Leitsatz (amtlich)

1. § 59 Nr. 1 BewG in der vor dem BewG 1965 geltenden Fassung gilt auch für Wirtschaftsgüter, die nur teilweise von der Vermögensteuer befreit sind.

2. Die nach § 5 Satz 2 der Verordnung über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken vom 26. Oktober 1944 (RGBl I 1944, 278, RStBl 1944, 657) in Verbindung mit dem Gesetz zur Änderung dieser Verordnung vom 26. Juli 1957 (BGBl I 1957, 807, BStBl I 1957, 528) begünstigten Anlagen sind ab Inbetriebnahme ebenso wie die mit ihnen zusammenhängenden Schulden nur mit 50 v. H. ihres Wertes bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zu erfassen.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 59 Nr. 1; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 62 Abs. 1; AO i.d.F. vor Erlaß des GG § 12; VStR 1960/1963 Abschn. 24 Abs. 3 Buchst. b; VStR 1960/1963 Abschn. 123 Abs. 6

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige (Kläger und Revisionsbeklagter zu a) ist Inhaber eines Elektrizitätswerks. Im Jahre 1956 ließ er in den Betrieb neue Turbinenanlagen einbauen. Das FA stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1960 auf 111 000 DM und zum 1. Januar 1963 auf 102 000 DM fest. In den Einheitswerten sind die Turbinenanlagen mit Teilwerten von 201 463 DM und 183 667 DM enthalten.

Der Steuerpflichtige begehrt nach § 5 Satz 2 der Verordnung des Reichsministers der Finanzen über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken vom 26. Oktober 1944 (RGBl I 1944, 278, RStBl I 1944, 657) in Verbindung mit dem Gesetz zur Änderung der Verordnung über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken vom 26. Juli 1957 (BGBl I 1957, 807, BStBl I 1957, 528) eine 50 %ige Ermäßigung der auf die Turbinenanlagen entfallenden Vermögensteuer. Er ist der Ansicht, der Einheitswert des Betriebsvermögens sei bei den Vermögensteuer-Veranlagungen auf den 1. Januar 1961 und 1. Januar 1963 um 50 v. H. des Teilwerts der begünstigten Turbinenanlagen zu kürzen:

1. Januar 1961

DM

Einheitswert des Betriebsvermögens 111 000

./. 50 v. H. von 201 463 DM = 100 732

anzusetzen mithin 10 268

1. Januar 1963

DM

Einheitswert des Betriebsvermögens 102 000

./. 50 v. H. von 183 667 DM = 91 833

anzusetzen mithin 10 167

Es ergebe sich nach Abzug der Freibeträge des § 5 Abs. 1 VStG dann kein steuerpflichtiges Vermögen mehr.

Das FA meint, die ordnungsgemäß festgestellte Vermögensteuer sei nach Abschn. 123 Abs. 6 VStR 1960/1963 auf die Hälfte zu ermäßigen, soweit sie anteilig auf die begünstigten Turbinenanlagen entfalle. Der Anteil sei im Verhältnis des Teilwerts der Anlagen zum Rohvermögen des gewerblichen Betriebs zu ermitteln. Der Teilwert der Turbinen betrage zum 1. Januar 1961 65,83 v. H. und zum 1. Januar 1963 62,64 v. H. des betrieblichen Rohvermögens. Das FA setzte deshalb im Bescheid vom 6. November 1964 die Vermögensteuer auf den 1. Januar 1961 und in der Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 1964 die Vermögensteuer auf den 1. Januar 1963 wie folgt fest:

1. Januar 1961

DM

Gesamtvermögen 119 000

Freibeträge nach § 5 Abs. 1 VStG 80 000

steuerpflichtiges Vermögen 39 000

Vermögensteuerschuld bei 1 v. H. Vermögen-

steuersatz = 390

abzüglich Steuerbegünstigung von 1/2 von

65,83 v. H. = 32,92 v. H. von 390 DM = 128

zu zahlen jährlich 262

1. Januar 1963

DM

Gesamtvermögen 93 000

Freibeträge nach § 5 Abs. 1 VStG 80 000

steuerpflichtiges Vermögen 13 000

Vermögensteuerschuld bei 1 v. H. Vermögen-

steuersatz = 130

abzüglich Steuerbegünstigung von 1/2 von

62,64 v. H. = 31,3 v. H. von 130 DM = 40,70

zu zahlen jährlich 89,30

Der Steuerpflichtige und seine Ehefrau (Klägerin und Revisionsbeklagte zu b) fochten die Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 1964 mit der Berufung an. Da der Einspruch gegen den Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1961 keinen Erfolg hatte, legten sie auch bezüglich dieser Veranlagung Berufung ein.

Das FG gab den Berufungen, die es nach Inkrafttreten der FGO als Klagen behandelte, statt und hob durch Urteile vom 28. September 1967 die Vorentscheidungen ersatzlos auf. Es trat der Auffassung der Kläger bei und führte aus: § 5 der Verordnung vom 26. Oktober 1944 sei nach dem Zusammenhang, in dem er stehe, offensichtlich objektbezogen. Die Höhe der Steuerermäßigung müsse sich daher ausschließlich nach dem Wert der begünstigten Anlagen richten. Die persönlichen Verhältnisse des Betriebsinhabers und sein übriges Vermögen dürften hierauf keinen Einfluß haben. Es sei insbesondere nicht einzusehen, warum der Umfang der Begünstigung von der Höhe der betrieblichen Schulden abhängen solle. Die Vermögensteuerschuld sei daher um den Betrag zu mindern, der sich bei Anwendung des halben Vermögensteuersatzes auf den Teilwert der Turbinenanlagen ergebe. Hierdurch entfalle eine Vermögensteuerschuld auf den 1. Januar 1961 und 1. Januar 1963:

1. Januar 1961

DM

steuerpflichtiges Vermögen wie FA 39 000

Vermögensteuerschuld bei 1 v. H. 390

abzüglich 0,5 v. H. von 201 463 DM = ./. 1 007

zu zahlen jährlich 0

1. Januar 1963

DM

steuerpflichtiges Vermögen wie FA 13 000

Vermögensteuerschuld bei 1 v. H. 130

abzüglich 0,5 v. H. von 183 667 DM = ./. 918

zu zahlen jährlich 0

Das FG ließ auf Beschwerden des FA die Revisionen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sachen zu.

Das FA beantragt mit den Revisionen, die Urteile des FG aufzuheben. Es meint, die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken könne ohne gesetzliche Ermächtigung nicht abweichend von den allgemeinen Vorschriften des VStG und des Bewertungsgesetzes in der vor dem Bewertungsgesetz 1965 geltenden Fassung - im folgenden: BewG - vorgenommen werden. Die Vermögensteuer richte sich nach § 4 VStG nach dem Wert des Gesamtvermögens im Sinne der §§ 73 bis 77 BewG. Nach § 73 Abs. 3 BewG seien beim Gesamtvermögen die Wirtschaftsgüter, für die ein Einheitswert festzustellen sei, mit den festgestellten Einheitswerten anzusetzen. Die nach § 5 der Verordnung vom 26. Oktober 1944 begünstigten Turbinenanlagen gehörten zum Betriebsvermögen des Elektrizitätswerks. Ihr steuerlicher Teilwert sei nur ein Rechenposten für die Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens. Die Turbinenanlagen unterlägen daher nicht mit ihrem Teilwert, sondern mit dem Wertanteil der Vermögensteuer, mit dem die Anlage im Einheitswert enthalten sei. Berechne man die Steuerbefreiung nach dem Teilwert der Anlagen, so gewähre man die Vergünstigung nach § 5 der Verordnung für einen weitaus höheren Vermögensteueranteil, als tatsächlich Vermögensteuer auf die Turbinenanlagen entfalle. Im Streitfall würde dadurch sogar das gesamte Vermögen der Kläger von der Vermögensteuer befreit. Das entspreche nicht dem Sinn des § 5 der Verordnung vom 26. Oktober 1944. Gehe man von der Rechtsauffassung des FG aus, so wirke sich die Vergünstigung bei betriebsfertigen Anlagen stärker aus als bei noch im Bau befindlichen Anlagen, obwohl die Anlagen während der Bauzeit nach § 5 Satz 1 der Verordnung in vollem Umfang vermögensteuerfrei und daher bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht zu erfassen seien. Die Steuervergünstigung für im Bau befindliche Anlagen werde nämlich ganz oder teilweise dadurch gemindert, daß die mit den Anlagen wirtschaftlich zusammenhängenden Schulden nach §§ 74 Abs. 2, 59 BewG bewertungsrechtlich nicht abzugsfähig seien. Bei der obigen Berechnung des FG wirke sich die Vermögensteuervergünstigung für die in Betrieb genommenen Anlagen dagegen in vollem Umfang ohne Rücksicht auf die für die Anlagen aufgenommenen Schulden aus.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Der Senat hat die Revisionen nach §§ 73 Abs. 1, 121 FGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden, da sie die gleichen Rechtsfragen betreffen.

Die Revisionen sind begründet.

Im Streitfall geht es um die vermögensteuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken nach der angeführten Verordnung des Reichsministers der Finanzen vom 26. Oktober 1944. Gegen die Rechtsgültigkeit dieser Vorschrift bestehen keine Bedenken. Die Verordnung beruht nach ihrer Präambel auf dem bei ihrem Erlaß gültigen § 12 AO a. F. Danach konnte der RdF "zur Durchführung und zur Ergänzung der vom Reich erlassenen Steuergesetze ... Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften erlassen" und dabei "insbesondere den Umfang der Befreiungen, Steuerermäßigungen und Steuervergütungen näher bestimmen". Diese generelle Ermächtigung entspricht zwar nicht den heutigen Anforderungen des GG. Sie war jedoch nach den staatsrechtlichen Verhältnissen des Jahres 1944, als die Verordnung über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken erging, als gültig und ausreichend für den Erlaß von Rechtsverordnungen anzusehen, falls die "Ergänzung" des Gesetzes nicht gegen die Grundsätze oder den Sinn des Gesetzes verstieß (vgl. Beschluß des BVerfG 1 BvR 687/62 vom 12. Februar 1969, BVerfGE 25, 216, [225] BStBl II 1969, 364, sowie Riewald, Reichsabgabenordnung und Steueranpassungsgesetz, Teil I, Berlin 1941, § 12 AO Anm. 1). Solche Verstöße enthält die Verordnung vom 26. Oktober 1944 nicht. Sie wurde in ihrem rechtlichen Bestand auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß § 12 AO a. F., soweit er zur Ergänzung von Gesetzen ermächtigte, durch Art. 129 Abs. 3 GG und in seinen übrigen Teilen durch Art. I Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 11. Juli 1953 (BGBl I 1953, 511, BStBl I 1953, 262) aufgehoben wurde (vgl. auch BVerfG-Beschluß 1 BvR 687/62, a. a. O.). Der Bundesgesetzgeber hat überdies die Verordnung dadurch in seinen Willen aufgenommen, daß er sie durch das Gesetz vom 26. Juli 1957 (a. a. O.) änderte und sie auch auf Anlagen erstreckte, deren Bau bis zum Jahre 1967 begonnen wurde.

Die Verordnung vom 26. Oktober 1944 begünstigt unter bestimmten Voraussetzungen "Anlagen zur Erzeugung elektrischer Arbeit durch Wasserkräfte (Wasserkraftwerke)" (§ 2 Abs. 1 Satz 1). Die Begünstigung erstreckt sich u. a. auch auf die Vermögensteuer. So ist nach § 5 Satz 1 der Verordnung während der Bauzeit keine Vermögensteuer für die steuerbegünstigten Anlagen zu entrichten, und die Vermögensteuer ermäßigt sich ab Betriebsbeginn nach § 5 Satz 2 - wie oben erwähnt - für die Dauer von 20 Jahren auf die Hälfte der auf sie entfallenden Beträge.

Nach den zutreffenden Ausführungen des FA sind die im Bau befindlichen Anlagen nach § 59 Nr. 1 BewG bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht zu erfassen. Sie sind also bei der Einheitsbewertung außer Betracht zu lassen. Zu den steuerbefreiten Wirtschaftsgütern gehören auch die nach § 5 Satz 1 der Verordnung vom 26. Oktober 1944 begünstigten Anlagen während der Bauzeit, da für sie keine Vermögensteuer zu entrichten ist (so auch Abschn. 24 Abs. 3 Buchst. b VStR 1960/1963 und Gürsching-Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar, § 59 BewG Anm. 6). Nach § 62 Abs. 1 BewG sind die mit den Anlagen wirtschaftlich in Zusammenhang stehenden Schulden bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens ebenfalls nicht zu berücksichtigen (vgl. zum Verhältnis des § 59 Nr. 1 BewG zu § 62 Abs. 1 BewG auch das Urteil des Senats III R 105/66 vom 19. September 1969 - Slg. 97, 382, BStBl II 1970, 203 -). Die gleiche Auffassung vertrat auch der RdF in seinem zur Verordnung ergangenen Erlaß vom 26. Oktober 1944 (RStBl 1944, 658). Er führte zu § 5 der Verordnung aus, daß die "steuerbegünstigten Anlagen ..., solange volle Steuerfreiheit für sie besteht, das heißt also während der Bauzeit, nicht bewertet" werden sollen und daß gemäß dem dort angeführten Beispiel C auch die mit solchen Anlagen wirtschaftlich zusammenhängenden Schulden aus dem Betriebsvermögen auszuscheiden seien.

Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für die Zeit nach Inbetriebnahme der Anlagen, wenn nach § 5 Satz 2 der Verordnung die halbe Vermögensteuerpflicht einsetzt. § 59 Nr. 1 BewG ist auch auf die Wirtschaftsgüter anzuwenden, die nur teilweise von der Vermögensteuer befreit sind. Die nach § 5 Satz 2 der Verordnung begünstigten Anlagen sind daher nach den allgemeinen Vorschriften zu bewerten, aber gemäß ihrer 50 %igen Vermögensteuerbefreiung nur mit der Hälfte ihres Teilwerts im Einheitswert des Betriebsvermögens zu erfassen. Ebenso dürfen nach § 62 Abs. 1 BewG die mit den Anlagen zusammenhängenden Schulden nur zur Hälfte vom betrieblichen Rohvermögen abgezogen werden. Soweit Abschn. 123 Abs. 6 VStR 1960/1963 die Anwendung des § 5 Satz 2 der Verordnung erst bei der Berechnung der Vermögensteuer anordnet, kann der Senat dieser Anweisung grundsätzlich nicht beitreten. Die Auffassung des Senats ist im übrigen auch vom wirtschaftlichen Ergebnis her gerechtfertigt. § 5 Satz 2 der Verordnung kann nach seinem Sinn und Zweck nur dahin verstanden werden, daß die Anlagen nach ihrer Inbetriebnahme jährlich nur noch halb so hoch wie in der vorangegangenen Bauzeit begünstigt werden sollen. Ermäßigte sich der Einheitswert des Betriebsvermögens in der Bauzeit um den Unterschied zwischen dem Teilwert der im Bau befindlichen Anlagen und den für die Anlagen aufgenommenen Schulden, so muß sich der Einheitswert des Betriebsvermögens nach Ingangsetzung der Anlagen mithin um die Hälfte des Unterschieds zwischen dem Teilwert der vollendeten Anlagen und den damit im Zusammenhang stehenden Schulden verringern. Erfaßt man dagegen im Einheitswert des Betriebsvermögens den Teilwert der Anlagen und die Schulden in vollem Umfang und verringert man das Gesamtvermögen außerhalb des Einheitswerts lediglich um 50 v. H. des Teilwerts der Anlagen oder um die darauf entfallende halbe Vermögensteuer von 0,5 mal dem Teilwert der Anlagen, wie die Kläger und das FG meinen, so gewährt man dem Eigentümer, wenn er die Anlage ganz oder teilweise mit Fremdkapital erstellt hat, ab Inbetriebnahme der Anlage eine erheblich größere Steuervergünstigung als in der Bauzeit. Dies widerspricht jedoch - wie dargelegt - dem Sinn und Zweck des § 5 der Verordnung vom 26. Oktober 1944. Die Rechtslage wäre allerdings anders, wenn die Verordnung die Anwendung des § 59 BewG ausdrücklich ausgeschlossen hätte, so wie dies etwa in den Vermögensteuer-Befreiungsvorschriften des § 3a Nr. 1 und 2 VStG geschehen ist. Einen solchen Ausschluß enthält die Verordnung jedoch nicht. Andere Wirtschaftsgüter, die nur teilweise von der Vermögensteuer befreit sind, sind im übrigen bei der Ermittlung des Gesamtvermögens ebenfalls nur mit dem Teil ihres Wertes anzusetzen, der der anteiligen Steuerpflicht entspricht. So sind nach § 73a Abs. 1 BewG die Grundstücke und die beweglichen Gegenstände, die zum sonstigen Vermögen gehören, nur mit 40 v. H. des Wertes anzusetzen, wenn ihre Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt. Diese Vorschrift spricht, wie der Senat im Urteil III 207/65 vom 2. Mai 1969 (BFH 96, 412, BStBl II 1969, 717) entschieden hat, eine 60 %ige Steuerbefreiung aus, und sie gewährt die Befreiung dadurch, daß diese Gegenstände bei der Ermittlung des Gesamtvermögens nur mit 40 v. H. ihres Wertes zu berücksichtigen sind. Nach dieser Entscheidung sind bei Stichtagen vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes 1963 die damit zusammenhängenden Lasten nach § 74 Abs. 2 BewG ebenfalls nur mit 40 v. H ihres Kapitalwerts abzugsfähig.

Der Senat hebt die Urteile des FG auf, weil das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist. Die Streitsachen werden an das FG zurückverwiesen. Es wird bei seiner erneuten Entscheidung folgendes zu beachten haben:

In den Einheitswerten des Betriebsvermögens des Elektrizitätswerks zum 1. Januar 1960 und 1. Januar 1963 sind die begünstigten Turbinenanlagen unstreitig mit ihren jeweiligen Teilwerten erfaßt. Die Kläger begehren bei den Vermögensteuer-Veranlagungen auf den 1. Januar 1961 und 1. Januar 1963 nach § 5 Satz 2 der Verordnung vom 26. Oktober 1944 eine 50 %ige Ermäßigung der Vermögensteuer, die auf die im Jahr 1956 erstellten Turbinenanlagen entfällt. Das FA hätte diese Vergünstigung - wie ausgeführt - bereits bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens berücksichtigen müssen. Dies ist jedoch im Hinblick auf die Anweisungen in Abschn. 123 Abs. 6 VStR 1960/1963 nicht geschehen. Da die Einheitswertbescheide des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1960 und 1. Januar 1963 offensichtlich unanfechtbar geworden sind, muß dem § 5 Satz 2 der Verordnung vom 26. Oktober 1944 ausnahmsweise bei den hier streitigen Vermögensteuer-Veranlagungen auf den 1. Januar 1961 und 1. Januar 1963 Rechnung getragen werden. Das darf jedoch nicht zu einer höheren Steuerermäßigung führen, als wenn die Vorschrift bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens beachtet worden wäre. Das Gesamtvermögen der Kläger ist daher zum 1. Januar 1961 und 1. Januar 1963 nur um den Unterschied zwischen dem 50 %igen Teilwert der Anlagen zum 1. Januar 1960 und 1. Januar 1963 und dem halben Wert der mit den Anlagen zusammenhängenden Schulden zu mindern. Ob und gegebenenfalls welche betrieblichen Schulden mit dem Bau der Turbinenanlagen wirtschaftlich im Zusammenhang stehen, ist aus den dem Senat vorliegenden Akten nicht zu ersehen. Das FG muß dies noch feststellen und die Vermögensteuer dann entsprechend berechnen. Es darf die Vermögensteuer aber nicht höher festsetzen als das FA es getan hat, da die Klage nach den Vorschriften der FGO nicht zu einer Verböserung zu Lasten der Kläger führen darf.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68965

BStBl II 1970, 397

BFHE 1970, 444

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