Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer, Arbeitsrecht
Leitsatz (amtlich)
Wählen Ehegatten die Zusammenveranlagung nach § 26 b EStG, so werden die Vergünstigungen des § 7 c EStG für Wohnungsbaudarlehen des einen Ehegatten an den anderen Ehegatten nicht gewährt. Die Grundsätze des Urteils des Senats IV 303/51 U vom 6. März 1952, BFH 56, 273, BStBl III 1952, 107, gelten weiter.
Normenkette
EStG §§ 7c, 26b; GG Art. 3, 6
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung die Gewährung der Steuervergünstigung für ein Wohnungsbaudarlehen im Sinne des § 7 c EStG 1957, das der Revisionskläger (Steuerpflichtige - Stpfl. -) seiner Ehefrau (Revisionsklägerin - Stpfl. -) im Streitjahr zur Errichtung eines Mietwohnhauses auf dem der Ehefrau gehörenden Grundstück in R. gab. Die Eheleute wurden für das Streitjahr nach § 26 b EStG 1957 zusammen veranlagt.
Finanzamt (FA), Steuerausschuss und auf die Berufung der Stpfl. auch das Finanzgericht (FG) lehnten die Gewährung der Steuervergünstigung ab. Das FA begründete seine ablehnende Entscheidung im wesentlichen wie folgt: Die formellen Voraussetzungen des § 7 c EStG 1957 seien erfüllt. In seinem Urteil IV 303/51 U vom 6. März 1952 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 56 S. 273 - BFH 56, 273 -, BStBl III 1952, 107) habe der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch entschieden, daß die Vergünstigung des § 7 c EStG entfalle, wenn unverzinsliche Darlehen zwischen Eltern und Kindern gegeben werden und Geber und Nehmer zusammen veranlagt werden. Die Zusammenveranlagung bedeute, daß die Einkünfte beider Teile als eine Einheit zu behandeln sind. Die zusammengerechneten Einkünfte bildeten ein Einkommen. Es sei so anzusehen, als ob die Einkünfte von einer Person bezogen wurden. Diese Auffassung könne nach änderung der Ehegattenbesteuerung infolge Aufhebung des § 26 EStG a. F. durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht mehr aufrechterhalten werden. Eheleute seien auf Grund des Prinzips der Individualbesteuerung grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Veranlagungsart als Einzelperson steuerlich zu betrachten und zu behandeln. Demgemäß seien auch zwischen ihnen abgeschlossene Verträge steuerlich anzuerkennen. Für die Beurteilung der 7c- Darlehen gälten jedoch Besonderheiten. Die Frage, ob das betreffende 7c-Darlehen wirklich und ernstlich aus dem Vermögen des gebenden Ehegatten ausscheide und in das Vermögen des nehmenden Ehegatten übergehe, lasse sich nicht mit Sicherheit klären. Der steuerlichen Entlastung des einen Eheteils stehe hier keine entsprechende steuerliche Belastung des anderen gegenüber. Diesen Umständen sei in Anbetracht der wirtschaftlichen und bei Zusammenveranlagung auch steuerlichen Interessengemeinschaft von Eheleuten entscheidende Bedeutung beizumessen. Es erscheine nicht gerechtfertigt, Eheleuten einerseits wie im vorliegenden Fall durch Zusammenveranlagung die Möglichkeit zu geben, negative Einkünfte des einen Ehegatten mit dem Gewinn des anderen Ehegatten auszugleichen und ihnen zusätzlich noch eine Steuerersparnismöglichkeit trotz Zusammenveranlagung einzuräumen, die gerade auf einer Abmachung der Eheleute untereinander beruhe. In diesem Zusammenhang verdiene es Beachtung, daß im § 26 b Satz 3 EStG 1958 ausdrücklich bestimmt sei, daß bei der Ermittlung des Einkommens der Ehegatten Minderungen des Einkommens außer Betracht bleiben, soweit sie sich aus den Vereinbarungen unter den Ehegatten herleiten. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte erscheine es der Kammer gerechtfertigt, zumindest in den Fällen, in denen Eheleute ihre steuerliche Interessengemeinschaft durch den Wunsch auf Zusammenveranlagung ausgedrückt haben, die Abzugsfähigkeit eines gleichzeitig geltend gemachten 7c-Darlehens zwischen den Eheleuten zu verneinen. Wieweit die bei der Entscheidung dieser Frage zu berücksichtigende gemeinsame Interessenlage der Eheleute auch im vorliegenden Fall gehe, ergebe sich daraus, daß im Streitjahr das Grundstück der Ehefrau, auf dem das mit dem 7c-Darlehen errichtete Gebäude steht, nahezu in Höhe des geltend gemachten 7c-Darlehens einem Geschäftskredit des Ehemannes durch vorübergehende Eintragung einer Grundschuld als Kreditunterlage zur Verfügung gestanden habe. Ferner habe der Ehemann seiner Frau im Streitjahr 47.000 DM und im Vorjahr 52.000 DM geschenkt.
Entscheidungsgründe
Die nach Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnde Rb. der Stpfl. ist unbegründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob den überlegungen des FG in vollem Umfang zu folgen ist. Das gilt insbesondere im Hinblick auf den Hinweis des FG auf § 26 b Satz 3 EStG 1958. Diese Vorschrift wurde ebenso wie diejenige in § 26 a Abs. 1 Satz 3 EStG 1958 enthaltene mit Rücksicht auf verfassungsrechtliche Bedenken bereits gemäß Abschn. 174 a EStR 1963 nicht mehr angewendet und durch Art. 1 Nr. 12 des Steueränderungsgesetzes (StändG) 1964 (BStBl I 1964, 553) mit Wirkung auch für noch nicht rechtskräftige Veranlagungen 1958 bis 1964 (§ 52 Abs. 20 EStG 1966) gestrichen.
Der Senat hält jedoch an seiner im Urteil IV 303/51 U vertretenen Auffassung, wonach die Vergünstigung des § 7 c EStG entfällt, wenn Zuschüsse oder unverzinsliche Darlehen zwischen zusammen veranlagten Personen gegeben werden, auch für das Streitjahr fest. Der Umstand, daß die dieser Entscheidung zugrunde liegende Zusammenveranlagung zwischen Ehegatten durch die Entscheidung des BVerfG vom 17. Januar 1957 1 BvL 4/54, BStBl I 1957, 193, und zwischen Eltern und Kindern durch die Entscheidung des BVerfG vom 30. Juni 1964 1 BvL 16 - 25/62 BStBl I 1964, 488, für grundgesetzwidrig und nichtig erklärt wurde, läßt die in ihr entwickelten Grundsätze unberührt für Fälle, in denen die Eheleute die Zusammenveranlagung nach § 26 b EStG 1957 ff. selbst wählen.
Die Zusammenveranlagung der Ehegatten führt zu einer Einkommensgemeinschaft. Es wird ein einheitliches Einkommen festgestellt, das der Einkommensbesteuerung jedes Ehegatten zugrunde gelegt wird dergestalt, daß jeder Ehegatte für sich Steuerschuldner der vollen auf dieses Einkommen entfallenden Einkommensteuer ist (vgl. schon Urteil IV 303/51 U; insbesondere aber Urteil IV 28/62 S vom 5. Dezember 1963, BFH 78, 239, BStBl III 1964, 96).
Die Haftungsbeschränkungsmöglichkeit nach § 7 Abs. 3 StAnpG ändert daran nichts.
Hieraus aber ergibt sich, daß im Einkommen des Mannes gleichzeitig die die Frau betreffenden Einkommensvorgänge berücksichtigt sind und umgekehrt. Das wiederum führt dazu, daß sich Verträge zwischen Ehegatten im Fall der Zusammenveranlagung auf die Höhe des Einkommens nur insoweit auswirken, als sie infolge ihrer Berührung von zwei verschiedenen Einkommenssphären zu einer abweichenden Einkünfteermittlung führen. So wirkt sich der Arbeitsvertrag zwischen Ehegatten z. B. dahin aus, daß die Ehefrau den Werbungskostenpauschbetrag für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen kann. Insoweit ist das Prinzip der Individualbesteuerung der Ehegatten auch bei der Zusammenveranlagung gewährleistet.
Es ist gerechtfertigt, diese Auffassung dort einzuschränken, wo der auf der vertraglichen Vereinbarung zwischen Ehegatten beruhende Vorgang bestimmungsgemäß dazu führt, daß eine von einem Ehegatten geleistete Ausgabe zwar eine Betriebsausgabe darstellt, ihr aber eine Einnahme beim anderen Ehegatten nicht oder erst später gegenübersteht, so daß sich auch für den anderen Ehegatten eine Minderung des zusammen veranlagten Einkommens vollzieht. Hierbei ist entscheidend, daß mit Rücksicht auf die engen nicht geschäftlichen ehelichen Beziehungen der Eheleute nicht hinreichend sicher davon ausgegangen werden kann, daß die spätere Einkommenserhöhung auch tatsächlich eintritt. Vgl. hierzu auch die Ausführungen des Senats im Urteil IV 47/64 vom 17. Februar 1966, BFH 85, 97, BStBl III 1966, 247, 249, rechte Spalte unter III 2, über die Anerkennung von Pensionsrückstellungen gegenüber der mitarbeitenden Ehefrau. Diese überlegung gilt in besonderem Masse für Zuwendungen an den anderen Ehegatten, denen keine Leistung des anderen Ehegatten gegenübersteht und die daher schenkungsgleichen Charakter haben. Hier kann eine Einkünfte- und damit Einkommensminderung des leistenden Ehegatten in der Regel nicht anerkannt werden.
Im Fall der Steuervergünstigung des § 7 c EStG 1957 kommt hinzu: Der Gesetzgeber unterschied hinsichtlich der steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus zwischen eigenen Wohnungsbauvorhaben des Steuerpflichtigen (§ 7 b EStG) und solchen, die dieser durch Finanzierung fremder Wohnungsbauvorhaben fördert (§ 7 c EStG). Der Zweck der steuerlichen Vergünstigung des § 7 c EStG ist, einem Steuerpflichtigen, der durch ein eigenes Vermögensopfer (Zuschuß oder unverzinsliches Darlehen) fremde Wohnbauvorhaben fördert, steuerlich zu begünstigen. Erforderlich ist hier, daß die von dem Stpfl. zur Verfügung gestellten Mittel nicht nur aus seiner Vermögens-, sondern auch aus seiner Einkommenssphäre ausscheiden. Wenn die Stpfl. meinen, ein solches Ausscheiden aus dem Vermögen sei nur bei Zuschüssen, nicht auch bei unverzinslichen Darlehen denkbar, bei denen dem Geber der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens verbleibt, so ist das nicht richtig. Auch beim unverzinslichen 7c-Darlehen muß die Darlehnsvaluta dergestalt aus dem Einflußbereich des Gebers ausscheiden, daß nicht er, sondern der Empfänger derjenige ist, der von ihr im Sinne der Durchführung eines Wohnungsbauvorhabens Gebrauch macht. Bei zusammen veranlagten Ehegatten, bei denen die Darlehnsvaluta des von dem Ehemann an die Ehefrau gegebenen unverzinslichen 7c-Darlehen, weil das Bauvorhaben nicht als fremdes angesehen werden kann, nicht nur vermögensmäßig, sondern, weil wegen Fehlens einer entsprechenden Einnahme der empfangenden Ehefrau die Darlehnshingabe des Mannes aus den bereits dargelegten Gründen wie eine solche an sich selbst angesehen werden muß, auch einkommensteuermässig im Einkommensbereich des Ehemanns verbleibt, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. hierzu auch das Urteil des Senats IV 182/60 vom 5. September 1963, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 7 c, Rechtsspruch 111).
Die dargestellte Rechtsauffassung verstößt nicht gegen Art. 3 und 6 des Grundgesetzes. Es handelt sich um eine dem Sinn und Zweck der Steuervergünstigung des § 7 c EStG entsprechende Gesetzesauslegung. Die Versagung der Steuervergünstigung beruht nicht darauf, daß die Beteiligten Eheleute sind, sondern darauf, daß die Eheleute von dem ihnen zustehenden Recht der für sie günstigeren und mit Vorteilen verbundenen (vgl. z. B. Verlustverrechnungsmöglichkeit) Zusammenveranlagung Gebrauch machten. Wenn die Eheleute auf diese Weise die steuerliche Vermögens- und Einkommensgemeinschaft begründen, so müssen sie in Kauf nehmen, daß dies bei der Frage der Gewährung von Steuervergünstigungen im Einzelfall gegebenenfalls zu ihren Ungunsten ausschlägt. Eine ungünstige Auswirkung braucht hierbei jedoch keineswegs stets einzutreten. Wie sich die Zusammenveranlagung im einzelnen auswirkt, hat der Senat in seinem Urteil IV 28/62 S eingehend dargestellt. Hier wird auch hervorgehoben, daß wegen der durch die Zusammenveranlagung zwischen den Eheleuten hergestellten engen steuerlichen Verknüpfung Vergünstigungsvorschriften auch auf die Person des anderen Ehegatten zurückwirken, wie es § 62 c EStDV 1958 hinsichtlich der Vergünstigung der §§ 7 a, 7 e EStG vorsieht. Beim einen Ehegatten fehlende Voraussetzungen einer Steuervergünstigung können durch das Vorhandensein beim anderen Ehegatten ersetzt werden, wenn die Eheleute die Zusammenveranlagung beantragen. Daß sich im Fall der Hingabe von 7c-Darlehen zwischen zusammen veranlagten Ehegatten die Wahl der Zusammenveranlagung für die Steuerpflichtigen ungünstig auswirkt, beruht nun ebenfalls auf der hergestellten engen steuerlichen Verknüpfung zwischen den Eheleuten und der daraus herzuleitenden Folge, daß die Voraussetzungen des § 7 c EStG nicht erfüllt werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 412312 |
BStBl III 1967, 172 |
BFHE 1967, 380 |
BFHE 87, 380 |