des beklagten HZA, so könnte dem, wie auch die Revision sinngemäß mit Recht geltend gemacht hat, erst recht nicht gefolgt werden. Wer Ausführer einer Warensendung ist, entscheidet sich bei der Annahme der Ausfuhranmeldung und kann nicht gleichsam im Nachhinein von der Erstattungsbehörde oder gar von dem FG anhand von Umständen ermittelt werden, die zu berücksichtigen von dem Abfertigungsbeamten nicht verlangt wird oder die ihm sogar nicht einmal bekannt waren.
8. Da auch die im Streitfall rechtsfehlerhaft vorgenommene Abschreibung auf der der Klägerin erteilten Lizenz dieser keinen Anspruch auf Ausfuhrerstattung verschafft (EuGH-Urteil vom 26. April 1988 Rs. 316/86, EuGHE 1988, 2213), kann die Klägerin mithin einen solchen Anspruch nicht mit Erfolg geltend machen.
Fundstellen
Haufe-Index 1718315 |
BFH/NV 2007, 1209 |