Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betrieb eines satzungsgemäß eigen zu bewirtschaftenden größeren Weinguts durch eine mildtätige Stiftung stellt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, der über den Rahmen einer bloßen Vermögensverwaltung hinausgeht und deshalb der Vermögensabgabe unterliegt.

 

Normenkette

LAG § 18 Abs. 1 Ziff. 14; GemV § 6; GemV § 7; StAnpG § 18

 

Tatbestand

Die Abgabepflichtige hat ihre Befreiung von den Vorauszahlungen zur Vermögensabgabe wegen Mildtätigkeit beantragt.

Die Abgabepflichtige ist eine sogenannte Pfründestiftung, die im Jahre 1319 errichtet und von dem Bischof bestätigt worden ist. Sie ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts und dem Verband deutscher Wohltätigkeitsstiftungen angeschlossen. Sie bezweckt satzungsmäßig und tatsächlich den unentgeltlichen Unterhalt bedürftiger alter Bürger katholischen Bekenntnisses sowie ihre Frauen und Kinder im vorgerückten Alter in gesunden und kranken Tagen bis an ihr Lebensende in dem ihr gehörigen Heim. Die Originalsatzung ist durch Kriegseinwirkung vernichtet. Doch ist ihr Inhalt im Amtsblatt der Stadt 1954 neu gefaßt.

Das Vermögen der Abgabepflichtigen besteht aus (ß 8 der Satzung): 1) Heim, 2) Betriebsgebäuden und Wohnhäusern, 3) dem 100 ha großen Weingut, 4) landwirtschaftlichen Gütern und Einzelgrundstücken, 5) Einrichtungsgegenständen, 6) sonstigem Vermögen.

Der Stadtrat verwaltet die Stiftung (ß 11 der Satzung), und zwar getrennt vom Gemeindevermögen (ß 8 Abs. 4 a. a. O.). Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten und so anzulegen, daß es für seinen Verwendungszweck verfügbar ist. Nach § 9 der Satzung sind die Erträgnisse des Vermögens ausschließlich und unmittelbar zur Erfüllung des Stiftungszweckes zu verwenden. Jedoch ist die Abgabepflichtige zur Bildung einer Betriebsmittelrücklage bis zum Höchstbetrage von 1/2 v. H. des buchmäßigen Wertes ihres Reinvermögens berechtigt bzw. bei ausreichender Liquidität verpflichtet. Die Höhe der Rücklage setzt der Stadtrat fest. Die Abgabepflichtige hat nach § 9 Abs. 2 a. a. O. ihr Grundvermögen durch Vermietung oder Verpachtung, den Weinbergbesitz durch Eigenbewirtschaftung zu nutzen. Der Weingutsbetrieb ist wirtschaftlich getrennt zu führen; sein verbleibendes Reinerträgnis muß restlos und unmittelbar der Erfüllung des Stiftungszweckes dienen oder dem Stiftungsvermögen zugeführt werden (ß 10 a. a. O.). Die Stiftung hat das Recht, den im eigenen Weinbaubetrieb geernteten Wein, soweit er nicht für das Heim benötigt ist, zu verkaufen bzw. auszuschenken. Dies ist seit 1376 bis zum 16. März 1945 geschehen. An diesem Tage ist das Gebäude durch Fliegerangriffe zerstört worden. Nach dem Wiederaufbau ist der Schankbetrieb im März 1950 wieder aufgenommen worden.

Außer den Pfründnern werden nach § 6 a. a. O. in das Heim - zum Ausgleich der Vermögensverluste aus den Währungsreformen - auch Selbstzahler (= Pensionäre) und Teilselbstzahler (= Pflegliche) aus dem Kreise der Bürger aufgenommen. Mindestens zwei Drittel dieses Personenkreises müssen im Sinne der Gemeinnützigkeits-Verordnung (GemV) vom 24. Dezember 1953 "bedürftig" oder "minderbemittelt" sein, in jedem Falle sämtliche Pfleglinge.

Der Einheitswert des Weinbaubetriebes ist auf den 21. Juni 1948 auf insgesamt 700.000 DM festgestellt worden. Von den 100 ha stehen rund 60 ha im Ertrag. An ständigen Arbeitskräften werden im Weinbaubetrieb durchschnittlich rund 100 Personen beschäftigt.

Der Weinbaubetrieb hat erhebliche Kriegssach- und Kriegsfolgeschäden erlitten. Die Gebäude der Zentralkellerei sowie die Kellereinrichtungen, Maschinen und Fahrzeuge wurden nahezu vollständig zerstört, desgleichen der gesamte Faßbestand (3000 hl Fassungsvermögen). Die Kriegsschäden an den Weinbergsanlagen haben sich auf 180.000 RM belaufen. Hierzu traten Plünderungsschäden in den Kellereien im Jahre 1945. Das Inventar des Heims wurde ebenfalls vernichtet. An anderen Stiftungsgebäuden sind Kriegsschäden im Betrage von 1.500.000 RM erwachsen.

Mit Bescheid vom 17. April 1953 hat das Finanzamt hinsichtlich des Weinbauvermögens die Vorauszahlungen auf die Vermögensabgabe festgesetzt. Die Beschwerde des Stadtrats ist ohne Erfolg geblieben.

Auf die Berufung hat das Finanzgericht indessen auf Freistellung erkannt, nachdem es die Gutachten des Weinbaufachberaters der zuständigen Regierung, des Deutschen Weinbauverbandes und eines dem Finanzamt angehörigen Diplom-Landwirts entgegengenommen hatte; auf den Inhalt der Gutachten wird Bezug genommen.

Das Finanzgericht hat ausgeführt, die Stiftung verfolge satzungsmäßig und tatsächlich unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Der Weinbaubetrieb sei an sich zwar ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb; aber ähnlich wie ein großer forstwirtschaftlicher Betrieb nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs I A 157/33 vom 29. November 1933 (RStBl 1934 S. 377 = Steuer und Wirtschaft - StuW - II Nr. 397) sei auch ein großer Weinbaubetrieb der hier vorliegenden Art, wenn er, wie die Gutachten ergäben, vom Eigentümer selbst, also ohne Verpachtung, bewirtschaftet werden müsse, wie eine bloße Vermögensverwaltung anzusehen. In einem derartigen Falle würden nur die Zwecke einer Vermögensverwaltung im steuerlich begünstigten Sinne verfolgt.

Die Oberfinanzdirektion vertritt in ihrer Rb. die Auffassung, es liege keine bloße Vermögensverwaltung vor. Außerdem stelle die Weinstube einen nicht unbedeutenden gewerblichen Nebenbetrieb dar. Die steuerliche Berücksichtigung der Weinstube werde bei der Entscheidung darüber, ob am Stichtage eine bloße Vermögensverwaltung vorgelegen habe, nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Weinstube wegen des Kriegsschadens vom 16. März 1945 bis zum März 1950 außer Betrieb gewesen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Stiftung unterliegt an sich der Vermögensabgabe nach § 16 Abs. 1 Ziff. 2 f LAG. Sie ist jedoch nach § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG, weil sie nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen Zwecken dient, im Rahmen des § 18 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) und der dazu ergangenen GemV vom 24. Dezember 1953 (BStBl 1954 I S. 6) von der Vermögensabgabe befreit.

Was die Abgrenzung dieses Rahmens betrifft, so ist nach § 6 Abs. 1 GemV eine Körperschaft, bei der die Voraussetzungen für steuerliche Vergünstigungen im übrigen gegeben sind, mit einem land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe oder mit einem sonstigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe abgabepflichtig. Bei der Abgabepflichtigen handelt es sich um die Vermögensabgabepflicht für ihr Weinbauvermögen, das ungefähr 100 ha umfaßt. Weinbauvermögen gehört zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nach § 28 Ziff. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG). Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nach § 6 Abs. 2 GemV eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden, und die grundsätzlich über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Demnach ist ein Weinbaubetrieb grundsätzlich als nicht befreiter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu erachten.

Mit der Frage, ob land- und Forstwirtschaftliches Vermögen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt, hat sich die Rechtsprechung im Rahmen des § 4 Abs. 3 KStG 1925 wiederholt befaßt. Dort ist vorgeschrieben, daß den körperschaftsteuerpflichtigen Erwerbsgesellschaften u. a. Stiftungen gleichgestellt sind, sofern sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten und ihr Zweck über die Vermögensverwaltung hinaus vorwiegend darauf gerichtet ist, durch diesen Geschäftsbetrieb wirtschaftliche Vorteile für sich oder zugunsten der in ihrer Satzung oder Stiftung oder sonstigen Verfassung bestimmten Personen zu erzielen.

So hat sich der Reichsfinanzhof in seinem Urteil I A 218/32 vom 19. Dezember 1933 (RStBl 1934 S. 379) auf den Standpunkt gestellt, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist. Dies gilt grundsätzlich auch für Weinbauvermögen, weil Weinbauvermögen begrifflich land- und forstwirtschaftliches Vermögen darstellt (ß 28 Ziff. 3 BewG). Die angeführte Entscheidung des Körperschaftsteuersenats des Reichsfinanzhofs ist zu § 4 Abs. 3 KStG 1925 ergangen. Desgleichen ist das Urteil des Reichsfinanzhofs I A 157/33 vom 29. November 1933 (a. a. O.) zu dieser Vorschrift gefällt worden. In der letzteren Entscheidung ist für den Fall, daß es sich um umfangreiches forstwirtschaftliches Vermögen (ß 28 Ziff. 2 BewG) handelt, ausgesprochen worden, daß "nach den natürlichen Bedingungen der Forstwirtschaft, namentlich im Hinblick auf die meist über ein Menschenalter hinausgehende Umtriebszeit" der Pächter nie damit rechnen könne, noch zu seinen Lebzeiten die Früchte seiner Arbeit zu ernten, und in diesen Fällen deshalb Verpachtung der forstwirtschaftlichen Betriebe nicht in Betracht kämen, der Eigentümer mithin zur Eigenbewirtschaftung gezwungen sei. Das genannte Urteil des Reichsfinanzhofs hat aus diesem Grunde und wegen des im Falle der Pacht eines forstwirtschaftlichen Vermögens zu befürchtenden Raubbaus einen Zwang zur Eigenbewirtschaftung als vorliegend und diesen aus den natürlichen Bedingungen der Forstwirtschaft sich ergebenden Zwang als Grundlage für die Annahme erachtet, daß eine derartige Eigenbewirtschaftung von forstwirtschaftlichem Vermögen nicht als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, sondern lediglich als Vermögensverwaltung zu erachten ist. Es ist indessen zu beachten, daß diese Sonderrechtsprechung für umfangreiche forstwirtschaftliche Vermögen nicht zur Frage der GemV, sondern zu § 4 Abs. 3 KStG, d. h. zu der Frage ergangen ist, ob überhaupt eine der Körperschaftsteuer unterliegende Stiftung vorliegt. Diese Unterscheidung zwischen dem Körperschaftsteuerrecht und dem Bewertungsrecht ist um so wichtiger, als der Bewertungssenat des Reichsfinanzhofs in seinem Urteil III A 374/33 vom 5. Juli 1934 (StuW 1934 II Nr. 694) zu der Frage des bewertungspflichtigen Vermögens ausgesprochen hat, daß das vorerwähnte Urteil des Körperschaftsteuersenats des Reichsfinanzhofs auf das Bewertungsrecht nicht anwendbar ist.

Die Entscheidung über die Abgabepflicht der Stiftung hinsichtlich ihres Weinbauvermögens hängt davon ab, ob ihre Tätigkeit insoweit über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Nach § 6 Abs. 3 GemV liegt Vermögensverwaltung in der Regel vor, wenn Vermögen benutzt, z. B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt, unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird. Das Weinbauvermögen der Stiftung war am Währungsstichtage nicht verpachtet. Es braucht also auf die Frage nicht eingegangen zu werden, ob Weinbauvermögen im Sinne des § 6 Abs. 3 GemV als "unbewegliches Vermögen" anzusehen ist. Seweloh z. B. vertritt in StuW 1934 I Spalte 1453 die Auffassung, daß auch die Verpachtung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes in der Hand des Eigentümers einen landwirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt; es sei kaum gerechtfertigt, die Anwendung der einschlägigen Vorschriften davon abhängig zu machen, ob die Stiftung ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zufällig verpachtet habe oder selbst bewirtschafte.

Die Abgabepflichtige und mit ihr das Finanzgericht vertreten die Auffassung, daß auch bei tatsächlicher Eigenbewirtschaftung von Weinbauvermögen eine bloße Vermögensverwaltung als vorliegend zu erachten sei, wenn der Umfang des Weinbauvermögens eine Verpachtung grundsätzlich ausschließe. Sie stützen sich hierbei auf das zu § 4 Abs. 3 KStG 1925 ergangene Körperschaftsteuerurteil I A 157/33 des Reichsfinanzhofs und die auf dieses Urteil bezugnehmende Bestimmung der Ländererlasse (BStBl 1954 II S. 50 FF.) zu Ziff. 4, nach der "als Vermögensverwaltung ausnahmsweise auch die Eigenbewirtschaftung eines großen Forstbesitzes gilt, wenn dieser nicht auf andere Weise als durch Selbstbewirtschaftung genutzt werden kann, besonders wenn kein gewerblicher Nebenbetrieb vorhanden ist". Selbst wenn für umfangreiches forstwirtschaftliches Vermögen gemäß der genannten Ziff. 4 der Ländererlasse zu verfahren sein sollte, worüber in der vorliegenden Sache nicht zu entscheiden ist, handelt es sich immerhin, wie der Wortlaut klar ergibt, um eine Ausnahmeregelung, die, wenn man den Gedanken des Urteils des Reichsfinanzhofs I A 157/33 auf den Grund geht, letzten Endes darauf zurückzuführen ist, daß bei forstwirtschaftlichem Vermögen nach dessen natürlichen Bedingungen der Pächter z. T. nicht damit rechnen kann, zu seinen Lebzeiten in den Genuß der Früchte zu gelangen, für die er selbst gearbeitet hat. Die steuerrechtlichen Folgerungen des Körperschaftsteuersenats des Reichsfinanzhofs aus den "natürlichen Bedingungen" forstwirtschaftlicher Betriebe, insbesondere aus der Umtriebszeit der Forsten, erscheinen in sich nicht unbedenklich, zumindest nicht zwingend. Es ist nicht einzusehen, warum ein besonders umfangreicher Forst ausschließlich aus jungen Anpflanzungen bestehen soll, oder warum forstwirtschaftliches Vermögen nur bei einem gewissen Umfang als Vermögensverwaltung gelten soll, oder weshalb es nicht vorkommen kann, daß forstwirtschaftliches Vermögen verpachtet wird und dann auf die Kinder und Kindeskinder des Pächters zur Bewirtschaftung übergeht und sie dann die Nutzungen der Arbeit des ersten Pächters ziehen. Aber wie dem auch sei: In jedem Falle handelt es sich bei der auf das genannte Urteil des Reichsfinanzhofs gestützten Ziff. 4 der Ländererlasse um eine Ausnahmeregelung, die nicht ohne weiteres ausdehnend ausgelegt werden kann. Das letztere könnte lediglich für offensichtlich gleichliegende Fälle in Betracht kommen. Der Fall des Weinbauvermögens liegt nun hinsichtlich der Ertragserwartung des Pächters doch wesentlich anders als der des forstwirtschaftlichen Vermögens; denn selbst Neuanlagen benötigen im Weinbaubetriebe nicht eine Wachstumszeit von vielleicht 50 - 100 Jahren, wie sie bei forstwirtschaftlichen Betrieben in Betracht kommt. Die Pflege des Jungfeldes wird selbst bei Edelgewächsen höchstens vier Jahre benötigen (vgl. z. B. Klingner, Das deutsche Weinbuch, 1935, S. 136 ff.). Die Rebstöcke werden im Frühjahr gepflanzt. In den Wintermonaten werden die Reben geschnitten. Nach dem ersten Jahre werden die Triebe je nach der Entwicklung auf Zapfen, Strecker oder bei kräftiger Entwicklung auf Stamm geschnitten. Im dritten Jahre ist der erste, der Jungfern-Ertrag, spätestens im vierten Jahre der Vollertrag zu erwarten (vgl. Der große Herder, Bd. 9, 1956, S. 995). Die Lebensdauer des Rebstocks beträgt, wenn die Witterung es zuläßt, 40 bis 60 Jahre (Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Aufl., VIII. Band, 1928, S. 960). Bei normaler Entwicklung erübrigen sich deshalb Neuanlagen vor Ablauf dieser Zeitspanne. Nach der Ernte ist indessen noch der sogenannte Ausbau und die Pflege der Weine für eine Zeit von etwa eineinhalb bis zwei Jahren erforderlich (vgl. Handwörterbuch der Staatswissenschaften a. a. O. S. 963). Selbst bei diesen Zeitspannen ergeben sich nicht annähernd Zeiträume, wie sie nach den natürlichen Bedingungen für die Erwartung des Ertrages bei forstwirtschaftlichen Betrieben in Betracht kommen.

Demnach können die Grundsätze des Körperschaftsteuerurteils I A 157/33 des Reichsfinanzhofs bewertungsrechtlich für Weinbauvermögen nicht gelten. Auch Ziff. 4 der Ländererlasse ist jedenfalls auf Weinbauvermögen nicht anzuwenden. Allerdings haben sich die Sachverständigen für Weinbau bzw. Landwirtschaft dem Finanzgericht gegenüber nahezu übereinstimmend dahin ausgesprochen, daß der Fall des Weinbauvermögens demjenigen des forstwirtschaftlichen Vermögens insofern ähnele, als für ein so großes Weinbaugut schwerlich von einem Pächter die erforderlichen Finanziellen Vorbedingungen erfüllt werden würden. Indessen kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob dieser vom Finanzgericht übernommene Gesichtspunkt frei von Rechtsirrtum ist; denn die Produktion weinbaulicher Erzeugnisse liegt zwar in der Regel in den Händen kleinerer oder mittlerer Winzer. Sie sind jedoch in den Qualitätsweinbaugebieten in Produktions- oder Winzergenossenschaften zusammengeschlossen. Derartige Winzergenossenschaften befinden sich in fast allen größeren deutschen Weinbauorten (vgl. Klingner a. a. O. S. 422). Es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, warum nicht auch z. B. eine Winzergenossenschaft den Weinbaubetrieb der Abgabepflichtigen pachten und durch ihre Organisation eine Art von Kosten- und Risiko-Verteilung, bei gleichzeitiger Ausnutzung der zentralen Kelleranlagen, herbeiführen könnte.

Doch abgesehen von diesem erheblichen Bedenken gegen die Auffassung der Vorinstanz kann auch nicht daran vorbeigegangen werden, daß schon in der Satzung der Stiftung festgelegt ist, daß die Abgabepflichtige den Betrieb nur durch Eigenbewirtschaftung zu führen hat. Der Stifter hat also zu einer Zeit (14. Jahrhundert), als der Weinbaubetrieb erheblich kleiner war als heute (im Anfang waren nur dreizehn Morgen Weinberge vorhanden), gewollt daß zur Erzielung eines vollen Ertrages zugunsten der mildtätigen Aufgaben nur Eigenbewirtschaftung stattfinden solle. Er selbst hat also verständlicherweise die Bindung an die Eigenbewirtschaftung geschaffen, ohne daß die "natürlichen Bedingungen" der Weinbauwirtschaft - vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 157/33 - ihn dazu gezwungen haben. Deshalb muß sich die Abgabepflichtige, soweit die rechtliche Betrachtungsweise Platz greift, damit abfinden, daß sie alle Vorteile, aber auch alle Nachteile der vom Stifter gewollten Eigenbewirtschaftung hat. Ihr Weinbaubetrieb stellt keine Vermögensverwaltung, sondern einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, ohne daß die Voraussetzungen des § 7 GemV erfüllt sind.

Die Vermögensabgabepflicht für den Weinbaubetrieb besteht unabhängig davon, ob der kriegszerstörte und im März 1950 wieder eröffnete Schankbetrieb zum 21. Juni 1948 als bestehend zu erachten ist. Die Frage, in welcher Weise der Schankbetrieb in dem Einheitswert des Weinbauvermögens auf den 21. Juni 1948 bereits berücksichtigt ist und ob und wie er, wenngleich zwangsläufig stillgelegt, für den Stichtag einheitswertmässig zu berücksichtigen ist, ist noch in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären.

Nach alledem ist auf die Rb. der Oberfinanzdirektion das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache geht zur erneuten Entscheidung nach Maßgabe der vorstehenden Weisungen an das Finanzgericht zurück.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409596

BStBl III 1960, 131

BFHE 1960, 364

BFHE 70, 353

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