Leitsatz (amtlich)
Die Steuervergünstigung nach § 3 Abs. 1 KraftStG kann einem Körperbehinderten nicht gleichzeitig für mehrere Personenkraftwagen gewährt werden.
Normenkette
KraftStG § 3 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger ist Körperbehinderter mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 %. Als Halter des am 20. Februar 1968 in der Stadt X zugelassenen Pkw beantragte er Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG 1964. Das beklagte FA setzte die Steuer für die Zeit vom 20. Februar bis 19. Mai 1968 fest. Die beantragte Steuerbefreiung lehnte es ab, weil der Kläger nach Auskunft des FA in Y für den gleichen Zeitraum Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG 1964 für einen in Y auf seinen Namen zugelassenen PKW beantragt und erhalten hatte. Nach Ansicht des FA kann ein Körperbehinderter diese Steuervergünstigung für nur ein Fahrzeug beanspruchen.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Der Kläger kann die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 KraftStG nicht gleichzeitig für mehrere Personenkraftfahrzeuge beanspruchen. Nach der genannten Vorschrift kann Körperbehinderten, die sich infolge ihrer Körperbehinderung ein Personenkraftfahrzeug halten, die Steuer für ein Personenkraftfahrzeug unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag erlassen werden. Schon der Wortlaut des Gesetzes deutet darauf hin, daß die Steuervergünstigung einem Körperbehinderten jeweils für nur ein Personenkraftfahrzeug gewährt werden kann. Zwar mag es zweifelhaft sein, ob die Formulierung des § 3 KraftStG ("ein Personenkraftfahrzeug") für sich betrachtet schon den sicheren Schluß zuläßt, daß hier das Wort "ein" als Zahlwort verwendet wird. Eindeutig ist diese sprachliche Fassung aber dann, wenn man sie mit derjenigen des § 2 KraftStG vergleicht. Danach wird das Halten von bestimmten "Fahrzeugen" von der Steuer befreit. Wird hier im Gesetzestext also die Mehrzahl verwendet, so kann der Wortlaut des § 3, der im Gegensatz dazu mit dem Ausdruck "ein Personenkraftfahrzeug" die Einzahl gebraucht, nicht dasselbe ausdrücken.
Diese Auslegung des Wortlauts wird durch den Sinn des Gesetzes bestätigt. Für die Steuerbefreiung nach § 3 KraftStG genügt es nicht, daß die Halter der betreffenden Personenkraftfahrzeuge körperbehindert sind. Erforderlich ist vielmehr, daß solche Personen ein Personenkraftfahrzeug sich "infolge ihrer Körperbehinderung" halten. Ihnen soll das Halten eines Fahrzeuges finanziell erleichtert werden, das sie - ausschließlich oder zumindest auch - wegen ihrer gesundheitlichen Schädigung angeschafft haben. Maßgebender Grund der Steuerbefreiung ist demnach der Umstand, daß der Körperbehinderte das Personenkraftfahrzeug zur eigenen Fortbewegung benötigt und auch tatsächlich benutzt. Das ergibt sich überdies aus § 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 KraftStG, wonach die Beförderung anderer Personen oder von Gütern mit dem betreffenden Personenkraftfahrzeug nur ausnahmsweise steuerlich unschädlich ist. Soll das betreffende Personenkraftfahrzeug aber nach dem erkennbaren Sinn und Zweck des Gesetzes so gut wie ausschließlich dem persönlichen Gebrauch des Halters dienen, so folgt daraus ebenfalls, daß die Steuervergünstigung nach § 3 Abs. 1 KraftStG nicht gleichzeitig für mehrere Personenkraftfahrzeuge desselben Halters gewährt werden kann. Ausnahmefälle, in denen ein Körperbehinderter zwangsläufig sich gleichzeitig zwei Fahrzeuge für seinen persönlichen Gebrauch halten muß, sind - sofern überhaupt denkbar - so selten, daß sie durch einen Erlaß der Steuer unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 AO geregelt werden können.
Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es nicht darauf an, daß nach seinem Vortrag die beiden von ihm gleichzeitig gehaltenen Fahrzeuge solche mit geringem Anschaffungspreis und Hubraum waren. Die Steuervergünstigung des § 3 Abs. 1 KraftStG ist unabhängig vom Wert und von den technischen Daten des betreffenden Personenkraftfahrzeuges. Der Umstand, daß die Steuer beispielsweise auch für ein Fahrzeug mit einem Hubraum von 3 000 ccm zu erlassen ist, rechtfertigt es weder für sich allein noch zusammen mit anderen Tatsachen, einem Fahrzeughalter statt dessen die Steuervergünstigung gleichzeitig für zwei Fahrzeuge mit einem Hubraum von je etwa 1 500 oder weniger ccm zu gewähren.
Fundstellen
Haufe-Index 71314 |
BStBl II 1975, 368 |
BFHE 1975, 511 |