Leitsatz (amtlich)
1. Zur Tarifierung eines an Computer anschließbaren Videomonitors mit eigener Funktion.
2. Fernsehempfangsgeräte der Tarifst. 85.15 A III b 2 cc GZT können auch zum Empfang von (niederfrequenten Fernseh-)Signalen anderer Signalquellen als Fernsehsendegeräte eingerichtet sein.
Normenkette
GZT Tarifnr 85.15 Tarifst A-3-b-2-cc; GZT Tarifnr 84.53 Tarifst B; GZT Tarifnr 85.22 Tarifst C-2; GZT Kap 84 Vorschr. 3B Buchst. b
Tatbestand
I. Gestritten wird über die Tarifierung von zwei Monitoren aus Japan --"...-1280" und "...-14"--, die die Beklagte (Oberfinanzdirektion --OFD--) in ihren der Klägerin erteilten verbindlichen Zolltarifauskünften (vZTA) jeweils der Tarifst. 85.15 A III b 2 cc des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) --Fernseh-Empfangsgeräte mit eingebauter Bildröhre-- zugewiesen hat. Jedes Gerät --so die OFD-- sei ein universell einsetzbarer Farbvideomonitor, der in einem üblichen Gehäuse (mit Netzschalter, Bedienungsreglern, Video-/Audio-Signalbuchsen, Wahlschalter usw.) eine Farbkathodenstrahlröhre (mit Ablenkeinheit und Ansteuerungsplatine), eine gedruckte, mit aktiven und passiven Bauelementen bestückte Schaltung (hauptsächlich mit Verstärkerstufen für die Eingangssignale, Eingangs- und Zeilentransformatoren, Oszillatoren, PAL-Decoder und RGB-Schaltungen) sowie einen Lautsprecher und ein Netz- und Hochspannungsteil enthalte. Die Geräte würden über Kabel an Computer, Videocameras, -recorder oder Fernseh-Spielgeräte angeschlossen und könnten über die Eingangsanschlüsse Farbvideosignale zur Bildwiedergabe empfangen; bei Anschluß an einen Computer erfolge die Daten-Decodierung und -Aufbereitung in Video-Eingangssignale bereits im Computer.
Gegen die vZTA richten sich die nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhobenen Klagen. Beide Geräte --so die Klägerin-- seien nicht in der Lage, von Fernsehsendern über Draht oder drahtlos übertragene Fernsehsignale zu empfangen, daher keine Empfangsgeräte für das Fernsehen. ...-1280 sei vielmehr als periphere Einheit von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen --Tarifst. 84.53 B GZT--, ...-14 als "anderes", in Kap.85 anderweit weder genanntes noch inbegriffenes elektrisches Gerät --Tarifst. 85.22 C II GZT-- anzusehen. Fernsehempfangsgeräte zum Empfang von Fernsehsignalen verfügten über ein Hochfrequenz-Empfangsteil und ein Zwischenfrequenzteil. Bei den zu tarifierenden Geräten fehlten diese Teile, ebenso die für die farbige Bilddarstellung benötigte Matrix- Schaltung. Sie könnten lediglich niederfrequente Video-/Audio- und TTL-Signale annehmen, verstärken und sie in Bildschirmanzeigen und Töne umwandeln; Anschlüsse für den Empfang von Fernsehsignalen fehlten. ...-1280 sei mit seiner hochauflösenden Bildröhre --"Grün"-Wiedergabe-- speziell für den Anschluß an Datenverarbeitungsmaschinen konstruiert; dieses Datensichtgerät könne unmittelbar über Kabel an Zentraleinheiten (mit Signalumsetzer) eines Rechnersystems angeschlossen und sinnvoll, unter Nutzung seiner dann hervorragenden Bildqualität, nur so verwendet werden. Die --bedingt gegebene-- Möglichkeit eines Anschlusses an andere Videosignalquellen (z.B. Videorecorder) entspreche nicht dem Hauptverwendungszweck. ...-1280 sei die typische Ausgabeeinheit eines Datenverarbeitungssystems. Müßte eine solche Einheit indessen über eigene "Logik" verfügen, so sei ...-1280 der Tarifst. 85.22 C II zuzuweisen. ...-14 gehöre von vornherein zu dieser Tarifstelle.
Entscheidungsgründe
II. Die Klagen sind nicht begründet.
Zu tarifieren sind Videomonitore für den Anschluß --über Kabel-- an Computer, Videocameras, -recorder oder Fernseh-Spielgeräte, von denen das eine Gerät nach Darstellung der Klägerin eigens für den Anschluß an Home- bzw. Personal-Computer konzipiert ist (Ausstattung mit hochauflösender eingeschwärzter Bildröhre; Möglichkeit einer "Grün"-Schaltung). Diese Geräte sind, wie von der OFD richtig entschieden, Fernsehempfangsgeräte der Tarifst. 85.15 A III b 2 cc GZT, nicht dagegen Einheiten automatischer Datenverarbeitungsmaschinen der Tarifst. 84.53 B bzw. "andere" elektrische Geräte der Tarifst. 85.22 C II.
1. Die Geräte gehören zur Tarifst. 85.15 A III b 2 cc GZT. Empfangsgeräte für das Fernsehen sind entgegen der Ansicht der Klägerin auch solche, die Signale von anderen Signalquellen als Sendegeräten für das Fernsehen empfangen. Dabei braucht es sich nicht um hochfrequente Signale zu handeln; auch Geräte zum Empfang niederfrequenter Signale können sich als Fernsehempfangsgeräte darstellen. Von dieser Auffassung ist der Senat in seinem Urteil vom 9.März 1982 VII K 16/81 (BFHE 135, 365 - "Spielmonitore" ohne HF-Empfangsteil; vgl. auch Urteil vom 2.Juli 1987 VII K 17/86, BFHE 150, 244 - Aufnahme kabelübertragener Signale durch Monitore eines Videoturms) --wenn auch ohne nähere Erörterung-- ausgegangen; an ihr ist festzuhalten.
Auch die Klägerin stellt nicht in Abrede, daß es für die Tarifierung von Fernsehgeräten keine Rolle spielt, ob die Übertragung drahtlos oder drahtgebunden erfolgt (vgl. Erläuterungen zum Zolltarif --ErlZT-- zu Tarifnr. 85.15 Teil I Rz.12 und 22). Sie meint jedoch, da sich Sende- und Empfangsgeräte gegenseitig ergänzten, müsse ein Empfangsgerät der Tarifnr. 85.15 zum Empfang der von einem entsprechenden Sender dieser Tarifnummer übertragenen Signale in der Lage sein (was in den Streitfällen nicht zutreffe); auch verfüge jedes Fernsehgerät über einen Hochfrequenzempfangsteil (hier nicht zutreffend). Dem kann nicht gefolgt werden. Dem Wortlaut der Tarifnr. 85.15 kann nicht entnommen werden, daß die darin aufgeführten Empfangsgeräte für das Fernsehen auf den Empfang von Signalen von Sendegeräten dieser Tarifnummer eingerichtet sein müßten. Auch die ErlZT, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des Senats maßgebendes Erkenntnismittel bei der Auslegung des GZT, geben für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr stützen sie die gegenteilige Annahme, da sie zu den Fernsehempfangsgeräten neben Haus-Fernsehempfängern aller Art auch Fernsehgeräte für industrielle Zwecke rechnen, bei denen die Übertragung oft über Draht erfolgt, ferner Empfangsgeräte für drahtgebundenes Fernsehen, etwa zur Verkehrsüberwachung oder für die Bildregie in Fernseh-Studios (ErlZT zu Tarifnr. 85.15 Teil I Rz.20, 22; Teil II Rz.5). Unter den angeführten "anderen" Empfängern mögen sich auch Geräte befinden, die (Hochfrequenz-)Signale eines Sendegeräts im zolltariflichen Sinne empfangen und umsetzen; miterfaßt sind jedoch auch Empfänger, die --wie die zu tarifierenden Erzeugnisse-- auf andersartige Signalquellen zugeordnet sind. Zugleich ergibt sich aus diesen Erläuterungen, daß "andere" Fernsehempfangsgeräte auch zum Empfang niederfrequenter Signale eingerichtet sein können. Die Klägerin schließt selbst nicht aus, daß etwa Monitore drahtgebundener Überwachungsanlagen niederfrequente Fernsehsignale dann empfangen können, wenn die Signalübertragung nicht über größere Strecken erfolgt. Der Umstand, daß ...-1280 bei Verwendung als "Datensichtgerät" besonders hohe Bildleistungen erbringt, rechtfertigt nicht den Ausschluß dieses Geräts von der Tarifnr. 85.15.
2. Erfüllen die zu tarifierenden Waren die Anforderungen, die an Fernsehempfangsgeräte (mit eingebauter Bildröhre) der Tarifst. 85.15 A III b 2 cc zu stellen sind, so sind sie damit von der Auffangposition der Tarifnr. 85.22 ausgeschlossen. Für ...-1280 kommt auch eine Zuweisung zu Tarifst. 84.53 B nicht in Betracht. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei einer Konkurrenz zwischen Tarifnummern aus Kap.84 und Kap.85 --"elektrische" Geräte usw.-- die Tarifnummer aus dem zuletzt angeführten Kapitel Vorrang genießt (hiervon gehen offenbar ErlZT zu Kap.84 Teil I Rz.7 aus). Eine derartige Konkurrenz besteht hier nicht, denn ...-1280 kann nicht als (Ausgabe-)Einheit automatischer Datenverarbeitungsmaschinen angesehen werden. Auch wenn das Gerät in der von der Klägerin vorgetragenen Weise besonders konzipiert ist, so ist es damit noch nicht --wie für Einheiten eines Systems erforderlich (Vorschrift 3 B Buchst.b zu Kap.84)-- seiner Beschaffenheit nach als Teil für ein System bestimmt, insbesondere in der Lage, Daten in einer Form zu empfangen, die vom System verwendet werden kann. Denn das Gerät empfängt bei Anschluß an Computer lediglich die in dessen Umsetzungsvorrichtung decodierten Videosignale, damit nicht für ein System verwendbare Daten (Signale). Schon aus diesem Grunde muß ihm eine eigene Funktion zuerkannt werden, die es ausschließt, in ihm die Ausgabeeinheit eines Systems zu sehen (vgl. ErlZT zu Tarifnr. 84.53 Teil I Rz.8). Diese Betrachtung steht nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Senats vom 27.Mai 1975 VII K 10/73 (BFHE 116, 238, 240), in dem entschieden worden ist, daß ein zur Erfassung von EDV-Ausgangsdaten auf Mikrofilm bestimmtes, durch Zwischenschaltung an eine Zentraleinheit anschließbares Gerät eine Ausgabeeinheit im zolltariflichen Sinne sei. Denn das seinerzeit vom Senat beurteilte Gerät konnte EDV-Daten erfassen (dann selbst decodieren und sichtbar machen), während ...-1280 nicht entsprechend eingerichtet ist. Ob die vom Senat seinerzeit vertretene Tarifauffassung aufrechtzuerhalten wäre (vgl. dazu ErlZT zu Tarifnr. 84.53 Teil I Rz.30), braucht in diesem Zusammenhang nicht entschieden zu werden. Im übrigen wird auch durch die anderweitige Verwendbarkeit des Geräts (nicht zum Anschluß an Computer) bestätigt, daß ihm die --eigene-- Funktion eines Fernsehempfangsgeräts zukommt.
Fundstellen
Haufe-Index 61609 |
BFHE 151, 260 |
BFHE 1988, 260 |