Entscheidungsstichwort (Thema)
Export über den Ladentisch: Anforderungen an den Nachweis über den außengebietlichen Abnehmer, Beweislast beim Unternehmer, Vorlage an den EuGH nicht erforderlich - Wohnort eines außengebietlichen Abnehmers
Leitsatz (amtlich)
Über die beleg- und buchmäßigen Nachweise des § 8 Abs. 1, § 15 UStDV 1980 und des § 13 Abs. 1 UStDV 1980 hinaus ist die Ausfuhr nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1980 nur befreit, wenn feststeht, daß der Abnehmer ein außengebietlicher Abnehmer ist.
Orientierungssatz
1. Daß es sich um einen außengebietlichen Abnehmer handelt, muß der Unternehmer nach § 6 Abs. 4 UStG 1980 nachweisen. In diesem Zusammenhang gelten die allgemeinen Beweisregeln und Beweisgrundsätze.
2. Die Sache ist nicht dem EuGH vorzulegen; gegen den Belegnachweis und den Buchnachweis sowie gegen die Beweislast des Unternehmers bestehen keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken.
3. Wohnort (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980) ist der Ort, an dem der Abnehmer für längere Zeit seine Wohnung genommen hat und der nicht nur aufgrund subjektiver Willensentscheidung, sondern auch bei objektiver Betrachtung als der örtliche Mittelpunkt seines Lebens anzusehen ist. Im Unterschied zu dem Arbeitnehmer eines ausländischen Unternehmens, der lediglich zur Durchführung eines bestimmten, zeitlich begrenzten Auftrags in die Bundesrepublik kommt, ohne hier objektiv erkennbar den örtlichen Mittelpunkt seines Lebens zu begründen, wird ein Gastarbeiter seinen Wohnort regelmäßig im Inland haben, selbst wenn er im Außengebiet (Ausland) noch einen eigenen Hausstand unterhält. Personen, die ihren Wohnsitz in das Außengebiet verlegen, sind bis zu ihrer tatsächlichen Ausreise (Grenzübergang) keine außengebietlichen Abnehmer (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4; UStDV 1980 § 8 Abs. 1, § 13 Abs. 1, § 15; EWGRL 388/77 Art. 15; EGVtr Art. 177 Abs. 3; UStG 1980 § 6 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.04.1993; Aktenzeichen 11 K 182/89 U) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt einen Rundfunk- und Fernseheinzelhandel. Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung erhöhte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die steuerpflichtigen Umsätze des Streitjahres 1984 um 30 258 DM und die Umsatzsteuer um 3 715,89 DM. Diese Umsätze beruhten auf Lieferungen von Fernsehgeräten, Videorecordern und Zubehör, die die Klägerin in ihrem in der Einkaufszone von W liegenden Ladenlokal an griechische Staatsangehörige verkauft hatte. Die Waren wurden im Ladenlokal übergeben und von den griechischen Staatsangehörigen im persönlichen Reisegepäck in das Außengebiet verbracht. Als Ausfuhrnachweise legte die Klägerin grüne Ausfuhrkassenzettel vor, die von der Industrie- und Handelskammer (IHK) zur Verfügung gestellt waren. Diese enthielten ausnahmslos Namen und ausländische Anschrift der griechischen Abnehmer. Die Ausfuhrkassenzettel, die während des Klageverfahrens zu den Akten gereicht wurden, bezeichneten außerdem den Liefergegenstand und dessen Wert und trugen einen Sichtvermerk der griechischen Zollbehörde. Nach Darstellung der Klägerin habe sich vor dem Verkaufsabschluß ihr Verkaufspersonal durch einen Blick in den Paß des Käufers von der Ausländereigenschaft sowie der fehlenden Aufenthaltsgenehmigung im Erhebungsgebiet überzeugt.
Das FA kam demgegenüber zum Ergebnis, daß die Käufer im Zeitpunkt des Kaufs nicht als außengebietliche Abnehmer anzusehen seien; Feststellungen beim Einwohnermeldeamt hätten ergeben, daß die Käufer sich erst kurz vor oder nach dem Kauf in ihr Heimatland abgemeldet hätten bzw. nach wie vor im Erhebungsgebiet ansässig seien. Zwar habe die Klägerin Name und Anschrift der Abnehmer aufgezeichnet; sie habe sich aber nicht darüber Gewißheit verschafft, daß die Abnehmer im Lieferzeitpunkt ihren Wohnort im Außengebiet gehabt hätten. Soweit § 13 Abs. 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV 1980) die Aufzeichnung von Namen und Anschrift für erforderlich erachte, bedeute dies nicht, daß der Unternehmer von weitergehenden Nachweispflichten entbunden sei. Wie auch § 13 Abs. 1 UStDV 1980 ausführe, sei die Eigenschaft des außengebietlichen Abnehmers eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Die Klägerin hätte daher eine entsprechende Bestätigung einer amtlichen Stelle oder sonstige Beweismittel über den Wohnort des Abnehmers im Außengebiet zum Lieferzeitpunkt als Nachweis bei der Buchführung führen müssen (Beschluß des Finanzgerichts --FG-- Düsseldorf vom 3. Dezember 1986 V 223/86 A -U-, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1987, 210).
Das FG gab der Klage statt (EFG 1994, 62). Alle Käufer seien als außengebietliche Abnehmer anzusehen. Aufgrund der Angaben auf den grünen Kassenzetteln sei davon auszugehen, daß die Käufer ihren Wohnort (örtlicher Lebensmittelpunkt) im griechischen Ausland gehabt hätten. Die Ausfuhrkassenzettel enthielten sämtliche in § 13 Abs. 2 UStDV 1980 geforderten Einzelangaben. Wenn der Verordnungsgeber in sechs Ziffern aufzähle, welche Aufzeichnungen er für zweckmäßig halte, damit dem Erfordernis der eindeutigen und leichten Nachprüfbarkeit der nachzuweisenden Voraussetzungen genügt werde, folge daraus, daß bei Erfüllung dieser Aufzeichnungsvoraussetzungen ein eindeutig und leicht nachprüfbarer Nachweis für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung vorliege. Die Ausführungen des FA würden nicht durch das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 14. Juli 1980 IV A 3 - S 7131 - 41/80 (BStBl I 1980, 443) gedeckt. Dort werde in den Tz.37 und 38 ausdrücklich ausgeführt, daß es bei Lieferung an einen außengebietlichen Abnehmer ausreiche, wenn der Unternehmer die in § 13 Abs. 2 UStDV 1980 geforderten Einzelangaben aufzeichne. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, daß der Unternehmer zur Erfüllung seiner Beweislast Nachforschungen beim Ausländerzentralregister und ggf. noch weitere Aufklärungsmaßnahmen durchführen müsse, hätte dies im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes durch die UStDV aufgegeben werden müssen. Die Anforderung weiterer Nachweise würde für den Unternehmer eine nicht erkennbare und im übrigen auch nicht zumutbare Pflicht darstellen. Das FA berufe sich zu Unrecht auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Oktober 1979 V B 5/79 (BFHE 129, 226, BStBl II 1980, 110). Diese Entscheidung sei zu dem nicht vergleichbaren § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. e und f der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) vom 11. Oktober 1967 in der geänderten Form vom 17. April 1972 ergangen.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung der §§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) sowie des § 13 UStDV 1980 und trägt vor:
1. In den Urteilsgründen sei nicht berücksichtigt worden, daß eine beim Einwohnermeldeamt eingeholte Auskunft unstreitig ergeben habe, daß sich die in Betracht kommenden Lieferungsempfänger erst kurze Zeit vor dem Kauf in ihr Heimatland abgemeldet hätten bzw. im Oktober 1987 noch im Erhebungsgebiet ansässig gewesen seien.
2. Ein außengebietlicher Abnehmer sei nach § 6 Abs. 2 UStG 1980 ein Abnehmer, der seinen Wohnort im Außengebiet habe. Diese Voraussetzung müsse für eine Steuerbefreiung entsprechender Lieferungen nach § 4 Nr. 1 UStG 1980 im Zeitpunkt der Lieferung objektiv vorliegen (Abschn. 129 Abs. 1 Satz 11 der Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR--). Lieferungsempfänger, die ihren Wohnort vom Erhebungsgebiet in das Außengebiet verlagerten, seien bis zur tatsächlichen Ausreise (Grenzübertritt) keine außengebietlichen Abnehmer in diesem Sinne (Abschn. 129 Abs. 1 Satz 9 UStR). Die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1980 müsse nach § 6 Abs. 4 Satz 1 UStG 1980 vom Unternehmer nachgewiesen werden und zwar unabhängig von einer aufgrund der Ermächtigungsvorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 UStG 1980 durch Rechtsverordnung vorgesehenen Nachweisform.
3. Das FG verkenne das Wesen des Buchnachweises. Die bloße Behauptung, an einen außengebietlichen Abnehmer geliefert zu haben, reiche auch in Form einer buchmäßigen Eintragung für den Nachweis des außengebietlichen Abnehmers nicht aus (so auch Urteil des FG Düsseldorf vom 8. September 1988 14 K 176/87 U).
4. Eine Einsichtnahme in den Paß werde bei EG-Staatsangehörigen ohnehin nicht eine Aufenthaltserlaubnis erkennen lassen, weil diese nur bei Angehörigen sonstiger Staaten vermerkt sei. Von daher genügten die buchmäßigen Aufzeichnungen nicht einmal den Anforderungen des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1980.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, und führt aus:
1. Es treffe nicht zu, daß die Abnehmer keine außengebietlichen Abnehmer seien. Selbst nach der vom FA eingeholten Auskunft hätten sich einige Kunden vor dem Kauf in ihr Heimatland abgemeldet. Für die übrigen Kunden habe die Auskunft offenbar ergeben, daß sie noch in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) "gemeldet" gewesen seien. Das reiche nicht aus, um für diese Kunden jeweils einen Wohnort im Inland (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980) anzunehmen. Nach dem BFH-Urteil vom 31. Juli 1975 V R 52/74 (BFHE 117, 192, BStBl II 1976, 80) sei davon auszugehen, daß insbesondere eine Wohnungsnahme in der Bundesrepublik und auch ein längerer Aufenthalt in der Bundesrepublik zur Begründung eines Wohnorts i.S. von § 6 UStG 1980 nicht ausreichten. Zum Zeitpunkt der Verkäufe habe sie (die Klägerin) keine Zweifel an der Eigenschaft der Kunden als außengebietliche Abnehmer gehabt. Derartige Zweifel seien dem FA erst bei der späteren Prüfung der Vorgänge gekommen.
2. Sie habe die erforderlichen Nachweise und Belege vorgelegt. Offenbar verlange das FA einen Beleg, mit dem der ausländische Wohnort des Abnehmers bewiesen werde. Das sei aufgrund des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1980 nicht erforderlich; auch sei unklar, wie diese Voraussetzung erfüllt werden könne. Mit der Forderung, der Unternehmer möge irgendwie den ausländischen Wohnort seines Abnehmers nachweisen, werde etwas Unmögliches verlangt. Es bestehe weder für die Melde- noch für die Finanzbehörden die Möglichkeit, die Existenz des Wohnortes einer Person in dem nach § 6 UStG 1980 erforderlichen Sinne zu bestätigen, da sie nur die Verhältnisse auf dem Gebiete ihres Staates beurteilen könnten. Auch Nachfragen bei der Ausländerbehörde oder konsularischen Einrichtungen seien zur Ermittlung des Wohnorts nicht geeignet.
3. Da eine Person nur einen Wohnort habe, könne keine staatliche Stelle diesen bescheinigen, da sie nur für ihren jeweiligen örtlichen Bereich entsprechende Angaben machen könne. Das bedeute, daß der vom FA geforderte Nachweis faktisch ausgeschlossen sei. Da ein Gesetz Unmögliches nicht verlangen könne, sei das Nachweiserfordernis des § 6 Abs. 4 UStG 1980 nur in dem Sinne auszulegen, den das FG Düsseldorf in dem angefochtenen Urteil gefunden habe.
4. Die Auslegung des FA verstoße gegen Art. 15 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG); sie entspreche nicht dem, was unter einer "einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen" zu verstehen sei. Für den im Massengeschäft auszuführenden Export seien verschärfte Nachweiserfordernisse undurchführbar. Für den Fall, daß sich der Senat dieser Auffassung anschließe, sei die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vorzulegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Entgegen der Auffassung des FG liegen die Voraussetzungen für eine Ausfuhrbefreiung nicht vor.
1. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1980 liegt eine Ausfuhrlieferung i.S. des § 4 Nr. 1 UStG 1980 vor, wenn der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Außengebiet befördert und ein außengebietlicher Abnehmer ist. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980, § 14 Abs. 2 Nr. 1 UStDV 1980 ist ein außengebietlicher Abnehmer ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Außengebiet hat bzw. in einem Gebiet, das zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehört. Gemäß § 6 Abs. 4 UStG 1980 müssen die Voraussetzungen des Abs. 1 vom Unternehmer nachgewiesen sein; der BMF kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat. Von dieser Möglichkeit hat der BMF in den §§ 8 bis 17 UStDV 1980 Gebrauch gemacht. Gemäß § 8 Abs. 1 UStDV 1980, der die Grundsätze für den Ausfuhrnachweis normiert, muß der Unternehmer bei Ausfuhrlieferungen durch Belege nachweisen, daß er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Außengebiet befördert oder versendet hat (Ausfuhrnachweis). Die Voraussetzung muß sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben. Im nichtkommerziellen innergemeinschaftlichen Reiseverkehr (dazu §§ 14, 15 UStDV 1980) tritt gemäß § 15 Abs. 1 UStDV 1980 an die Stelle des Ausfuhrnachweises der Einfuhrnachweis. Dieser ist durch einen Beleg zu führen, dessen Inhalt sich aus § 15 Abs. 2 UStDV 1980 ergibt. Nach § 13 Abs. 1 UStDV 1980 muß der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen seien. Gemäß § 13 Abs. 2 UStDV 1980 soll der Unternehmer regelmäßig --soweit hier von Bedeutung-- folgendes aufzeichnen:
- die Bezeichnung des Gegenstandes,
- den Namen und die Anschrift des Abnehmers,
- den Tag der Lieferung,
- das vereinbarte Entgelt,
- die Ausfuhr.
Zusammengefaßt folgt aus dieser Gesetzes- und Verordnungslage:
Gemäß § 8 Abs. 1, § 15 UStDV 1980 muß der Unternehmer die
Ausfuhr/Einfuhr durch Belege nachweisen. Nach § 13 Abs. 1 UStDV
1980 muß der Unternehmer die Voraussetzungen der
Steuerbefreiung (auch) buchmäßig (also in der Buchführung)
nachweisen; dazu soll er die in § 13 Abs. 2 UStDV 1980
geforderten Angaben aufzeichnen.
2. Entgegen der Auffassung von FG und Klägerin reichen diese
Belege und Aufzeichnungen für die Annahme einer
Ausfuhrlieferung nicht in jedem Fall aus. Die Nachweise sind
zwar Voraussetzung für die Anerkennung einer Ausfuhrlieferung.
Die Vorlage der Belege und Aufzeichnungen schließt aber die
Prüfung, ob die Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, nicht aus.
Das FA weist zutreffend darauf hin, daß sich aus der
Aufzeichnung des Namens und der Anschrift des Abnehmers nicht
die Richtigkeit dieser Angaben ergibt und daraus allein nicht
dessen Eigenschaft als außengebietlicher Abnehmer abgeleitet
werden kann. Die Steuerbefreiung tritt aber nur ein, wenn der
Abnehmer ein außengebietlicher Abnehmer ist. Der Sinn der
Nachweisregelung liegt darin, der Finanzverwaltung zu
ermöglichen, die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes
mit angemessenem Aufwand überprüfen zu können (BFH-Urteil vom
3. Mai 1962 V 291/59 U, BFHE 74, 717, BStBl III 1962, 265);
die geforderten Unterlagen bilden nur die Grundlage einer
sachlichen Prüfung auf die inhaltliche Richtigkeit der
Angaben. Der Klägerin kann daher nicht in der Auffassung
gefolgt werden, daß die Belege und Aufzeichnungen die
inhaltliche Prüfung ersetzen.
3. Ein außengebietlicher Abnehmer ist ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Außengebiet hat (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980). Wohnort ist der Ort, an dem der Abnehmer für längere Zeit seine Wohnung genommen hat und der nicht nur aufgrund subjektiver Willensentscheidung, sondern auch bei objektiver Betrachtung als der örtliche Mittelpunkt seines Lebens anzusehen ist (dazu BFH-Urteile in BFHE 117, 192, BStBl II 1976, 80 - mit Anmerkung von Weiß, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1976, 32 -, und vom 11. Februar 1993 V R 90/89, BFH/NV 1993, 631; Flick/Husmann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer), Kommentar, 6. Aufl., § 6 Anm. 32). Die zeitliche Dauer eines Aufenthaltes ist ein zwar wichtiges, aber nicht das allein entscheidende Kriterium für die Bestimmung des Wohnortes. Daneben müssen die sonstigen Umstände des Aufenthaltes, insbesondere sein Zweck in Betracht gezogen werden. Im Unterschied zu dem Arbeitnehmer eines ausländischen Unternehmens, der lediglich zur Durchführung eines bestimmten, zeitlich begrenzten Auftrags in die Bundesrepublik kommt, ohne hier objektiv erkennbar den örtlichen Mittelpunkt seines Lebens zu begründen, wird ein Gastarbeiter seinen Wohnort regelmäßig im Inland haben, selbst wenn er im Außengebiet (Ausland) noch einen eigenen Hausstand unterhält (vgl. Flick/Husmann, a.a.O., Anm. 40, 170 "Gastarbeiter"). Personen, die ihren Wohnort in das Außengebiet verlegen, sind bis zu ihrer tatsächlichen Ausreise (Grenzübergang) keine außengebietlichen Abnehmer (so auch Flick/Husmann, a.a.O., Anm. 33, 170 "Gastarbeiter").
4. Auch die vorgenannten Voraussetzungen dafür, daß es sich um einen außengebietlichen Abnehmer handelt, muß der Unternehmer nach § 6 Abs. 4 UStG 1980 nachweisen. In diesem Zusammenhang gelten die allgemeinen Beweisregeln und -grundsätze. Der Beweis kann beispielsweise dadurch geführt werden, daß --wie in Art. 15 Richtlinie 77/388/EWG (auf dem Stand der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1992, Nr. L 384, S.47) in vergleichbarem Zusammenhang vorgesehen-- eine zu den Büchern genommene Abschrift oder Kopie des Reisepasses, des Personalausweises oder jeden sonstigen Dokuments, das in der Bundesrepublik als Identitätsnachweis anerkannt ist, vorgelegt wird; auch können die wichtigen Fakten, die für die Beurteilung des Wohnorts von Bedeutung sind, auf der Rechnungsdurchschrift vermerkt werden (vgl. Weiß, a.a.O., 33). Die notwendigen Beweise können bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erbracht werden (BFH-Urteil vom 28. Februar 1980 V R 118/76, BFHE 130, 118, BStBl II 1980, 415, unter I.4.). Gelingt es dem Steuerpflichtigen nicht, etwaige Zweifel auszuräumen, trägt er --neben der formellen-- auch die materielle Beweislast. Sind die Tatsachen, die zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des außengebietlichen Abnehmers erforderlich sind, nicht erweisbar oder reichen die nachgewiesenen Tatsachen zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals nicht aus, trägt der Unternehmer das Risiko der nicht geglückten Aufklärung; die Steuerfreiheit kommt nicht in Betracht.
5. Im Streitfall ist die Klägerin beweisfällig geblieben. Aufgrund der Ermittlungen des FA bestehen Zweifel, ob die Abnehmer als außengebietliche Abnehmer anzusehen sind. Diese Zweifel liegen auf der Hand für die Abnehmer, die im Zeitpunkt der Ermittlungen des FA noch immer in der Bundesrepublik gemeldet waren oder sich erst nach dem Kauf abgemeldet hatten; diese Zweifel bestehen aber auch für die Personen, die sich erst kurz vor dem Kauf abgemeldet hatten. Bei diesen Personen besteht die Möglichkeit, daß sie ihren Wohnort noch im Inland hatten und erst nach dem Kauf tatsächlich ausgereist sind. Die Klägerin hat die Zweifel nicht beseitigt; sie gehen daher zu ihren Lasten.
6. Die Sache ist nicht gemäß Art. 177 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dem EuGH vorzulegen. Gegen den Beleg- und Buchnachweis sowie gegen die Beweislast des Unternehmers bestehen keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken, da nach dem Einleitungssatz des Art. 15 der Richtlinie 77/388/EWG die Mitgliedstaaten die Ausfuhrbefreiung von "Bedingungen" abhängig machen dürfen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiung sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Mißbräuchen für erforderlich halten (vgl. Lohse, Internationales Steuerrecht 1993, 424).
Fundstellen
Haufe-Index 65367 |
BFH/NV 1995, 54 |
BStBl II 1995, 515 |
BFHE 176, 494 |
BFHE 1995, 494 |
BB 1995, 866 (L) |
DB 1995, 1211-1213 (LT) |
DStR 1995, 643-644 (KT) |
DStZ 1995, 442-443 (KT) |
HFR 1995, 415-417 (LT) |
StE 1995, 269 (K) |