Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Einbehaltung eines Darlehnsabgeldes (Disagio) bei der Hingabe eines Darlehens ist kein besonderer Umstand im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG, der für sich allein eine Bewertung der Darlehnsforderung unter dem Nennwert rechtfertigt.
Ein Darlehnsabgeld kann auch nicht bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nach § 62 Abs. 1 BewG als Betriebsschuld oder bei der Ermittlung des Gesamtvermögens nach § 74 Abs. 1 Ziff. 1 BewG als Schuld abgezogen werden.
Die Verpflichtung des Darlehnsgebers, im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens das Abgeld zeitanteilig zurückzuzahlen, ist als aufschiebend bedingte Last nach § 6 Abs. 1 BewG nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
BewG § 6 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 12/1, § 62 Abs. 1, § 103/1, § 74 Abs. 1 Ziff. 1, § 118/1/1
Tatbestand
Die Bfin. behält bei der Vergebung langfristiger Darlehen ein Darlehnsabgeld ein. Die Bfin. verbuchte die Darlehnsforderungen mit dem Nennwert. Das Abgeld passivierte sie als Rechnungsabgrenzungsposten in der Weise, daß sie es auf eine durchschnittliche Laufzeit der Darlehen von zehn Jahren verteilte. In ihrer Vermögensaufstellung zum 1. Januar 1952 war für das Abgeld unter den passiven Rechnungsabgrenzungsposten ein Betrag von 751.304 DM eingestellt. Das Finanzamt ließ diesen Betrag bei der Fortschreibung des Einheitswertes des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1952 nicht zum Abzug zu.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Die Vorinstanz führte im wesentlichen aus: Die Bfin. habe die Darlehnsforderungen richtig mit dem Nennwert angesetzt. Ein besonderer Umstand im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG, der zu einer vom Nennwert abweichenden Bewertung führen könne, liege nicht vor. Er könne insbesondere nicht aus der schwankenden Kaufkraft der Währung hergeleitet werden. Bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens könne für das Abgeld auch kein passiver Rechnungsabgrenzungsposten anerkannt werden. Es könne auf sich beruhen, ob die Bfin. nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen das Abgeld durch Einsetzen eines Rechnungsabgrenzungspostens auf die Laufzeit des Darlehens verteilen könne. Eine solche Bewertung diene der zeitraumrichtigen Gewinnermittlung und trage der dynamischen Bilanzauffassung Rechnung. Sie sei jedoch mit dem bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens geltenden statischen Prinzip nicht vereinbar. Dem stehe auch Abschnitt 54 VStR 1953 nicht entgegen, der lediglich bestimme, daß die Wertansätze der Rechnungsabgrenzungsposten in den Handels- und Steuerbilanzen im allgemeinen in die Vermögensaufstellung übernommen werden können. Dies bedeute nicht, daß dies auch im Einzelfalle dann geschehen müsse, wenn gewichtige Gründe dagegen sprächen, die sich aus dem Stichtagsprinzip ergeben könnten. Die Vereinnahmung des Abgeldes führe zu einer sofortigen und endgültigen Vermögensmehrung. Das habe der Reichsfinanzhof in dem Urteil III 188/39 vom 15. Mai 1941 (RStBl 1941 S. 587) klar ausgesprochen. Das Finanzgericht schließe sich diesem Urteil, das auch im Schrifttum gebilligt werde, an. Die von der Bfin. angeführten Urteile des Reichsfinanzhofs III 75/41 vom 31. März 1942 (RStBl 1942 S. 770) und III 41/43 vom 24. Juni 1943 (RStBl 1943 S. 622) behandelten anders gelagerte Fälle.
Mit der Rb. trägt die Bfin. vor, das Abgeld sei ein besonderer Umstand im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG, der in jedem Falle beim Gläubiger eine Bewertung der Forderung unter dem Nennwert, abgestuft nach ihrer restlichen Laufzeit, zur Folge haben müsse. Würde man das Abgeld bei der Bewertung der Forderung nicht als wertmindernd berücksichtigen, so würde man die Forderung mit einem Wert ansetzen, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht dafür erzielt werden könne. Denn jeder Erwerber der Forderung würde im Hinblick auf die Lage am Kapitalmarkt und unter Berücksichtigung der restlichen Laufzeit und Verzinsung der Forderung nur einen um den anteiligen Abschlag geringeren Preis dafür zahlen. Wolle man das Abgeld aber nicht als einen besonderen Umstand im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG ansehen, so müsse es als Passivum, als Ausdruck einer wirtschaftlichen Last, den Schulden im Sinne des § 62 BewG gleichgestellt werden. Das habe der Reichsfinanzhof in dem Urteil vom 15. Mai 1941 überhaupt nicht geprüft. In dem Urteil vom 31. März 1942 habe er bei buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen den Ansatz eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens gefordert, weil dies den Regeln über die Behandlung schwebender Verträge entspreche, bei denen der eine Teil bereits ganz oder teilweise erfüllt habe, der andere Teil aber noch zu erfüllen habe. Mit der gleichen Begründung müßten auch passive Rechnungsabgrenzungsposten anerkannt werden. Es handele sich im vorliegenden Falle um die Bewertung einer Verpflichtung der Bfin., nämlich der Verpflichtung zur überlassung der Forderung nur zu den vereinbarten Zinsen. Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 24. Juni 1943 müsse der mengenmäßige Ansatz in der Handelsbilanz und in der Vermögensaufstellung für aktive und passive Wirtschaftsgüter gleich sein; ein Unterschied könne nur bei der Bewertung dieser Wirtschaftsgüter gemacht werden, wenn dies nach den Steuergesetzen erforderlich sei. Rechnungsabgrenzungsposten könnten nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 27/57 U vom 15. April 1958 (BStBl 1958 III S. 260, Slg. Bd. 66 S. 677) nur für bewertungsfähige Wirtschaftsgüter gebildet werden. Deshalb sei der Ansatz des Abgeldes als passiver Rechnungsabgrenzungsposten in den Erfolgsbilanzen ein Beweis dafür, daß es sich dabei um eine wirtschaftliche Last handele. Im übrigen ergebe sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 380/58 U vom 10. November 1961 (BStBl 1962 III S. 79, Slg. Bd. 74 S. 205) die Tendenz der Rechtsprechung, die Rechnungsabgrenzung für die Einheitsbewertung in enger Anlehnung an die Rechnungsabgrenzung in den Handels- und Steuerbilanzen vorzunehmen.
In der mündlichen Verhandlung wies der Vertreter der Bfin. noch auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 79/59 U vom 10. April 1963 (BStBl 1963 III S. 356) hin, in dem der Bundesfinanzhof anerkannt habe, daß den von einem Mieter geleisteten Mietvorauszahlungen eine entsprechende Verbindlichkeit des Vermieters gegenüberstehe. Außerdem bestehe nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs V ZR 4/61 vom 6. Februar 1963 (Der Betrieb - DB - 1963 S. 514, Der Betriebs- Berater - BB - 1963 S. 410) bei vorzeitiger Rückzahlung der Darlehen eine Verpflichtung der Bfin., das Abgeld zeitanteilig zurückzuzahlen, auch wenn dies nicht vertraglich vereinbart sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
I. - Im Streitfalle geht es um die Berücksichtigung des Darlehnsabgeldes (Disagio) bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens. Der VI. Senat hat in dem Urteil VI 62/63 S vom 8. November 1963 (BStBl 1964 III S. 31) die Auffassung vertreten, daß es sich bei der Vereinbarung eines Darlehnsabgeldes in der Regel um eine zusätzliche Vergütung für die Kreditgewährung handelt. Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung bei. Wirtschaftlich gesehen ist es ohne Bedeutung, ob es sich dabei um einen zusätzlichen Zins oder um eine besondere zusätzliche Vergütung handelt.
II. - Die Bfin. ist der Auffassung, daß die Vereinbarung eines Darlehnsabgeldes für sich allein als ein besonderer Umstand im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG anzusehen sei, der eine Bewertung der Darlehnsforderung unter dem Nennwert rechtfertige. Die Vorinstanz hat diese Auffassung mit Recht abgelehnt. Es ist richtig, daß Darlehnsforderungen als Kapitalforderungen nach § 14 BewG zu bewerten sind, und zwar auch dann, wenn sie zu einem Betriebsvermögen gehören (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs III 133 und 134/55 S vom 26. August 1955, BStBl 1955 III S. 278, Slg. Bd. 61 S. 207; III 390/58 U vom 22. April 1960, BStBl 1960 III S. 288, Slg. Bd. 71 S. 103, und III 61/58 S vom 24. Juni 1960, BStBl 1960 III S. 380, Slg. Bd. 71 S. 344). Sie sind nach § 14 Abs. 1 BewG mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Die Vorentscheidung hat mit Recht in der Einbehaltung eines Darlehnsabgeldes keinen besonderen Umstand im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG gesehen, der zu einer Bewertung der Darlehnsforderung unter dem Nennwert führt. Der Gesetzgeber ist bei der Bewertung mit dem Nennwert von einer normal verzinslichen Forderung ausgegangen, d. h. wie sich aus § 14 Abs. 3 BewG ergibt, von einem Zinssatz von 5,5 v. H. Eine Bewertung unter dem Nennwert kommt, soweit es sich um die Verzinsung handelt, erst dann in Betracht, wenn der Zinssatz bei einer unkündbaren oder langfristigen Forderung in einem nicht nur geringfügigen Umfange von dem Normalzinssatz abweicht. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 109/57 U vom 20. März 1959, BStBl 1959 III S. 262, Slg. Bd. 69 S. 1, und die dort angegebenen Urteile) ist das bei solchen Forderungen dann der Fall, wenn sie ungewöhnlich niedrig zu verzinsen sind. Deshalb könnte die Einbehaltung eines Abgeldes nur dann zu einer Bewertung der Forderung unter dem Nennwert führen, wenn der wegen der Einbehaltung des Abgeldes ermäßigte Zinssatz besonders niedrig liegt. Das ist hier unstreitig nicht der Fall. Die Bfin. kann aus diesem Grunde auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, Forderungen mit Abschlag würden von einem Dritten auch nur mit Abschlag erworben.
III. - Die Vorinstanz hat auch mit Recht die Berücksichtigung des für das Abgeld gebildeten passiven Rechnungsabgrenzungspostens als Betriebsschuld im Sinne des § 62 Abs. 1 BewG abgelehnt. Der VI. Senat hat in dem Urteil VI 62/63 S vom 8. November 1963 (a. a. O.) zutreffend darauf hingewiesen, daß diese Frage für das Bewertungsrecht unabhängig von der ertragsteuerlichen Behandlung zu entscheiden ist. Dem steht auch nicht die Anweisung in Abschnitt 36 Abs. 2 VStR 1960 entgegen. Abgesehen davon, daß die Finanzgerichte an diese Verwaltungsanweisung nicht gebunden sind, ist dort auch nur angeordnet, daß aus Verwaltungsvereinfachungsgründen die in der Steuerbilanz für transitorische und antizipative Passive gebildeten Rechnungsabgrenzungsposten in die Vermögensaufstellung übernommen werden können. Die an sich bei diesen Posten anzustrebende Angleichung der Vermögensaufstellung an die Steuerbilanz findet aber ihre Grenze dort, wo die Anerkennung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens gegen bewertungsrechtliche Grundsätze, insbesondere gegen das statische Prinzip, verstoßen würde. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Vorschriften über die Feststellung der Einheitswerte und die Veranlagung der Vermögensteuer auf diesem statischen Prinzip beruhen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs III 345/57 S vom 8. Januar 1960, BStBl 1960 III S. 83, Slg. Bd. 70 S. 222; III 277/57 U vom 9. September 1960, BStBl 1961 III S. 18, Slg. Bd. 72 S. 43, und III 125/61 S vom 8. September 1961, BStBl 1962 III S. 19, Slg. Bd. 74 S. 42). Es kommt also darauf an, ob am Stichtage beim Darlehnsgeber hinsichtlich des Abgeldes eine Verbindlichkeit besteht, die als Schuldposten berücksichtigt werden kann. Die Bfin. ist der Auffassung, daß eine Verbindlichkeit oder eine wirtschaftliche Last beim Darlehnsgeber insofern besteht, als er verpflichtet sei, dem Darlehnsnehmer die Nutzung des hingegebenen Kapitals zu einem Zinssatz zu überlassen, der infolge des Abgeldes niedriger ist, als er ohne den Abzug eines Abgeldes vereinbart worden wäre. Es kann davon ausgegangen werden, daß zwischen der Höhe des Zinssatzes und des Abgeldes eine wirtschaftliche Verknüpfung besteht, daß also je nach der Lage am Kapitalmarkt entweder ein höherer Zinssatz und kein oder nur ein geringes Abgeld oder ein geringerer Zinssatz und ein entsprechend höheres Abgeld vereinbart wird. Der Senat vermag jedoch nicht anzuerkennen, daß sich daraus, daß der Zinssatz wegen des Abgeldes geringer ist, am Stichtag eine Verbindlichkeit oder eine wirtschaftliche Last für den Darlehnsgeber ergibt. Der VI. Senat hat in dem Urteil VI 62/63 S vom 8. November 1963 (a. a. O.) mit Recht ausgeführt, daß das Darlehen nach § 607 Abs. 1 BGB ein Realvertrag ist, der mit der Hingabe des Darlehnsbetrages zustande kommt. Mit der Hingabe erhält der Gläubiger einen Anspruch gegen den Schuldner auf Rückzahlung des Darlehnsbetrages und es entsteht beim Schuldner eine entsprechende Verbindlichkeit. Es ist zwar richtig, daß sich aus dem Realvertrag auch noch andere Ansprüche und Verpflichtungen ergeben können, so z. B. der Anspruch des Darlehnsgebers auf Zahlung der vereinbarten Zinsen und die entsprechende Verpflichtung des Darlehnsnehmers. Diese Ansprüche und Verpflichtungen sind aber nur eine Folge des Zustandekommens des Realvertrages. Dieser Vertrag kann nur als ein einheitliches Ganzes betrachtet werden. Er läßt sich nicht in einzelne selbständig zu behandelnde Ansprüche und Verbindlichkeiten, die sich aus ihm ergeben, aufspalten. Sonst müßte z. B. auch der Anspruch und die Verpflichtung zur Zinszahlung getrennt von dem Anspruch und der Verpflichtung der Rückzahlung des Darlehnsbetrages angesetzt werden. Auf Grund dieser Erwägungen ist der Senat der Auffassung, daß auch die auf dem Zustandekommen des Realvertrages beruhende Verpflichtung des Darlehnsgebers, die Nutzung des Darlehnsbetrages dem Darlehnsnehmer während der vereinbarten Laufzeit des Darlehens zu überlassen, nicht als eine selbständige Verbindlichkeit des Darlehnsgebers angesetzt werden kann. Aber selbst wenn man von dem Bestehen einer solchen Verbindlichkeit ausgehen würde, könnte sie nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs III 9/54 S vom 5. November 1954, BStBl 1954 III S. 381, Slg. Bd. 59 S. 447, und III 353/57 S vom 3. April 1959, BStBl 1959 III S. 300, Slg. Bd. 69 S. 97) nur dann bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens anerkannt werden, wenn sie nach den Verhältnissen am Stichtag eine ernsthafte wirtschaftliche Belastung für den Schuldner bedeutet.
Eine solche ernsthafte wirtschaftliche Belastung liegt aber bei einem Darlehnsgeber, der bei der Hingabe des Darlehens ein Abgeld einbehält, nicht vor. Sie kann vor allem nicht darin erblickt werden, daß der Darlehnsgeber einen niedrigeren Zinssatz erhält, als er ohne das Abgeld erhalten würde. Wenn man von der wirtschaftlichen Verknüpfung zwischen Zinssatz und Abgeld ausgeht, muß man beide auch zusammen betrachten. Ein höherer Zinssatz ohne Abgeld und ein niedrigerer Zinssatz mit Abgeld müssen in der Regel im Ergebnis zu derselben Verzinsung führen. So betrachtet bedeutet es für den Darlehnsgeber sogar einen wirtschaftlichen Vorteil, wenn er einen Teil der Verzinsung schon vor Hingabe des Darlehens als Abgeld erhält. Eine wirtschaftliche Last läßt sich daraus nicht ableiten. Auch die Erwägung, daß es sich mit dem Darlehen mit Abgeld um ein schwebendes Geschäft handelt, bei dem der Darlehnsnehmer durch die Hingabe des Darlehens eine Vorleistung erbracht habe, während der Darlehnsgeber seinerseits noch nicht die entsprechende Gegenleistung erbracht habe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Grundsätze für die Behandlung schwebender Geschäfte sind bei gegenseitigen Verträgen anzuwenden, bei denen sich zunächst die Ansprüche und Verpflichtungen der beiden Vertragspartner ausgleichen, dieses Gleichgewicht jedoch dann dadurch verlorengeht, daß einer der Vertragspartner eine Vorleistung erbringt. Dadurch kann bei dem anderen Vertragspartner ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut oder eine bewertungsfähige Verbindlichkeit entstehen. So war es in den Fällen der Urteile des Reichsfinanzhofs III 75/41 vom 31. März 1942 (a. a. O.) und III 41/43 vom 24. Juni 1943 (a. a. O.), in denen ein berücksichtigungsfähiges Wirtschaftsgut auf der Besitzseite der Vermögensaufstellung entstand. So war es auch im Falle des Urteils des Bundesfinanzhofs III 79/59 U vom 10. April 1963 (a. a. O.), bei dem infolge der Mietvorauszahlungen des Mieters eine entsprechende Verbindlichkeit des Vermieters entstand. Anders ist die Rechtslage aber bei einem Darlehen zu beurteilen. Aus seiner Rechtsnatur als Realvertrag folgt, daß er nicht als ein "schwebendes Geschäft" im Sinne dieser Rechtsprechung behandelt werden kann. Wie bereits ausgeführt wurde, besteht nach der Hingabe des Darlehnsbetrages keine Verbindlichkeit des Darlehnsgebers mehr, die als wirtschaftliche Last berücksichtigt werden könnte. Auch die Einstellung des Darlehnsabgeldes als passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist kein Beweis dafür, daß es sich um ein bewertungsfähiges (passives) Wirtschaftsgut handelt. Der gegenteiligen Auffassung des I. Senats in dem Urteil I 27/57 U vom 15. April 1958 (a. a. O.) vermag der Senat in übereinstimmung mit dem IV. Senat (vgl. das Urteil IV 222/56 U vom 22. Mai 1958, BStBl 1958 III S. 333, Slg. Bd. 67 S. 160) nicht zu folgen. Der Senat schließt sich aus allen diesen Gründen im Ergebnis dem Urteil des Reichsfinanzhofs III 188/39 vom 15. Mai 1941 (a. a. O.) an. Durch die Einbehaltung des Darlehnsabgeldes ist bei der Bfin. eine Vermögensmehrung eingetreten, die darin besteht, daß die Bfin. einen um das Abgeld gekürzten Betrag ausgezahlt und damit eine Darlehnsforderung in Höhe des vollen Nennbetrages erworben hat. Eine Verbindlichkeit der Bfin. kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß sie bei einer evtl. vorzeitigen Rückzahlung eines Darlehens verpflichtet ist, das Darlehnsabgeld zeitanteilig zurückzuzahlen. Diese Verpflichtung ist aufschiebend bedingt und kann deshalb nach § 6 Abs. 1 BewG nicht abgezogen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 411146 |
BStBl III 1964, 264 |
BFHE 1964, 85 |
BFHE 79, 85 |