Leitsatz (amtlich)
Wird das zum Betriebsvermögen gehörende Erdgeschoß eines Gebäudes ins Privatvermögen überführt, so liegt auch dann eine mit dem Teilwert anzusetzende Entnahme des Erdgeschosses vor, wenn gleichzeitig an Stelle des Erdgeschosses das erste Obergeschoß des Gebäudes ins Betriebsvermögen übernommen wird.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Zu entscheiden ist bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1961 der Revisionskläger, ob bei Ausbuchen des Erdgeschosses eines Hauses aus dem Betriebsvermögen und Einbuchen des ersten Obergeschosses eine Gewinnverwirklichung anzunehmen ist.
Der steuerpflichtige Ehemann (Steuerpflichtiger), begann 1955 mit dem Bau eines Hauses. Nach Fertigstellung des Keller- und Erdgeschosses 1956 versah er mangels weiterer finanzieller Mittel das Erdgeschoß mit einem Notdach und richtete im Erdgeschoß seine Geschäftsräume ein. Er nahm das Gebäude mit rd. 46 000 DM, nämlich den Baukosten und den Ausgaben für Grund und Boden, als notwendiges Betriebsvermögen in die Bilanz auf.
Der Steuerpflichtige stockte 1961 das Gebäude auf. Das bisher von ihm selbst genutzte Erdgeschoß vermietete er an die Deutsche Bundespost und verlegte seinen Betrieb in das erste Obergeschoß. Er übernahm das Erdgeschoß ins Privatvermögen. Dessen Buchwert führte er in der Bilanz als Wert des ersten Obergeschosses fort mit der Begründung, er habe das Erdgeschoß gegen das völlig gleichwertige erste Obergeschoß ausgetauscht.
Das FA setzte als Entnahmewert des Erdgeschosses 53 000 DM entsprechend den Baukosten des ersten Obergeschosses an und sah den Unterschiedsbetrag zu dem Buchwert des Erdgeschosses als zu versteuernden Gewinn an.
Zur Begründung des Einspruchs führte der Steuerpflichtige aus: Der Vorgang könne nicht zu einer Gewinnverwirklichung führen. Er habe das Erdgeschoß unter anderem deswegen eingetauscht, um für die hohen Überschüsse aus Vermietung und Verpachtung Gewerbesteuer zu sparen. Den Umtausch der Geschosse habe er deshalb vornehmen müssen, um die Deutsche Bundespost als Mieter zu bekommen. Der Steuerpflichtige berief sich ferner auf das Gutachten des BFH I D 1/57 S vom 16. Dezember 1958 (BFH 68, 70, BStBl III 1959, 30), wonach es beim Tausch von Wirtschaftsgütern, die gleichwertig seien, objektiv die gleiche Bestimmung hätten und im Einzelfall im Betrieb dieselbe Funktion ausübten, nicht zu einer Gewinnverwirklichung komme.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das FG führte unter anderem aus: Der Steuerpflichtige habe wiederholt darauf hingewiesen, daß die beiden Geschosse völlig gleichwertig seien. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das FA als Teilwert des Erdgeschosses im Zeitpunkt der Entnahme die Baukosten des ersten Obergeschosses angesetzt habe. Es sei anzunehmen, daß ein Erwerber kurz nach der Erstellung dieses Gebäudeteils bei Fortführung des Betriebes für diesen Teil einen Betrag gezahlt hätte, der den Baukosten entspreche. Das FG bezog sich ferner auf die BFH-Urteile I 246/54 U vom 13. September 1955 (BFH 61, 314, BStBl III 1952, 320) IV 460/56 U vom 4. April 1957 (BFH 64, 521, BStBl III 1957, 195) und I 315/56 U vom 3. September 1957 (BFH 65, 402, BStBl III 1957, 386). Die Grundsätze des genannten BFH-Gutachtens seien nur auf den Aktientausch anzuwenden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Die Vorinstanz hat mit Recht in dem Austausch der beiden Geschosse eine Entnahme des Erdgeschosses und eine Einbringung des ersten Obergeschosses gesehen, sowie für das entnommene Erdgeschoß den Teilwert angesetzt. Die Vorinstanz weist auch zutreffend darauf hin, daß der Steuerpflichtige das Erdgeschoß als gewillkürtes Betriebsvermögen weiterhin in der Bilanz hätte belassen können und daß er die Folgen tragen muß, wenn er das Erdgeschoß in das Privatvermögen übernimmt, um die Belastung durch die Gewerbesteuer zu vermeiden.
Wenn der Steuerpflichtige meint, eine Gewinnrealisierung könne nur bei wirklichen Verkäufen oder Kompensationsgeschäften mit Dritten, wie sich aus den von der Vorinstanz herangezogenen BFH-Urteilen ergebe, in Frage kommen, so verkennt er den Begriff der Entnahme. Um sein Ziel zu erreichen, nämlich das Erdgeschoß mit den Einkünften dem Bereich des Betriebsvermögens zu entziehen und zu gewerbesteuerfreiem Privatvermögen zu machen, bedurfte es einer Entnahme. Der Steuerpflichtige wollte nicht in erster Linie eine "Nutzungsverlegung zwischen zwei absolut gleichwertigen Bestandteilen" seines Eigentums erreichen mit der Folge etwa, daß nach wie vor ein bestimmter Bruchteil des Grundstücks als Betriebsvermögen verbleibe, sondern er wollte gerade das Erdgeschoß mit den hohen Mieteinnahmen der Deutschen Bundespost in die private Sphäre überführen. Der Umstand, daß er gleichzeitig seinen Geschäftsbetrieb in das erste Obergeschoß verlegte und damit dieses zum notwendigen Betriebsvermögen wurde, beseitigt nicht die Entnahme des Erdgeschosses.
Der Steuerpflichtige kann sich auch nicht auf das Gutachten des BFH I D 1/57 berufen, wonach der Tausch von Anteilsrechten an Kapitalgesellschaften grundsätzlich zur Verwirklichung der im Buchwert der hingegebenen Anteile enthaltenen stillen Rücklagen führt, eine Ausnahme aber für die Fälle gilt, in denen bei wirtschaftlicher Betrachtung wegen der Wert-, Art- und Funktionsgleichheit der getauschten Anteile die Nämlichkeit der hingegebenen und der erhaltenen Anteile bejaht werden kann. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Grundsätze dieses Gutachtens auch für andere Wirtschaftsgüter als Anteilsrechte an Kapitalgesellschaften und für die Fälle gelten, bei denen nicht ein Tausch mit Dritten, sondern nur ein Austausch zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen stattgefunden hat. In keinem Fall läßt sich bei dem von dem Steuerpflichtigen vorgenommenen Tausch die Artgleichheit feststellen. Ein Erdgeschoß ist nicht gleichartig dem ersten Obergeschoß des Gebäudes. Das ergibt sich schon aus dem Vortrag des Steuerpflichtigen. Er betont selbst, daß er der Deutschen Bundespost das Erdgeschoß habe überlassen müssen, um sie als Mieter zu gewinnen und sich die hohen Mieteinnahmen zu sichern. Die gleiche Zahl der Kubikmeter umbauten Raumes und die gleichhohen Baukosten sind für die Artgleichheit nicht entscheidend, wenn in der Verwertbarkeit und dem erzielbaren Mieterlös für die beiden Grundstücksteile erhebliche Unterschiede bestehen. Daß der Steuerpflichtige seinen eigenen Gewerbebetrieb in dem Obergeschoß genau so erfolgreich ausüben konnte, wie früher im Erdgeschoß, ist demgegenüber ohne Bedeutung.
Fundstellen
Haufe-Index 68927 |
BStBl II 1970, 313 |
BFHE 1970, 341 |