Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff der Schenkung unter einer Auflage im Sinne des § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG.
Schenkt ein Ehemann seiner Ehefrau ein Grundstück und geht dabei die auf dem Grundstück ruhende Grundschuld an die Ehefrau über, wird dagegen über die übernahme der persönlichen Schuld durch die Ehefrau ausdrücklich nichts vereinbart, so spricht die tatsächliche Vermutung dafür, daß der Ehemann im Innenverhältnis zur Ehefrau auch von der persönlichen Schuld befreit sein sollte. Der Ehefrau bleibt es unbenommen, diese Vermutung zu widerlegen. Dem Urteil des Reichsfinanzhofs II A 298/28 vom 17. Juli 1928 (Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919/1927, § 12 Abs. 2 Satz 1 Rechtsspruch 54 = StuW 1930 Nr. 136) wird beigetreten.
Die Grundschuld ist zu bewerten. Als Wert ist nicht in allen Fällen der Nennbetrag der Grundschuld anzusetzen. Vielmehr ist dieser Wert zu schätzen und kann im Einzelfall sogar 0 DM ausmachen.
Normenkette
GrEStG § 3 Ziff. 2, § 11/2/2
Tatbestand
Die Bfin. und ihr Ehemann waren je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 4. Mai 1956 schenkte der Ehemann seinen Miteigentumsanteil der Bfin. Im Vertrag heißt es u. a.:
"Die in Abt. III des Grundbuchs unter lfd. Nr. 1 zugunsten der Bausparkasse ... eingetragene Grundschuld in Höhe von 16.700 DM geht mit über.
Hierin ist nicht die übernahme einer Verbindlichkeit zugunsten der Gläubigerin durch die Ehefrau .... zu erblicken. Denn die Ehefrau ... hatte sich bereits in der zugrunde liegenden Schuldurkunde als Gesamtschuldnerin zur Zahlung des Grundschuldbetrages verpflichtet.
Infolgedessen kommt eine Grunderwerbsteuer für den halben Betrag der Grundschuldforderung auf Grund des heutigen Schenkungsvertrages nicht zum Zuge."
Demgegenüber erblickte das Finanzamt in dem übergang der halben Grundschuld (= 8.350 DM) eine Auflage im Sinne des § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG und setzte die Grunderwerbsteuer auf 584,50 DM (7 v. H. von 8.350 DM) fest.
Die Bfin. macht geltend, sie sei bereits zusammen mit ihrem Ehemann zur Erfüllung der persönlichen Schuld gesamtschuldnerisch verpflichtet; in dem Schenkungsvertrag seien keine Anhaltspunkte dafür enthalten, daß im Innenverhältnis der Eheleute der Ehemann von seiner anteiligen persönlichen Schuld ganz oder teilweise befreit sein solle.
Einspruch und Berufung wurden als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. ist ohne Erfolg.
Nach § 3 Ziff. 2 Satz 1 GrEStG sind Grundstücksschenkungen von der Grunderwerbsteuer befreit. Dies gilt jedoch nicht, soweit derartige Schenkungen unter Auflagen vorgenommen werden (ß 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG). Unter einer "Auflage" im Sinne dieser Vorschrift ist nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs II A 28/30 vom 25. Februar 1930 (RStBl 1939 S. 209, Slg. Bd. 26 S. 227) ohne Rücksicht auf die für das bürgerliche Recht nicht unstreitige Begriffsbestimmung jede dem Beschenkten als solchem auferlegte Leistung zu verstehen, die seine Bereicherung und damit auch die für die Zuwendung gegebenenfalls zu erhebende Schenkungsteuer herabmindert. Die Auflage kann in Leistungen jeder Art, z. B. auch in der übernahme der auf dem Grundstück ruhenden Belastungen, insbesondere in der übernahme eingetragener Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden, bestehen. Eine solche Auflage ist im Streitfall schon deshalb gegeben, weil die Bfin. vom Zeitpunkt des Eigentumswechsels an auch mit der auf sie übergegangenen, bis dahin dem Ehemann gehörigen Grundstückshälfte für die Grundschuld dinglich haftete.
Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich aus einem Vergleich mit den Fällen der gemischten Schenkung. In diesen Fällen ist die Grunderwerbsteuer zu erheben, soweit eine Gegenleistung gewährt wird. Nach § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 1 GrEStG gehören zur Gegenleistung auch die Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen. Wäre also keine Auflageschenkung, sondern der Fall einer gemischten Schenkung gegeben, so wäre bereits auf Grund der bezeichneten Vorschrift der Wert der Grundschuld zur Besteuerungsgrundlage zu rechnen. Etwas anderes kann aber auch dann nicht gelten, wenn statt einer gemischten Schenkung eine Auflageschenkung vorliegt. Denn die Regelung im § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG hat lediglich den Zweck, gemischte Schenkungen und Auflageschenkungen gleichmäßig zu behandeln. Ist also in den Fällen einer gemischten Schenkung eine Grunderwerbsteuer zu erheben, so soll das gleiche gelten, wenn die Schenkung nicht als gemischte Schenkung, sondern als Auflageschenkung anzusprechen ist. Ebenso wie in den Fällen der gemischten Schenkung genügt somit bei Auflageschenkungen, daß Grundstücksbelastungen von dem Veräußerer auf den Erwerber übergehen. Daß der Beschenkte gegenüber dem Gläubiger der der Belastung zugrunde liegenden persönlichen Schuld Verpflichtungen übernimmt, ist dagegen nicht erforderlich. Nur der Umstand, daß die Bfin. im Streitfall bereits dem Grundschuldgläubiger gegenüber persönliche Schuldnerin der Forderung in Gesamtschuld mit ihrem Ehemann, war, kann demnach die Entscheidung nicht beeinflussen.
Demgemäß ist seit jeher in dem übergang einer Grundschuld eine Leistung des Beschenkten an den Schenker erblickt worden. Siehe dazu das Urteil des Reichsfinanzhofs II A 351/29 vom 27. August 1929 (Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919/1927, § 12 Abs. 2 Satz 1 Rechtsspruch 54 = Steuer und Wirtschaft - StuW - 1930 Nr. 136).
Eine andere Frage ist aber, wie hoch die Grundschuld zu bewerten ist. Vgl. das Urteil des Reichsfinanzhofs II A 63/23 vom 10. April 1923 (Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919, § 12 Abs. 2 Satz 1 Rechtsspruch 9 = StuW 1923 Nr. 569). Nach diesem Urteil ist dann, wenn der aus der Grundschuld in Anspruch genommene Grundstückserwerber berechtigt ist, von dem Veräußerer Ersatz zu verlangen, als Wert der Grundschuld nicht in allen Fällen deren Nennbetrag anzusehen; vielmehr ist dieser Wert zu schätzen und kann im Einzelfall sogar 0 DM ausmachen. Eine Bewertung mit einem Betrage, der unterhalb des Nennbetrages liegt, ist insbesondere dann möglich, wenn an die Stelle der Hypothek oder der Grundschuld die Ersatzansprüche aus der zugrunde liegenden persönlichen Schuld treten, es sei denn, daß die Rückgriffsansprüche des Erwerbers im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs uneinbringlich oder wahrscheinlich uneinbringlich sind.
Im Streitfall ist das Finanzgericht der Auffassung, daß der Ehemann der Bfin. im Innenverhältnis zur Bfin. von der persönlichen Schuld befreit sein sollte. Das Finanzgericht kann sich für seine Auffassung u. a. auf ein Urteil des Reichsfinanzhofs II A 298/28 vom 17. Juli 1928 (Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919/1927, § 8 Nr. 1 Rechtsspruch 20 = StuW 1928 Nr. 623) beziehen. Nach diesem Urteil ist in Fällen, in denen ein Ehemann seiner Ehefrau ein Grundstück in der Weise schenkt, daß die Hypothek bestehen bleibt, tatsächlich zu vermuten, daß der Ehemann auch von der persönlichen Schuld befreit sein soll, selbst wenn über die übernahme der persönlichen Schuld ausdrücklich nichts vereinbart ist. Der Auffassung des Reichsfinanzhofs wird beigetreten. Im Regelfall wird also nicht davon ausgegangen werden können, daß der Ehemann der Ehefrau einerseits das Grundstück schenken und ihr andererseits noch das Recht einräumen wollte, für den Fall ihrer Inanspruchnahme aus der Grundschuld von dem schenkenden Ehemann Ersatz zu verlangen. Vielmehr wird regelmäßig angenommen werden müssen, daß der Ehegatte dem anderen Ehegatten das Grundstück in dem Zustand schenkt, in dem es sich befindet (insbesondere also auch mit der Verpflichtung, für die Grundstückslasten persönlich einzustehen), nicht aber, daß der schenkende Ehegatte zusätzlich auch die den Grundstücksbelastungen zugrunde liegenden persönlichen Schulden tragen will.
Allerdings betrifft das Urteil des Reichsfinanzhofs einen Fall, in dem das Grundstück mit Hypotheken belastet war, während hier eine Grundschuldbelastung vorliegt. Es besteht aber kein innerer Grund, die mit einer Grundschuld zusammenhängenden persönlichen Schulden anders zu behandeln als die persönlichen Schulden, die durch Hypotheken gesichert werden.
Daß die Bfin. im Außenverhältnis zum Gläubiger zusammen mit ihrem Ehemann gesamtschuldnerisch für die persönliche Schuld einzustehen hatte, ist ohne Einfluß. Die Grundschuld ist bereits dann mit dem Nennbetrag zu bewerten, wenn der Bfin. im Innenverhältnis zu ihrem Ehemann Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zustehen sollten.
Das Finanzgericht ist auf Grund sorgfältiger Erwägungen zu der Auffassung gelangt, daß der Bfin. gegen ihren Ehemann Ausgleichsansprüche nicht zustehen sollten. Soweit es sich hierbei um tatsächliche Feststellungen handelt, sind diese für den Senat bindend, es sei denn, was jedoch im Streitfall nicht zutrifft, daß eine Verletzung von Rechtsnormen oder ein Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten vorliegt. Siehe dazu § 288 Nr. 1, § 296 Abs. 1 AO. Wie auch das Finanzgericht ausführt, kann aus den Abmachungen im Vertrag vom 4. Mai 1956 sogar gefolgert werden, daß die Ehefrau die persönlichen Schulden ausdrücklich übernehmen wollte. In der Vereinbarung, daß die Grundschuld in Höhe von 16.700 DM auf die Bfin. übergeht, eine nichtssagende Vereinbarung zu erblicken, weil die Bfin. bereits im Verhältnis zum Grundschuldgläubiger gesamtschuldnerisch für die Grundschuld persönlich einzustehen hatte, ist bedenklich.
Anzuerkennen ist, daß die Vermutung, die Bfin. habe auch die persönliche Schuld übernommen, dann nicht begründet ist, wenn der Wert der persönlichen Schuld den Wert des geschenkten Grundstücks nicht unerheblich übersteigt. Die Bfin. hat jedoch nur allgemein behauptet, daß ein solcher Fall vorliege, ihre Auffassung aber nicht näher begründet. Der Senat sieht sich somit zu einer Stellungnahme außerstande. Im übrigen hat die Bfin. ihre dahingehende Behauptung erstmalig in dieser Instanz aufgestellt. Neues tatsächliches Vorbringen ist aber in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr zulässig (ß 288 Nr. 1, § 296 Abs. 1 AO).
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahingestellt bleiben, ob eine Auflage im Sinne des § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG auch darin zu erblicken ist, daß der Ehemann im Innenverhältnis zur Bfin. von Ausgleichsansprüchen befreit sein sollte. Als solche Auflage ist es vielmehr bereits anzusehen, daß eine mit dem Nennbetrag zu bewertende Grundschuld auf die Bfin. überging. Ebenso ist grunderwerbsteuerlich im Ergebnis nicht von Belang, ob der Erwerbsvorgang statt als Auflageschenkung als gemischte Schenkung anzusprechen ist.
Die Rb. war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409752 |
BStBl III 1960, 412 |
BFHE 1961, 436 |
BFHE 71, 436 |
StRK, GrEStG:3 R 20 |
DNotZ 1961, 209 |