Leitsatz (amtlich)

Der Kauf einer landwirtschaftlichen Hofstelle durch die Teilnehmergemeinschaft eines Flurbereinigungsverfahrens (§ 10 FlurbG) ist gemäß Art. 24 des Bayerischen AGFlurbG steuerfrei, wenn das Grundstück anschließend einem am Flurbereinigungsverfahren beteiligten Landwirt für landwirtschaftliche Zwecke zu Eigentum überlassen werden soll.

 

Normenkette

AGFlurbG vom 11. August 1954 (GVBl 1954, 165) Art. 24

 

Tatbestand

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 7. Februar 1961 kaufte die Klägerin und Revisionsbeklagte - eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, § 10 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) - ein landwirtschaftliches Anwesen einschließlich Inventar, um die Grundstücke im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens an andere Grundstückseigentümer abzugeben.

Die Revisionsbeklagte legte eine Bescheinigung des Flurbereinigungsamtes vom Tage des vorgenannten Vertragsabschlusses vor, wonach der Grunderwerb der Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens diene. Das FA K, das damals für die Besteuerung zuständig war, verweigerte die Steuerbefreiung gemäß Art. 24 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum Flurbereinigungsgesetz vom 11. August 1954 - AGFlurbG - (GVBl 1954, 165). Es setzte Grunderwerbsteuer fest. Den Einspruch wies es zurück. Art. 24 AGFlurbG begünstige im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens den gesetzlichen Eigentumsübergang nach den §§ 61 und 62 FlurbG vom 14. Juli 1953 (BGBl I 1953, 591), nicht aber den freihändigen Grundstückserwerb.

Das FG hob Steuerbescheid und Einspruchsentscheidung auf. Die genannte Befreiungsvorschrift begünstige auch den Grundstückserwerb durch privat-rechtlichen Kauf. Der Erwerbsvorgang habe im vorliegenden Fall unmittelbar der Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens gedient, weil die Revisionsbeklagte dadurch in die Lage versetzt worden sei, Grundstücke zu erwerben und alsbald an aufstockungswillige Teilnehmer abzugeben.

Mit seiner Revision beantragt das nunmehr zuständige FA G (Revisionskläger), das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen, als das FG auch für den Erwerb der Hofstelle des landwirtschaftlichen Anwesens Steuerbefreiung gewährt habe. Die anteilige Gegenleistung für diese Hofstelle beziffert der Revisionskläger auf 20 000 DM.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Der Kaufvertrag vom 7. Februar 1961 unterliegt der Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), ist aber gemäß Art. 24 AGFlurbG in vollem Umfang steuerfrei.

Wie das FG zu Recht entschieden hat, können auch privatrechtliche Grundstückskaufverträge im Sinne des Art. 24 AGFlurbG unmittelbar der Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens dienen; denn das Flurbereinigungsgesetz sieht auch den Abschluß solcher Verträge vor (§ 17 Abs. 2 FlurbG; Urteil vom 24. November 1971 II 200/65, BFHE 104, 387, BStBl II 1972, 317). In dieser Hinsicht greift auch der Revisionskläger das FG-Urteil nicht an. Er meint jedoch, der Erwerb der Hofstelle habe im vorliegenden Fall nicht unmittelbar der Durchführung der Flurbereinigung gedient. Die Revisionsbeklagte habe diese Hofstelle - ebenso wie das Inventar - zwangsläufig mit erwerben müssen, um die übrigen Grundstükke zu erhalten. Außerdem könne der Kauf einer Hofstelle nicht der Aufstockung eines landwirtschaftlichen Betriebes dienen.

Der Einwand des Revisionsklägers ist unbegründet.

Ob die Revisionsbeklagte die Hofstelle erwerben mußte, ist im vorliegenden Fall unerheblich. Diente der Erwerb dieser Hofstelle im Sinne der genannten Befreiungsvorschrift unmittelbar der Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens, so kommt es nicht darauf an, ob die Revisionsbeklagte mehr oder minder zu diesem Kauf gezwungen war. Das weitere Argument des Revisionsklägers, der Kauf einer Hofstelle könne nicht der Aufstockung eines landwirtschaftlichen Betriebes dienen, geht hier ins Leere. Begünstigt ein Gesetz - wie das in verschiedenen Landesgesetzen zur Verbesserung der Agrarstruktur geschehen ist - grunderwerbsteuerrechtlich die Aufstockung von landwirtschaftlichen Betrieben zu rentabler Größe, so kann von dieser Begünstigung der Erwerb einer Hofstelle ausgeschlossen sein, wenn hierdurch erst die Grundlage eines landwirtschaftlichen Betriebes geschaffen, nicht aber entsprechend dem Willen des Gesetzgebers ein bereits vorhandener Betrieb saniert werden soll (vgl. z. B. für das niedersächsische Grunderwerbsteuerrecht das Urteil des BFH vom 11. April 1973 II 84/64, BFHE 109, 474, BStBl II 1973, 708). Das Flurbereinigungsgesetz und dementsprechend Art. 24 AGFlurbG fördern jedoch entsprechend ihrer Zielrichtung, ländlichen Grundbesitz nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten wirtschaftlich zu gestalten (§ 1 FlurbG), auch die Aussiedlung von Höfen und damit zwangsläufig den Erwerb von Hofstellen. Denn die freigewordene Hofstelle eines ausgesiedelten Hofes muß oder kann im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens einer anderen Verwendung zugeführt werden; diese kann auch darin bestehen, daß ein anderer Landwirt die Hofstelle erwirbt, sei es, daß er sie als Ersatz oder Ergänzung seiner bisherigen Hofstelle verwendet oder das Gelände - möglicherweise nach Abriß der Gebäude - in sonstiger Weise landwirtschaftlich nutzt. Im vorliegenden Fall wurde nach den Feststellungen des FG die Revisionsbeklagte durch den Kaufvertrag vom 7. Februar 1961 "in die Lage versetzt..., Grundstücke zu erwerben und alsbald an aufstockungswürdige Teilnehmer abzugeben". Danach scheidet die Möglichkeit aus, daß die Hofstelle steuerschädlich verwendet, d. h. an dritte - nicht am Flurbereinigungsverfahren beteiligte - Personen abgegeben werden sollte und zu anderen Zwecken als zum Ersatz bzw. zur Vergrößerung einer bereits vorhandenen Hofstelle oder in sonstiger Weise zur Ergänzung eines landwirtschaftlichen Betriebes bestimmt war. Soweit der Revisionskläger im Revisionsverfahren erstmalig in dieser Hinsicht neue Tatsachen vorbringt, können diese nicht berücksichtigt werden (§ 118 Abs. 2 FGO). Verfahrensrügen hat er nicht erhoben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72668

BStBl II 1978, 203

BFHE 1978, 244

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