Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsrechnung Kindergeld - Kinderfreibetrag: Berücksichtigung nur des tatsächlich gezahlten Kindergelds bei der Günstigerprüfung
Normenkette
EStG § 31 S. 4, § 36 Abs. 2 S. 1, § 66 Abs. 3
Verfahrensgang
FG des Landes Sachsen-Anhalt (EFG 2000, 874) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Für den in 1977 geborenen Sohn R erhielt die Klägerin für das Streitjahr 1996 nur Kindergeld für die Monate Januar bis August (insgesamt 1 600 DM). Dies ergibt sich aus dem Schreiben ihrer Arbeitgeberin, der Verwaltungsgemeinschaft X, vom 30. April 1997.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) zog bei der Einkommensteuerveranlagung für R keinen Kinderfreibetrag ab, weil das erhaltene Kindergeld für die Kläger steuerlich günstiger sei. Die Einkommensteuer 1996 wurde im angefochtenen Bescheid auf 1 551 DM festgesetzt.
Die Kläger haben nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, mit der sie geltend machten, sie hätten für R Kindergeld nur bis einschließlich August 1996 erhalten, obwohl sich R während des ganzen Jahres 1996 in Berufsausbildung befunden habe. Für die Monate September bis Dezember müsse daher ein Kinderfreibetrag von monatlich 522 DM (insgesamt 2 088 DM) abgezogen werden.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 874 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 31 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―). Bei der in § 31 Satz 4 EStG angeordneten Vergleichsrechnung sei das für die Einkommensteuer maßgebliche Jahresprinzip zu beachten. Innerhalb eines Kalenderjahres werde die Freistellung des Existenzminimums eines Kindes von der Einkommensteuer entweder durch das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag bewirkt. Es sei nicht zulässig, für einzelne Monate desselben Kalenderjahres den Kinderfreibetrag zu gewähren und es für die übrigen Monate bei der Zahlung des Kindergeldes zu belassen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass bei der nach § 31 Satz 4 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) durchzuführenden Vergleichsrechnung nur das tatsächlich für R gezahlte Kindergeld in Höhe von 1 600 DM für die Monate Januar bis August 1996 zu berücksichtigen ist (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG). Besteht ein Anspruch auf Kindergeld für einen bestimmten Zeitraum, wird dieser Anspruch aber nicht oder nicht rechtzeitig (§ 66 Abs. 3 EStG a.F.) geltend gemacht, ist er nicht in die Vergleichsrechnung nach § 31 Satz 4 EStG einzubeziehen (Jachmann in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 31 Rdnr. B 7; Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl., § 31 Rz. 30; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 9. März 1998 IV B 5 -S 2280- 45/98, BStBl I 1998, 347, Rdnr. 23).
2. Das FG hat bei der Günstigerprüfung zu Recht auf den Kalendermonat abgestellt.
Für die Monate September bis Dezember 1996, in denen für das Kind R kein Kindergeld gezahlt wurde, stehen den Klägern Kinderfreibeträge in Höhe von 2 088 DM zu; insoweit unterbleibt eine Vergleichsrechnung. Eine Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG ist nur für die Monate Januar bis August 1996 durchzuführen, in denen die Klägerin für R Kindergeld erhalten hat. Da diese Vergleichsrechnung ergibt, dass das gezahlte Kindergeld für die Kläger zu einer höheren Entlastung führt als der Kinderfreibetrag, bleibt es insoweit bei der Gewährung des Kindergeldes. Der Senat nimmt wegen der Begründung Bezug auf die Gründe seines Urteils vom 15.01.2003 VIII R 72/99 (BFH/NV 2003, 898).
Fundstellen