Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Teilwert von Anteilen an einer rechtsfähigen betrieblichen Unterstützungskasse liegt in der Regel nicht deshalb unter den Anschaffungskosten (Nennwert), weil der Betrieb über das Kassenvermögen wegen dessen Zweckbindung nicht mehr verfügen kann.
Der Bewertungsabschlag auf Importwaren (§ 80 EStDV) kann nur auf die begünstigten Wirtschaftsgüter selbst, nicht auf schwebende Einkaufsverträge vorgenommen werden. Der Senat hält an seiner in dem Beschluß IV 294/63 U vom 9. September 1965 (BFH 83, 514, BStBl III 1965, 686) vertretenen Auffassung fest.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2, § 51/1/2/m; EStDV § 80 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 Ziff. 4
Tatbestand
Streitig sind in den Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Jahre 1957 und 1958
die Abschreibung der Beteiligung an einer betrieblichen Unterstützungskasse auf einen niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1957) und
die Zulässigkeit eines Importwarenabschlages bei der Bilanzierung von Ansprüchen aus schwebenden Verträgen (§ 80 Abs. 1 Ziff. 1 EStDV 1957).
Die Revisionsklägerin - im folgenden KG - ist eine GmbH & Co. KG, bei der die GmbH Komplementärin und der Hauptgesellschafter W. der GmbH Kommanditist sind. An dem Stammkapital der GmbH von 20 000 DM waren W. mit drei Vierteln und seine Ehefrau mit einem Viertel beteiligt.
Die KG gründete durch Gesellschaftsvertrag vom 16. Dezember 1957 zusammen mit W. eine Unterstützungskasse in der Rechtsform einer GmbH. Das satzungsmäßige Stammkapital von 50 000 DM übernahm die KG in Höhe von 49 500 DM und W. in Höhe von 500 DM. Die KG buchte in Höhe ihrer Kapitalbeteiligung an der GmbH eine Darlehnsschuld gegenüber der GmbH ein.
Die KG führte bei der Gewinnermittlung für das Rumpfwirtschaftsjahr 1957 eine Teilwertabschreibung auf die Anteile an der Unterstützungs-GmbH von 49 500 DM auf 1 DM durch. Sie begründete dies damit, daß sie nicht mehr auf das der Unterstützungskasse gewidmete Vermögen zurückgreifen könne.
Die KG machte für das Kalenderjahr 1957 auf die Ansprüche aus Einkaufsverträgen Importwarenabschläge nach § 80 EStDV in Höhe von ursprünglich 5 765 DM, später berichtigt auf 4 767 DM, geltend.
Das Finanzamt (FA) erkannte die Teilwertabschreibung und den Importwarenabschlag nicht an.
Die Berufung blieb in dem ersten Punkt ohne Erfolg, da die Befreiung der Kasse von der Körperschaftsteuer nicht nachgewiesen sei (§ 4 Abs. 1 Ziff. 7 KStG). Den Importwarenabschlag hingegen gewährte die Vorinstanz.
Zur Anerkennung des Importwarenabschlags führte die Vorinstanz aus, daß es zur Anwendung des § 80 Abs. 1 EStDV genüge, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtage zwar noch nicht im Geltungsbereich des Gesetzes befunden habe, jedoch nachweislich zur Einfuhr in dieses Gebiet bestimmt gewesen sei. Der Nachweis gelte als erbracht, wenn sich das Wirtschaftsgut spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag im Geltungsbereich des Gesetzes befunden habe. Es sei nicht erforderlich, daß diese sich noch im Ausland befindlichen Waren in der Bilanz zum 31. Dezember 1957 bereits aktiviert gewesen seien. Es handle sich um einen buchungstechnischen Vorgang zum Zwecke einer zulässigen Gewinnminderung. Der Gewinn des Streitjahres 1957 vermindere sich um 5 776 DM (Abschlag für die Warengattung A) und um 892 DM (Abschlag für die Warengattung B). Entsprechend sei der Gewinn 1958 zu erhöhen.
Wegen der Versagung der Teilwertabschreibung legte die KG ohne nähere Begründung Rb. ein. Wegen der Gewährung des Importwarenabschlages auf schwebende Kontrakte erhob der Vorsteher des FA Anschlußbeschwerde. Dieser führte aus, nach § 80 Abs. 2 Ziff. 4 EStDV könnten nur solche Waren gemeint sein, die der Steuerpflichtige am Bilanzstichtag im Ausland auf Lager halte. Im Streitfall seien die Wirtschaftsgüter erst bestellt und noch nicht geliefert gewesen. Die KG habe nur einen Anspruch auf Lieferung der Ware gehabt. Auf solche Ansprüche sei § 80 EStDV nicht anzuwenden.
Entscheidungsgründe
Die als Revision zu behandelnde Rb. der KG ist unbegründet. Die als Anschlußrevision zu behandelnde Anschlußbeschwerde des FA- Vorstehers führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Zutreffend versagte die Vorinstanz die Teilwertabschreibung auf die Anteile an der Unterstützungskasse. Der Teilwert von Anteilen an einer rechtsfähigen betrieblichen Unterstützungskasse liegt nicht deshalb unter dem Nennwert, weil der Betrieb über das Kassenvermögen wegen dessen Zweckbindung nur mehr eingeschränkt verfügen kann. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß dieser Nachteil durch die Vorteile, die das Vorhandensein der Kasse dem Betriebe bietet, aufgewogen wird. Im Streitfall tritt dieser Vorteil besonders deutlich dadurch in Erscheinung, daß die KG die der Kasse buchmäßig zugeschriebenen Werte in vollem Umfange weiter in ihrem Betriebe arbeiten ließ.
Die vorstehenden Erwägungen träfen nur dann nicht zu, wenn sich der im Vorhandensein der rechtsfähigen Unterstützungskasse liegende betriebliche Vorteil in den allgemeinen Geschäftswert verflüchtigt hätte. Das ist indessen nicht der Fall. Denn es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß der Erwerber des Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für Anteile an der Unterstützungskasse zumindest deren Nennwert (die Anschaffungskosten) vergüten würde. Eine Ausnahme könnte nur dann anerkannt werden, wenn das Kassenvermögen selbst erheblich gemindert wäre. Für den Streitfall würde dies bedeuten, daß die Teilwertabschreibung dann zuzulassen wäre, wenn der Darlehnsrückforderungsanspruch der Unterstützungs-GmbH gegen die KG ganz oder teilweise nicht mehr einbringlich wäre. Daß aber die KG zahlungsunfähig sei, hat sie selbst nicht vorgetragen.
Zu Unrecht ließ die Vorinstanz den Importwarenabschlag bei schwebenden Verträgen zu. Wie der erkennende Senat bereits in dem nur aus formellen Gründen inzwischen gegenstandslos gewordenen Beschluß IV 294/63 U vom 9. September 1965 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 83 S. 514 - BFH 83, 514 -, BStBl III 1965, 686, BStBl III 1966, 138) ausführte, sind schwebende Verträge nicht als Wirtschaftsgüter im Sinn des § 51 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. m. (aa) EStG 1957 und des § 80 EStDV 1957 anzusehen. Die Vorschriften bezwecken die steuerliche Berücksichtigung des durch die Lagerhaltung von Importwaren bedingten Risikos (vgl. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode 1953, 215. Sitzung, Stenographische Berichte Bd. 37 S. 12730 f.). Von einer Lagerhaltung kann aber nur die Rede sein, wenn die Ware entweder im Ausland oder im Inland gelagert ist, oder wenn sie wenigstens in Form von Konnossementen in den Machtbereich des Käufers gelangt (schwimmende Ware). Die Vorschrift des § 80 EStDV findet daher nur auf die begünstigten Wirtschaftsgüter selbst, nicht auf schwebende Einkaufsverträge Anwendung. Dieser Auslegung steht die Vorschrift des § 80 Abs. 2 Ziff. 4 Satz 1, 2. Halbsatz EStDV nicht entgegen. Danach genügt es, wenn sich das Wirtschaftsgut zwar am Bilanzstichtag noch nicht in dem Geltungsbereich des Gesetzes befunden hat, jedoch nachweislich zur Einfuhr in dieses Gebiet bestimmt gewesen ist. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn sich das Wirtschaftsgut spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag im Geltungsbereich des Gesetzes befindet. Die Neunmonatsfrist gilt nur für solche Waren, die ohnehin am Stichtag bilanzierungsfähig, wenngleich noch nicht im Geltungsbereich des Gesetzes waren. Die Vorschrift zwingt nicht zu der Annahme, daß der Bewertungsabschlag für Importwaren bereits auf die schwebenden Einkaufsverträge anzuwenden sei. Da der Wortlaut der Vorschrift nicht eindeutig ist, ist ihr Sinn und Zweck für die Auslegung maßgebend. Das den schwebenden Verträgen anhaftende Risiko kann nur nach den allgemeinen Grundsätzen über die Bildung von Rückstellungen wegen drohender Verluste aus schwebenden Geschäften berücksichtigt werden (vgl. Urteil des BFH IV 115/59 U vom 4. Juni 1959, BFH 69, 167, BStBl III 1959, 325).
Fundstellen
Haufe-Index 412193 |
BStBl III 1967, 20 |
BFHE 1967, 67 |
BFHE 87, 67 |
BB 1967, 22 |
DB 1967, 65 |
DStR 1967, 101 |