Leitsatz (amtlich)
§ 22 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BefStDV ist durch die Ermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 BefStG gedeckt;
Entrichtungsschuldner für die BefSt ist, wer die Beförderungsverträge im eigenen Namen abgeschlossen hat, auch wenn ein anderer die Beförderungen ausführt. In wessen Verantwortung und auf wessen Rechnung dieser andere die Beförderungen ausführt, ist unerheblich.
Normenkette
BefStG § 7 Abs. 2; BefStDV § 22 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger betrieb Güternah- und -fernverkehr mit mehreren Kraftfahrzeugen und Fahrern. Im Güterfernverkehr transportierte er im wesentlichen Filmkopien von Filmverleihfirmen an verschiedene Filmtheater. Vertragspartner waren überwiegend die Filmtheater; in einigen Fällen die Verleiher selbst.
Auf Grund einer Betriebsprüfung des mit der Revision beklagten Finanzamts als Beförderungsteuerstelle der Oberfinanzdirektion (FA) hatte das FA vom Kläger für Filmtransporte von Filmverleihern zu Filmtheatern folgende Beförderungsteuern gefordert:
1. August bis 31. Dezember 1955 ------------ 189,30 DM -------------------------- 1956 ------------ 509,35 DM -------------------------- 1957 ------------ 593,75 DM -------------------------- 1958 ------------ 853,15 DM -------------------------- 1959 ------------ 881,10 DM ------------------------------------------ 3.026,65 DM.Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
In der Berufung wiederholte der Kläger, nicht er schulde die Beförderungsteuern, sondern B., der mit Wirkung ab 1. August 1955 von ihm einen Kombi und die sogenannte "X-Tour" gekauft habe und somit, wie sich aus dem Vertrag ergebe, Unternehmer dieser Filmtransporte geworden sei.
Das FA dagegen ist der Meinung, der Kläger sei bis zum 1. November 1960 Unternehmer der Filmtransporte gewesen: Erst zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger den Filmtheatern per Rundschreiben mitgeteilt, daß er aus gesundheitlichen Gründen die Filmtransporte an B. abgegeben habe, und gleichzeitig erbeten, durch Unterschrift zu bestätigen, daß sie die weitere Belieferung durch B. wünschten.
Das FG hat B., sowie Herrn Z, einen langjährigen Angestellten des Klägers, als Zeugen vernommen.
Das FG hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Nach seiner Ansicht hat das FA den Kläger zu Recht in Anspruch genommen. Nach der Vorschrift des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BefStDV 1955 komme es darauf an, wer eine Beförderung für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausführe, dann nicht an, wenn ein anderer den Beförderungsvertrag im eigenen Namen mit dem Auftraggeber abgeschlossen habe. Das Innenverhältnis zwischen dem beauftragten Unternehmer zu dem, der den Auftrag effektiv ausführe, bleibe außer Betracht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe B. weder mit den Filmtheatern noch mit den Filmverleihern im eigenen Namen Beförderungsverträge abgeschlossen. Neue Kunden habe B. im Namen des Klägers geworben.
Mit der Revision rügt der Kläger unrichtige Auslegung des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BefStDV. Er räumt ein, daß B. die Beförderungsverträge nicht im eigenen Namen, sondern im fremden Namen abgeschlossen habe. Seiner Ansicht nach ist der Tatbestand des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BefStDV jedoch nicht erfüllt, wenn derjenige, der die Beförderungen ausführt, unabhängig von Weisungen und auf eigene Rechnung gehandelt hat. Er bezieht sich erneut auf das Urteil des FG Nürnberg II 156/58 vom 20. März 1959 (EFG 1959, 367) und die darin zitierte Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und weist darauf hin, daß das FA zur Zahlung der Beförderungsteuern den B. herangezogen habe und dieser den größten Teil der Beförderungsteuern inzwischen gezahlt habe.
Der Senat hat in der Sitzung vom 14. Oktober 1966 beschlossen, den BdF gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO zum Beitritt aufzufordern, weil er Bedenken hegte, ob sich § 22 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BefStDV im Rahmen der Ermächtigungsvorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 2 BefStG 1955 hält. Der BdF ist dem Verfahren beigetreten; seiner Ansicht nach ist § 22 Abs. 2 Nr. 2 BefStDV mit der Ermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 BefStG vereinbar.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. -
Nach der Vorschrift des § 22 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BefStDV hat derjenige Unternehmer - als Entrichtungsschuldner gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BefStG - die Beförderungsteuer zu entrichten, der den Beförderungsvertrag im eigenen Namen abgeschlossen hat, aber die Beförderung durch einen anderen ausführen läßt. Diese Bestimmung fußt auf der Ermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 BefStG, nach der der Verordnungsgeber in Fällen, in denen mehrere Unternehmer eine Beförderung ausführen, einem von ihnen die Zahlungspflicht auferlegen kann; der Verordnungsgeber kann demnach unter mehreren nach dem BefStG Haftenden einen Unternehmer heranziehen und die anderen von ihrer Haftung freistellen.
Gegenstand der Besteuerung ist nach § 1 Abs. 1 BefStG die tatsächliche Beförderung; Unternehmer im Sinne des § 7 BefStG ist demnach derjenige, der die tatsächliche Beförderung ausführt; Steuerschuldner, der aber regelmäßig nicht heranzuziehen ist (§ 7 Abs. 3 BefStG), ist derjenige, der dem Unternehmer den Beförderungspreis zu zahlen hat.
Schuld und Entrichtungsverpflichtung knüpfen sonach grundsätzlich an den Vorgang der Beförderung an. Es fragt sich, ob § 7 Abs. 2 Satz 2 BefStG nach Inhalt, Zweck und Ausmaß (Art. 80 Abs. 1 GG) den Verordnungsgeber ermächtigt hat, durch Rechtsverordnung auch eine Person zur Beförderungsteuer heranzuziehen, die lediglich einen Beförderungsvertrag geschlossen hat, die Beförderung aber nicht selbst ausführt (durchführt), wobei auch unbeschadet der umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereigenschaft (§ 1 Abs. 3 BefStG) ins Auge zu fassen ist, ob Beförderungsunternehmer im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BefStG der Vertragschließende ist.
§ 7 Abs. 2 Satz 2 BefStG ermächtigt den BdF für die Fälle, in denen eine Beförderung durch mehrere Unternehmer ausgeführt wird, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen die Steuer nur durch einen der Unternehmer zu entrichten ist. Er geht also eindeutig davon aus, daß zumindest einem der beteiligten Unternehmer die ganze Beförderungsstrecke zugerechnet werden kann. Diese Ermächtigung umfaßt sogar den Fall, daß der vertragliche Hauptunternehmer keinen Teil der Strecke selbst fährt, sondern die ganze Beförderung weitergibt. Aber sie beruht ersichtlich auf der bereits den Materialien zum BefStG 1917 (vgl. die amtliche Begründung zum § 1 des Entwurfs des BefStG 1917, Reichstagsdrucksache Nr. 631, 13. Legislaturperiode, 2. Session 1914/1917) zugrunde liegenden Vorstellung, daß Unternehmer einer einheitlichen Beförderung fremder Güter nicht nur derjenige ist, der sie tatsächlich durchführt, sondern auch derjenige, der die Beförderung vertraglich übernimmt und durch andere Unternehmer ausführen läßt. Bei unverändertem Gesetzestext sind die Motive auch heute noch die gleichen geblieben. Diese bei der Beratung des BefStG geäußerte Auffassung findet in folgenden überlegungen ihre Rechtfertigung. Den in der Praxis denkbaren Fällen wird eine Betrachtungsweise nicht gerecht, die allein auf die "tatsächliche Beförderung" abstellt. Das ist lediglich die unmittelbare Form der Leistung (§ 1 Nr. 1 UStG, § 1 Abs. 3 BefStG) in Gestalt der Beförderung. Bei vertraglicher Grundlage liegt eine Leistung aber auch dann vor, wenn ein Unternehmer die Beförderung durch einen anderen Unternehmer ausführen läßt (Klein- Schrötter, Kommentar zum Verkehrsfinanzgesetz, Erläuterungen zu § 1 II Ziff. 15 ff.). § 7 Abs. 2 Satz 2 ermächtigt demnach nicht nur dazu, unter mehreren Unternehmern, die nacheinander oder nebeneinander tätig werden, einen zum Entrichtungsschuldner der gesamten Steuer zu machen, sondern auch dazu, die Entrichtung der Steuer einer Person aufzuerlegen, welche selbst keine Beförderung ausführt.
Bereits der RFH hat im Urteil II A 190/22 vom 10. Oktober 1922 (Mrozek-Kartei, Beförderungsteuergesetz 1917, § 2 Abs. 1 a, Rechtsspruch 1) die Auslegung vertreten, daß der Begriff der Beförderung überall da erfüllt ist, wo eine der Raumüberwindung für Personen und Güter dienliche Tätigkeit entfaltet wird. Der BFH ist dieser Auslegung im Urteil II 176/51 U vom 14. Dezember 1951 (BFH 56, 52, BStBl III 1952, 22) beigetreten. Das Ausführen - in § 1 Abs. 1 Satz 2 BefStG 1955 ist das Wort "Durchführen" gebraucht - schließt nicht diejenigen Fälle aus, in denen ein Unternehmer den tatsächlichen Beförderungsvorgang nicht in eigener Person, sondern unter Verwendung einer selbständigen Hilfsperson oder von Hilfspersonen bewirkt. Die Deutsche Bundesbahn übernimmt z. B. im Fall des Schienenersatzverkehrs die Beförderung für die ganze Strecke und wird hinsichtlich der ganzen Strecke beförderungsteuerpflichtig, weil die eingeschalteten Unternehmer zum Absender in keine Rechtsbeziehung eintreten. Für die Frage, ob ein Reisebüro bei Veranstaltung von Gesellschafts- und Pauschalreisen, soweit die Beförderungen von fremden Unternehmern ausgeführt werden, auch Beförderungsunternehmer ist, hat der erkennende Senat im Urteil II 184/58 U vom 29. November 1961 (BFH 74, 306, BStBl III 1962, 118) die mit den Fremdunternehmern abgeschlossenen Verträge für ausschlaggebend gehalten. Wenn das Reisebüro mit dem Fremdunternehmer einen Unterbeförderungs-, Miet- oder ähnlichen Vertrag abgeschlossen habe, so sei es selbst der Beförderungsunternehmer, weil es die der Raumüberwindung dienende Tätigkeit dem Fahrtteilnehmer gegenüber selbst entfalte.
Die Vereinbarkeit des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BefStDV 1955 mit der Ermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 BefStG 1955 läßt sich auch aus § 7 Abs. 1 - 3 BefStG 1955 ableiten. Diese Bestimmungen befassen sich mit der entgeltlichen Beförderung für Dritte. Entgeltliche Güterbeförderung für Dritte ist regelmäßig Frachtführertätigkeit im Sinne von §§ 425 ff. HGB. Frachtrechtlich wird die Beförderung vom Frachtführer ausgeführt, der sich bei Ausüben seiner Tätigkeit auch anderer Personen bedienen, also auch weitere Frachtführer zur Ausführung der diesen übertragenen Beförderung heranziehen kann. Auch hier ergibt sich die Frage, ob Unternehmer im Sinne von § 7 Abs. 2 BefStG nur sein kann, wer tatsächlich das Beförderungsgut selbst fortbewegt. Das ist aber zu verneinen. Nach § 7 Abs. 3 BefStG ist der Steuerschuldner nicht in Anspruch zu nehmen, soweit er den Beförderungspreis an den Unternehmer gezahlt hat. Unternehmer im Sinne des Abs. 3 kann nur, wie sich aus dem Sachzusammenhang ergibt, der in Abs. 2 genannte Unternehmer sein, welcher die Steuer zu entrichten hat, weil er die Beförderung "ausgeführt" hat. Nach dem Wortlaut des Abs. 2 kommen auch mehrere Unternehmer in Betracht. § 7 Abs. 3 regelt danach von Gesetzes wegen den Tatbestand, daß ein Unternehmer, der nicht selbst das Gut befördert, den Beförderungspreis erhält, weshalb der Steuerschuldner nicht in Anspruch zu nehmen ist. Ist dies der Fall, dann wird klar, daß § 7 Abs. 2 mit dem Begriff "Beförderung ausführen" nicht nur den Unternehmer gemeint hat, der das Gut selbst befördert, sondern auch denjenigen, der die Beförderungsleistung durch andere erbringen läßt. Diese Leistung wird als eine einheitliche Beförderung auf Grund eines Vertrages erbracht (Hinweis auf § 4 Abs. 3 BefStDV). Trotz gewisser Bedenken, die sich aus der ungenauen Fassung des § 7 Abs. 3 BefStG ergeben, erscheint dem Senat das Ergebnis unausweichlich, daß § 22 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BefStDV durch die Ermächtigung in § 7 Abs. 2 BefStG gedeckt ist.
II. - Der Kläger hat die Beförderungsteuer für die streitigen Filmtransporte gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BefStG, § 22 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BefStDV zu entrichten; denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat er die diesbezüglichen Beförderungen durch B. - als Unterbeförderer - ausführen lassen. Beförderungsvertrag in diesem Sinne ist der Vertrag zwischen dem Auftraggeber und einem Beauftragten, nicht der Vertrag zwischen dem Beauftragten und einem Unterbeförderer. Ob B. die Beförderungen in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung ausgeführt hat, ist nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BefStDV unerheblich.
Falls der Kläger die ursprünglichen Beförderungsverträge mit den Filmtheatern und Filmverleihern nicht schon unbefristet abgeschlossen hat, sind sie durch konkludentes Handeln oder stillschweigend entweder ohne weiteres verlängert worden oder aber B. hat, wie der Kläger zugibt, im Namen des Klägers erneut kontrahiert.
Der 1955 zwischen dem Kläger und B. geschlossene übergabe- und Kaufvertrag konnte B. nicht zum Vertragspartner der Filmtheater und Filmverleiher machen. Die vertragsrechtliche Stellung, die der Kläger auf Grund seiner Beförderungsverträge mit den Filmtheatern und Filmverleihern diesen Vertragspartnern gegenüber hatte, konnte er nämlich nicht ohne deren Zustimmung auf B. übertragen. Diese übertragung hätte eine änderung der Beförderungsverträge zur Folge gehabt und somit gemäß § 305 BGB eines Vertrages zwischen den ursprünglichen Vertragspartnern bedurft. Einen änderungsvertrag hat der Kläger erst mit seinem Rundschreiben an die Filmtheater vom 1. November 1960 und den zur gleichen Zeit herausgegangenen Rundschreiben an die Filmverleiher angestrebt.
Aus dem Vertrag zwischen dem Kläger und B. ist keine den Kläger von der Beförderungsteuerschuld befreiende Schuldübernahme herzuleiten. Selbst wenn sich B. bei Vertragsschluß verpflichtet hätte, die für die "X-Tour" anfallenden Beförderungsteuern zu entrichten, so hätte diese Verpflichtung nur privatrechtliche Wirkungen, und zwar allein dem Kläger gegenüber, entfalten können. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß B. die Beförderungsteuerschuld des Klägers inzwischen ganz oder zum großen Teil getilgt hat. Gemäß § 267 BGB konnte B. die Schuld des Klägers ohne dessen Einwilligung entrichten. Das FA hätte die Zahlung des B. gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur ablehnen können, wenn der Kläger ihr widersprochen hätte, was nicht geschehen ist.
Das vom Kläger zitierte Urteil des FG Nürnberg II 156/58 (a. a. O.) läßt sich zum Vergleich nicht heranziehen, denn der zu entscheidende Sachverhalt gab offenbar zur Anwendung des § 22 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BefStDV keinen Anlaß.
Fundstellen
Haufe-Index 412625 |
BStBl III 1967, 650 |
BFHE 1967, 394 |
BFHE 89, 394 |