Leitsatz (amtlich)
1. Wird die HGA nach § 104 LAG auf Null DM herabgesetzt, so handelt es sich bei dem Anspruch auf Rückzahlung bereits entrichteten HGA-Leistungen nicht um einen Vergütungs-, sondern um einen Erstattungsanspruch.
2. Ist das mit HGA belastete Grundstück während des Wiederaufbaus bzw. während der Wiederherstellung mehrfach veräußert worden, so kann derjenige, der den Wiederaufbau (Wiederherstellung) beendet hat, unbeschadet einer vertraglichen Regelung mit den Voreigentümern, nur Erstattung der während der Dauer seines Eigentums fälligen und auf seine Rechnung erbrachten HGA-Leistungen verlangen.
Normenkette
LAG § 104
Tatbestand
Eigentümer des kriegsbeschädigten Gebäudes in B war der inzwischen verstorbene G (Erblasser). Nach seinem Tode im Mai 1952 wurde seine Ehefrau alleinige Vorerbin (= Beigeladene zu 1.). Diese veräußerte das Grundstück im Mai 1958 an S (= Beigeladene zu 2.). Die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch erfolgte im März 1959. Im November 1960 verkaufte diese das Grundstück an den Revisionskläger (= Kläger), der im März 1961 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurde.
Bereits im Juli 1948 hatte der Erblasser damit begonnen, den kriegszerstörten Gebäudeteil des Grundstücks wieder aufzubauen. Er und seine Ehefrau als spätere Vorerbin wandten hierfür ca. ... DM auf. Der Wiederaufbau wurde dann von dem Letzterwerber, dem Kläger, mit einem Kostenaufwand von ca. ... DM vollendet. Letzterer löste auch die auf dem Grundstück noch ruhende HGA am 22. Oktober 1963 ab. Der HGA-Ablösungsbescheid erging unter dem 19. November 1963.
Dem am 25. April 1967 gestellten Antrag des Klägers auf Herabsetzung der HGA gemäß § 104 LAG entsprach das FA und setzte die HGA mit Wirkung vom 1. Juli 1948 auf 0 DM herab. Da der Herabsetzungsstichtag vor dem Ablösungszeitpunkt lag, nahm das FA den Ablösungsbescheid ersatzlos zurück.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens entstand Streit darüber, an wen die auf die Abgabeschuld entrichteten Zahlungen zu erstatten seien.
Die von dem jetzigen Revisionskläger erbrachten HGA-Leistungen in Höhe von ... DM waren ihm erstattet worden. Die Erstattung des darüber hinausgehenden Betrages an ihn lehnte das FA ab.
Im Einspruchsverfahren begehrte der Kläger die Erstattung sämtlicher HGA-Leistungen an sich. Nach seiner Meinung kommt es nicht darauf an, wer die einzelnen Vierteljahrsraten entrichtet habe. Nach § 104 LAG sei nur derjenige begünstigt, der im Zeitpunkt des Ergehens des Herabsetzungsbescheides Eigentümer des Grundstücks sei. Es gehe nicht an, daß auf ihn, der die Wiederaufbaukosten zu rund 90 von Hundert getragen habe, nur etwas mehr als 50 von Hundert des nach dem Herabsetzungsbescheid zu erstattenden Betrages entfallen solle. Zumindest müßten die von der Beigeladenen zu 1. entrichteten Beträge in Höhe von ... DM an ihn gezahlt werden. Nach der ihm vorliegenden Vollmacht der Beigeladenen zu 1. sei er berechtigt, "anfallende Erstattungsbeträge aus der Hypothekengewinnabgabe uneingeschränkt in Empfang zu nehmen". Zwar habe die Beigeladene zu 1. ihre Vollmacht widerrufen. Dieser Widerruf sei aber unwirksam, weil die Vollmacht "unwiderruflich" erteilt worden sei.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit der Revision wird erneut Auszahlung des zu erstattenden HGA-Betrages von ... DM an den Kläger begehrt. Der Kläger rügt irrtümliche Rechtsanwendung des § 104 LAG durch fehlerhafte Anwendung des Rechtsbegriffs eines Vergütungsanspruches sowie rechtsirrtümliche Auslegung des Rechtsgebriffs einer unwiderruflichen Geldempfangsermächtigung. Auf Grund der früheren Vollmacht der Beigeladenen zu 1. sei er berechtigt, alle anfallenden Erstattungsbeträge aus der HGA uneingeschränkt in Empfang zu nehmen. Es könne zwar zweifelhaft sein, ob hierin eine Abtretung liege oder ob es sich um eine unwiderrufliche Einziehungs- und Empfangsermächtigung handle. Letzteres liege hier vor und insoweit sei die Rechtslage ähnlich der bei einem Scheck nach deutschem oder internationalem Recht. Der Staat könne als schuldner keine gegenüber dem üblichen Rechtsverkehr bestehende bevorrechtigte Rechtsposition beanspruchen. Nach § 104 LAG komme die Vergünstigung durch Herabsetzung der HGA-Leistungen demjenigen zugute, der das beschädigte Gebäude im Sinne des § 104 LAG wieder aufgebaut und auf die Dauer bewohnbar bzw. benutzbar wiederhergestellt habe. Diese Voraussetzungen lägen aber weder in der Person der Beteiligten zu 1. da sie nur ... DM zur Schadensbeseitigung investiert habe, noch in der Person der Beteiligten zu 2., die keinerlei Wiederherstellungsarbeiten geleistet habe, vor. Der Anspruch auf Rückzahlung der gesamten gezahlten HGA-Beträge stehe daher ausschließlich dem Kläger zu. Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, daß die Voreigentümer gar nicht antragsberechtigt seien, da sie die Voraussetzungen zum Vergütungsanspruch nach § 104 LAG nicht geschaffen hätten. Aus diesem Grunde stände ihm auch allein die Vergünstigung bei Herabsetzung der Abgabelast zu.
Der Kläger ist ferner der Auffassung, daß es sich bei der Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. um eine "nachwirkende" Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag handle, nach welchem sie dafür zu sorgen habe, daß er, der Kläger, in die Lage versetzt werde, sowohl die von ihr als auch die von der Beigeladenen zu 2. gezahlten HGA-Leistungen dem FA gegenüber geltend zu machen.
Die Beigeladene zu 1. hat Zurückweisung der Revision beantragt. Sie trägt vor, daß sie berechtigt gewesen sei, die dem Revisionskläger erteilte Vollmacht zu widerrufen, da dieser sich einer arglistigen Täuschung schuldig gemacht habe. Es liege somit ein wichtiger Grund für den Widerruf einer unwiderruflichen Vollmacht vor.
Das FA hält die Vorentscheidung für zutreffend und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2. ist im Revisionsverfahren nicht mehr durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten. Sie hat auch keinerlei Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, führt die Herabsetzung der HGA nach § 104 LAG dazu, daß etwa noch geschuldete Beträge nicht mehr entrichtet zu werden brauchen und daß bereits entrichtete HGA-Leistungen zu erstatten sind. Entgegen der Meinung der Vorinstanz handelt es sich hierbei aber nicht um einen Vergütungs-, sondern um einen Erstattungsanspruch. Etwas anderes kann auch nicht aus § 104 Abs. 9 LAG hergeleitet werden. Dort ist nur die Frist behandelt, innerhalb welcher der Antrag auf Herabsetzung der HGA zu stellen ist. Im Rahmen dieser Regelung bestimmt § 104 Abs. 9 letzter Satz LAG, daß dieser Antrag als Antrag auf Gewährung einer Steuervergünstigung im Sinne des § 86 AO "gilt". Es wird hiernach also nur im Rahmen der Fristregelung eine Fiktion aufgestellt, um dem Abgabeschuldner die Möglichkeit der Nachsichtgewährung zu eröffnen. Über den Charakter des Anspruches auf Rückzahlung der vor Ergehen des Herabsetzungsbescheides gezahlten HGA-Leistungen ist damit nichts gesagt.
Erstattungsberechtigter ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, derjenige, für dessen Rechnung die Zahlung geleistet worden ist. Dies folgt aus dem Grundsatz, daß der Erstattungsanspruch der umgekehrte Steueranspruch ist (Entscheidung des BFH II 189/56 U vom 9. Dezember 1959, BFH 70, 480, BStBl III 1960, 180; Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Rdnrn. 2 und 8 vor §§ 150 bis 159 AO). Hiernach steht der Erstattungsanspruch nur demjenigen zu, für dessen Rechnung die Zahlungen zur Tilgung einer Steuerschuld geleistet worden sind (BFH-Entscheidung I 383/60 U vom 25. September 1963, BFH 77, 619, BStBl III 1963, 545, 546 re. Spalte Mitte). Zwar ruhen die Abgabeschulden als öffentliche Last auf dem Grundstück (§ 111 Abs. 1 LAG). Nach § 111 Abs. 3 LAG haftet jedoch der Eigentümer für die während der Dauer seines Eigentums fälligen Leistungen auch persönlich. Daraus folgt, daß die fälligen HGA-Leistungen von den Voreigentümern in ihrer Eigenschaft als Abgabeschuldner zu erbringen waren und erbracht worden sind. Nach den vorstehenden Grundsätzen sind sie daher auch als Erstattungsberechtigte anzusehen. Der Kläger könnte somit die den Voreigentümern zustehenden Ansprüche nur geltend machen, wenn sie ihm abgetreten worden wären und die früheren Gläubiger der Finanzbehörde diese Abtretung angezeigt hätten. Nach § 159 AO ist die Anzeige der Abtretung durch den Gläubiger Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Abtretung. Eine solche Abtretungserklärung der Voreigentümer liegt im Streitfall nicht vor. Zwar hatte die Beigeladene zu 1. dem Kläger eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt, sie in dem Verfahren nach § 104 LAG zu vertreten und anfallende Erstattungsbeträge aus der HGA uneingeschränkt in Empfang zu nehmen. Die Beigeladene zu 1. hat aber diese Vollmacht dem FA gegenüber widerrufen. Ob dieser Widerruf rechtswirksam erfolgt ist oder nicht, war vom FA nicht zu prüfen. Es ist auch nicht Sache der Steuergerichte, die privatrechtlichen Verhältnisse zwischen den früheren Eigentümern und den späteren Erwerbern des Grundstücks zu klären. Der Kläger übersieht hierbei, daß es sich vorliegend nicht um die Geltendmachung seines vermeintlichen bürgerlich-rechtlichen Anspruchs, sondern um die Durchsetzung eines durch das öffentliche Recht gewährten Erstattungsanspruchs handelt (BFH-Entscheidung II 54/55 U vom 14. Dezember 1955, BFH 62, 122, BStBl III 1956, 46). Das steuerrechtliche Erstattungsverfahren kann aber nur auf Grund einer ordnungsmäßigen Abtretung des dem Steuerschuldner im formellen Sinne zustehenden Erstattungsanspruchs betrieben werden. Mangels einer derartigen Abtretung ist der Revisionskläger darauf angewiesen, seinen Ausgleichsanspruch gegenüber den früheren Abgabeschuldnern auf dem ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen.
Da dem Revisionskläger ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der jetzt noch geltend gemachten Beträge nicht zusteht, ist die Revision gegen das die Klage abweisende Urteil als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 413298 |
BStBl II 1972, 889 |
BFHE 1973, 46 |