Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuerfreies Halten von Fahrzeugen zur Abfallbeseitigung
Leitsatz (NV)
Ein Fahrzeug zum Abtransport von Toilettenkabinen, die noch entleert werden müssen, wird zur Abfallbeseitigung (Abfallentsorgung) im Sinne von § 3 Nr. 4 Buchst. b KraftStG 1979 verwendet. Sein Halten ist nach dieser Vorschrift kraftfahrzeugsteuerfrei (hier: Fahrzeug mit Absaugvorrichtung und Ladefläche für eine Kabine).
Normenkette
KraftStG 1979 § 3 Nr. 4 Buchst. b, § 5 Abs. 2 S. 3
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Fäkalienbeseitigung unter Einsatz transportabler Toilettenkabinen, die sie zur Aufstellung auf Baustellen, Autobahnraststätten und bei Festveranstaltungen vermietet. Die Klägerin hält für diesen Zweck mehrere Fahrzeuge, darunter das Fahrzeug . . ., das mit einem Tank und Vorrichtungen zum Absaugen der in den Kabinen befindlichen Abfälle ausgestattet ist. Hinter dem Tank befindet sich eine für den Transport einer Kabine eingerichtete Ladefläche. Die Kabinen werden mit einem leeren Sammelbehälter zum Aufstellungsort gebracht. Bleibt die Kabine länger dort, so wird sie zwischenzeitlich mittels der Absaugvorrichtung des Fahrzeugs entleert. Bei kürzerem Verbleib wird die Kabine mit dem Fahrzeug zur Deponie gebracht, erst dort entleert und nach Reinigung erneut eingesetzt. Zum Transport von Kabinen im übrigen ist das Fahrzeug schon nach seiner Bauart nicht geeignet.
Das Finanzamt - FA - stellte das Halten des Fahrzeugs zunächst gemäß § 3 Nr. 4 Buchst. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1979 von der Kraftfahrzeugsteuer frei, setzte jedoch mit Bescheid vom 22. Juni 1983 Kraftfahrzeugsteuer fest, weil die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung weggefallen seien. Die gegen die Festsetzung gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, eine ausschließliche Verwendung des Fahrzeugs zur Abfallbeseitigung sei gegeben, auch wenn die Ladefläche zur Aufnahme einer (nicht entleerten) Kabine genutzt werde. Auch deren Beförderung diene unmittelbar der Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks. Dieser decke sich unmittelbar mit der Beförderung. In Vergleichsfällen komme Steuerbefreiung auch in Betracht, wenn Müllcontainer zum Sammeln zunächst aufgestellt und später abgeholt würden.
Das FA macht mit der Revision geltend, auf den Fahrzeugen der Klägerin befinde sich zwischen Führerhaus und Tank eine Ladefläche mit Ladekran, die Platz für zwei Toilettenkabinen biete. Mit dem Fahrzeug würden die leeren Kabinen zum Einsatzort transportiert. Der Einsatz erfolge nicht nur zur Abfallbeseitigung, sondern auch zum Transport der Kabinen zum und vom jeweiligen Einsatzort, mithin auch zu dem selbständigen, nicht begünstigten Zweck der Beförderung von Toilettenkabinen.
Die Klägerin meint, die Steuerbefreiung könne nicht davon abhängen, ob sich der gesamte transportierte Abfall in einem Behältnis oder in mehreren Behältnissen - darunter eine nicht entleerte Kabine als kleineres separates Behältnis - befinde. Die in Streit stehenden Fahrzeuge würden jedoch nicht zur Auslieferung leerer Toiletten benutzt. Für diesen Zweck würden besondere Fahrzeuge gehalten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen über die Beschaffenheit und den Einsatz des Fahrzeugs richtig entschieden, daß dessen Halten nach § 3 Nr. 4 Buchst. b KraftStG 1979 kraftfahrzeugsteuerfrei ist.
Den Feststellungen der Vorinstanz, die den Senat binden, weil sie nicht durch durchgreifende Verfahrensrügen angegriffen sind (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung), ist zu entnehmen, daß das Fahrzeug aufgrund seiner Beschaffenheit auch zur Beförderung jeweils einer ungereinigten Kabine vom Aufstellungsort zur Deponie genutzt wird, nicht jedoch zur Beförderung leerer Kabinen, die durch andere Mittel (,,leere Sammelbehälter") erfolgt. Soweit die Revision anderes vorträgt, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das das Revisionsgericht nicht berücksichtigen darf. Zu beurteilen ist somit nicht die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Behandlung eines Fahrzeugs zur Beförderung transportabler Toilettenkabinen, sondern die eines Fahrzeugs zur Abfallbeseitigung, mit dem vorkommendenfalls auch eine noch zu entleerende Kabine abtransportiert wird.
Kraftfahrzeugsteuerfrei nach § 3 Nr. 4 Buchst. b KraftStG 1979 ist das Halten von Fahrzeugen, solange sie ausschließlich zur Abfallbeseitigung im Sinne des Abfallbeseitigungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Januar 1977 (BGBl I 1977, 41, 288) - jetzt Abfallgesetz (vom 27. August 1986, BGBl I 1986, 1410) - verwendet werden; die Beseitigung von Fäkalien gilt in jedem Falle als Abfallbeseitigung. Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Das ist unstreitig, soweit es um die Aufnahme dieser Stoffe in den Tank des Fahrzeugs und ihre Beförderung darin geht. Gestritten wird nur darüber, ob die Verwendung - auch - zum Abtransport einer nicht gereinigten Kabine im Sinne des steuerbegünstigten Zwecks liegt oder ob mit ihr ein selbständiger, nicht begünstigter Zweck verfolgt wird, der insoweit zur Steuerpflicht führt (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG 1979). Nach Auffassung des Senats ist in der vom FG festgestellten Art des Wegtransports der Kabine zwecks Entleerung in der Deponie eine Verwendung des Fahrzeugs zur Abfallbeseitigung (jetzt Abfallentsorgung) zu sehen. Eine solche Verwendung liegt vor, wenn das Fahrzeug unmittelbar dem begünstigten Zweck dient, der begünstigte Zweck seiner Art nach durch den Einsatz des Fahrzeugs unmittelbar wahrgenommen und erfüllt wird (vgl. Egly/Mößlang, Kraftfahrzeugsteuer-Kommentar, 3. Aufl. 1981, Abschn. 16, a = S. 165; Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 2. August 1972 II R 43/71, BFHE 106, 565, 567, BStBl II 1972, 867, zu einer entsprechenden Befreiungsvorschrift des früheren Kraftfahrzeugsteuerrechts). Zwar können die Kabinen, die mit dem Fahrzeug abtransportiert werden, nicht von vornherein Behältern zur Aufnahme von Abfall (,,Müllcontainer") gleichgestellt werden, würde ein zum Hintransport der Kabinen bestimmtes Fahrzeug nicht ,,zur Abfallbeseitigung" verwendet. Im Zeitpunkt des Abtransports der Kabinen haben diese aber nur noch die Funktion von Abfallbehältern, unbeschadet ihrer bestimmungsgemäßen Wiederverwendung nach erfolgter Entleerung und Reinigung. Wird ein Fahrzeug zum Aufnehmen und Wegfahren von Kabinen eingesetzt, die selbst nur mehr der Aufbewahrung und Beförderung der aus ihnen zu entleerenden Abfälle dienen, so wird es seinerseits unmittelbar zur Beförderung dieser Abfälle - damit zur Abfallbeseitigung - verwendet, nicht etwa zur Beförderung eines Wirtschaftsguts. Damit ist der steuerbegünstigte Zweck erfüllt. Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, daß die Klägerin durch ihren Geschäftsbetrieb wirtschaftlichen Nutzen erzielt (vgl. auch BFH, Urteil vom 14. Januar 1969 II R 71/67, BFHE 95, 227, 232, BStBl II 1969, 408).
Fundstellen
Haufe-Index 416001 |
BFH/NV 1989, 324 |